Wie? Wo? Lucky Luke nicht kennen? Jetzt aber flugs zu Miraculix in die Nachholstunde! :_))
Über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Serien werden die Spezialisten sicher Bücher schreiben können. Aber da sich noch keiner aus der Deckung gewagt hat, probier ich's mal mit ein paar Punkten, die mir dazu auf die Schnelle einfallen:
Gemeinsamkeiten:
1) Durchgängiges Element beider Serien sind liebevolle Parodien menschlicher Schwächen.
2) Mehr oder weniger versteckte "Auftritte" prominenter Persönlichkeiten (oder auch Comic-Kollegen) als Nebenfiguren.
3) Viele Running Gags.
4) In nur wenigen Geschichten spielen Frauen eine entscheidende Rolle; Kinder kommen nur am Rande vor.
5) Die Helden zeigen nur ganz selten mal Schwächen.
6) Die "Bösen" sind eher lächerlich als böse.
7) Beide Serien haben ein ritualisiertes Ende ihrer Geschichten.
8) Die Machthaber (Häuptlinge, Zenturios bzw. Bürgermeister, Senatoren, Direktoren) sind genauso Witzfiguren wie die "kleinen" Leute.
9) Der Humor spricht in beiden Fällen sowohl Kinder als auch Erwachsene an.
10) Auf brutale Elemente verzichten beide Serien.
11) Mit Cäsar, Kleopatra bzw. Billy The Kid, Jesse James, Calamity Jane u.a. spielen historische Figuren oft bedeutende Rollen, häufiger allerdings bei Lucky Luke.
12) Beide Helden sind - meistens - davor gefeit, der holden Weiblichkeit zu erliegen. Offenbar sind sie asexuelle Wesen.
13) Die wichtigsten Gegenspieler der Helden - Römer bzw. Daltons - sind für meinen Geschmack einen Tick ZU lächerlich, um halbwegs glaubwürdige Kontrahenten abzugeben.
14) Die jeweiligen Verfilmungen (Kino, TV-Serien) kommen nicht an die Comic-Vorlagen heran.
Unterschiede:
1) Die trockenen Kommentare von Jolly Jumper zum tobenden Wildwest-Geschehen (Bsp.: als Luke mit einer Arbeitskolonne eine Wüste durchqueren muß und ein Wasserbehälter ins Bild rückt, wendet sich der der treue Klepper dem Leser zu: "Soll ich Euch was sagen? Mit dem Wasser passiert noch was!" Ein paar Panels später schreit einer Alarm. JJ in aller Ruhe: "Das Wasser!" - Wenigstens sinngemäß, aus "Der singende Draht", meine ich. Habe nicht extra nachgeguckt).
2) Der Handlungsrahmen von Lucky Luke ist durch die Western-Filme - scheinbar oder nicht scheinbar - den meisten Lesern viel vertrauter als das altertümliche Gallien bzw. das Römische Reich.
3) Die Geschichten von Lucky Luke knüpfen stärker an historische Ereignisse an, die auch meist mit Namen, Ort und Datum benannt werden.
4) Asterix hat mit Zaubertrank und Reisen um die Welt einen märchenhafteren Touch, einen beweglicheren Handlungsrahmen.
5) Asterix enthält m.E. mehr Wortwitz - bei Lucky Luke entstehen die Gags eher aus der Handlung.
6) Der Zeichenstil von Morris arbeitet oft mit Schattenspielen, anders als bei Uderzo.
7) Nach dem Tod von Goscinny hat Uderzo alleine gearbeitet, Morris dagegen mit wechselnden Szenaristen.
8) Bei Lucky Luke gibt es eine lange "Vorlaufphase" vor der Hochzeit der Serie mit Goscinny. Asterix brauchte gerade mal ein Album, um "auf Touren zu kommen".
9) Das Gesamtwerk zu Lucky Luke enthält viel mehr Kurzgeschichten als Asterix, dazu die Spin-Off-Serie "Rantanplan".
10) Bei Asterix gibt es mit dem Gallierdorf einen festen Heimatort, der in jeder Geschichte auftaucht; einen derartigen Ort gibt es bei Lucky Luke nicht.
11) Lucky Luke parodiert eine Gattung der Unterhaltungsindustrie (Western-Filme).
12) Asterix überträgt zuweilen aktuelle Fragen auf den altertümlichen Handlungsrahmen (Gleichberechtigung, Verkehrsstau, Wahlkampf etc.).
13) Asterix parodiert als französische Serie die eigene Bevölkerung wie die der Nachbarn. Das paßt bei Lucky Luke nicht in den Wildwest-Rahmen (mit wenigen Ausnahmen).
14) Asterix und seine Gallier lehnen sich gegen die Obrigkeit (Römer) auf; Lucky Luke hilft ihr meistens aus der Patsche (Senatoren, Bürgermeister, Gefängnisdirektoren).
15) Lucky Luke ergreift als Western-Parodie nicht die Partei des besetzten Volkes (Indianer) - wie ja auch der Western selber i.A. nicht.
16) Bei Asterix gibt es mit Miraculix eine Vaterfigur - bei Lucky Luke nicht.
Auf jeden Fall sind mir beide Serien ans Herz gewachsen - wie natürlich auch Spirou/Gaston von Franquin. Ich kann Dir Lucky Luke nur wärmstens empfehlen!
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