Mit einem Knacken ließ Kaos seinen Kopf kreisen, sank entspannt zurück auf den steinernen Thron. Er hatte das Gebirge im Norden gewählt seine vorläufige Stätte zu werden und leicht war es ihm gelungen, die Geister des Erzes davon zu „überzeugen“ eine Burg in seinen Diensten zu erschaffen.
Der Dämon schloss die Augen, Erinnerungen an zwei Welten spiegelten ihre Bilder in seinem Geiste wieder. Ein spitzbübisches Lächeln umspielte seinen Mund, als ihm klar wurde, dass er bereits zwei Chancen gehabt hatte, mehr als vielen anderen zuteil wurde. Doch dies war gewiss kein Zufall, war er doch der Hüter, nein, vielmehr der Bote dessen, was all diese Welten heimsuchte, wenn sie dem Vergessen anheim fielen: das Chaos.
Doch diese Welt hier war wie eine Bastion, die Göttin hatte sie gut geschützt, und somit allen Seelen, die der Gewalt des Chaos hatten entkommen können, eine Zuflucht geboten.
Nun war er selbst eine verlorene Seele geworden, als die letzte Welt, die er bewohnt hatte, ebenfalls untergegangen war, und das hatte den kommenden Verlauf der Dinge besiegelt. . Als Heimatloser in diese Welt hier einzudringen war der erste Schritt gewesen, die Göttin hatte es ihm nicht verwehren können, wenngleich sie ihre Instinkte gewarnt hatten.
Nun würde er dafür sorgen, dass der Widerstand Meschelem Hatikvahs fallen würde...
Kaos erhob sich, seine Augen glühten von schwarzem Feuer und die Runen des Chaos auf den Innenflächen seiner Hände erstrahlten. Ein Kegel aus schwarzem Licht erhob sich, durchbrach die Decke der steinernen Burg und schoss hinauf in den Himmel und von dort, wo es die Kuppe der Welt durchbrach, legte sich ein Schatten auf die Nordregion...
*
Es war mit einem mal, als schnüre ein feines aber festes Band ihr die Kehle zu und ein Keuchen war alles, was die Göttin hervorbrachte, als sie spürte, dass etwas in ihre Welt eingedrungen war. Sie stürzte nach vorne und sofort waren ihre Priesterinnen bei ihr, um die Herrin zu stützen, voller Sorge über deren unerwarteten Schmerz. Doch eilig schüttelte sie den Kopf und deutete ihren ergebenen Dienerinnen, sie alleine zu lassen.
Ein Gefühl der Enttäuschung ergriff sie, als sie sich des zerlumpten Ankömmlings entsann, denn sie spürte, dass er es war, der mit sich brachte, was niemals in diese Welt hätte gelangen dürfen.
Langsam erhob sich die Göttin und obwohl sie vom Schock geschwächt war, erblühte ihre Gestalt in einem klangvollen Licht und ihre Sinne wurden zu Wind und Wasser, zu Feuer und Erde und zu den Strahlen des Lichts, mit welchem sie den dunklen Schatten im Norden zu beseitigen gedachte.
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Als Kaos den erwarteten Widerstand vernahm, lachte er leise. Er wusste, er bräuchte den direkten Kampf nicht zu suchen, denn in ihrer grenzenlosen Naivität war der Göttin viel einfacher beizukommen. Sein Erscheinen hier war der erste Schock gewesen, dass wusste er. Der zweite würde noch sehr viel tiefer treffen...
Ein geistiger Befehl ließ die Erz- und Eisgeister des Gebirges aufhorchen und sogleich folgten sie den Anordnungen ihres neuen Herrn und eine Grenze aus Schnee und Fels begann sich rund um das Gebiet zu bilden, auf welches Kaos’ Schatten fiel, auf dass dessen Besitzanspruch nicht nur verdeutlicht sondern auch gefestigt sei.
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Die Priesterinnen fanden die Göttin am Boden liegend, reglos wie zu einer Statue erstarrt. Nur ihre Augen waren weit aufgerissen und in ihnen lagen der Schock eines Betrugs und der Schrecken der Enttäuschung, als sie erkannt hatte, dass bereits einige der ihr ureigenen Kreaturen der fremden Macht zu Diensten waren...
Seither befindet die Göttin sich im tiefen Schlaf, unfähig aus eigener Kraft sich zu befreien.
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