Groth: ... bringt mich auf etwas, das Sie einmal über Ihren Strip gesagt habe: "Die Art von Humor, die in meinen Strips zum Ausdruck kommt, funktioniert nicht aus der Kameraperspektive. Lieber zeichne ich meine Figuren die ganze Zeit aus der gleichen Perspektive, denn die zugrundeliegende Idee ist meistens schnell entwickelt, und ich versuche stets zu vermeiden, dass die Art der Zeichnungen den Fluss dessen, was die Charaktere sagen oder tun, aufhält." Mir scheint, dass Ihr Respekt für das, was Sie als die Idee bezeichnen, Sie in Ihrem zeichnerischen Spielraum einschränkt, obwohl ich weiß, wie viel Spaß Ihnen das Zeichnen macht. Haben Sie jemals den Wunsch verspürt, anders zu zeichnen, als es Ihre Serie erlaubt?
Schulz: Ich würde es gern, aber dafür ist es zu spät. Ich bin auf diesen Zeichenstil festgelegt, davon komme ich nicht weg. Außerdem glaube ich, dass es einfach nicht funktionieren würde, wenn ich etwa versuchte, im Stil von
Hank Ketcham zu zeichnen. Hank hat Panels aus den tollsten Kameraperspektiven gezeichnet, Ansichten, die als Spiegelbilder erscheinen und dergleichen. Und das würde in meinen Strips einfach nicht funktionieren. Zum Beispiel würde das viel zu realistisch wirken.
"Dennis the Menace" ist nämlich ziemlich realistisch.
Groth: Sie haben mehrfach darüber geschimpft, dass Ihnen die meisten Cartoons heute viel zu "hyperkinetisch" erscheinen, während Ihr eigener Zeichenstil und ebenso Ihr Erzählrhythmus für gewöhnlich ganz darauf abgestellt sind, Ihre Erfahrungen zum Ausdruck zu bringen.
Schulz: Zeichnen ist sehr wichtig. Sie müssen ein ziemlich gutes Auge für die Figurengestaltung haben, damit die Zeichnungen zum Betrachten einladen. Das hat zum Beispiel Bill Watterson immer ausgezeichnet: Er konnte toll zeichnen. Im Prinzip geht es beim Cartoon nur um Figurengestaltung. Ganz ähnlich wie bei Picasso und der Malerei. Nehmen Sie die Form von Charlie Browns Kopf (...). Wenn der Zeichenstil zu extrem wird, zu karikaturistisch, dann ist der Künstler nicht mehr imstande, etwas Gefühlvolles zum Ausdruck zu bringen. Ein überzeichneter Charakter wird kaum etwas Gefühlsbetontes äußern können. Schauen Sie sich einmal die ganzen großen Comicstrips der letzten Jahrzehnte an. Sie werden feststellen, dass sie alle in einem verhältnismäßig ruhigen Stil gezeichnet sind. Im einzelnen kann das dann rasend komisch sein oder tieftraurig, solange es nicht überzeichnet ist. Es hängt wirklich davon ab, in welche Richtung man will.
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Sehen Sie hier, die Haare von Linus [zeigt Groth einen Tagesstrip, an dem er gerade arbeitet]. Sehen Sie das? Jeder Strich sitzt. Würden sie zu sehr glänzen, wäre es einfach nicht das gleiche, längst nicht so gut. Oder hier, die Haare von Peppermint Patty... die Linienführung stimmt, und davon rede ich. Oder die kleinen Finger, die Art wie sie abstehen, das ist es. Feine, kleine Finger. [lacht] Kleine Picasso-Finger, und das ist entscheidend. Das gibt den Bildern Tiefe und macht ihren Reiz aus, erregt Aufmerksamkeit. So wie diese Linie, die den Rücken von Linus' Hemd hinabläuft. Wenn sie ganz gerade wäre, wie sie vermutlich die meisten zeichnen würden, wäre nicht halb so viel Leben darin.
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