Ein Gefühl, angenehm wie ein wuchtvoller Schlag in den Magen, machte sich in Pandora breit als sie nach der Eismutantin griff, nichts was unbedingt mit der Person an sich zu tun hatte, doch da waren Erinnerungen. Daran wie sie Brit gut zugesäuselt hatte, sie getragen, geführt, geschleift, beim Versuch zu fliehen... und wie sie angesichts der Verfolger plötzlich erstarrt war. Sie hatte einfach aufgegeben. Es erweckte eine Bitterkeit an ihr eigenes früheres Ich, dass in Kampftraining keinen Sinn gesehen hatte, dass es großmäulig so angepriesen hatte sich einfach zu ergeben, daher war der Blick den sie den beiden Schwestern schenkte kurzzeitig von purer Abscheu geprägt, der aber weniger den Engländerinnen galt als ihr selbst.
Die Hand frei, zog sie diese wieder an sich und versenkte sie erneut in der Tasche der Jacke, bis sie sich doch etwas missmutig schnaufend dazu äußerte wieder einsteigen zu müssen. Brittany tat ihr ja schon irgendwie leid, dann auch wieder nicht. Pandys Verstand arbeitete derzeit hartnäckig daran die Emotionen auszublenden, bis die Situation passte, am besten wenn sie alleine war, oder Daniel da. Idealerweise trafen beide Fakten aufeinander. Im Grunde hatte sie seit jener Zeit von damals einfach verlernt ihre Gefühle zu zeigen ohne sich schlecht zu fühlen. Dann lieber patzig sein, Wut provozieren, das gab mehr Kraft als jetzt darüber zu heulen, das sie schon wieder zu einem Versuchskaninchen degradiert worden war.
Lustlos lies sich die Französin dann wieder auf den Rücksitz fallen, verwendete keine Sekunde darauf sich anzuschnallen und stellte die Füße auf die Bank, während sie tiefer ins Polster sank. "Wenn sie Zugang zu einer guten Gesichtserkennungssoftware haben, dann wissen sie längst wer du bist. Sie werden dein Konto nicht sperren, denn jeder Automat an dem du Geld abhebst ist für sie ein Brotkrumen durch den sie dich verfolgen können." Pandoras Stimme war monoton, sachlich, einen Hauch belehrend und sprach zugleich doch von seltsamer Erfahrung in diesen Fakten, ehe sie lustlos schnaufte. "Geld besorgen ist aber das kleinste Problem. Wir sollten ebenso auch das Auto wechseln..." meinte sie, fast schon wie eine To-Do-Liste die man lustlos herabbetete. "Wir sollten ein öffentliches Telefon nutzen um Daniel anzurufen, für den Fall... das irgendwelche Verfolger ihn kassiert haben." Und danach würde sie auf der Stelle umdrehen und die auseinander nehmen. War nicht das erste Mal. Würde nicht das letzte Mal sein wenn es notwendig war.
Die grünen Augen richteten sich auf den Horizont, die Welt dort draussen desinteressiert betrachtend und ohne Lächeln auf den Lippen, nicht einmal ein unangemessener Scherz, kein Kichern und keine Blödelei, nicht mal der Ansatz von dauerhaft guter Laune wie früher. Brittanys Worte nahm sie zur Kenntnis, auch wenn sie nicht so wirkte, doch danach kroch ihr Blick auf die Rückenlehne vor ihr, als wolle sie die Freundin von hinten damit durchbohren, oder als habe sie deren Versuch eines Scherzes ihr Missfallen erregt, wonach sich auch die Brauen zusammen zogen. "Klar... ein Rollstuhl ist echt viel praktischer als auf eigenen Beinen wegrennen zu können. Was hab' ich mir nur dabei gedacht das ändern zu wollen..." Zynismus triefte von jedem ihrer Worte, bis sie die Augen rollte und sogar Kopfschüttelnd noch etwas tiefer sank, wieder hinaus starrend. "Wenn ich die Zusammensetzung kenne, kann ich dir das richtige Medikament erzeugen. Falls du deine Meinung änderst." ergänzte sie dann, verärgert, offenbar, aber mehr über sich selbst. Sozialer Kontakt war kompliziert. Daniel verstand ihren Humor wenigstens, kannte sie, wusste was sie konnte, die beiden nicht. Das nervte sie.
"Und bevor es zu Missverständnissen kommt: Mein Name ist Pandora. Die Angelicque, die ihr kanntet ist vor langer Zeit gestorben und beerdigt worden. Also nennt mich nicht so." Ja, genau. Das sie dabei auch noch unangemessen gebieterisch klang konnte eigentlich nur Missfallen erwecken, aber darin war sie geübt. Es war besser wenn niemand sie mochte. Zusammenarbeiten, okay, das konnte sie noch akzeptieren, aber ihr Vertrauen in jeden anderen Menschen und Mutanten war derart erschüttert, das sie lieber jeden vor den Kopf stieß, statt zuzulassen wieder jemanden gern zu haben, der ihr am Ende ein Messer in den Rücken stoßen konnte.
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