Sprachliche Verwirrungen
"Das Problem ist auch, dass wir keinen deutschen Begriff haben, der das passend übersetzt. Wir haben es noch nicht mal in unserer Sprache."
(Zitat aus dem Interview)
Was genau wollte ich mit dieser Aussage zum Ausdruck bringen?
Der Versuch, den englischen Begriff "Native Americans" komplett in den deutschen Sprachgebrauch zu integrieren, bringt einige Probleme mit sich. Mal ganz abgesehen davon, dass er vielen Deutschen nach wie vor nicht geläufig ist. Im Gegensatz zur englischen Sprache, besteht im Deutschen die Möglichkeit ganz klar zum Ausdruck zu bringen, ob Inder oder Indianer gemeint sind, bzw. ob etwas indisch oder indianisch ist. Im Englischen gibt es dafür nur das Wort "Indian". Um klar auszudrücken, dass von Indianern die Rede ist und nicht von Indern wird deshalb der Begriff "American Indian" verwendet und dieser ist in den USA nach wie vor weit verbreitet und in vielen Bereichen wird er auch von Native Americans häufig benutzt. Dafür gibt es verschiedene, unter anderem auch rein rechtliche Gründe. Wir werden dies in Zukunft noch näher erläutern.
Zurück zur Verwendung des Wortes "indianisch" in der deutschen Sprache. Wenn ich sage, dass wir indianische Künstler unterstützen, dann weiß jeder sofort, wer damit gemeint ist. Wenn wir das Wort "indianisch" vermeiden wollen, so stellt sich die Frage durch welche Wörter wir es ersetzen sollten. Die Kombination aus zwei englischen und einem deutschen Wort kommt mir, ehrlich gesagt, nur sehr schwer über die Lippen: "Wir unterstützen Native American Künstler." Vielleicht liegt es auch einfach nur daran, dass wir es nicht gewohnt sind. Ich könnte statt "Native American" das Wort "indigen" verwenden: "Wir unterstützen indigene Künstler." Doch dann ist nicht klar, welche Künstler von welchen Kontinenten. Ich müsste es also so ausdrücken: "Wir unterstützen indigene Künstler aus Nordamerika." Das wäre politisch korrekt, doch wie viele Menschen würden zum jetzigen Zeitpunkt "indigene Künstler aus Nordamerika" in die Suchmaschinen eingeben? Es bringt indianische Künstler, die sich einen Markt in Deutschland erschließen möchten, keinen Schritt weiter, wenn sie aus Gründen der politischen Korrektheit im Internet von ihren potentiellen deutschsprachigen Kunden nicht gefunden werden.
Die Bezeichnung "Ureinwohner Nordamerikas" ist ebenfalls nicht wirklich dazu geeignet, das Wort "indianisch" zu ersetzen: "Wir unterstützen nordamerikanische Ureinwohner Künstler." Oder: "Wir unterstützen Künstler, die Ureinwohner Nordamerikas sind." Das klingt schon wesentlich besser. So richtig kompliziert wird es jedoch, wenn ich zum Ausdruck bringen möchte, dass mir ein indianisches Gericht sehr gut geschmeckt hat: "Ich habe das nordamerikanische Ureinwohner Essen sehr genossen." Oder: "Ich habe das Essen, dass von den nordamerikanischen Ureinwohnern stammt, sehr genossen." Bei einem einzelnen Satz ist das noch machbar, aber wenn ich einen ganzen Vortrag halten soll oder einen Artikel schreibe, wird es schwierig. Mal ganz abgesehen davon, dass viele Menschen mit dem Begriff "Ureinwohner" nach wie vor ganz bestimmte Vorstellungen verbinden.
Der englische Begriff "Native American" wird oft mit "Ureinwohner Nordamerikas" übersetzt. Doch das trifft es nicht ganz. Im Englischen wird eine Person auch dann als "Native" bezeichnet wenn "sie an einem bestimmten Ort geboren oder durch Geburt mit einem Ort verbunden ist, unabhängig davon, ob sie später dort ansässig ist oder nicht: A native of Montreal / an eighteen-year-old Brooklyn native"
Quelle:
https://www.encyclopedia.com/earth-a...studies/native
Mit Native ist also nicht nur (frei übersetzt) ein "Ureinwohner" gemeint. Diese Bezeichnung trifft auch auf Einheimische zu. Amerikaner, die keine indianischen Wurzeln haben, sind ebenfalls Einheimische. Im Zusammenhang mit Diskussionen über politische Korrektheit wird dies immer wieder von nicht-indianischen Amerikanern betont. Es fällt sehr oft der Satz: "Ich bin hier geboren, also bin ich ebenfalls ein Native."
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