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Thema: Comic-Stammtisch Wunschtitel: Violent Cases

  1. #1
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    VIOLENT CASES





    Orginaltitel: Violent cases 1991 (1987 in S/W)
    Verlag: Feest / Feest Graphic Novel - Band 6
    Deutsche Veröffentlichung: 1994
    Autor: Neil Gaiman
    Zeichner: Dave McKean



    Szenario: Neil Gaiman
    geb. am 10. November, 1960 in Portchester/England ist Autor zahlreicher Science-Fiction- und Fantasygeschichten und Comics.
    Gaiman studierte, nach mehreren gescheiterten Versuchen, seine Manuskripte unterzubringen, Journalismus. In dieser Zeit schrieb er sein erstes Buch, eine Biografie über die Band Duran Duran, sowie eine große Anzahl von Artikeln für das Knave Magazine.
    Außerdem verfasste er Don't Panic: The Official Hitchhikers Guide to the Galaxy Companion über Douglas Adams, seiner Auffassung nach ein Werk im „klassischen englischen humoristischen Stil“.

    Seine jugendliche Liebe zum Comic, die durch ein ernüchterndes Gespräch des 16-jährigen Gaiman mit einem Berufsberater einen herben Dämpfer erhalten hatte, lebte in den 1980ern wieder auf.
    Nachdem er Freundschaft mit dem Comicautor Alan Moore geschlossen hatte, begann er selbst Comics zu verfassen. Zusammen mit seinem Mitarbeiter und langjährigem Freund Dave McKean schuf er Violent Cases und Signal to Noise. Er erhielt eine Anstellung bei DC Comics und verfasste die Serie Black Orchid.

    Gaiman schrieb eine Vielzahl von Comics für mehrere Verlage.
    Am bekanntesten wurde seine Serie The Sandman über die Abenteuer des Morpheus als Personifikation des Traums.
    Die 1988 gestartete Serie fand großen Anklang und half das Medium des Comics „salonfähig“ zu machen. 1996 wurde die Serie eingestellt, allerdings nicht wegen nachlassenden Publikuminteresses, sondern weil Gaiman seine Geschichte zu Ende erzählt hatte. Bislang einmalig in der Geschichte von DC wurde die Figur des Morpheus endgültig zu Grabe getragen.
    Andere Charaktere aus dem von Gaiman geschaffenen Universum werden allerdings immer mal wieder in neuen Geschichten genutzt. Geschichten um Morpheus, die Gaiman nach dieser Zeit gelegentlich nachschob, spielen chronologisch alle vor dem Tod des Hauptcharakters. Alle 75 Ausgaben wurden als zehnbändige Sammlung veröffentlicht, die auch heute noch aufgelegt und gut verkauft wird.

    Mit dem Gefühl, dem Medium Comic zumindest vorläufig nichts mehr hinzufügen zu können, wandte sich Gaiman der erzählenden Literatur zu. Seinen ersten Roman, Ein gutes Omen, eine Erzählung über eine bevorstehende Apokalypse, schrieb er bereits während der Arbeit an Sandman zusammen mit Terry Pratchett.
    Es folgten, nach Abschluss der Comicserie, u.a. Neverwhere, beruhend auf der gleichnamigen BBC-Fernsehserie, für die Gaiman die Drehbücher schrieb, Stardust, der Kurzgeschichtenband Smoke and Mirrors und der Roman American Gods, mit dem sich Gaiman endgültig in der nicht-Comic-lesenden Welt etablierte. Dabei bezeichnete er selbst American Gods als den Roman, der seinem Sandman am nächsten kommt.

    1991 veröffentlichte er The Books of Magic, eine vierteilige Miniserie die in der mystischen und magischen Welt der DC-Comics angesiedelt ist. Held der Serie ist ein englischer Teenager, der vom Schicksal auserkoren wurde, der Welt größter Magier zu werden. Aus dem Comic entwickelte sich eine Fortsetzung gleichen Titels, die von John Ney Reiber verfasst wurde. Dabei bestehen Gemeinsamkeiten des Protagonisten Tim Hunter und dem später viel berühmter gewordenen Helden Harry Potter.
    Seine beiden Kinderbücher "The day I swapped my dad for two goldfish" und "Coraline" wurden beide - wie schon sämtliche Sandman-Cover - von Dave McKean illustriert. Gaiman gibt sich in Interviews einigermaßen überzeugt, dass, wenn etwas von ihm bleibt, es diese Kinderbücher sein werden.
    Darüber hinaus schrieb er Songs, Gedichte und Novellen.
    Gaiman rangiert unter den Top-Ten der (noch lebenden) postmodernen Autoren im Dictionary of Literary Biography. Er wurde für sein Werk mehrfach ausgezeichnet. 1991 erhielt er für seine Sandman-Ausgabe A Midsummer Night's Dream den World Fantasy Award, 2002 den Hugo Award und den Nebula Award für American Gods.

    Gaiman unterhält seit Anfang der 90er Jahre eine enge Freundschaft zur Sängerin Tori Amos, lange bevor diese zum Star wurde. Auf jedem ihrer Alben wird er in mindestens einem Song erwähnt, wenn auch manchmal ziemlich verschlüsselt. Er schrieb Vorworte zu mehreren ihrer Tourprogramme und trug einige Sätze im Booklet ihres Albums Strange Little Girls bei.
    Gaiman ist ebenso ein Freund von J. Michael Straczynski, Schöpfer der TV-Serie Babylon 5. Darin kommt eine Alien-Spezies vor, welche die Gaim genannt werden. Einige ihrer Köpfe gleichen Masken, die von den Gestalten in Gaimans Sandman-Comics getragen werden. Gaiman schrieb auch die Story der Babylon 5 Folge "Day of the Dead".

    Gaiman, Vater von drei Kindern, lebt seit 2002 nahe Minneapolis in den USA.

    [Quelle: Wikipedia]



    Zeichnungen: Dave McKean
    Dave (David) McKean wurde am 29.12.1963 in Taplow, Berkshire geboren. 1971 kaufte er sein erstes Comic-Heft, zwei Jahre später begann er selbst zu zeichnen.
    Sein erstes Werk, The Scorpion vs. The Top, wurde nach eigenem Bekunden von der Kritik gut aufgenommen. Aufgrund seiner zu großen Schwierigkeiten mit dem perspektivischen Zeichnen beschloss er dennoch, das Comic-Zeichnen aufzugeben.
    Während seines vierjährigen Studiums am Berkshire College of Art and Design lernte er eine Menge, fand aber auch heraus, dass er nach wie vor Schwierigkeiten mit den Perspektiven hatte. Er arbeitete hart an diesem Problem und produzierte 1984 mit seinem Kommilitonen Neil Jones den Band Meanwhile..., um das Comic-Handwerk zu erlernen.
    Tief beeindruckt beschloss er 1984 nach einer Vorlesung von Marshall Arisman, trotz aller Probleme Comic-Zeichner zu werden.
    Nebenbei schuf er Soundtracks für Videoproduktionen, spielte in einer Theatergruppe mit und zeichnete für etliche Film- und Medienunternehmen sowie Zeitschriften (darunter »The Face« und »Nexus«).
    1987 erschien seine erste Graphic Novel Violent Cases (deutsch 1988, Text: Neil Gaiman), ein Jahr später gefolgt von Black Orchid für DC Comics (deutsch: Schwarze Orchidee, Carlsen 1992, Text: Neil Gaiman) und der Batman-Story Arkham Asylum (deutsch: Der Tag der Narren, Carlsen 1990, Text: Grant Morrison), die 1989 für DC entstand und bis heute durch ihre opulente Grafik als eine der besten je gezeichneten Batman-Geschichten gilt.
    Ebenfalls 1989 entstand neben einigen Sandman-Covers der Band Signal to Noise (deutsch: Der letzte Film, Carlsen Lux 1992, Text: Neil Gaiman), eine fulminante Comic-Collage, für die McKean diverse Techniken und Materialien benutzte.
    Für die 1994 erschienene Geschichte Mr. Punch (deutsch bei Ehapa/Feest), erneut von Neil Gaiman geschrieben, verarbeitete McKean - wie schon zuvor in Der letzte Film - auch Fotos, diesmal von selbstgebastelten Puppen. Zu diesem Band entstand auch eine CD-Rom-Version.
    Schon 1990 begann er mit der Arbeit an der 500 Seiten starken Psychostudie Cages, die er aber erst 1996 beendete.
    In Deutschland wurde das mehrfach ausgezeichnete Meisterwerk, das McKean im Alleingang realisierte, 1997/98 in fünf Bänden bei Carlsen verlegt. Dave McKean hat mit seinen Arbeiten eindrucksvoll bewiesen, welchen Spielraum das Medium Comic bietet, und darüber hinaus noch einige neue Möglichkeiten der Darstellung hinzugefügt. Dies belegen nicht zuletzt die vielen Auszeichnungen, die er erhalten hat.

    [Quelle: Carlsen]






    Hier noch ein englischsprachiger Link für weitere Informationen:
    Neil Gaiman
    Dave McKean






    Violent Cases


    Ein Erzähler schildert seine düsteren Kindheitserinnerungen.

    Als 4-jähriger Junge muss er zum Arzt, weil ihm sein Vater im Streit den Arm ausgekugelt hatte.
    Dort erzählt ihm der Arzt dessen Geschichte, wie er als Osteopath in Diensten Al Capone´s beschäftigt war. Der Arzt lässt sein Leben, den Aufbruch seines Vaters aus dessen alter Heimat Polen, die Ankunft in der neuen Welt Amerika, Revue passieren.
    Sein Vater war ebenfalls Osteopath – so ging er mit 18 Jahren zwangsläufig in die Lehre des väterlichen Berufes.
    Zu dieser Zeit lebte er in Chicago – später ging er dann nach Kalifornien und nach dem 2. Weltkrieg kam er nach Portsmouth in England.
    Er erinnert sich an die tollen Partys zur Zeit Al Capones. Er war fast im gleichen Alter wie der große Gangster und anfangs war auch die Welt noch in Ordnung.
    Die Partys waren großartig – es floss der Alkohol – die Musik spielte die ganze Nacht, Männer und Frauen der besten Gesellschaft verkehrten in galanten Anzügen und herrlichen Kleidern – es gab Spiele, die Stimmung war einmalig.
    Doch alles sollte sich schlagartig ändern, nachdem sie Al Capone wegen Steuerhinterziehung für 2 Jahre ins Gefängnis warfen.
    Wieder aus dem Knast kam die Zeit der großen Säuberung – allen Beteiligten drohte nun ein ganz anderes Spiel – eines das sie nicht gewinnen konnten – welches mit Ihrem Tod endet.

    Als der Junge den Arzt bei einer ihm verhassten Geburtstagsfeier wiedersieht, wird dieser von zwielichtigen Gestalten abgeführt und taucht nicht mehr auf.
    Seine Vergangenheit hatte ihn auch im fernen Portsmouth eingeholt.





    ENDE


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  2. #2
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    Schön, dass das Wortspiel im Titel erhalten blieb.
    Weniger umsichtige Übersetzer hätten es womöglich zerstört.

    Erinnert an die "Cereal Convention" aus Sandman 12.
    Vielleicht inspirierte letztgenannte Story Tori Amos ja zu ihrem "Cornflake girl".

  3. #3
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Schön, dass das Wortspiel im Titel erhalten blieb.
    Weniger umsichtige Übersetzer hätten es womöglich zerstört.
    Ahh - Du redest von Violin Cases / Violent Cases

  4. #4
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    Jepp (und für alle, die mit meiner Bemerkung über Sandman nichts anzufangen wissen: auf der cereal convention trafen sich serial killer und verglichen ihre Trophäen).

    Das nochmalige Lesen von Violent Cases bestätigte mich nochmals in meiner Ansicht, dass die früheren Werke Gaimans (eben Violent cases, aber auch Black Orchid und insbesondere Sandman) voller innovativer Kraft waren, eine Kraft, die neuere Arbeiten mitunter vermissen lassen.

  5. #5
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Das nochmalige Lesen von Violent Cases bestätigte mich nochmals in meiner Ansicht, dass die früheren Werke Gaimans (eben Violent cases, aber auch Black Orchid und insbesondere Sandman) voller innovativer Kraft waren, eine Kraft, die neuere Arbeiten mitunter vermissen lassen.
    Interessant ist m.E. auch die Enstehung von Violent Cases und das mit Mr. Punch eine ähnlich gelagerte Geschichte (Kindheitserinnerungen) in losem Zusammenhang nachgeschoben wurde.

    Violent Cases war ursprünglich gar nicht als Comicumsetzung geplant.
    Vielmehr ist es eine Kurzgeschichte die Gaiman für den Milford Science Fiction Writer´s Workshop inszenierte.
    Erst die glückliche Fügung in der Zusammenarbeit mit Dave McKean, ließ es zu dem werden was es in Comickreisen heute ist.
    Vor allem die Art der Bilder, die Collagen, der Einsatz von Photografien, seine reduzierten S/W Zeichnungen der Mix all dieser Komponenten, entfalten die Storyline die diesem Werk zu Grunde liegt.
    Als reine Short Story hätte sie wohl niemals diese Beachtung gefunden.

    Überhaupt kann man wohl am ehesten von einer organischen Zusammenarbeit zwischen Neil Gaiman und Dave McKean sprechen.
    Dies lässt sich in allen gemeinsamen Werken von Violent Cases, über Mr. Punch bishin zu The Day I swapped my Dad... gut erkennen.
    Dazu gehören auch die eindrucksvollen Coverzeichnungen, die McKean für Gaimans Sandman-Reihe entwarf.

    Im Prinzip provitierten beide sehr vom jeweiligen Können des Anderen.
    Ohne Sandman wäre der Bekanntheitsgrad von McKean wohl auch nicht so verbreitet - und ohne dessen Cover-Designs wäre wohl der Status der Serie, die für das enorme Popkultur-Phänomen Neil Gaimans steht, nicht möglich.

  6. #6
    Mitglied Avatar von Matbs
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    O je...
    Ich geb´s zu, ich hab´s nicht geschafft, mir das Teil zu besorgen, obwohl ich´s eigentlich wollte (mein Budget für englische Comics war im letzten Monat - wie immer - auch schon so deutlich überzogen, und bei der Wahl zwischen 13 Euro für 48 Seiten Gaiman/McKean oder 17 Euro für 168 Seiten Mignola/Davis [i.e. "B.P.R.D. Black Flame"] hat die letztere Option sehr deutlich gesiegt).
    Andererseits will ich hipgnosis Wunschtitel ja auch nicht einfach ignorieren, (schließlich würde ich das bei meinem Wunschtitel auch nicht wollen) also machen wir´s dieses mal ein bisschen anders und stellen Fragen:
    1) Warum ist der Comic so gut, dass ich ihn mir besorgen sollte?
    2) Was hebt ihn von anderen Comics ab?
    3) Der ist in diesem typischen McKean-Sti (falls man da von typich reden kann), oder? Beschreibt den doch mal ein bisschen genauer.

    Sorry. Aber immerhin bin ich trotzdem dabei...

  7. #7
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Meine ersten Eindrücke beim Anlesen des Bandes würde ich am ehesten mit dem Wort Irritationen umschreiben wollen.

    Zwar kannte ich den Zeichenstil Dave McKeans schon vom reinlugen in seine Werke - Violent Cases, Cages, Der letze Film oder Mr. Punch - aber wiesooft blieb es mir bisher verwehrt einen dieser Titel mal richtig zu lesen.
    So ist mir nun durch den Wunschtitel ermöglicht worden, mich etwas tiefer mit der Geschichte zu beschäftigen.
    Und das ist auch nötig - denn beim blossen Drüberlesen eines Comics, wie ich mich in früheren Tagen leider desöfteren ertappte, würde man diesen Comic und seine Handlung nicht recht begreifen.
    Dies wird einerseits durch die schon angesprochenen abrupten Änderungen der Illustrationen hervorgerufen, welche ständig in Form der Darstellung, Aufbau der Panels und Zeichentechnik variieren.
    Andererseits versteht es der Autor - Neil Gaiman - wie kaum ein zweiter selbst eine kleine Story, wie diese Kurzgeschichte, derart zu verschachteln, das es dem Leser fast schwindelt.

    Dennoch ist es in erster Linie hauptsächlich McKeans grafische Gestaltung, welche die düstere Stimmung evoziert.
    Die nervöse, expressionistische Strichführung, die ständig mit den photografischen Einlagen wechselt. Dazu die gezielte Kolorierung unter ausschliesslichen Einsatzes von Grau und Brauntönen.
    Die gezeigten körperlichen Verfremdungen - all das vermittelt einen sehr beklemmenden Lesegenuss.
    Oft werden McKeans Arbeiten mit denen Bill Sienkiewicz verglichen und dessen Einfluss lässt sich sicherlich nicht leugnen. Man vergleiche nur dessen Werke 'Elektra Asassin' und 'Daredevil – Liebe und Krieg’, die er zusammen mit Frank Miller schuf.
    Doch spätestens mit Mr. Punch - wahrscheinlich schon mit Cages trat Dave McKean sichtbar aus den Fusstapfen Sienkiewicz und führte konsequent den Stil weiter und perfektionierte ihn gar.

    An dieser Stelle sollte man erwähnen, daß es gerade diesem expressionistische Zeichenstil McKeans zu verdanken ist, daß es wohl eine ziemlich geteilte Leserschaft der angesprochenen Werke gibt.

    Und auch der Autor macht es dem Leser nicht einfacher - selbst bei seinem Meisterwerk Sandman, driften die Meinungen ja stark auseinander. Zusehr verwirren oft Gaimans überbordende Phantasie, die oft gar ins Esoterische treibt.
    Doch gerade in der hier vorliegenden Geschichte sind alle späteren Eigenarten kaum vorhanden.
    Hier liest und erfährt man Story pur!
    Die Geschichte ist weder sonderlich ereignisreich noch umspannt sie eine große Erzählzeit.
    Dennoch versteht es Gaiman den Leser in eine dunkle, gewalttätige Welt zu entführen, in der man sich nie richtig bewusst wird, wann jetzt die Erinnerungen des Erzählers, und wann die Kindheitsphantasien, dominieren.

    Zurück bleibt eine Welt voller Verbrechen, Mord, Korruption und vielleicht auch Kindesmisshandlung. Anfänglich noch etwas durch den Charme vergangener Zeiten verklärt, nähert sich die Spirale der Gewalt unaufhörlich - und zurück bleibt nur ein beängstigendes Gefühl und verwirrte Gedanken.
    Geändert von hipgnosis (03.07.2006 um 22:06 Uhr)

  8. #8
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    Zitat Zitat von Matbs Beitrag anzeigen
    1) Warum ist der Comic so gut, dass ich ihn mir besorgen sollte?
    2) Was hebt ihn von anderen Comics ab?
    13 Euro für 48 Seiten, mag gegenüber 17 Euro für 168 Seiten auf den ersten Blick etwas mager aussehen. Aber wie hipgnosis sagt, ist es kein Comic zum raschen 'Drüberlesen'. Aufgrund der komplexen Umsetzung hat kann man sich doch eine Zeit lang damit beschäftigen. Zudem gibt es weitere Gründe, die dafür sprechen, sich dieses Comic zuzulegen. felix hat von 'innovativer Kraft' gesprochen, hipgnosis das organische Zusammenwirken von Gaiman's Text mit McKean's Grafik hervorgehoben. Beiden Aspekten kann ich voll und ganz zustimmen. Mich hat besonders die Stimmung beeindruckt, die beim Lesen von Violent Cases spürbar wird.

  9. #9
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Zitat Zitat von Matbs Beitrag anzeigen
    O je...
    Ich geb´s zu, ich hab´s nicht geschafft, mir das Teil zu besorgen, obwohl ich´s eigentlich wollte (mein Budget für englische Comics war im letzten Monat - wie immer - auch schon so deutlich überzogen, und bei der Wahl zwischen 13 Euro für 48 Seiten Gaiman/McKean oder 17 Euro für 168 Seiten Mignola/Davis [i.e. "B.P.R.D. Black Flame"] hat die letztere Option sehr deutlich gesiegt).
    Andererseits will ich hipgnosis Wunschtitel ja auch nicht einfach ignorieren, (schließlich würde ich das bei meinem Wunschtitel auch nicht wollen) also machen wir´s dieses mal ein bisschen anders und stellen Fragen:
    1) Warum ist der Comic so gut, dass ich ihn mir besorgen sollte?
    2) Was hebt ihn von anderen Comics ab?
    3) Der ist in diesem typischen McKean-Sti (falls man da von typich reden kann), oder? Beschreibt den doch mal ein bisschen genauer.

    Sorry. Aber immerhin bin ich trotzdem dabei...
    Erstmal vielen Dank für Deine Teilnahme!

    Genau solche Fragen oder Anregungen sind es, die ich mir immer von denjenigen für den Stammtisch gewünscht habe, die aus reinem Interesse mitlesen und den Titel nicht Ihr eigen nennen.
    Zumindest empfinde ich das als sehr positive Unterstützung

    Ich finde 13 Euro noch recht günstig, wenn man bedenkt, daß der Titel ursprünglich einmal unglaubliche 39,80 DM kostete - und er auch antiquarisch nicht gerade häufig zu bekommen ist. Ob man den Band gegen ein dickeres Comicwerk allerdings gegenrechnen kann - ich weiss nicht, dann wäre wir ja wieder beim Vergleich mit den Mangas!

    Deine erste Frage ist absolut nicht so einfach zu beantworten. Aber sie ist m.E. direkt mit Deiner zweiten Frage verknüpft.

    Den gerade die Andersartigkeit dieses Comics in Bezug auf Storyline und Illustration, machen es lesenswert und heben es vor allem von den meisten anderen Comics enorm ab.
    Dabei würde ich dieses Comic in erster Linie überhaupt niemanden empfehlen wollen - ausser er sei bekanntermassen Gaiman oder McKean-Fan.

    Für einen Neuling im Comicgenre empfinde ich ihn als viel zu kompliziert, bzw. besser gesagt nicht sonderlich aussagekräftig was eine Identifikation mit dem Genre betrifft und bei alten Comichasen gibt es sicherlich einen totalen Zwiespalt in Punkto Geschmack.

    Spaß an diesem Werk wird derjenige haben, welcher Kunst-interessiert ist, wer die Literatur in Form der Short Story liebt und mal eine Graphic Novel kennenlernen möchte und vor allem jeder eingefleischte Comicfan, der einfach mal seinen Comic-Horizont erweitern möchte, indem er an die Grenzen des Genres herangeführt wird!

    Und ja, er ist in diesem typischen McKean-Stil illustriert - nur von Gaiman kennt man viele andere Stories!
    Geändert von hipgnosis (04.07.2006 um 09:22 Uhr)

  10. #10
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    Zitat Zitat von hipgnosis Beitrag anzeigen
    Meine ersten Eindrücke beim Anlesen des Bandes würde ich am ehesten mit dem Wort Irritationen umschreiben wollen.
    Da ging es mir ganz ähnlich.

    Zitat Zitat von hipgnosis Beitrag anzeigen
    Die Geschichte ist weder sonderlich ereignisreich noch umspannt sie eine große Erzählzeit.
    Dennoch versteht es Gaiman den Leser in eine dunkle, gewalttätige Welt zu entführen, in der man sich nie richtig bewusst wird, wann jetzt die Erinnerungen des Erzählers, und wann die Kindheitsphantasien, dominieren.

    Zurück bleibt eine Welt voller Verbrechen, Mord, Korruption und vielleicht auch Kindesmisshandlung. Anfänglich noch etwas durch den Charme vergangener Zeiten verklärt, nähert sich die Spirale der Gewalt unaufhörlich - und zurück bleibt nur ein beängstigendes Gefühl und verwirrte Gedanken.
    Vieles in Violent Cases wird nur angedeutet, das Geschehen erschließt sich vielfach nur indirekt. Zum Beispiel der Osteopath wird von drei Männern mit Baseballschlägern abgeführt und ward dann nicht mehr gesehen. Dass das nichts Gutes bedeutet ist klar. Aber was genau geschehen ist bleibt der Phantasie des Lesers überlassen. Vielleicht sind es gerade diese Andeutungen, die die beklemmende Stimmung erzeugen, mehr als wenn die Elemente der Geschichte, von denen man aufgrund mehr oder weniger naheliegender Hinweise lediglich annimmt, dass sie passiert sind, klar ausgesprochen und explizit dargestellt wären.

  11. #11
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Zitat Zitat von Josias Beitrag anzeigen
    Vielleicht sind es gerade diese Andeutungen, die die beklemmende Stimmung erzeugen, mehr als wenn die Elemente der Geschichte, von denen man aufgrund mehr oder weniger naheliegender Hinweise lediglich annimmt, dass sie passiert sind, klar ausgesprochen und explizit dargestellt wären.

    Sicherlich liegt eine gewisse Würze in solchen Andeutungen - und es wäre allzu platt, würde man die Phantasie des Lesers ständig in die Schranken weisen, indam man die Szenen bis ins letzte Detail ausleuchtet.

    Allerdings muss man in der Baseballschläger-Szene die Vorgeschichte mit interpretieren.
    Denn dort wird ja mehr als deutlich gezeigt, wie sich Al Capone mit dem Baseballschläger an den " Denunzianten + Verrätern " rächt.

    Dies also nochmals in Szene zu setzen hätte auch wirklich wenig Stil!

    Viel interessanter ist die Frage, warum man den Osteopathen selbst nach Al Capones Tod in einem fremden Land auflauert?

    War er nicht eigentlich nur ein unbeteiligter Augenzeuge vergangener Verbrechen?

    Reicht das alleine schon aus um ihn verschwinden zu lassen?
    Geändert von hipgnosis (05.07.2006 um 08:33 Uhr)

  12. #12
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    Original geschrieben von Matbs:
    Warum ist der Comic so gut, dass ich ihn mir besorgen sollte?


    1.Kapitel

    in dem felix da cat (der fortan nur noch in der 3. Person Singular von sich schreibt )
    Herrn Matbs (auch seinem Terrier zuliebe)
    davon zu überzeugen trachtet,
    einen guten Kauf zu tätigen


    Violent Cases gehört zu den wenigen Beispielen im Bereich des Comic, denen man schon nach den ersten (in diesem Fall: zwei) Seiten anmerkt, dass man etwas großartiges in Händen hält.

    Der Aspekt, der mich beim Lesen von Violent Cases am meisten beeindruckte, ist der der Erzählweise bzw. –technik.
    In der Literatur durch John Dos Passos ca. ein halbes Jahrhundert zuvor zu einer gewissen Popularität (zumindest unter Intellektuellen) gelangt, begann man in den 1980er Jahren die Erzählform des stream-of-consciousness für den Comic zu entdecken.
    Revolutionärstes Beispiel dieser Pionierzeit dürfte die Midi-Serie Elektra: Assassin sein, aber insbesondere deren Autor Frank Miller war auch an anderen, weniger bekannten Baustellen tätig.

    Diese damals im Comic frische* Erzähltechnik wählte Gaiman für seine aller Wahrscheinlichkeit nach frei erfundene Teil(auto)biographie.
    Denn Gaiman selbst steht im Mittelpunkt der Kurzgeschichte (die für einen Comic gar nicht so kurz ist), genauer: seine Erinnerungen; noch genauer: seine Erinnerungen an die subjektive Wahrnehmung seines vierjährigen Selbst.

    Diese subjektive Sichtweise wird uns schon auf den ersten Seiten graphisch vermittelt:

    Zum einen eröffnet die Story mit dem entspannt auf einem Sessel sitzenden Neil Gaiman, der scheinbar offen (denn es gibt auch Momente der Verdrängung: siehe unten) über eine bedeutende Episode seines noch jungen Lebens zu berichten beginnt (interessant hierbei: Wir erfahren nicht, ob er zum Leser, zu einem Freund oder zu seinem Psychiater redet, wohl am ehesten zu einem in die Rolle des Freundes oder Psychiaters geschlüpften Leser),
    zum anderen verdeutlichen die ausschnitthaften 28 Panel (!) unterhalb des ersten Bildstreifens, die nur noch partielle Erinnerung des Autors an die zu schildernden Ereignisse und seine Wahrnehmung selbiger (erklärlich, denn das Berichtete liegt sehr weit zurück).
    Die Verwendung von Ausschnitten wird eingesetzt, um dem Leser zu ermöglichen, sich in einen sich auf einen konkreten Gedanken, ein konkretes Ereignis fokussierenden Gaiman hinein zu versetzen. Die schwarzen Panels stehen für Gedächtnislücken, die Bild auf Bild mit Erinnerung gefüllt werden. Möglicherweise stehen sie sogar für durch Verdrängung verursachte Gedächtnislücken, denn Gaimans Vater, der ihm als 4jährigen Jungen den Arm ausrenkte, ist zunächst nur mit den Fingern, dann mit der Hand zu sehen bevor eine erneute Erinnerungslücke (2 schwarze Panels) einsetzt, womöglich, weil durch die Erinnerung an die Hand (= Tatwerkzeug) die Erinnerung an die Tat ausgelöst wurde und dies einen kleinen Schock, eine kurzfristige Weigerung sich weiter zu erinnern, bewirkt. Erst dann sehen wir Kinn und schließlich Gesicht des Vaters.
    Die Erinnerung Gaimans läuft also keineswegs rund, sondern eher stotternd.

    Seltsam erscheint die Behauptung Gaimans, sein Vater sei für ihn "Fels und Zuflucht" (Seite 2, Panel 1) gewesen, wenn der Leser gezwungen wird aus der Froschperspektive zu dieser durch diese Form der Darstellung übermächtig und bedrohlich wirkenden Figur hinauf zu blicken.

    Die Vermutung liegt nahe, dass die erste Aussage der Erzählung "Ich möchte nicht, dass Sie mich für ein misshandeltes Kind halten" in Verbindung mit Panel 14-16 der Seite 1 zu lesen sind. War sein Vater kein Rabenvater, so könnte das Ausrenken des Armes auf durch Alkohol verursachte Grobmotorik zurückzuführen sein. In einem Comic, der wie dieser von subtilen Andeutungen durchsetzt ist, wird nicht zufällig eine Flasche Whisky "eingeblendet" wenn von der Verletzung durch den Vater die Rede ist.
    Eine weitere durch Dos Passos verbreitete Technik, die des kinematographischen Schreibens scheint hier deutlich durch: kurze Einblendungen, "flashs", vieler - zum Teil scheinbar unwichtiger - Details bereichern die Handlung, insbesondere auch die Atmosphäre der Geschichte.

    Auf diesen ersten beiden Seiten offenbart sich eine solche Meisterschaft der Erzählkunst (und zwar ausdrücklich auch der graphischen), dass man sich sicher sein kann, etwas ganz besonderes vor sich zu haben.
    Kunst im besten Sinne des Wortes, d.h. kein beliebig interpretierbarer (und somit nicht interpretierwürdiger) prätentiöser Quark, sondern eine wunderbar schlüssige und entschlüsselbare** Geschichte, die zwar mit Fragezeichen versehen ist, aber anregenden und nicht entmutigenden. Je mehr man sich der Geschichte nähert, desto intensiver wird die Entdeckungsreise.



    Ach ja, warum der Band auch etwas für den Wauwi ist?
    Die Thematik sollte ihn begeistern, denn in Violent Cases wird (auch) die Geschichte eine Ostheopathen, sprich eines zivilisierten Knochen lesenden "Schamanen" erzählt und dass sich Al Capone knochenbrecherisch betätigt, dürfte den Reiz nur noch erhöhen.

    *= In der Tat irritiert, dass Violent Cases auch ca. 20 Jahre nach seiner Entstehung noch spürbar frisch wirkt. Ist dies einerseits Testament einer zeitlosen Erzählkunst, lässt es andererseits den Schluss zu, dass das Medium Comic in den letzten zwei Jahrzehnten in einer gewissen (sicher nicht absoluten) Stagnation verharrt.

    **= Nichtssagender als eine nichts sagende Geschichte ist wohl nur eine beliebig interpretierbare.
    Geändert von felix da cat (05.07.2006 um 17:40 Uhr)

  13. #13
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Ach ich weiss nicht, das klingt mir ja alles arg verkopft...

    Und Stream-of-Consciousness ist immer so anstrengend; immerhin, wenn es sich auf dem Niveau von Dos Passos "Cinematic Eye"-Sequenzen hält (die ja meist relativ klar und bodenständig sind) ist mir das auf jeden Fall lieber als die schwierigen Explorationen von Joyce oder die postmoderne Variante Ginsbergs... Wobei ich natürlich sehe, wie sehr sich gerade so etwas wie Dos Passos cinematischer Ansatz natürlich sehr gut für einen Comic eignet, da er an sich schon sehr deutlich visuell geprägt und zudem i.d.R. weniger introspektiv ist (was ja irgendwie auch verständlich ist, denn zu der Zeit als er damit arbeitet ist Dos Passos ja Commie (oder zumindest ein "Pinko"), und damit Materialist...).

    Wie genau ist denn dieser Stream-of-consciousness hier umgesetzt? Grundsätzlich braucht man ja dafür eine Consciousness (ein Bewusstsein), in der sich das Erlebte widerspiegelt - ist das hier der gegenwärtige Erzähler, der frei vor sich hin assoziiert und damit die Vergangenheit retrospektiv aufarbeitet, oder wechselt der Erzähfluss im Lauf der Geschichte direkt in
    "den Kopf" des jüngeren Alter Ego des Erzählers in der Vergangenheit, ohne den Distanz schaffenden Filter des zeitlichen Abstandes? Beides wäre ja sehr interessant, und würde bei einer Interpretation wahrscheinlich einen deutlichen Unterschied machen.

    Ok, ich geb´s zu, jetzt klinge ich selbst verkopft. Aber wenn ich nichts Konstruktives zu sagen habe, flüchte ich mich halt gerne in wünschenswerterweise klug klingendes Geschwafel .
    Geändert von Matbs (06.07.2006 um 09:32 Uhr)

  14. #14
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    Original geschrieben von Matbs:
    ... die schwierigen Explorationen von Joyce
    Keine Angst, Violent Cases ist alles andere als ein Finnegan's Wake.

    Ich wollt' ja noch genauer drauf eingehen (mit Bildzitaten und so), geht aber im Moment nicht, da ich seit der vorgestrigen Gewitternacht nicht mehr von zu Hause aus ins Internet komme (fragt mich nicht, wo da der Zusammenhang liegt; hoffe, heute hilft mir der Kundendienst) und von der Arbeit aus keine längeren Traktate schreiben kann.
    So muss die Antwort noch a bissl warten, aber: Intelligent ist Violent Cases auf jeden Fall, verkopft aber nicht.

  15. #15
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Was mir auch sehr gut gefallen hat, sind diese illustrativen Einblendungen, wo ein Gegenstand der Handlung ausführlich im Bild dargestellt wird.

    Man würde vermuten, daß sich dies als besonders plakativ erweisen könnte - aber dem ist merkwürdigerweise gar nicht so.

    Ganz im Gegenteil - wird dadurch die Erzählung und die Perspektive des Betrachters zusammengeführt und deutlich intensiviert.

    Es gäbe sicherlich viele prägnante Beispiele hierfür zu nennen:

    - Angefangen hat es auf der 6. Bildseite mit der Darstellung der Adlernase oder dem Indianerhäuptling.
    Sie sollten die Schilderungen des Vaters des Erzählers (Gaiman) in Bezug auf die Charakteriserung des Osteopathen Ausdruck verleihen.

    - 2 Seiten später 8. Bildseite der Einsatz des Weingummis

    - auf der gleichen Seite und der folgenden die Postkartenmotive und Landkarte um die Herkunft des Osteopathen näher zu erläutern.

    - Ein wahres graphisches Highlight - oder sogar mein absolutes Lieblingsbild - ist auf der 12. Bildseite, die Darstellung des lauschenden Teufels an der Decke - Grandios!
    Dazu im Text:
    " In der Welt meiner Großeltern berührte man keine falschen Kohlen; man lobte nicht laut und überschwenglich.
    Man sprach nicht vom Teufel der immer lauschte. "
    - es folgen einige Collagen mit Musiktexten und Werbeschildern, die auch mittlerweile in anderen Comics desöfteren vorkommen.

    - später ab der 28. Bildseite ff werden verstärkt Filmplakate und Originalbilder von Schauspielern eingesetzt.

    - auch sehr eindrucksvoll auf Bildseite 35 die Darstellung der Blumen (Rosen) für fast 100.000 $, über die ganze Seite verteilt mit eingebauten Panels - die den Ausdruck der Reue Al Capone´s verdeutlichen soll.

    Es gibt noch weitere dieser Zeichnungen - ich weiss nicht wie man dieses Stilmittel nennt - aber obwohl sie eigentlich nur genau das Beschriebene zeigen, wirken sie in dieser Geschichte niemals platt und unpassend.
    Geändert von hipgnosis (07.07.2006 um 16:20 Uhr)

  16. #16
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    Zitat Zitat von hipgnosis Beitrag anzeigen
    Es gibt noch weitere dieser Zeichnungen - ich weiss nicht wie man dieses Stilmittel nennt - aber obwohl sie eigentlich nur genau das Beschriebene zeigen, wirken sie in dieser Geschichte niemals platt und unpassend.
    Ich habe auch keine Ahnung ob es dafür einen Namen gibt. Auf jedenfall ist dieses Stilmittel ein adäquates Werkzeug für die von felix da cat erwähnte Erzählform des stream-of-consciousness im Medium Comic.

  17. #17
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    Thunder and lightning!
    Am Mittwoch abend hat bei mir der Blitz eingeschlagen:
    Neue Netzwerkkarte und neues Modem!
    Aber jetzt bin ich wieder (von zu Hause aus) dabei:
    Original geschrieben von Matbs.
    Wie genau ist denn dieser Stream-of-consciousness hier umgesetzt? Grundsätzlich braucht man ja dafür eine Consciousness (ein Bewusstsein), in der sich das Erlebte widerspiegelt - ist das hier der gegenwärtige Erzähler, der frei vor sich hin assoziiert und damit die Vergangenheit retrospektiv aufarbeitet, oder wechselt der Erzähfluss im Lauf der Geschichte direkt in
    "den Kopf" des jüngeren Alter Ego des Erzählers in der Vergangenheit, ohne den Distanz schaffenden Filter des zeitlichen Abstandes? Beides wäre ja sehr interessant, und würde bei einer Interpretation wahrscheinlich einen deutlichen Unterschied machen.
    Als ich heute morgen Dein Posting las, hatte ich das Gefühl, dass Du Violent Cases gelesen haben musst. Du stellst nämlich genau die richtige Frage!

    Auf den schon von mir als Beispiel herangezogenen ersten beiden Seiten erinnert Gaiman aus seiner Gegenwarts-Perspektive (Bsp. Verdrängung).
    Aber diese Erinnerung ist nicht durch einen Reifeprozess gegangen (nicht, um in Deinen Worten zu schreiben, gefiltert worden).
    Gaiman versucht, die Empfindungen seiner Vergangenheit aus den Löchern zu jagen, in die sie sich im Laufe der Jahre auf der Flucht vor erwachsener Ratio verkrochen haben.
    Er unternimmt eine Reise in seinen einstigen Gemütszustand.

    Beispiele gefällig?

    Vieles wird über-lebensgroß geschildert, aus einer kindlichen Perspektive. So bereits auf Seite 2 (der aus der Froschperspektive gezeigte Vater) oder aber der Zylinder des Schneiders auf Seite 10 bzw. 21.

    In einem Streit mit dem Vater wird dessen Gesicht zur monströsen Fratze (Seite 20, Bild 2). Gezeigt wird damit die kindliche Angst des kleinen Neil vor dem Wutausbruch des Erwachsenen.

    Ein sich in den dunklen Keller schlängelnder Treppengang könnte durch eine angelehnte und somit lichtdurchlässige Tür ebenso in eine diabolische Falle wie zu einem sagenumwobenen Schatz führen (Seite 4).

    Großartig die Szene, in der der Ostheopath über Capones mörderische Seite euphemistisch von "ausradieren" redet.
    Das Kind kennt diesen Begriff nicht als Metapher für "Töten", sondern nur in Hinblick auf seinen ursprünglichen Sinn.
    Gezeigt wird daher ein ausradiertes Gesicht.
    Der kleine Neil entwickelte das seinem Erfahrungsschatz adäquate Bild vor seinem geistigen (und des Lesers tatsächlichem) Auge (Seite 26, Bild 4).
    Spätestens hier wird überdeutlich, in wessen Hirn der Leser (und der sich erinnernde erwachsene Gaiman) steckt.
    Der erwachsene Gaiman hätte den Begriff entsprechend seiner gemeinten Bedeutung entschlüsseln können.



    Kapitel 2

    in dem Felix da cat beweist,
    dass es in Hinblick auf dunkle Erinnerungen noch bunter kommt.

    Nicht nur Gaiman braucht ein mitfühlendes Ohr.
    Auch der nicht zufällig namenlose Ostheopath sehnt sich nach selbigem.
    Er reminisziert in Gegenwart des kleinen Neil über seine "glorreiche" Vergangenheit.
    Das erinnert an eine blasse Persönlichkeit, die hofft, der Umgang mit einem berühmten Menschen gäbe ihr etwas mehr Farbe oder in unserem Fall mehr noch an einen Pilotfisch, der einen Hai in der Erwartung begleitet, von dessen Gegenwart profitieren zu können.
    Denn ein Hai ist die Person von der der Ostheopath zu berichten weiß, nicht nur berühmt, auch berüchtigt: Al Capone.
    Und damit seine Geschichte nicht gegen ihn "umkippt", schildert der Ostheopath den Verbrecher in verständnisvoll-bewundernden Worten.
    Das erinnert mitunter an einen Deutschen mit wenig heroischer Vergangenheit, der sich brüstet, den ein oder anderen Nazi-Granden gekannt zu haben und der - um für diese Bekanntschaft Bewunderung einzuheimsen - das "fachmännische" Urteil abgibt: "So schlimm wie immer berichtet wird, war der gar nicht !"
    Es nimmt daher nicht Wunder, dass der Ostheopath Capone als einen "prima Kerl" bezeichnet (Seite 35, Erzählkästchen 5), weil er zur Beerdigung seiner Opfer ein wahres Blumenmeer beisteuerte
    und meint, dessen Partys waren "großartig (Seite 15, letztes Bild)
    und dass Capone ein "armes Schwein" gewesen ist (Seite 25, Bild 3).

    Der Ostheopath wendet sich auch an den kleinen Neil, weil er weiß, dass dieser seine positive Einschätzung angesichts dessen mangelnder Lebenserfahrung widerspruchlos hinnehmen wird.
    Mehr noch beeinflusst er diesen durch seine Erzählungen, denn der Junge wünscht einigen der ihn nervenden Gleichaltrigen den Tod (so vermischen sich die Erinnerungen an die "Verarbeitung" der Geschichte über ein von Capone angerichtetes blutiges Massaker mit Gewaltphantasien des Kindes, Seiten 31-34).
    ~~~~~
    Hipgnosis: Die von Dir wieder gegebenen Szenen (Adlernase, Weingummi, Teufel) sind ebenfalls gute Beispiele dafür, wie der kleine Neil Informationen verarbeitet.
    Er asoziiert nicht wie ein Erwachsener sondern altersgemäss.
    Dass dies auch im Rahmen der Erinnerungen des erwachsenen Neil Gaiman so dargestellt wird, bestätigt die Auffassung, dass dieser sich in seiner Schilderung in sein früheres Ich hineinzuversetzen sucht.

    Hipgnosis und Josias:
    Die "Erinnerungssplitter", Fragmente der Vergangenheit, werden meist in Montagen dargestellt.
    Das Blumenmeer würde ich als Collage bezeichnen.
    Beide, die Montage und Collage, sind Stilmittel der Stream-of-consciousness-Technik.
    Geändert von felix da cat (07.07.2006 um 20:09 Uhr) Grund: Automatisch eingefügter Doppelbeitrag

  18. #18
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Als ich heute morgen Dein Posting las, hatte ich das Gefühl, dass Du Violent Cases gelesen haben musst. Du stellst nämlich genau die richtige Frage!
    Ich fürchte, das ist nur die Folge eines pavlovschen Rexlexes: Wenn irgendwo der Begriff "Stream-of-Consciousness"-fällt, hab´ ich gelernt, nachzubohren, da gibt´s nämlich immer was zu holen (und mit meiner jahrelangen Erfahrung darin, mir bei den Besprechungen von Büchern, die ich gar nicht gelesen habe, gute Noten zu holen, bin ich natürlich auf sowas konditioniert - good to know I haven´t lost the touch, though ...).
    Geändert von Matbs (08.07.2006 um 10:18 Uhr)

  19. #19
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Großartig die Szene, in der der Ostheopath über Capones mörderische Seite euphemistisch von "ausradieren" redet.
    Das Kind kennt diesen Begriff nicht als Metapher für "Töten", sondern nur in Hinblick auf seinen ursprünglichen Sinn.
    Gezeigt wird daher ein ausradiertes Gesicht.
    Der kleine Neil entwickelte das seinem Erfahrungsschatz adäquate Bild vor seinem geistigen (und des Lesers tatsächlichem) Auge (Seite 26, Bild 4).
    Spätestens hier wird überdeutlich, in wessen Hirn der Leser (und der sich erinnernde erwachsene Gaiman) steckt.
    Der erwachsene Gaiman hätte den Begriff entsprechend seiner gemeinten Bedeutung entschlüsseln können.
    Diese Szene hatte ich auch noch auf meiner Liste stehen.

    Für mich eine der Schlüsselszenen des gesamten Comics und wieder einmal kongenial von McKean in Szene gesetzt.

    Es gibt soviele Bedeutungen durch die ganze Storyline, die man mit Ausradieren umschreiben könnte und die nur teils schmerzlich aus tiefer Erinnerung wieder das Licht der Welt erblicken.

    Da wäre zuerst das Ausradieren in Form des Vergessens

    - felix hat ja schon oben einige Szenen angesprochen, wo der kleine Neil erst nach und nach wieder die Kindheitsbilder abrufen kann. Viele davon wollte er wohl auch einfach vergessen.

    - Der Osteophat der sich nicht mehr an seine alte Heimatstadt erinnern kann.

    - Der Vater vom Erzähler, der sich nicht mehr so richtig an den Osteopathen erinnert

    Einen anderen Sinn gibt Ausradieren aber in Bezug auf Töten

    - Al Capone der die Verräter liquidiert

    - Die Gangster am Ende die den Osteopathen verschleppen

    - selbst der kleine Neil, der am liebsten den nervenden Gleichaltrigen um die Ecke bringen würde

    Und zuguterletzt die amerikanische Regierung, die Al Capone ausradieren will und ihn zumindest wegen Steuerhinterziehung für 2 Jahre ins Gefängnis bringt.


    Im übrigen fällt auf, daß Al Capone der einzige Name ist, der im ganzen Comic genannt wird ( wenn ich mich nicht schwer verlesen habe! )
    Obwohl Al Capone niemals in die Realität der Geschichte selbst eingreift, ist er doch der Hauptgegenstand derselbigen.
    Alle Hauptprotagonisten schlüpfen lediglich in dioe Rolle des Erzählers und bleiben namenlos (der kleine Junge, der erwachsene Neil, der Osteopath und der Vater)

    Habe gerade nochmal nachgeschaut - es wurden auch noch andere Gangster mit Namen genannt, die aber keine große Rolle in der Story einnehmen. Von den Hauptakteueren zumindest ist Al der einzige mit Namen!
    Geändert von hipgnosis (08.07.2006 um 16:32 Uhr)

  20. #20
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    Original geschrieben von hipgnosis:
    Obwohl Al Capone niemals in die Realität der Geschichte selbst eingreift, ist er doch der Hauptgegenstand derselbigen.
    Alle Hauptprotagonisten schlüpfen lediglich in dioe Rolle des Erzählers und bleiben namenlos (der kleine Junge, der erwachsene Neil, der Osteopath und der Vater)
    Ich würde es so schreiben: Capone ist das "Vehikel", welches benutzt wird, um sich ein Bild vom jungen Neil und dessen Ostheopathen (denn er ist nicht nur der Capones!) zu machen.
    Die Geschichte sagt mehr über den Geisteszustand letzterer als den des Erstgenannten.
    Aber natürlich kriegen wir auch was vom Inbegriff, dem "Prototypen" aller Gangsterbosse mit auf den Weg:

    Kapitel 3
    in dem felix da cat
    dem Anführer des organisierten Verbrechens
    mit psychologischer Kriegsführung entgegen tritt

    Nachdem bereits bemerkt wurde, dass Violent Cases auch als Geschichte psychotherapeutischer Aussprachen (seitens Gaimans und des Ostheopaten) zu lesen ist, sei noch kurz darauf hingewiesen, dass dem Leser mit der Geschichte auch ein (Teil)Psychogramm Al Capones serviert wird.
    Capone war – durch die rosa Brille seines Ostheopathen betrachtet – ein "prima Kerl", der "großartige Feste" zu feiern verstand.
    Dass der dabei fließende Whisky über einen Berg von Leichen finanziert wurde braucht niemand explizit zu erwähnen.
    Die uns auf den Seiten 31 – 34 präsentierte Szene lässt diesbezüglich keine Zweifel offen.
    Capone legt zur Absicherung seiner Macht schon mal selbst Hand an, was seinem Ostheopathen wohl zusätzliche Bewunderung abverlangt hat (Capone delegiert nicht; wenn’s schmutzig wird, ist er sich "nicht zu schade", den dreckigen Job – und seine Opfer - selbst zu erledigen).
    Die Szene hätte extrem gewalttätig dargestellt werden können. Angenehmer- und zugleich unangenehmerweise lebt sie jedoch mehr von ihrer suggestiven Kraft: die Gewalt wird mehr angedeutet als gezeigt. Der Horror dieser Seiten resultiert weniger aus den produzierten Blutlachen als vielmehr aus der psychisch beklemmenden Situation, einer jähzornigen Person, die jede Sekunde bereit ist, alles zu tun, völlig ausgeliefert zu sein.

    Die Tatsache, dass Capone zur Beerdigung seiner Opfer mit einem Meer von Blumen aufwartet, ist doppeldeutig.
    Einerseits weist sie auf einen extrem zynischen Charakter hin, andererseits auf ein primitiv-infantiles Wesen. So gleicht er einem Kind, das sich seiner eigenen Gemeinheiten nicht bewusst ist, da ihm die Empathie fehlt, sich in Andere hinein zu versetzen:
    Mit der Ermordung seiner unliebsamen Weggefährten ist die "Angelegenheit" für Capone erledigt.
    No hard feelings.
    Jetzt kann man den (toten) "Jungs" wieder Respekt erweisen.
    Capone ist der primitive Cro-Magnon, der Instinktmensch, der jeden fürchterlich hasst, der ihn auf den Schlips tritt, sich brutal sein vermeintliches Recht nimmt und nach erlangter Genugtuung vergisst.
    Geändert von felix da cat (10.07.2006 um 18:16 Uhr)

  21. #21
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    Irgendwie bekommt man als Leser den Eindruck nicht los, Gaiman erzählt hier eine, wenn auch sehr gewalttätige, Geschichte vom Spiel des Lebens!

    Immer wieder werden Parallelen hierzu bemüht.
    Die eindrucksvollste ist sicherlich das Partyspiel der Kinder - Die Reise nach Jerusalem - und dem gleichzeitigen " Abschlachten " von Al Capones Opfer.

    Mag sein das dies aus heutiger Perspektive etwas klischeehaft anmutet, da man solche Sequenzen und Überblendungen sicherlich in den letzen Jahren vermehrt in Filmen und anderen Medien (auch Comics) gesehen hat.
    Dennoch zieht diese ultrabrutale Szenerie den Leser regelrecht in Ihren Bann - und erreicht einen grafischen Höhepunkt mit dem Blutpanel (die einzige Szene des ganzen Bandes, wo ein anderer Farbton als S/W und braun zu sehen ist - rote Blutspritzer, nachdem Al Capone einem Opfer mit dem Baseballschläger den Schädel einschlug)

    Auch andere Sequenzen wie die Pokerrunde oder der Auftritt des Magiers reihen sich hier in die symbolische Darstellung des Spieles ein.

    Dazu passend ja auch der Charakter Al Capones, den felix schon so trefflich analysierte - er ist sich selbst einfach keiner Schuld bewusst - betrachtet ebenfalls sein Leben als Spiel, bei dem man sowohl Gewinner als auch Verlierer sein kann.
    Lediglich durch manipulierte Eingriffe versucht er sein eigenes Spiel des Leben zu verändern und sein Schicksal zu beeinflussen.

    Der Osteopath erscheint in der Handlung wie ein Bauer auf einem Schachbrett - ein Mitläufer, selbst keiner großen Macht fähig, auf den man sich im notwendigen Falle, dessen Opferung bedienen kann.

    Ähnlich lenken auch die Eltern in den frühen Jahren die Geschicke, bzw. das Leben Ihrer Kinder, welches im Comic sogar wieder auf gewalttätige Art und Weise gezeigt wird, indem der Vater dem jungen Sohn den Arm ausrenkt, bei Missachtung irgendwelcher erzieherischen Massnahmen den Sohn aus dem Auto am Strassenrand absetzt, oder das Kind zu einer ungeliebten Party zwingt.

  22. #22
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    Thumbs up

    Ich wollte mal wissen, wie der Comic eigentlich aussieht, und habe hier ein paar Scans gefunden, die zummindest einen Eindruck vermitteln:
    http://www.tuxamoon.de/Tux_static/Co...lent_Cases.php
    http://www.amazon.com/gp/reader/0878...44#reader-link
    Riecht ja stark nach heftigem Computereinsatz... Und das vor 20 Jahren?!
    Das hat in der Tat eine ungewöhnliche visuelle Kraft... Beim kurzen Durchblättern der Amazon Scans habe ich den Eindruck, dass es dem Zeichner in jedem Panel gelingt, exakt das auszudrücken, was er ausdrücken wollte. So intensiv wirken nur sehr sehr wenige Comics...
    Ich habe das Ding jetzt mal bestellt, ihr habt mich überzeugt. Auch wenn mein Budget eigentlich schon hoffnungslos überzogen ist...

  23. #23
    Mitglied Avatar von Mick Baxter
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    Zitat Zitat von Ortwin Beitrag anzeigen
    7-2999944#reader-link[/url]
    Riecht ja stark nach heftigem Computereinsatz... Und das vor 20 Jahren?!
    Deine Zweifel sind berechtigt. Das war vor 20 Jahren mit Computern nicht möglich (da hatte die Festplatte eines PC noch 1 MB).

  24. #24
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    Zitat Zitat von Ortwin Beitrag anzeigen
    Ich wollte mal wissen, wie der Comic eigentlich aussieht
    So sah er ursprünglich nicht aus, die Farbversion kam erst viel später. Weiß jemand, ob der Comic gleich als Album rausgekommen ist, oder gab es vorher eine Veröffentlichung in Escape?

    Ich bringe den s/w-Band heute abend mit (wenn ich daran denke).

    eckrt

  25. #25
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Zitat Zitat von eck@rt Beitrag anzeigen
    So sah er ursprünglich nicht aus, die Farbversion kam erst viel später. Weiß jemand, ob der Comic gleich als Album rausgekommen ist, oder gab es vorher eine Veröffentlichung in Escape?

    Ich bringe den s/w-Band heute abend mit (wenn ich daran denke).

    eckrt
    Also ich habe jetzt nur die Informationen aus Neil Gaimans Nachwort des Albums zur Hand.

    Darin steht, daß Paul Gravett von Escape eigentlich eine 5-seitige Auftragsarbeit von Neil Gaiman wollte.
    Als dieser dann zusammen mit Dave McKean an die Arbeit ging wurde ihnen schnell klar, daß Ihr Projekt doch eher größeres Format erreichen sollte und schlugen Paul Gravett daher die Veröffentlichung eines 44 Seiten-Albums vor.
    Und zu Ihrer Überraschung willigte er ein!
    In der Schaffenszeit der beiden Künstler starb wohl auch das Comic Magazin Escape. Trotzdem erschien dann Ende 1987 in Zusammenarbeit mit Titan Books das Schwarz/Weiss Album.

    Wenn ich jetzt nicht irgendetwas falsch interpretierte, schliesst das eine Vorab-Veröffentlichung in Escape oder einem anderen Magazin aus!?!

    Zitat Zitat von Ortwin
    Ich habe das Ding jetzt mal bestellt, ihr habt mich überzeugt...
    Na hast Du ein Glück - denn die Amazonseiten sind wirklich nicht mehr als das Entrée in die Handlung.
    Die wirklich starken Momente stehen Dir also noch bevor - viel Spaß!

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