Wo findet man diese Textstelle überhaupt (irgendwo innerhalb der fünf Bände ist etwas unpräzise ) und wie sieht die Radebeuler Ausgabe aus?
Gibt es hier jemanden, der die Radebeuler (nicht Bamberger) Ausgabe des Romans besitzt?
Es sind die Bände 51 bis 55 mit den Titeln:
Schloß Rodriganda
Vom Rhein zur Mapimi (bzw später: Die Pyramide des Sonnengottes)
Benito Juarez
Trapper Geierschnabel
Der sterbende Kaiser
Ich selber kenne nur die ungekürzte Reprintversion und suche nun jemanden der mir sagen kann ob eine bestimmte Textstelle in den Radebeuler Ausgaben mit dem Original identisch ist oder nicht.
Im Roman kommt ein handlungsentscheidendes Rezept vor, mittels dessen der Graf Rodriganda wahnsinnig gemacht wird. Im Original lautet es folgendermaßen:
»Item eyn herrlich Gifft für Tott und Wahnsinn.
Man nimbt eyn Töpfleyn Safft von Antiaris toxicaria, welches genannt ißt Antschaar, eyn halbes Töpfleyn Safft des Strichnos Tieute, so man nennt javanische Brechnuß, eyn vierteyl Töpfleyn Safft von Alpinia galanga, welches ißt indischer Galgant und ebenso vill Safft des Zingiber cassamumar, genannt gifftiger Ingwär. Daß siedet man auff die Hälfften ein und hebt es in eyn Flaschen auff. Fünff Tropffen davon machen eyn starken Menschen tott; zwey Tropfen awer gäben ihm in Wahnsinn, so nicht mehr weiß, wer er gewessen ißt.
Diesser Wahnsinn wierd wieder geheylt durch folgenden Trankk:
Man zerstößt eyn Tassenkopff Capsicum, welches heyßt die strauchigte Beißbeeren und thut darauff eyn halben Tassenkopff Speichel von eyn Menschen, welchem man zu Totte gekietzelt hat, läßt stehen eyn Wochen und thut darauff eyn Löffel scharpfen Essieg, gießt ab und hebt in eyn Flaschen auff. Zwei Tropffen von dieser feynen Artzeneyen nimbt den Wahnsinn wieder hinfort binnen dreyen Tagen.
Notabene: Kann nur im Landte Asien gemacht werden und ißt erprobt von viellen Menschen, so man Neger, Malaya's oder Wildte nennet. «
Ist in der Radebeuler Ausgabe der gleiche Wortlaut verwendet worden, oder doch ein anderer?
Ich bräuchte diese Angaben für einen vergleichenden Artikel und nicht weil ich jemanden in den Wahnsinn treiben möchte.
Wo findet man diese Textstelle überhaupt (irgendwo innerhalb der fünf Bände ist etwas unpräzise ) und wie sieht die Radebeuler Ausgabe aus?
Ich hab nur die Ueberreuter-Taschenbücher. Die müßten aber inhaltsgleich zu den Bamberg-Ausgaben der 60er Jahre sein.
Sind die Radebeul-Ausgabe aus der DDR?
Die Radebeuler Ausgaben sind die grünen Karl-May-Bände aus dem Karl-May-Verlag, die von 1913 bis 1945 erschienen sind, da der Verlag damals dort seinen Sitz hatte. Wo sich das von mir gesuchte Rezept in den grünen Bänden befindet, kann ich nicht genau sagen, da deren Handlung gegenüber dem Original umgestellt und erheblich gekürzt wurde, bzw. ganze Passagen auch völlig neu geschrieben wurden. Ich vermute aber mal, daß man die Stelle irgendwo in den ersten beiden Bänden finden sollte. Die Frage ist nur, ob identisch oder ebenfalls stark bearbeitet.
Übrigens die Bamberger Ausgabe als Nachfolgeausgabe der Radbeuler Bände sind meist abermals stark bearbeitet worden.
Aber doch keine Anleitung für ein Gift, das zu Tod und Wahnsinn führt.
Ich dachte immer die ungekürzte Reprintversion, die in den 80ern in der DDR erschienen ist, beruht eben nicht auf der Radebeuler Ausgabe, sondern auf der ersten Fehsenfeld (????) Ausgabe.
LuG
... die doch aber meines Wissens nur das Hauptwerk berücksichtigt haben. Oder snd da auch die frühen Trivialromane erschienen?
LuG
Basis der Radebeuler Ausgabe ist die sogenannte „Fischer-Ausgabe“, die gegenüber der Originalausgabe schon bearbeitet war, so fehlt z.B. dort schon das 8. Kapitel der „Ersten Abteilung“ – „Der schwarze Kapitän“. Im Gegensatz zur Radebeuler Ausgabe ist aber der Handlungsablauf wie von May angelegt beibehalten worden. In der Radebeuler Ausgabe wurde die Handlung chronologisch geordnet und einige Rückblicke erst mal weggelassen. In bearbeiteter Form sind große Teile dieser Rückblicke, natürlich auch in bearbeiteter Form, vor einigen Jahren doch noch innerhalb der sogenannten Grünen Bände aus dem KMV (Karl-May-Verlag) erschienen: Band 77 – Die Kinder des Herzogs. Für diejenigen die sich nicht so auskennen, die Grünen Bände erschienen bis 1912 im Fehsenfeld Verlag (33 Bände) und wurden dann ab 1913 in dieser Form auch im neu gegründeten Karl-May-Verlag (65 Bände) in Radebeul herausgegeben. Dieser Verlag hat heute seinen Sitz in Bamberg und auch wieder in Radebeul und in diesem Jahr erscheint Band 85.
Wer das Waldröschen und die anderen vier Kolportageromane in der ursprünglich erschienenen ersten Form lesen möchte, sollte entweder auf die Reprintbände zurückgreifen oder auf die Bände der HKA (Historisch-Kritische-Ausgabe) welche vom Bücherhaus Bargfelde herausgegeben wird. Allerdings kosten diese pro Band stolze 35 Euro. Und jeder dieser Romane umfasst 5 (Die Liebe des Ulanen) bzw. 6 Bände (der ganze Rest). Die derzeit überall recht günstigen Weltbild-Bände sind textgleich mit der Ausgabe des Verlag Junge Welt, welche wiederum den schon oben genannten Fischer-Bänden entsprechen. Alternativ für Bildschirmleser gibt es die Digitale Bibliothek 77 „Karl Mays Werke“, welche die Texte der HKA enthält.
Das „Waldröschen“ ist der erste und bekannteste der Kolportageromane des Maysters. Gleich lesenswert, wenn man sich für Kolportage interessiert, sind natürlich auch „Die Liebe des Ulanen“ und „Der verlorene Sohn“.
Fällt "Das Buschgspenst" auch unter Kolportage-Roman? Hab kürzlich die DDR-Verfilmung gesehen und fand sie ziemlich schrecklich. Da ich das Buch mit etwa 12 Jahren gelesen habe, kann ich keine Vergleiche ziehen.
Ja. Ist ein kleiner Teil aus dem Roman "Der verlorene Sohn".Zitat von Mick Baxter
Zitat von Predantus
Das war mir neu. Und wieder eine Bildungslücke geschlossen. Allerdings liegt meine Karl May-Zeit auch schon ein paar Järchen hinter mir. Habe vor zehn Jahren noch mal versucht "Das Waldröschen" zu lesen und bin jämmerlich gescheitert.
Ich vermute mal - auch wenn ich mir meine eigenen Kinder so anschaue - meine Generation war die letzte, die noch May gelesen hat. Traurig, aber alles hat eben seine Zeit. Und ich kann mir niemanden vorstellen, der veralteter ist als der große Fabulierer aus Radebeul.
LuG
Och, ich habe so mit Anfang 20 die ersten sechs Bände und Teile des Alterswerks noch mal gelesen und fand es sehr unterhaltsam.
LuG
Ich hab zu "Recherchezwecken" 1986 "Das Vermächtnis des Inka" noch mal gelesen, hab mich aber ziemlich durchgequält. Karl May ist in der Tat eher was für die 12jährigen, schreckt diese aber durch 40-seitige Landschaftsbeschreibungen (und das in der gekürzten Ausgabe) auch ziemlich ab. Zumal heute die meisten 12jährigen kaum lesen können.
Dann musst Du Dir mal die ungekürzten DDR-Ausgaben von James Fenimore Coopers "Lederstrumpf"-Romanen geben. So viel Landschaft gibt's auf der ganzen Welt nicht mehr, wie der beschrieben hat. (Sorry, jetzt bin ich wieder mal vom Thema abgekommen...)
LuG
Aber genau daran mußte ich auch denken. Einmal ungekürzt Coopers "Wildtöter" lesen, dann weiß man erst, was Landschaftsbeschreibungen sind. Das ganze Buch ist eine einzige Landschaftsbeschreibung mit ein bißchen Handlungsstaffage und etwas mehr religiöser Philosophie.Zitat von LuG
Bei Karl May, um zum Topic zurückzukommen, empfinde ich Landschaftbeschreibungen nicht als zu lang. Und in den Kolportageromanen hat man damit eh kein Problem. Allerdings wer keine Seitenlange Dialoge mag, der sollte seine Finger auch davon lassen.
Ich glaube mich zu erinnern, daß "Der blaurote Methusalem" dem jugendlichen Leser schon einiges abverlangt hat.
Wie dicht ist eigentlich "Winnetou unter Comedy-Geiern" an der Textvorlage (abgesehen davon, daß Old Shatterhand nicht aus dem Sauerland kommt)?
@Predantus: Ich empfehle zu dieser Lektüre die wunderbaren ersten LPs von The Band, der ehemaligen Dylan-Begleitband. Die haben diese Stücke (Great Divide, Tears Of Rage, etc.) unmittelbar unter dem Einfluss von Cooper (und Steinbeck)geschrieben. Ganz große Americana!!! Hach, ich könnte seitenweise weiterschwärmen...
LuG
So, ich habe jetzt eine Radebeuler Ausgabe auftreiben können. Hier der Wortlaut des von mir gesuchten Textstelle. Änderungen gegenüber dem Original sind rot markiert:
»Item eyn herrlich Gifft für Tott und Wahnsinn.
Man nimbt eyn Töpfleyn Safft von Antiaris toxicaria, welches genannt ißt Antschaar, eyn halbes Töpfleyn Safft des Strichnos Tieute, so man nennt javanische Brechnuß, eyn vierteyl Töpfleyn Safft von Alpinia galanga, welches ißt indischer Galgant und ebenso vill Safft des Zingiber cassamumar, genannt gifftiger Ingwär. Das siedet man auff die Hälfften ein und hebt es in eyn Flaschen auff. Fünff Tropffen davon machen eyn starken Menschen tott; zwey Tropfen awer gäben ihm in Wahnsinn, so er nicht mehr weiß, wer er gewessen ißt.
Diesser Wahnsinn wierd wieder geheylt durch folgenden Trankk:
Man zerstößt eyn Tassenkopff Capsicum, welches heyßt die strauchigte Beißbeeren und thut darauff eyn halben Tassenkopff Speichel von eyn Menschen, welchen man bis zum Schäumen gekietzelt hat, läßt stehen eyn Wochen und thut darauff eyn Löffel scharpfen Essieg, gießt ab und hebt in eyn Flaschen auff. Zwei Tropffen von dieser feynen Artzeneyen nimbt den Wahnsinn wieder hinfort binnen dreyen Tagen.
Notabene: Kann nur im Landte Asien gemacht werden und ißt erprobt von viellen Menschen, so man Neger, Malaya's oder Wildte nennet.«
Das sind ja nicht gerade weltbewegende Änderungen - gibt es einen Grund, eventuell drucktechnischer Art, warum ausgerechnet diese Stellen weggelassen wurden?
Wurden zur Nazizeit Texte auch inhaltlich verändert zwecks Rassismus oä?
Wahrscheinlich sah man "welchem man zu Totte gekietzelt hat" als zu brutal an.
Ja, teilweise. Ein wenig kann man z.B. darüber in der "Karl-May-Bibliografie 1913 – 1945" von Wolfgang Hermesmeier und Stefan Schmatz nachlesen. Die traurigsten beispiele sind dabei sicher die Otto Eicke-Bearbeitungen in "Winnetou IV" (Winnetous Erben) und "Der Fremde aus Indien". Einiges davon blieb noch in vielen Nachkriegsauflagen erhalten und wurde erst in jüngster zeit wieder rückgängig gemacht.Zitat von Abulafia
Einige andere Bücher hätten viele Nazi-Funktionäre gerne verbieten lassen, doch traute sich da keiner so recht ran, weil Hitler May sehr gerne las. Solche Bände wurden dann nicht mehr nachaufgelegt und waren bald nicht mehr lieferbar, wie die beiden Bände von "Ardistan und Dschinnistan". In diese Kategorie fällt teilweise auch "Und Friede auf Erden!", welches allerdings eine Bearbeitung durch Eicke erfuhr, die allerdings gemäßigter als bei anderen Bänden ausfielen. Diese Ausgabe kam aber nicht mehr in den Handel, da bei einem Bombenangriff große Teile dieser Auflage vernichtet wurden, so daß heute nur noch wenige Exemplare im Umlauf sind.
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