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Thema: Just my 2 cents - (nicht ganz so kurze) Reviews von God_W.

  1. #101
    Mitglied Avatar von God_W.
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    Conan der Barbar – Classic Collection Band 1



    Das ist er also, der erste Omnibus in der deutschsprachigen Panini-Geschichte. Oder täusche ich mich da? Wie auch immer, ich glaube über kaum ein Panini-Produkt wurde im vergangenen Jahr mehr geschrieben, berichtet oder diskutiert wie über diesen monströs großen Brecher. Lange Zeit hat Panini immer behauptet in Deutschland bzw. dem deutschsprachigen Raum gäbe es keinen Markt für das Omnibus-Format. Tja, dass das so mal ganz und gar nicht richtig ist beweist dieses Fette Buch hier neben mir, denn wenn ich das richtig mitbekommen habe ist Band eins jetzt schon in der zweiten Auflage und Band drei steht uns ja ganz aktuell ins Haus, was sicherlich nicht der Fall wäre, wenn Panini mit den Teilen kein Geld verdienen würde. Ob die Deutschen, Schweizer und Österreicher allgemein Fans von solch fetten Sammlungen sind, oder Panini mit Conan nur einfach genau den richtigen Riecher hatte werden die nächsten Monate zeigen. Mit Tomb of Dracula wurde ja bereits die nächste dreiteilige Omnibus-Ausgabe gestartet und neben dem Conan-Spin-Off Savage Sword of Conan stehen im Laufe des Jahres noch Batman Black & White sowie Garth Ennis‘ Hellblazer-Run in vermutlich vergleichbarem Format in den Startlöchern. Bin gespannt, ob sich das auch angesichts der großen Anzahl dieser hochpreisigen Ausgaben dann noch immer so gut verkauft.

    Wo wir gerade bei hochpreisig sind, ja dieses Barbaren-Package kostet ganze 99€, wahrlich kein Pappenstiel. Im Gegenzug wird vielerorts über die mangelnde Qualität des Buches gemosert. Dazu möchte ich auch ein paar Worte sagen, wie sich das von meiner Warte her darstellt. Ich persönlich bin der Meinung, dass das Buch eine normale Verarbeitungsqualität aufweist, die keinesfalls billig oder schrottig wirkt. Das gestrichene Papier hat leichten Glanz, bringt leuchtende Farben und sauberen Druck und ist vergleichsweise dünn. Wäre es dicker hätten wir bei einem nahezu 800 Seiten umfassenden Band ein noch größeres Gewichtsproblem, als es so schon einige bemängeln. Scheinbar gibt es einen ganzen Schwung Exemplare bei denen sich Knicke bzw. Wellen in den Seiten finden. Bei meiner Ausgabe haben einige wenige Seiten oben Richtung Buchmitte auch leichte Knicke. Diese sind aber außerhalb des Drucks und bei weniger als 10% der Seiten. Stört mich nicht wirklich. Wer das im großen Stil hat sollte das einfach reklamieren, da gibt es bestimmt ein Austauschexemplar. Auch die Dicke des Hardcover-Umschlags ist für meine Begriffe normal. Klar, das ist keine Super-Sonder-Deluxe-Ausgabe in Premiumqualität, sondern ein normales Comicbuch, welches aufgrund des enormen Umfangs einfach ziemlich teuer ist. Ich jedenfalls wurde nicht enttäuscht, mal davon abgesehen, dass der Inhalt über jeden Zweifel erhaben ist. Das alles gilt übrigens in gleichem Maße für den noch dickeren zweiten Band und auch für Tomb of Dracula Band eins.


    Hier habe ich versucht einen der kleinen Knicke zu fotografieren, ist hoffentlich erkennbar.


    Als ich zum ersten mal von dieser Veröffentlichung gehört habe war ich schon ziemlich überrascht über die vielen Jubelschreie in der Community. Ich selbst habe als Jugendlicher natürlich die Schwarzenegger-Filme über den Barbaren gefeiert, ansonsten aber kaum Kontakt zu der Figur gehabt. Dass es schon ziemlich früh Comic-Adaptionen zu Thema gab hatte ich zwar schon mitbekommen, denn witzigerweise gibt es dazu ein recht ausführliches Making-of bzw. Interview mit Roy Thomas auf der alten DVD zu Conan der Zerstörer zu bewundern, welches ich damals aber als überflüssige Werbung abgetan hatte. Dennoch habe ich die Conan-Comics erstmal geflissentlich ignoriert, denn ich wollte da keine neue Großbaustelle öffnen, Ihr kennt das ja. Dass es jetzt im Nachhinein doch nicht geklappt hat, tja, daran ist ein ganz anderer wilder Recke schuld. Der Keltenkrieger Sláine, der vom Dantes-Verlag in einer großartig aufbereiteten Gesamtausgabe in schicken Hardcovern veröffentlicht wird (aktuell sind die Jungs bei Band acht, man kann also gerne noch einsteigen!) hat das Barbarenblut in mir geweckt und die immer wieder aufpoppenden Empfehlungen bzw. Rezensionen von Community-Mitgliedern deren Meinung ich sehr schätze, allen voran excelsior1166 und @Marvel Boy, haben mich dann doch dazu bewogen die Büchse der Pandora, äh des Robert E. Howard zu öffnen. Jetzt habe ich in den vergangenen Wochen also einen Schwung von Howards Originalerzählungen aus den Festa-Hardcoverausgaben gelesen, mich auf den Franko-Belgischen Conan des Splitter-Verlags gestürzt und dazwischen immer mal wieder einige Stories aus diesem Wälzer hier eingeschoben, denn eins muss man schon sagen: Zum am Stück lesen ist das Teil nicht gedacht! Ach ja, der erste Band der aktuellen Conan-Reihe von Panini liegt auch noch hier, ich bin also voll drin in der Welt des Cimmeriers.

    Aber macht dieser Overload an Barbarenaction überhaupt Spaß? Und wie!!! Das grandiose ist halt echt zum einen die zwar klassische, aber dennoch äußerst unterhaltsame und von unbändiger Kraft strotzende Schreibe von Mister Howard himself und auf der anderen Seite mit den Franko-Belgiern und dem dicken Omnibus mit dem 70er-Jahre Material zwei erfrischend unterschiedliche Herangehensweisen an die Figur Conan, die beide für sich gesehen einfach perfekt funktionieren. Zu den F/B-lern habe ich an passender Stelle ja schon berichtet (und werde das auch weiter tun), hier soll es jetzt also um die Marvel-Comics gehen, die heutzutage selbst schon genauso große Klassiker sind wie Howards Geschichten selbst, und dieser fast schon legendäre Ruf ist meines Erachtens keinesfalls unbegründet.


    Das ist die Scheibe auf der als Bonus das Making-Of der Comics mit drauf ist, sicher weil Roy Thomas am Drehbuch beteiligt war.


    Wie überall mussten die Macher auch hier zu Anfang erstmal ihren Stil finden, alles musste sich einspielen und auch von den Rechten her war alles nicht so einfach wie man vielleicht denken könnte. Sehr ausführlich und aufschlussreich wird das ganze von Marvel-Conan-Schöpfer Roy Thomas im ausführlichen, 12-seitigen Vorwort dargelegt. Die Entstehungsgeschichte der Comics ist mindestens genauso abenteuerlich wie das eine oder andere Abenteuer des Schwertschwingers selbst! Große Teile davon bekommt man auch in Thomas‘ Interview in besagtem Bonusmaterial der Conan der Zerstörer DVD schon mit.

    Wenn wir gerade bei Bonusmaterial sind lasse ich auch dazu mal schnell ein paar Zeilen da. Ich finde es echt löblich welche schiere Masse an Zusatzmaterial hier zusammengetragen wurde. Das ist sehr löblich und grundsätzlich bin ich auch immer ein großer Freund von so etwas. Allerdings hat das im Fall der Conan Classic Collection durchaus auch Schattenseiten. Wie gesagt, das Vorwort ist großartig, allerdings finden sich im Anhang dann auch noch die Vorworte zu allerlei anderen Veröffentlichungen der hier enthaltenen Geschichten, sofern sie denn bereits mal als Sammlung in Dreiersets oder noch dickeren Ausgaben zusammengefasst wurden. Leiser wurden auch diese Vorworte ausnahmslos von Roy Thomas verfasst, was zur Folge hat, dass man die gleichen Infos bis zu viermal zu lesen bekommt. Klar, was soll der über die Jahre auch zu ein und denselben Stories und deren Entstehung auch groß anderes schreiben. Wenigstens gibt es zwischendrin mal ein paar Zeilen vom großen Stan Lee selbst zu lesen und eine ganze Flut an Skizzen, Entwürfen, Seiten die noch auf das Tuschen warten, oder bereits getuscht wurden aber noch nicht koloriert usw. Dazu Skripte, Storyboards und massig Fanpostseiten bzw. Seiten aus dem damaligen Magazin. Das ist alles schon sehr sehenswert. Andererseits gibt es aber auch einen ordentlichen Schwung Material, z.B. alles an Fanpost, welches in Englisch belassen wurde. Dessen bin ich zwar mächtig, stört mich in einem fast 100€ teuren Buch, das für den deutschsprachigen Raum produziert wird doch ein wenig. Trotzdem empfehle ich jedem, der sich nicht ganz so schwertut, die „Hyborian Page“ nach jeder Geschichte wenigstens mal zu überfliegen. Was die Fans damals so umtrieb und wie sie welche Entwicklung in der Serie aufgenommen haben, ihr Wünsche, Befürchtungen und Vorschläge – das versprüht halt echt in ganz wundervoller Weise den damaligen Zeitgeist und saugt mich ganz tief in die damalige Marvel-Welt, wo ich ja gar nicht so der Marvel Fanboy bin.


    Front des Bandes ohne Schutzumschlag


    Aber zurück zu den enthaltenen Heften, von denen es in diesem Erstling sicherlich einen ganzen Schwung nur leicht überdurchschnittlicher Monster des Monats-Stories gibt, aber allzu lange haben Autor Roy Thomas und Zeichner Barry Windsor-Smith damals nicht gebraucht um den rechten Groove zu finden. Am besten wird es immer, wenn sie auf eine von Robert E. Howard selbst geschriebene Story zurückgreifen konnten, was wegen der Rechte ja immer auch eine Geldfrage war. Interessanterweise wurden dabei nicht ausschließlich Conan-Stories verwendet, von denen Howard ja nicht mal zwei Dutzend verfasst hat, sondern Roy Thomas hat oft auch anderweitige Abenteuerstories des Conan-Erfinders passend zum Barbaren umgearbeitet. Das ist ein toller Kniff, denn so wächst und gedeiht die Welt des Hyborischen Zeitalters und erschafft einen ganz neuen „Marvel“-Conan-Kosmos, der einen wundervollen Duft von 70s-Charme und Abenteuer versprüht. So dauert es auch wirklich nicht lange bis erste richtige Highlights herausstechen. Sei es die sehr schön umgesetzte Howard-Story „Der Elefantenturm“, oder – noch besser – die wirklich äußerst stimmungsvolle Variante der „Tochter des Frostriesen“, einer meiner ersten auch grafischen Höhepunkte. Im direkten Vergleich ziehe ich hier Robin Rechts Meisterwerk beim „Euro-Conan“ zwar vor, aber da waren ja die Voraussetzungen auch gänzlich andere.

    Insgesamt gibt es bei dieser Reise durch ganze 30 Hefte deutlich mehr Hochs als Durchschnittsware und kaum bis gar keine Tiefs. Die ersten Auftritte von Red Sonja sind richtig stark und bringen neben einem gewissen Prickeln auch eine schöne Portion Humor mit rein. Da die rothaarige Kriegerin von Mr. Thomas in der Form ja quasi für die Heftreihe erfunden wurde schulden wir alle ihm dafür großen Dank, ganz toller Charakter. Ein wahres Highlight erwartet uns dann zum Finale des Bandes wo erstmals ein epischer Storybogen über einen ganzen Schwung von Heften gespannt wird.


    Weitere Ansicht ohne Schutzumschlag.


    Insgesamt ist der Band für mich ein absolutes Highlight in meiner bisherigen Comiclesekarriere, auch wenn das die abschließende Bewertung wohl nicht wiederspiegelt. Das liegt an den bislang von mir genannten Kritikpunkten, die ich hier dann auch noch um ein paar weitere ergänzen muss. Klar, ich weiß, dass der Comic-Code das zur damaligen Zeit einfach nicht zuließ, aber bei all dem Schwertschwingen, Kämpfen und Schlachten fällt es doch ganz stark auf, dass auf den Seiten in Relation zum Gewaltgrad eine Blutarmmut herrscht als hätte Dracula zuvor schon alle Protagonisten ausgesaugt. Wie gesagt, da können die Macher nix für, aber Tatsache ist es nun mal trotzdem. Bei der Erwachsenenvariante Savage Sword of Conan sieht das sowohl in Sachen Blut als auch was Nacktheit anbelangt gleich viel freizügiger aus, wie man ja auch in diesem Band schon bewundern kann. Dass „Savage“ in Schwarz/Weiß gehalten wurde stört mich dabei keineswegs.

    Das bringt mich gleich zum nächsten Punkt, nämlich dem Artwork. Ja, schlecht sieht das alles nicht aus, gerade für die Zeit. Barry Smith schafft ordentlich Dynamik in die Fights, insgesamt wird viel Abwechslung geboten und auch wenn Conan in einigen von Howards Stories mit so einem gehörnten Helm beschrieben wird war ich äußerst dankbar, als dieser vom „Babe of the Month“ in Heft sechs zum Knutschen entsorgt wurde. Dennoch denke ich nicht, dass man Barry Smith‘ Zeichnungen derart über den Klee loben muss wie Roy Thomas das immer wieder tut, vor allem was den Detailgrad anbelangt. Ich bin ja jetzt wirklich nicht der Geek, der seit Jahrzehnten Comics liest, aber auch vor den 70ern gab es da schon Zeichner die mich da mehr beeindruckt haben. Um bei Abenteuergeschichten zu bleiben beispielsweise Jacques Martin (Alix) oder Hal Foster bei Eisenherz. OK, ist vielleicht ein nicht ganz fair, denn bei Eisenherz mussten nur 4 Seiten pro Monat gefertigt werden und kein ganzes Heft, aber dennoch. Andererseits habe ich für mich festgestellt, dass mir bei klassischem Material oftmals die S/W-Variante mehr zusagt, weil der Strich der Zeichner und ggf. Tuscher viel besser zur Geltung kommt. Damals wurde halt doch sehr plakativ und grell koloriert, was von der eigentlichen Zeichenkunst schon einiges überdeckt bzw. davon ablenkt. Die „Planet der Affen Archive“ von Cross Cult stammen ja aus einem ähnlichen Zeitabschnitt und da ist mir das besonders positiv aufgefallen. Auch hier im Anhang mit den vielen Skizzen etc. konnte mich Barry Smith mehr begeistern als beim Lesen selbst. Deshalb freue ich mich auch umso mehr auf den ersten Savage Sword of Conan Omnibus. Mehr Blut, mehr nackte Haut und in S/W, wenn auch nicht von Barry Smith.


    Backcover des Schutzumschlags mit den Heften, die im Band enthalten sind.


    OK, das ist jetzt wieder ordentlich umfangreich geworden. Weiß der Geier, ob das Geschreibsel überhaupt jemand lesen mag, deshalb hier vielleicht nochmal ganz kurz und knapp zusammengefasst:

    - Lohnt sich der Band? Auf alle Fälle!

    - Ist die Ausgabe perfekt? Keineswegs.

    - Ist der Omnibus preisWERT? Das muss jeder für sich selbst entscheiden, ich habe gerade ungefähr 13.000 Zeichen lang versucht dafür eine Entscheidungshilfe zu geben. (Falls es einen gibt der sich jetzt denkt „Mist, muss ich das doch alles lesen!“ würde ich mich diesbezüglich über eine kurze Info freuen. )

    7/10

    Das ist allerdings die begeistertste Sieben von Zehn die ich je vergeben habe, aus oben genannten Gründen. 'Nuff said.

    VG, God_W.


    PS: Wer Interesse an den Original-Geschichten von Robert E. Howard hat, die in diesem Band abgefrühstückt wurden, zu denen hat der gute Kain von "drüben" eine schöne Liste samt Verlinkung zum entsprechenden Verlag ausgearbeitet. Sehr nützlich wie ich finde:
    https://www.sammlerforen.net/showpos...90&postcount=1
    Geändert von God_W. (18.04.2020 um 03:04 Uhr)

  2. #102
    Mitglied Avatar von God_W.
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    Nach der doch ziemlich umfangreich gewordenen Besprechung zum noch umfangreicheren Conan-Omnibus muss ich mich mal ein bisschen kürzer halten, damit ich mit meinem Stapel weiterkomme.


    Der Boxer – Die wahre Geschichte des Hertzko Haft



    Reinhard Kleist hat seine Karriere bereits während seines Studiums mit einem grandios gestalteten Album mit Lovecraft-Adaptionen begonnen, wodurch er mir als Lovecraft-Jünger auch in meiner noch sehr kurzen Comiclesezeit schon früh ins Auge gesprungen ist. Geschichten über Sportler oder Kampfsportler scheinen ihn ebenfalls zu faszinieren, noch etwas was ich mit dem Mann gemein habe. Nachdem ich den Band vor kurzem im „diesen Monat gekauft“-Thread eingestellt hatte bekam ich direkt mehrere Rückmeldungen darüber wie toll das Buch doch sein soll, also ist der Band auf dem Lesestapel ziemlich weit nach oben gewandert und jetzt war es schon so weit.

    Ich mach‘s ganz kurz: Reinhard Kleists Adaption des Romans von Alan Scott Haft, der in diesem die Lebensgeschichte seines Vaters niederschrieb ist wahrlich ein kleines Meisterwerk. Die Geschichte ist derart erschütternd, dass man es kaum glauben mag. Natürlich basiert das Werk auf den Erinnerungen und Aussagen von Haft selbst, die er aber erst viele Jahrzehnte nach den schrecklichen Erlebnissen bereit war zu erzählen. Was in der Erinnerung des Mannes bereits etwas verklärt war, oder welche schrecklichen Taten er sich selbst vielleicht in seinem Geiste geschönt hat um damit leben zu können sei mal dahingestellt. Es gab zum Beispiel von mehreren Seiten die Vermutung, dass Haft das Pärchen bei dem er sich zwischenzeitlich versteckt hielt ermordete um sicher sein zu können, dass er nicht ausgeliefert wird. Ob diese das wirklich vorhatten weiß niemand.

    Solche historischen Unsicherheiten spielen im Prinzip aber wirklich keine Rolle für die Geschichte an sich, denn die unermessliche Grausamkeit die Haft und viele andere seiner Leidensgenossen erfahren mussten ist und bleibt ein Fakt. Wie der Mann es unter den widrigsten aller Umstände schaffen konnte zu überleben und auf der anderen Seite der Welt zu einer kleinen Berühmtheit zu werden ist von Kleist absolut fesselnd und glaubwürdig in Szene gesetzt. Ganz groß finde ich auch, dass Kleist dabei stets differenziert bleibt und der Überlebende Boxer keineswegs zum glorreichen Helden hochstilisiert wird. Nein, denn solche Traumata hinterlassen auf der Seele eines Menschen ihre spuren und Überleben muss nicht immer gleichbedeutend damit sein das Glück zu finden.

    9-9,5/10

    Lobenswert erwähnt sei noch der 16-Seitige Bonusteil, den Carlsen dem Buch spendiert hat. Neben Skizzen und Entwürfen wissen vor allem weitere Schicksale von KZ-Boxern zu fesseln und zu berühren, denn Hertzko „Harry“ Haft war leider kein Einzelfall.



    BLAME! Master Edition 6



    Das große Finale von Tsutomu Niheis Cyberpunk-Saga in Bombast-Optik lässt mich ehrlich gesagt etwas zwiegespalten zurück. Ja, alles war äußerst dynamisch, actionreich und sieht wirklich gigantisch gut aus. Die finale Auflösung hält so einige Überraschungen bereit, ist aber nicht so selbsterklärend wie es sich so mancher vielleicht gewünscht hätte und regt eindeutig zum Nachdenken an. Ich mag das ja, wenn man am Ende einer Lektüre geistig noch eine Weile damit beschäftigt ist. Allerdings werde ich das gute Stück sicherlich beizeiten nochmals lesen müssen, denn es ist schon so wie manche kritisieren. Die Charaktere sehen sich teilweise sehr ähnlich und so kann man, gerade am Anfang, schnell mal durcheinanderkommen. Auch ist über weite Strecken nicht klar wer einfach eine von vielen Einheiten eines bestimmten Typs ist und wer doch ein einzelner, eigenständiger Charakter.


    Was mich insgesamt am meisten Stört ist, dass ich durch die beiliegenden Begleitkärtchen (eins pro Band) und die Begriffs- und Charaktererläuterungen am Ende des Bandes dreimal mehr Infos über die Welt und ihre Bewohner bekomme, als ich bei der Lektüre immerhin rund 2.000 Seiten Manga herausziehen konnte. Also entweder bin ich dafür einfach zu doof, oder in Sachen Storytelling wäre hier noch Luft nach oben gewesen. Dennoch die Welt ist faszinierend, jetzt wo ich weiß wie ich sie mir vorzustellen habe noch mehr als vorher, und die Story ist im Grunde eine große, abenteuerliche Reise mit vielen Widernissen und bestückt mit einem Füllhorn kreativer Ideen.

    8/10

    Diese acht würde ich insgesamt jetzt auch erstmal für die gesamte Reihe geben, auch wenn sich das bei einer Zweitsichtung ggf. noch ändern kann. Oder vielleicht auch schon nach der Lektüre der Vorgeschichte, denn NOiSE steht in Kürze auf dem Programm.



    Spawn Origins Collection - Band 13



    Das ist also dieser ominöse Band 13 der Spawn Origins Collection. Ominös nicht wegen der vermeintlichen Unglückszahl 13 (zumindest, wenn man ein Tempelritter ist), oder wegen des neuerlichen Zeichnerwechsels, was natürlich allemal erwähnenswert ist, auch nicht, weil mit Heft #150 ein weiterer kleiner Meilenstein geschafft wurde. Nein, es geht eher darum, dass der Band den kompletten Armageddon Arc von Autor David Hine enthält, der von den einen gefeiert und von den anderen gehasst wird. Wiederum andere, genaugenommen einer, denn der Toddster, Mister Spawn-Schöpfer himself hat den Run im Nachgang wohl irgendwann geredconned (schreibt man das so?), also quasi rückwirkend aus dem Kanon gelöscht und als nichtig erklärt. Ob McFarlane mit der Story an sich unzufrieden war, oder ob er nicht wusste, wie er nach den recht gravierenden Veränderungen, die sich im Laufe der Geschichte zutragen weiter umgehen sollte weiß vermutlich nur er selbst. Ich weiß ja nicht mal welche Hefte genau im Nachgang rausgestrichen wurden, da kann vielleicht jemand hier weiterhelfen?

    Auf jeden Fall enthält der Band alle 14 Armageddon-Ausgaben, die im Original anscheinend nochmal gesplittet waren in „Thamuz 1-4“ und „Armageddon 1-10“, hier in dieser Ausgabe sind die 14 Hefte einfach mit Armageddon #1-14 betitelt, was beim Lesen meines Erachtens schon Sinn macht, denn die ganze Geschichte wirkt wie eine große Storyline aus einem Guss. Ich kann die Leute schon verstehen, die mit dem Run nicht so glücklich sind, denn da passiert schon viel abgefahrener Kram.

    Ich meine, Kleinkinder die sich gegenseitig auf blutigste Art und Weise massakrieren, von den Toten wieder auferstehen und anschließend ihre Eltern qualvoll zu Tode foltern wollen? Halloooooo?!? Dann entpuppen sich die Kids als wiedergeborener Gott und Teufel, die beide nicht wirklich sympathisch daherkommen, ABER bevor die lieben Kleinen alles kaputt machen und wieder einer weint tritt deren Mutter auf den Plan (ja, richtig gelesen) und setzt eine dritte, gleichwertige Instanz in Kraft: Spawn – Was schließlich im finalen Shutdown der Himmelspforten und der Höllentore gipfelt.

    Alter, das ist schon echt heftig und da werden auch einige gravierende Änderungen vollzogen, die tatsächlich mal Einfluss auf die Zukunft haben. Klar, das mag nicht jedem schmecken, aber zum einen ist das Ganze ein echt höllisch wilder Ritt, der sich super liest und zum anderen wird es ehrlich gesagt auch langsam mal Zeit, dass es im Spawn-Verse mal ein wenig vorwärts geht und nicht alle paar Ausgaben quasi der Status Quo wieder hergestellt wird. Vielleicht ging dem Toddster aber genau das gegen den Strich? Ich fand das Teil auf alle Fälle ziemlich cool und bin gespannt, ab wann es die ersten Widersprüche zu dem Arc gibt und ich mich blitzdingsen muss.

    Als Bonus gibt es diesmal nur eine recht kleine Cover-Galerie, aber der Band ist mit den 14 Ausgaben und ganzen 380 Seiten so schon mächtig fett geraten. Ach ja, um noch kurz auf den neuen Zeichner Philip Tan zu sprechen zu kommen. Der macht über weite Strecken echt einen tollen Job. Viele seiner Panels sehen einfach bombastisch gut, fast schon spektakulär aus und den Einsatz von Effekten hat der Mann echt drauf (OK, vielleicht übertreibt er da sogar manchmal ein bisschen), von daher alles super. Allerdings funzen so ein paar Sachen in meinen Augen bei ihm gar nicht. Hauptmakelpunkt ist für mich Wanda, die er leider richtig schlecht aussehen lässt, das passt für mich leider gar nicht, was im jetzigen Fall besonders ärgerlich ist, weil die Mom der Zwillinge natürlich aufgrund der Story massig Screentime abbekommt. Also ja, toller neuer Zeichner, aber nein, nicht so gut wie Angel Medina oder gar Greg Capullo.

    7,5-8/10

    So, jetzt muss ich mich aber echt mal wieder ein wenig zurückhalten mit Spawn, sonst steh ich bald an meiner großen Lücke zwischen der Origins Collection und dem Paperback #108. Aber was soll man machen, wenn man vom „bösen“ @FalcoBaa wieder so draufgehoben wird…



    Das waren mal wieder ein paar äußerst abwechslungsreiche Tage! Weiter geht’s in Kürze mit Vampiren, Barbaren und – endlich mal wieder – Western!

    VG, God_W.

  3. #103
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    Bram Stoker’s Dracula (Roman & Comic zur Coppola-Verfilmung)



    Ich hab die Tage Bram Stokers Dracula beendet. Ja, es wurde endlich mal Zeit. Als Schüler hatte ich das Buch bereits einmal begonnen, bin damals aber nach circa 50 Seiten zum Ende gesprungen und hab das Buch dann wieder in der Bücherei zurückgegeben. Tja, da war ich wohl noch nicht „reif“ dafür. Ich muss sagen durch die Erzählform, die ja komplett aus Briefen, Tagebucheintragungen und dergleichen besteht, ist der Zugang aber auch wirklich nicht allzu leicht wie ich finde. Das kann aber auch an meinem persönlichen Geschmack liegen, hatte bei vergleichbar aufgebauten Werken schon öfter so meine Problemchen. Grundsätzlich hat das Lesen natürlich doch viel Spaß gemacht, denn die Atmo die das Werk verströmt ist schon grandios. Allzu große Spannung kommt allerdings leider nicht mehr auf, da die Geschichte natürlich weithin bekannt ist und die andererseits auch die Erzählform in den Berichten relativ nüchtern gehalten wird. Wohlig schaurig, ja, nervenaufreibend spannend, nein.

    Ich habe die große kommentierte Ausgabe von Fischer Tor gelesen, welche die Neuübersetzung von Andreas Nohl und eine Wagenladung von Kommentaren und Hintergrundinfos beinhaltet. Die habe ich ehrlich gesagt nur teilweise gelesen und auch immer erst im Nachgang nach einigen Kapiteln, denn das würde einen sonst zu sehr aus dem Lesefluss reißen. Das ist aber doch so gut gemacht, dass ich bestimmt immer mal wieder etwas in dem Buch schmökern und mir entsprechende Passagen zu Gemüte führen werde. Sowieso habe ich den Eindruck, dass Dracula ein Buch ist, welches geradezu prädestiniert zu sein scheint, um immer mal wieder darin zu Schmökern und einzelne Passagen nochmal nachzuvollziehen.

    Richtig entfalten kann sich das Werk sowieso erst, wenn man versucht sich in die Leser der damaligen Zeit hineinzuversetzen, und das gelingt hier durch Vorwort, Einleitungen (unter anderem von Comic-Superstar Neil Gaiman) und die Kommentare ganz wunderbar. Ehrlich gesagt wäre ich gar nicht auf Idee gekommen, dass Dracula zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ja gar etwas von einem Hi-Tech Thriller hatte. Immerhin werden da neuste technische Spielereien und noch weitgehend unerforschte medizinische Techniken, wie beispielsweise Bluttransfusionen, thematisiert, was die Leser damals zum Staunen brachte.

    Nohls Übersetzung wird ja von vielen hoch gelobt, von fast ebenso vielen verteufelt. Da mich die große kommentierte Ausgabe interessiert hat, ich aber nicht nur auf seine Übersetzung festgelegt sein wollte, habe ich mir parallel zum Buch noch ein Hörbuch in einer älteren Übersetzung (fragt mich nicht welche, das war da nicht angegeben) zu Gemüte geführt. Im direkten Vergleich kommt mir Nohls Variante natürlich sprachlich moderner, aber auch ein wenig direkter vor. Äußerst stimmungsvoll ist das Ganze natürlich trotzdem, auch wenn der "Slang" der Hafenarbeiter in einer deutschen Übersetzung vielleicht besser weggelassen (oder anders gelöst) werden sollte. Das mag im Kontext grundsätzlich passen, tötet an der Stelle aber die gruselbehaftete Gothic-Stimmung gänzlich ab, sorry.

    Im Endeffekt bleibt zu sagen: Ein tolles Buch, dass jeder mal gelesen haben sollte und welches ich auch sicher noch öfter zur Hand nehmen werde. Im direkten Vergleich finde ich den modernen Prometheus von Mrs. Wollstonecraft-Shelley aber deutlich schauriger, fesselnder, noch atmosphärischer und dort werden auch die wichtigeren Fragen aufgeworfen. Steht in meiner Gunst also deutlich über dem Blutsauger (auch wenn diese Konkurrenz auf sehr hohem Niveau stattfindet).

    Nach dem Genuss des Buches wanderte ziemlich zügig die Blu-Ray mit F. F. Coppolas Adaption des Werkes mal wieder in den Player. Ja, der Mann ist schon ziemlich dicht an der Vorlage geblieben (inklusive der Längen, die das Werk bietet). Ich finde den film toll, vor allem natürlich im Hinblick auf die wundervollen, Gemäldeartigen Bilder, die da auf die Leinwand geworfen werden. Die schaffen eine Atmosphäre, die dem Roman wirklich gerecht wird, mit allen tragischen Details.



    Im Anschluss daran machte ich mich dann „endlich“ über die Comic-Adaption des Drehbuchs her. Ja, das Lesen des Buches, Hören des Hörbuchs und neuerliches Schauen des Films zielte im Grunde hauptsächlich darauf ab mich auf diesen Comic einzustimmen. Bisschen gaga? Kann sein, hat aber gefunzt. Der Comic, der von „Mister Marvel-Conan“ Roy Thomas geschrieben und von Grusel-Pulp-Meister Mike Mignola in Szene gesetzt wurde entwickelt einen ganz eigenen, grandiosen Stil. Die Symbiose des tollen Geschichtenerzählers Roy Thomas und Mikes außergewöhnliches Artwork mit den für ihn typischen riesigen schwarzen Flächen bringen die enorm düstere Atmo perfekt auf die Seiten und schaffen Bilder und Szenen, die ich mir immer wieder anschauen kann. Rein vom Erzählerischen ist Thomas aber scheinbar doch noch ein Stück weit im Acton-Genre behaftet geblieben, denn über die eher langatmigen Szenen wird zugunsten von mehr Aktionismus und flotterem Erzählrhythmus zügig hinweggegangen. Wer die Story mal in ganz eigenen, grandiosen Bildern erleben möchte, oder wem Coppolas Werk zu träge inszeniert war, der ist hier genau richtig. Mignola-Jünger haben die Mischung aus eher routiniertem Erzählstil und äußerst ausdrucksstarkem Artwork eh zu Hause stehen.

    Die 16 Bonusseiten, in denen Panini neben einem kleinen Vorwort vor allem Skizzen und Zeichnungen von Mike Mignola spendiert, sind für mich diesmal echt tolle Schmankerl. Alleine wenn ich sehe wie Mike für den Koloristen alle Flächen angeixt hat wird klar wie der „Meister des Weglassens“ schon damals auf dem Weg zu seinem heutigen, so unverkennbaren Stil war. Es hat schon seinen Grund, weshalb so viele Zeichner selbst Mignola-Fans sind.

    In Sachen berühmtestem Blutsauger aller Zeiten geht es bei mir demnächst mit dem ersten Panini-Omnibus zu Marv Wolfmans Tomb of Dracula weiter. Die „Quasi-Fortsetzung“ zu Stokers Roman wird im ausführlichen Anhang der Fischer Tor Ausgabe ausgiebig und positiv erwähnt. Ich freu mich schon drauf, und hoffe natürlich, dass Panini die komplette Veröffentlichung in drei Omnibus-Bänden durchzieht!

    Von mir gibt’s für die Comic-Adaption gute 7/10 Punkte.

    VG, God_W.
    Geändert von God_W. (27.04.2020 um 22:58 Uhr)

  4. #104
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    Ich fand den Band grossartig.

    Ich bin aber auch großer Fan der Stoker-Vorlage wie auch der Coppola-Verfilmung, die ich ebenfalls dicht am Roman sehe.
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  5. #105
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    Ja, das kann ich schon nachvollziehen, gerade wenn Du ein Liebhaber von Stokers Roman bist. Ich tue mir immer schwer solche Klassiker zu bewerten, weil die eigentlich konkurrenzlos über allem stehen, deshalb gab es Punkte auch nur für den Comic, nicht für den Roman. Im direkten Vergleich bin ich halt eher der Frankenstein-Fanboy und würde dem ca. 1,5 Punkte mehr geben als Dracula. Deshalb ist auch die Ausgangsbasis für den Comic ein Stück weit eine Andere (und ich finde der liest sich ein bisschen zu schnell weg, das hätte man ein wenig breiter aufziehen können um Coppolas Schwelgen in den Szenen besser zu transportieren). Artwork würde ich so bei 8,5 ansiedeln, Erzählerisches eher zwischen 6 und 7.

  6. #106
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    Stimmt, den Band hat man schnell durch. Für den Roman hatte ich damals allerdings auch nicht lange gebraucht. Der wollte mich irgendwie nicht loslassen.
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  7. #107
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    Lincoln - 1. Auf Teufel komm raus



    Im Hinblick auf meine anstehende Mai-Bestellung dachte ich mir ich lese mal in zwei Western-Reihen rein, von denen ich mir die ersten Bände schon länger mal zum Reinschnuppern besorgt hatte. Ich wollte herausfinden an welchen ich dran bleibe, und welche ich vielleicht eher nicht weiterverfolge. Den Anfang machte Lincoln, denn nach sechs Ausgaben mit dem beinharten Durango stand mir der Sinn nach einem eher humorvollen Beitrag zum Western-Genre.



    Nur um mal zu verdeutlichen was für ein sympathischer Zeitgenosse Lincoln ist



    Also eins war ganz schnell klar, auf dem Ausmusterstapel landet dieses grandios lustige Familienprojekt keinesfalls! Familienprojekt weil der Antiheld Lincoln von Autor Olivier Jouvray geschrieben, von seinem Bruder Jérôme gezeichnet und dessen Frau Anne-Claire koloriert wird.
    Zynisch, respektlos und mit pointierten Dialogen, angesiedelt zwischen kernigen Sprüchen und sprühendem Witz, der keineswegs platt, sondern durchaus intelligent daherkommt und so manches mal auch den ein oder anderen Denkanstoß mitgibt, gestaltet sich das erste Abenteuer um den grummeligen Cowboy Lincoln, der auch vor Raub nicht zurückschreckt um ein für ihn angenehmes Leben führen zu können. Im Grunde vermutet eine höhere Instanz allerdings doch einen guten Kern in dem Teilzeitbanditen/Kopfgeldjäger/Bordelldauergast und macht sich auf seine Seele für die gute Seite zu gewinnen. Hat mich in mancher Hinsicht an Joann Sfars Katze des Rabbiners erinnert, allerdings ohne das Religionsthema derart stark zu thematisieren. Ich bin äußerst angetan und freue mich, mir zum Kennenlernen gleich die ersten beiden Bände gesichert zu haben. In Kürze wird es also weiter gehen.

    8,5/10



    Sláine 4 – Die Gruft des Schreckens



    Mittendrin statt nur dabei, das scheint das Motto zu sein, dass sich Pat Mills für diesen vierten Band auf die Fahnen geschrieben hat, denn diesmal lesen wir nicht nur eine kriegerische Abenteuerstory, nein wir steigen gemeinsam mit Sláine hinab in die Katakomben, mehr noch, wir WERDEN zu Sláine. In einer Mischung aus klassischem Abenteuer-Spiel-Buch und AD&D Dungeon Crawler entscheiden wir selbst von Ausgabe zu Ausgabe bzw. später auch schon von Panel zu Panel wie und wo es weiter geht. Diese Entscheidungen nehmen zum einen Einfluss auf den Fortgang der Story, legen aber zu großen Teilen auch fest welche Kämpfe wir zu bestehen haben. Gefightet wird althergebracht mit Zettel, Stift und zwei Würfeln. Das Kampfsystem ist simpel, aber nicht minder spannend gestrickt und wenn man sich voll drauf einlässt wird man mit einer spannenden Monsterhatz belohnt.




    So kann das Spiel im Abenteuer aussehen.



    Klar, die Story selbst ist diesmal recht geradlinig und vielleicht auch nicht ganz so einfallsreich wie noch in Band drei, dafür ist man im Gegenzug durch die Spielmechanik deutlich länger beschäftigt, zumindest wenn man Lust dazu hat verschiedenste Wege auszutesten und die Kämpfe auf ehrliche Art und Weise zu bestreiten. Ich habe mir das natürlich nicht nehmen lassen und hatte einen Mordsspaß dabei mich als Sláine durch die Gruft des Schreckens zu kämpfen und den vorlauten und gierigen Ukko auch mal selbst vermöbeln zu dürfen. Insgesamt ein sehr cooles, erfrischend anderes Teil, welches mit deutlich mehr Humor angereichert wurde als die Vorgänger.



    Hier noch der Beweis, was ich doch für ein mutiger und erfolgreicher Recke bin



    7,5/10



    Bouncer – Gesamtausgabe 1: Teil 1: Ein Diamant fürs Jenseits & Teil 2: Die Gnade der Henker





    Wow! Ich bin absolut geflasht von diesem knüppelharten Nachbürgerkriegs-Western. Den ein oder anderen Film von Alejandro Jodorowsky habe ich gesehen und, wenn man denn gerade dazu in Stimmung ist, sind die wirklich gewaltig. Als jemand, der Jodorowsky bislang nur von seinen Filmen kennt bin ich eine gewisse Härte natürlich gewohnt und gerade im Western-Genre passt die halt auch perfekt, wenn man mal die rosarote Brille abnimmt. Damals herrschte nun mal vielerorts das Gesetz des Stärkeren und die waren halt oftmals auch nicht gerade zimperlich und in manchen Fällen sicher auch äußerst grausam ob der Macht, die ihnen zu Kopf gestiegen ist.




    Enorm überrascht war ich von Bouncer dann aber doch, denn derart zugänglich und geradlinig hatte ich einen Jodorowsky ehrlich gesagt nicht erwartet. Da bin ich von seinen Filmen anderes gewohnt. Versteht mich nicht falsch, die Story, die sich über die hier enthaltenen ersten beiden Bände erstreckt ist keinesfalls eindimensional oder gar langweilig, aber halt kein bisschen kryptisch und verschlüsselt, wie es bei den filmischen Werken des Autors allzu oft der Fall ist. Für mich ist das in diesem Fall ein dicker Pluspunkt, denn die hammerharte Geschichte mit sowohl körperlich, als auch seelisch äußerst grausamen Passagen geizt auch nicht mit Tragik und Dramatik.

    Zeichner François Boucq kannte ich bislang auch nicht, aber der Mann hat es ebenfalls einfach drauf. In detailreichen, charakterstarken und unglaublich filmischen Bildern vermittelt er den Eindruck eines dreckigen, in Widescreen gefilmten Edelwesterns von epischer Breite. Ich habe selten beim Lesen einen so großen Wunsch entwickelt, dass doch gerne auf einer großen Leinwand erleben zu dürfen. Die Filmmusik hat sich in meinem Kopf bei der Lektüre quasi von selbst dazugeschaltet und ich war gebannt von der ersten Seite bis zum unausweichlichen Finale. Wer Durango mag, aber auch mal Lust auf eine etwas vielschichtigere Geschichte hat und sich von einem noch härteren Gewaltgrad nicht abschrecken lässt: Der Bouncer ist Euer Mann.




    Speziell lobend erwähnen möchte ich hier noch die wirklich edel geratene Gesamtausgabe von Schreiber & Leser. Das albengroße Hardcover in griffig matter Optik, dickem Papier mit perfektem Druck und reichlich Bonusmaterial beinhaltet sogar Ausklappseiten, die Boucqs grandioses Artwork in seiner ganzen Breitbild-Pracht zeigen. Ein wirkliches Sahnestück, dass der Verlag hier abliefert. Band zwei der Gesamtausgabe muss ich mir auch baldigst besorgen, darf aber auch nicht vergessen mir die aktuelle Weiterführung der Reihe mit Band 10 und 11 zu sichern. Nicht dass die ausverkauft sind, bis die Gesamtausgabe so weit vorgedrungen ist! – Zweiter Western von S&L und wieder bin ich so begeistert, dass ich die Reihe auf alle Fälle weiterverfolgen muss. Mein armer Geldbeutel

    9-9,5/10



    Lincoln - 2. Der in den Wind spricht



    Wie angekündigt bin ich nach zwei kleinen Abstechern gleich wieder zurück bei Lincoln, dem selbstsüchtigen Cowboy mit dem scharfen Verstand und der noch schärferen Zunge. Mit staubtrockenem Witz geht es weiter, wenn unser Antiheld am eigenen Leib erfährt wie schnell man vom Taugenichts zum gefeierten Helden mit einem Trupp Anhängern avancieren kann. Fast wie ein Messias wird er von seinen Jüngern verehrt, was dem Raubein gar nicht schmecken will. Dass so eine Schar Anhänger und seichtes Heldentum mit einer ordentlichen Portion Verantwortung einhergehen muss auch ansonsten anderen gegenüber reichlich gleichgültige Lincoln bald feststellen.

    Ja nicht nur lustig geht es in diesem zweiten Band zur Sache, auch der ein oder andere tragische Moment wurde eingestreut und die Vertreibung der Indianer thematisiert. Parallel dazu geht der Kampf um Lincolns Seele in die nächste Runde und so hat der Kontrahent aus den unteren Stockwerken mit der Hörnerartigen Steilfrisur und dem Spitzbart deutlich mehr Screentime als noch im ersten Band abbekommen.




    Frech, respektlos und knochentrocken geht es auch diesmal zu und ich bin weiterhin begeistert von Familie Jouvrays Westernprojekt. Schon seit 2002 arbeitet die Truppe an der Reihe, die es bislang auf neun Ausgaben gebracht hat. Genug für den Schreiber & Leser Verlag um uns noch eine Weile mit Nachschub zu versorgen, und so soll in diesem Jahr sogar schon Band 6 bei uns erscheinen. Hoffentlich verkauft sich Lincoln so gut, dass es da regelmäßig weitergeht! Ich habe auf jeden Fall direkt mal die Bände 3-5 geordert.

    8/10



    Durango Gesamtausgabe 3 – Band 7: Loneville



    Man mag es kaum glauben, aber Yves Swolfes ist es mit diesem siebten Band nochmal gelungen sich zu steigern. Eine Story, die vielschichtiger daherkommt als bisher, noch fesselnder geschrieben, noch eine Spur härter und das wunderbare Artwork mit der halbtoten Westernstadt in der verschneiten Novemberlandschaft sieht einfach super aus. Dazu gibt’s sonst nicht viel zu sagen.




    9/10


    Na das war ja mal wieder ein wilder Ritt durch den Weste(r)n und die Dungeons von Tír na nÓg. Der nächste Schwung wird wieder Science-Fiction-lastiger und es steht auch wieder mal ein Abstecher nach Gotham auf dem Programm.

    VG, God_W.

  8. #108
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    Geschichten aus dem Hellboy-Universum: B.U.A.P. – Die Froschplage 3



    Da ich mir Band zwei eine Weile aufgespart hatte war die Durststrecke bis zum dritten Band zum Glück sehr kurz und ich konnte mich direkt in die nächsten Abenteuer der Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungen stürzen. Wieder hat Cross Cult drei komplette Bände in dem kleinformatigen, 448 Seiten starken Hardcover versammelt. Verlagstypisch ist der Sammelband auch wieder mit einem informativen Vorwort sowie einem über vierzig Seiten starken Anhang mit einem Nachwort von Autor John Arcudi und reichlich kommentierten Skizzen ausgestattet. Von der Seite also wieder Note 1, aber wie sieht es mit dem Inhalt aus?

    Teil 1 – Die universelle Maschine


    Alte Schlösser, interdimensionale Bibliotheken, Horden von Werwölfen und dazwischen noch die Origin von Captain Daimio. Ein wildes Sammelsurium bei dem das B.U.A.P.-Team in eine Mission mit edlem und äußerst persönlichem Ziel aufbricht. Hab ich was vergessen? Ach ja, vor dem wehmütigen Finale gibt es noch ein Wiedersehen mit dem großen Roten mit den abgefeilten Hörnern.

    Teil 2 – Garten der Seelen


    Während in der B.U.A.P.-Zentrale (das neue Hauptquartier, welches bereits in Sammelband 2 etabliert wurde finde ich übrigens mega!) seltsame Dinge vorgehen macht sich Abe mit Captain Daimio auf eine ganz besondere Mission. Von Mumien besessene Mädchen, ein ganzer Schwung gefährlicher Höllenmaschinen und die optisch coolste Truppe Cyborgs, die Ich je gesehen habe. Irgendwo zwischen diesen uralten Taucheranzügen, einer eisernen Lunge und dem Teil angesiedelt, in dem Mel Gibson in Forever Young die Zeit überdauert.

    Teil 3 – Tödliches Terrain


    Krasses Finale, bei dem der Name teilweise schon Programm ist. Auf jeden Fall werden so einige Sachen aufgeklärt. Das betrifft sowohl die Mumie, als auch Captain Daimio, auch für den Wendigo geht es weiter, Johann Kraus gelangt in ganz neue bzw. alte Sphären und mein Liebling Lobster Johnson darf auch noch mitmischen. Insgesamt für mich der bester der drei Bände.

    Ja, insgesamt ist es schon ganz cool, dass der Fokus des Bandes mal eher auf den Charakteren, also den Mitgliedern der Einsatztruppe und deren charakterlicher Entwicklung liegt. Man erfährt viel über die Hintergründe, Origin Stories und auch weiteren Werdegang, auch wenn der nicht immer unbedingt positiv aussehen mag. Dennoch ist der Band für mich leider der Schwächste der bisherigen drei, denn in den beiden vorangegangenen ist einfach viel mehr passiert. Klar kann der Fokus nicht immer auf Action liegen, aber hier kommt mir die Mischung zwischen Charakterentwicklung und Fortschreiten der Story etwas unausgegoren vor. Die vielen Szenensprünge lassen den Erzählfluss etwas holprig wirken und die Geschichte wird diesmal leider kaum vorangetrieben, was insgesamt doch ein wenig schade ist. Nicht falsch verstehen, das ist kein schlechter Comic und auch durchweg unterhaltsam, aber im direkten Vergleich zu den Vorgängern einfach behäbiger und weniger treibend inszeniert. Das gibt bei mir ganz leichten Abzug in der B-Note.

    7/10



    Batman in: Neun Leben



    Ich bin ja momentan öfter mal wieder in Stimmung für Crime-Stories, gerade wenn Detektive involviert sind und es in Richtung Film Noir geht. Ich muss mich unbedingt mal informieren, was es da in Sachen Comic in der Richtung so gibt. Jetzt gab es in dieser Schiene allerdings mal wieder einen Abstecher nach Gotham City, und der hat sogar deutlich besser in dieses Schema gepasst, als ich gedacht hätte! Grundsätzlich war ich wohl einfach meinen eigenen falschen Vorstellungen aufgesessen, denn über die Story hatte ich mich von vornherein gar nicht informiert, denn ich lasse ich immer mal wieder ganz gerne überraschen. Allein vom Titel bin ich allerdings davon ausgegangen, dass Catwoman die Hauptrolle in dieser Elseworld-Story spielt. Naja, im Mittelpunkt steht sie ja auch irgendwie, aber nur dahingehend, dass ihr Mörder gesucht wird.

    Ja, richtig gehört, die Katze ist tot und hatte scheinbar engen Kontakt zu allerlei finsteren Gesellen, die ein Motiv haben könnten. Der Ex-Cop und stets abgebrannte Privatdetektiv, den sie zu ihrem Schutz engagiert hatte, Richard Grayson, macht sich im Sumpf von Gothams Unterwelt auf die Suche nach Hinweisen und fungiert gleichzeitig als Erzähler.

    Mehr will ich auch gar nicht erzählen, denn alleine zu entdecken, wer in dieser klassischen „Who-done-it“-Story welchen Part abbekommen hat ist schon ein reines Vergnügen. Die Geschichte ist auf schwarzem Hintergrund äußerst düster und stimmungsvoll in Szene gesetzt, erinnert in vielen Bildern an alte Bogart-Streifen und trieft geradezu vor Noir-Charme. Ich liebe die ganze Präsentation, den Ton der angeschlagen wird und auch das tolle Lettering. Außerdem war ich wirklich ständig am Miträtseln, wer es denn jetzt gewesen sein könnte und weshalb. Echt ganz toll was Autor Dean Motter mit Zeichner Michael Lark, Kolorist Matt Hollingsworth UND Letterer Lucia Truccone hier auf die Beine gestellt hat.

    Einziges Manko (wenn man es als solches sehen möchte): Die Geschichte hätte jederzeit auch in jeder beliebigen anderen Stadt mit beliebigen anderen Charakteren stattfinden können. Es wirkte stellenweise so, als habe man eine fertige, zwar schön geschriebene, aber keinesfalls außergewöhnliche Crime Story genommen und wie eine Schablone über Gotham City und seine Bewohner gestülpt. Die Auswahl, welcher Charakter welche Rolle abbekommt hat dabei nur manchmal schlüssige Bezüge zum ursprünglichen DC-Charakter, ab und an wurde vielleicht auch einfach gewürfelt. Aber hey, Spannung und Spaß tut das kaum einen Abbruch.

    8/10



    Valerian & Veronique Gesamtausgabe 4



    Wie haben manche gesagt, mit Band drei der Gesamtausgabe hätte ich endlich die Qualität der Reihe erkannt. Naja, ich sag mal so, schlecht bewertet hatte ich auch die ersten Bände nicht, aber in Band drei gab es dann doch Einiges, was mich richtig gepackt und fasziniert hat. Jetzt hoffe ich natürlich, dass es so weiter geht. Mit ganzen vier Alben Inhalt ist dieser vierte Band der Gesamtausgabe um die beiden Time-Cops Valerian & Veronique ordentlich umfangreich geworden, aber wie ich aus dem erneut ausführlichen und schön informativen Vorwort gelernt habe gehören jeweils zwei dieser Alben eng zusammen bzw. ergeben eine zusammenhängende Geschichte. Deshalb habe ich mir vorerst nur die erste Hälfte des Bandes vorgenommen, die letzten beiden Alben folgen dann später.


    Das Monster in der Metro & Endstation Brooklyn
    Heimspiel für das Duo Mézières/Christin, denn während Veronique in fast schon gewohnter, fantasievoller und wunderschön in Szene gesetzter Art und Weise quer durch die Galaxis jagt um Hinweisen nachzuspüren geht Valerian selbigen im Paris der 80er Jahre nach. Allein wenn ich sehe, wie er dort mit seinem ihn unterstützenden Kontaktmann Monsieur Albert durch die Straßen schlendert, die einfach diese einzigartige Paris-Atmosphäre versprühen, verspüre ich eine solche Lust mal wieder in die Stadt der Liebe zu reisen, dass es eine wahre Freude ist.


    Eine wahre Freude sind auch diese beiden Alben, die neben einer spannenden und wendungsreichen Geschichte wieder vor faszinierenden Bildern nur so sprühen, gerade bei den Szenen zwischen den beiden Hauptdarstellern eine knisternde Prise Humor versprühen und ganz nebenbei (okay, so ganz beiläufig ist es vielleicht gar nicht), eine Portion Gesellschaftskritik mit einfließen lassen. Ja, mehr und mehr bemerkt man, dass die Herren gerne auch mal politisch werden, was mich keinesfalls stört, sondern gerade im zeitlichen Kontext äußerst interessant daherkommt.

    8-8,5/10



    Miracleman 4 – Das Goldene Zeitalter



    Was war ich gespannt, was ein Folgeautor aus dem wohl noch machen könnte, was „der Originalautor“ nach seinem Run übriggelassen hat. Der Abschluss von Alan Moores Miracleman-Trilogie (es ist ja ein offenes Geheimnis, dass er sich hinter dem Titel „Originalautor“ verbirgt) hatte schon etwas Endgültiges in der Form: Was soll da denn jetzt noch kommen? Aber es kam etwas! Und auch nicht von irgendwem, sondern von Genregröße Neil Gaiman, der damals allerdings noch nicht den Superstar-Status innehatte wie es später der Fall werden sollte.

    Für mich war Miracleman mein Gaiman-Erstkontakt, zumindest was Comics angeht, und ich muss sagen, der Mann hat mich voll von seinen Qualitäten als Geschichtenerzähler überzeugt. Er versucht nicht Moores Endpunkt in gleicher Weise weiterzuführen, sondern macht das einzig Richtige: Er nimmt was ihm überlassen wurde, und macht etwas gänzlich Neues daraus. Nicht nur neu, sondern auch faszinierend und wunderschön kommt Gaimans Utopie daher und selbst ich als Neuling erkenne sofort den strahlenden, unbedarften Glanz des Golden Age der Comic-Kunst, dem Gaiman mit diesem Band nacheifern, gerecht werden, oder vielleicht sogar ein Denkmal setzen wollte.

    Es ist richtig schade, dass Gaiman seinen „Masterplan“ am Miracleman nicht verwirklichen konnte, sollte Band zwei doch seine Interpretation des Miracleman im Silver Age der Comic-Ära wiederspiegeln und den gottgleichen Helden im Finale in das Dark Age der 80er und 90er einführen, welches mit Werken wie Millers Dark Knight eingeläutet wurde. Bislang durften wir leider nur den ersten Schritt dieser Reise miterleben, der zwar in sich schlüssig auch so stehen bleiben kann, aber falls es doch noch irgendwann klappt wäre ich der erste, der auf den Zug mit aufspringt. Laut dem Vorwort in dieser Ausgabe (das ist von 2015) besteht allerdings noch vage Hoffnung, denn dort ist die Rede davon, dass Gaiman & Buckingham aktuell an der Fortführung ihres einstmals gefassten Plans arbeiten und bis Mitte 2019 gab es darüber auch noch regelmäßig Berichte. Ich drücke weiter die Daumen! Und sei es alleine, um den Fortgang von Winters Lebensweg erleben zu dürfen. Mit der „Gute-Nacht-Erzählung“ über ihre Reise als Kleinkind ist Gaiman alleine schon ein kleines erzählerisches Meisterstück gelungen.

    Mark Buckingham durfte sich in Sachen Artwork wohl ebenfalls richtig austoben, denn was er uns hier an abwechslungsreichen Stilen mit verschiedensten Einflüssen auftischt hält reichlich Überraschungen für das Auge bereit, auch wenn für mich weiterhin nichts über John Totlebens Artwork am Miracleman geht. Derart angefixt freue ich mich auf meine weiteren Begegnungen mit Mister Gaiman. Ich bin noch am Überlegen, ob ich vorerst die recht aktuelle „Studie in Smaragdgrün“ vom Dantes Verlag sichte, oder mich gleich an sein Opus Magnum, den Sandman wage. Die ersten sieben Bände von Paninis Deluxe-Ausgabe stehen schon hier, Band acht ist auf dem Weg und der abschließende neunte wurde bereits für die zweite Jahreshälfte angekündigt. Vielen weiteren Stunden mit Herr Gaiman als Reiseleiter steht also nichts im Wege.

    9/10

    Kennt Ihr den Miracleman? Eure Meinungen dazu? Und was würdet Ihr von Gaiman (abgesehen vom Sandman) so empfehlen?

    VG, God_W.

  9. #109
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    Da das Schreiben von längeren Texten aktuell einäugig mal wieder sehr anstrengend ist hab ich wenigstens mal wieder das Inhaltsverzeichnis auf Seite 1 auf Vordermann gebracht. Ist jetzt also alles drin und passend verlinkt. Könnt jetzt also auch dort wieder schauen, zu was ich so alles meinen Senf abgegeben habe. Ich freu mich immer, wenn auch zu älteren Sachen nochmal Meinungen kommen!
    Über Besuch, Meinungen, Diskussionen etc... freue ich mich immer sehr!

  10. #110
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    BLAME! 0 - NOiSE Master Edition



    Wie der gute Dekaranger bereits erwähnt hatte ist der sechste BLAME!-Band keinesfalls der aufschlussreiche Erklärband, der alle Rätsel der undurchsichtigen Welt und ihrer teils seltsamen Bewohner aufklärt, in der Tsutomu Niheis Cyberpunk-Werk spielt. Mit NOiSE, der lange zuvor spielenden Vorgeschichte zu BLAME! Bekommt man das aber wenigstens teilweise geboten.


    Äußerst überraschend und spannend fand ich dabei, dass es sich bei der Geschichte von NOiSE nahezu um ein komplett anderes Genre handelt. War BLAME! Ein weit in der Zukunft spielender, kryptischer Sci-Fi-Actioner in Hochglanzoptik ist NOiSE mehr so etwas wie eine blutige Serienkiller-Horror-Hatz, die zwar auch in einer Zukunft spielt, aber doch noch deutlich mehr Verbindungen zu unserer Welt aufweist. Die Bilder der teils bestialischen Morde wirken weitaus dreckiger, was extrem gut zur düsteren Gesamtstimmung passt und Niheis Erzähltempo ist weiterhin gewohnt atemlos. Hat mir persönlich insgesamt eine Kante besser gefallen als BLAME!, auch weil alles zumindest etwas schlüssiger, bzw. erklärender daherkommt.

    Klar, Rätselhaftes gibt es noch immer massig genug und, ob davon etwas im kommenden Elektrofischer-Band aufgeklärt wird darf bezweifelt werden. Dennoch weiß Niheis Schreibstil und vor allem die von ihm kreierte Welt extrem zu faszinieren. Wenn im Herbst der Elektrofischer-Band kommt werde ich vielleicht alles nochmal in einem Rutsch lesen und schauen, ob ich weitere Erkenntnisse daraus ziehen kann. Etwas schade fand ich im Nachhinein, dass bei den Kärtchen, die den BLAME!-Hardcovern als Goodie beilagen teilweise Sachen verraten wurden, die ich sonst erst durch NOiSE aufgedeckt und verstanden hätte, das hat den ein oder anderen Aha-Moment leider schon vorneherein zunichte gemacht.


    Zwecks Lesereihenfolge: Ich habe die Bände jetzt in Erscheinungsreihenfolge gelesen, also erst BLAME! 1-6 und dann NOiSE. Wem es auf die Nerven geht sechs Bände lang durch eine undurchsichtige Story zu hetzen, bei der man noch nicht einmal die Welt versteht, in der alles spielt, der sollte vielleicht doch mit NOiSE einsteigen und dann zu BLAME! Übergehen, dann wird zumindest das Setting um einiges klarer.

    7,5-8/10



    Planet der Affen Archiv – Band 3



    Diesmal reisen wir nicht auf den Planeten der Affen, nein, die Affen kommen zu uns. Genauer gesagt in die 70er Jahre unseres vergangenen Jahrhunderts, denn als erstes erwartet uns im dritten Band der Affen-Archivbände die Adaption des dritten Kinofilms der kultigen Original-Reihe – Flucht vom Planet der Affen. Es ist ja davon auszugehen, dass jeder, der diesen Band kaufen möchte zumindest die legendäre Filmreihe bereits gesehen hat, wenn nicht sogar schon die Comics kennt. Dennoch ein zwei Zeilen zum Plot.

    Nachdem es die Menschen und Affen im Finale des zweiten Filmes geschafft haben den gesamten Planeten in die Luft zu sprengen konnten sich drei Affen, darunter die mittlerweile bekannten Wissenschaftler Zira und Cornelius, in einem Raumschiff retten. Die Schockwelle der Explosion hat dafür gesorgt, dass die drei Taylors Reise aus Teil eins in die andere Richtung durchleben, also in der Zeit zurück reisen und in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts landen, zum Zeitpunkt der Produktion also Jetztzeit.


    Das führt in der menschlichen Gesellschaft verständlicherweise zu gehörigem Aufruhr, der nicht selten in witzigen und kuriosen Situationen gipfelt. Aber wie wir Menschen so sind, schürt ein solch außergewöhnliches Ereignis auch Furcht in vielen Herzen und so steuert dieser eigentlich leichteste, fröhlichste und charmanteste aller Affenstreifen auf ein unausweichliches, äußerst tragisches Finale zu.


    Wie gewohnt wurde der Comic bereits auf Basis des Drehbuchs angefertigt und beinhaltet somit als Schmankerl auch die ein oder andere Szene, die später im Schneideraum der Schere zum Opfer gefallen ist. Allen voran die recht spektakuläre Eingangsszene im Weltall, die aber aus verständlichen Gründen zugunsten eines größeren Überraschungseffektes im späteren Film weggelassen wurde. Abgesehen von einigen kleinen Unterschieden hier und da bekommen wir aber eine sehr werkgetreue Adaption geboten, die dem Original in Spannung und Spaß in nichts nachsteht. Und ich werde es nicht müde wieder und wieder zu erwähnen: Klassisches Material welches, wie hier von Rico Rival, toll gezeichnet wurde wirkt in S/W einfach edler und zeitloser als in einer zeitgenössischen, recht plakativen 70er Jahre Kolorierung. Gefällt mir außerordentlich gut!

    Weiter geht es natürlich mit der direkten Fortsetzung Eroberung vom Planet der Affen, der Teil der allgemein schon gesellschaftskritischen Reihe, der am offensten das, gerade zur damaligen Zeit noch weit größere Rassenhassproblem in den USA thematisiert. Für mich allein deshalb einer der stärksten Vertreter der Reihe, auch wenn es an allen Ecken und Enden am knappen Budget haperte, wurden die fünf Filme doch von Teil zu Teil mit immer geringer werdendem Budget ausgestattet. Sowas wäre bei einer erfolgreichen Reihe heutzutage ja kaum denkbar! Nicht gespart wurde zum Glück am Regisseur, denn mit J. Lee Thomson (Ein Köder für die Bestie, Die Kanonen von Navarone) wurde ein wahrer Meister seines Fachs auf den Regiestuhl gesetzt, dem es mit Bravour gelang den Geldmangel auf der Leinwand nicht spürbar werden zu lassen.


    Thompson lag das Thema sehr am Herzen, weshalb er den Aufstand der Affen ganz bewusst an die in den USA herrschenden Rassenunruhen anlehnte und in Art der im TV gezeigten Horror-Bilder von Straßenschlachten inszenierte. Das führte neben ungemein eindringlichen Szenen auch zu drastischen Gewaltdarstellungen, die alles andere als zimperlich daherkommen. Diese wirklich heftigen Szenen wurden im Nachgang nicht nur gekürzt, sondern auch mit einem etwas versöhnlicheren Ende wieder abgemildert. Dieses versöhnlichere Ende hielt in den Comic keinen Einzug, denn der basiert ja wieder auf dem ursprünglichen Drehbuch. Allerdings wurden die Gewalttätigen Stellen im Comic nochmal deutlich abgemildert und erlangen so leider zu keinem Zeitpunkt auch nur die Intensität der gekürzten Filmfassung, die wir in unseren Landen viele Jahrzehnte als einzige Fassung zu sehen bekamen. Erst im Jahre 2008, also über 35 Jahre nach dem Kinostart bekamen wir im deutschsprachigen Sprachraum mit der „Planet der Affen 40 Jahre Evolution Collection Blu-ray“ erstmals die Möglichkeit den ungeschnittenen Director’s Cut des Films zu bewundern. Seit 2014 ist er in der „Planet der Affen Legacy Collection (Blu-ray)“ auch zu einem günstigeren Kurs zu haben, einzeln gibt es die Scheibe allerdings nicht zu erstehen.


    Das ist die Blu-ray Box der Legacy Collection, aktuell mit ca. 15€ der günstigste Weg an alle fünf klassischen PdA Filme, und vor allem an Teil vier im Director’s Cut zu kommen


    Auf der einen Seite ist der Comic also ein kurioses Kleinod, weil er im Gegensatz zur gekürzten und umgeschnittenen Kinofassung die einzige Möglichkeit darstellte das originale, vom Regisseur favorisierte Ende der Geschichte zu erleben, auch wenn es nur angedeutet und nicht explizit gezeigt wurde, andererseits ist es dem Marvel-Comic als Massenmedium zu der Zeit leider nicht möglich gewesen den Aufstand der Primaten in seiner „Schlag in die Magengrube“-Intensität auf die Seiten zu bringen, was die Adaption des vierten Filmes für mich zur schwächsten der bisherigen Adaptionen macht.

    Abschließend bietet uns Marvel mit dem kleinen Zweiteiler Die Suche nach dem Planet der Affen noch einen kleinen Lückenfüller, der die recht große zeitliche Spanne zwischen dem vierten Kinofilm und dem Finale Schlacht um den Planet der Affen überbrücken soll. Joa, das kann man machen, ist aber wirklich keine Großtat. Da haben mir die eigenständigeren, dafür aber recht abgedrehten Geschichten, die wir in den ersten beiden Archiven zusätzlich zu Filmadaptionen geboten bekamen deutlich mehr Spaß gemacht. Das Vorwort von Rich Handley ist fast schon obligatorisch und die Cover am Ende sind toll anzuschauen, meinen Favoriten bekommt Ihr hier zu sehen:


    Insgesamt hatte ich mit dem Band eine tolle Zeit, auch wenn es für mich der schwächste der bisherigen drei war. Kleiner Tipp für diejenigen, die die Blu-ray-Box der Filme besitzen: Die meisten der Discs bieten den Film mit isolierter Tonspur für die Filmmusik. Ich habe die Filme also nur mit der Filmmusik leise über die Anlage laufen lassen, TV ausgeschaltet und so die perfekte musikalische Untermalung beim Lesen in der Leseecke genießen können.

    7/10



    Prinz Eisenherz Band 5 - Jahrgang 1945/1946



    Hach, ich könnte geradewegs ins Schwärmen geraten. Angefangen vom abenteuerlichen Beginn der Reise durch die Wüste (ich liebe Wüsten!), über die Entwicklung von Aletas und Eisenherz‘ romantischer Beziehung mit ihr als Gefangener, obwohl sie es ja ist, die sein Herz längst gefangengenommen hat. Wunderbar frech und verschmitzt, wie sich die Beziehung der beiden immer weiter entwickelt während sie von einer Widrigkeit in die nächste stolpern.

    Kaum denkt man, dass ENDLICH alles gut wird kommt es gänzlich anders und Eisenherz muss neben einer ganzen Reihe Duellen erstmal eine Ilias-ähnliche Belagerung organisieren, um die Frau seines Herzens zurückzugewinnen. Im weiteren Verlauf wollen nicht nur Aufstände niedergeschlagen, urkomische Beziehungskisten überstanden und Aletas Einführung am Hofe König Arturs bewältigt werden, nein, da ist von gefährlich-fröhlichen Begegnungen mit Räuberbanden a la Robin Hood bis zu Liebesdramen, die in ihrer Dramatik selbst Shakespeare zu Ehre gereichen würden alles vertreten.

    All das natürlich in atemberaubend schöner Foster-Optik, die über jeden Zweifel erhaben ist. Der Mann war einfach ein wahnsinns Zeichner UND ein grandioser Geschichtenerzähler, was es echt schwierig macht an diesem meisterlichen Band, auch noch in der tollen Bocola-Aufmachung mit wundervoll persönlichem Vorwort des Schweden Sven H. G. Lagerström, irgendetwas zu bemängeln. OK, die ersten paar Monate bis Woche 459 gibt es immer nur eine zwei Drittel Seite Eisenherz, da der Rest noch aufgrund der Kriegszeit und drohendem Papiermangel mit The Medieval Castle belegt war und die dort erzählte Geschichte reicht leider nicht an die Qualitäten eines Eisenherz heran, aber das ist wirklich nur ein kleiner Wermutstropfen.

    9/10



    Conan der Cimmerier: Die Scharlachrote Zitadelle



    Auf ins nächste barbarische Abenteuer des Cimmeriers. Aber halt, was ist denn das? So barbarisch ist der gute Conan gar nicht mehr drauf, denn er ist weder als Dieb, noch als Söldner oder Pirat unterwegs. Nein, der wilde Barbar aus dem Norden hat sich gewandelt, ist König geworden, und scheinbar gar nicht mal ein schlechter. Ein Ehrbarer Mann, der Verantwortung trägt, sich dessen bewusst ist und dem das Wohlergehen seines Volkes am Herzen liegt. Wer hätte das gedacht?


    Allerdings gibt es, gerade wenn es in einem Königreich schon beinahe schon „zu gut“ läuft, natürlich auch Neider, und so wird Conan mit seiner Armee untereinem Vorwand von einigen seiner Nachbarn in eine hinterlistige Falle gelockt. Ziel ist es Conan zu stürzen, seine Armee zu vernichten und seinen Platz an der Spitze des Aquilonischen Königreichs einzunehmen. Doch ist es einer der benachbarten Könige, der die Macht ergreifen will oder ein interner Emporkömmling? Und welche Rolle spielt eigentlich dieser zwielichtige Zauberer?

    Eine weitere Conan-Story, die mit blutigen Schlachten, gefräßigen Monstren, schwarzer Magie und hinterhältigen Intrigen eigentlich alles bietet, was das Sword & Sorcery-Herz begehrt. Dennoch bin ich nicht ganz zufrieden. Im Voraus habe ich mir wieder das Festa-Hardcover geschnappt und Robert E- Howards Originalstory gelesen, die wirklich toll geschrieben ist und zu keiner Minute so etwas wie Langeweile aufkommen lässt. Klar, langweilig wird es in Luc Brunschwigs Adaption der Geschichte auch nicht, dennoch gibt es, vor allem hinten raus, so einige Passagen die ich im direkten Vergleich mit Howards Werk als nicht ganz gelungen empfinde. Vor allem

    Conans Rückkehr

    mutete mir bei weitem nicht spektakulär genug an, das hätte man bombastischer inszenieren können und müssen. Hier uns an einigen anderen Stellen kam es mir so vor, als wäre dem Team der Platz ausgegangen und man musste die ein oder andere Szene etwas verkürzen.


    Das Artwork von Étienne Le Roux ist grundsätzlich schön anzuschauen und es gibt auch die ein oder andere wirklich gelungene Szene, erreicht aber zu keinem Zeitpunkt die bombastische Wirkung, die Ronan Toulhoat bei Natohk, der Zauberer oder auch Robin Recht mit Ymirs Tochter bei mir zu erreichen vermochten. Insgesamt noch immer ein tolles Album mit einer großen, abenteuerlichen Geschichte, im Vergleich zu den Highlights der Reihe dann aber doch ein ganzes Stück schwächer, vor allem auch, weil die Vorlage nicht ganz so exakt getroffen wurde wie ich finde.

    7/10

    Mein nächstes barbarisches Abenteuer werde ich dann wieder gemeinsam mit Sláine, dem Keltenkrieger bestreiten. Da freue ich mich auch schon drauf!

    VG, God_W
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    Durango Gesamtausgabe 3 – Band 8: Ein guter Tag zum Sterben & Band 9: Duncans Gold




    Die letzten beiden Alben, die in Band drei der Gesamtausgabe um den wortkargen Meisterschützen enthalten sind liest man am besten direkt hintereinander weg, denn es wird eine große, zusammenhängende Story erzählt, und zwar eine, die gleich mehrere prall gefüllte Satteltaschen mit Anspielungen, Motiven und legendären Szenen der besten Leinwandvertreter des Genres mit sich bringt. Ach ja, und Lee van Cleef ist auch mit von der Partie.


    Los geht’s mal wieder ganz typisch indem Durango in ein kleines Städtchen reitet und dort von gleich drei Kopfgeldjägern attackiert wird, ganz schlechte Idee. Doch statt anschließend vom Sheriff eingebuchtet zu werden wird er vom reichsten, und somit mächtigsten Bewohner des Kaffs rekrutiert um seinen nächsten Jagdausflug abzusichern. Die Frau des Moguls steht nämlich total auf Ausflüge in die wilde und freie Natur, und außerdem ist sie jung und enorm hübsch, na wenn das mit Django in der Truppe mal gut geht…


    Ohne groß das Finale von Band acht, oder auch die Story zur direkten Fortsetzung „Duncans Gold“ verraten zu wollen kann ich sagen, dass es schon extrem cool ist, dass Lee van Cleef (natürlich nur optisch) der Bösewicht ist, der zu Beginn aus dem Knast flüchtet und sich an die Fersen von Durango und seiner aktuellen Begleitung heftet. Grandiose Landschaftsbilder, blutige Schießereien und die Jagd nach einem Goldschatz bieten alles, was das Westernherz begehrt, auch, wenn die Geschichte selbst noch etwas vorhersehbarer daherkommt als bei „Ein guter Tag zum Sterben“, und auch da hatten sich die Wendungen schon lange zuvor recht deutlich abgezeichnet. Insgesamt also ein tolles, zweiteiliges Westernepos, dass ein wenig an Überraschungsarmmut krankt, ansonsten aber erneut als nahezu perfekter Genre-Vertreter betitelt werden kann.

    8,5/10



    Sláine 5 – Der König



    Na da bin ich, also eigentlich Sláine, aber aktuell wird der ja von mir verkörpert, wie auch immer, mein Buddy Sláine und ich, WIR sind auf dem besten Weg König unseres einstigen Stammes zu werden. Allerdings wollen auf dem Weg dort hin noch einige Prüfungen bestanden und Schätze gefunden werden.

    Als erstes schickt uns Myrddin, der mich mit seiner doch recht speziellen Kopfbedeckung immer an den großartigen Nicol Williamson als Merlin in John Boormans Excalibur erinnert, auf die Suche nach Danus Ring. Die mehr oder weniger typische RPG-Quest dürfen wir wieder selbst spielen, sie ist abwechslungsreich und auch äußerst spaßig inszeniert und von Mike Collins schick gezeichnet. Neben einigen wilden kämpfen bestehen auch reichlich Möglichkeiten falsche Entscheidungen zu treffen und sich hinterher über sich zu ärgern. Andererseits besteht ein Teil des Reizes der ansonsten recht geradlinig erzählten Abenteuergeschichte sicherlich in diesem Trial-and-Error-System, was neben „lustigen“ Todesarten (vier habe ich persönlich kennenlernen dürfen) auch ein schönes Potential zu „Mensch ärgere Dich nicht“-mäßigen Ausrastern mit sich bringt.


    Besonders gefreut hat es mich, dass ich zu einem der vom Übersetzer in einer Fußnote abgehandelten Begriffe bereits größere Vorkenntnisse besaß, als dort vermittelt werden. In der Regel kann ich dabei, sowie im diesmal bereits vierseitigen Glossar, ja immer viel lernen, aber durch den Besuch der Clootie Well, einer magischen Quelle auf der Black Isle (Halbinsel an der Ostküste Schottlands, nördlich von Inverness), konnte ich mir auf die Stofffetzen an einer Wegkreuzung einen Reim machen und Sláine somit in die richtige Richtung lenken.

    Da wir den Kessel des Dagda bereits in Band 4 eroberten und Myrddins Aufgaben jetzt alle erfüllt haben brach ich bereist in Jubel aus, SIEBEN JAHRE KÖNIG! - Doch weit gefehlt, bis es so weit kommen kann will wohl noch ein weiter Weg gegangen und eine ganze Reihe schwieriger Prüfungen bestanden werden. Diese müssen wir aber nicht mehr als Sláine selbst bestreiten, nein, wir können uns wieder als einfacher Leser der Aufzeichnungen Ukkos des Zwergs betätigen. Mit einem freudigen und einem weinenden Auge gehen wir also wieder zur Normalität über, also was man im Falle von Sláine so als normal bezeichnen kann.


    In „Annwns Schätze“ begeben wir uns auf eine große, abenteuerliche Reise voller Prüfungen verschiedenster Art, die Sláine auf dem Weg zum König bestehen muss. Die in den vergangenen Geschichten stetig weiter emanzipierte Nest Sprenkelhaut entpuppt sich hierbei als perfekte Reiseleiterin ohne deren Fachwissen und Hilfe unser Held und sein Zwerg mehr als einmal aufgeschmissen wären. Nett auch, dass der Geschätzte JRN uns in seinen Kommentaren sogar solches Grundwissen wie die Aufgaben des Herakles nochmal ins Gedächtnis ruft. Ich hatte mich zwar vor unserer Griechenlandreise 2018 bereits näher mit der griechischen Mythologie beschäftigt, aber der ein oder andere freut sich bestimmt über die Erinnerung.

    Dann ist es endlich so weit, Sláine macht sich auf den Thron seines Volkes für die kommenden sieben Jahre zu beanspruchen. Er will König werden, ach was König, Hochkönig! Oder lieber gleich – der gehörnte Gott! Allerdings sind bis zum großen Finale noch allerlei Widrigkeiten zu bestehen, denn wann und wo in der Geschichte ist denn schon ein Thron freiwillig und kampflos übergeben worden? Und selbst wenn, welche Intrigen wurden da im Hintergrund geschmiedet und welch böse Fäden zu gefährlichen Netzen verwoben?


    Mit dem Übergang von Spiel zu Story, den leichtfüßigen Abenteuern hin zu bedeutungsschwangeren Szenen und teils überraschender Tiefe haben wir hier den bislang am abwechslungsreichsten daherkommenden Sláine-Band, der sowohl von Mike Collins und Mark Farmer, aber noch besser von Glenn Fabry einwandfrei in Szene gesetzt wurde. Dazu die hochwertige Dantes-Aufmachung in stabilem Hardcover mit sauberem Druck und einem Glossar nebst Fußnoten, die jedem die dahintersteckende Mythologie näherbringen, der sich dafür zu begeistern weiß. Alle anderen genießen eine tolle, etwas andere Barbarenstory, die vielleicht nicht ganz so eingängig wie Conan daherkommt, aber dafür eine Tiefe in einstmals wirklich gelebter Mythologie erreicht, die ihresgleichen sucht.

    8,5/10



    H. P. Lovecrafts Der Hund und andere Geschichten – Gou Tanabe



    Schon viel zu lange habe ich meiner Lovecraft-Leidenschaft nicht mehr gefrönt, außerdem kann ich ja, wenn es um Manga geht, nicht immer nur Cyberpunk oder Taniguchi lesen, da kam mir also Gou Tanabes Band in welchem er gleich drei Geschichten des Gentlemans aus Providence adaptiert gerade recht.


    Los geht es mit „Der Tempel“ in dem eine deutsche U-Boot-Crew zu Kriegszeiten eine Katastrophe an Bord erleben muss und schließlich in den Tiefen der See eine außergewöhnliche Entdeckung macht. Zu allererst fällt das wahnsinnig aufwändige und außerordentlich düstere Artwork von Gou Tanabe auf. Gerade im ersten Teil der Geschichte funktioniert das grandios und transportiert auch nahezu perfekt die klaustrophobische Atmosphäre an Bord des Boots. Gegen Ende, und auch in den weiteren Geschichten, tritt ein typisches Problem bei Lovecraft-Adaptionen an den Tag, nämlich, dass man sich nun mal der Visualisierung des Zeichners anschließen muss, auch wenn diese vielleicht nicht zu 100% der eigenen Vorstellung entspricht. Lovecraft überlässt es gerade in visueller Hinsicht fast komplett dem Leser sich seinen eigenen Schrecken im Hirn zusammenzubasteln. Da ist vieles unbeschreiblich, unsagbar, zyklopisch, unmöglich oder dermaßen schrecklich, dass man gar dem Wahnsinn anheimfällt. Das lässt sich in Bildern halt nicht wirklich darstellen, bzw. sieht für jeden in der eigenen Vorstellung komplett unterschiedlich aus. Dennoch schafft es der Mangaka mich mit seiner Vision mitzunehmen und ich lasse mich komplett drauf ein. Das ist schon eine enorme Leistung, gerade da auch das typische Lovecraft-Flair verströmt wird.

    Wie der ein oder andere sicher schon mitbekommen hat bin ich ja ein großer Liebhaber von Seemannsgarn, also maritim angehauchten Geschichten in jedweder Form, aber natürlich muss auch ich, wie jeder andere auch, ansprechen, dass es eine kack Idee war die Geschichte in die Zeit des zweiten Weltkriegs zu verlegen, die Männer an Bord aber dennoch „für den Kaiser“ kämpfen zu lassen. Da hat jemand seine Hausaufgaben wohl ganz und gar nicht gemacht, was einen Atmo-Punkt Abzug einbringt. Atmosphärisch ganz toll gelungen, auch wenn vielleicht ein etwas größerer Fokus auf den Abenteueraspekt der Story und weniger auf den Horror gelegt wird, ist die Hörspiel-Adaption von „Der Tempel“, erschienen als Ausgabe 39 in der Gruselkabinett-Reihe von Titania Medien.


    Als nächstes wartet mit „Der Hund“ die Geschichte, die dem Band seinen Namen gab. Dazu muss ich sagen, dass ich, obwohl ich seit Jahrzehnten Lovecraft-Jünger bin, noch nicht alle seiner Geschichten gelesen habe. Die stehen zwar alle im Bücherregal (sogar in zweifacher Ausführung), aber ich möchte mir Lovecraft auch für die kommenden Jahre noch ein wenig aufsparen, weshalb ich immer nur Stückchenweise lese, also immer mal wieder eine Story, wenn es mich überkommt, oder auch mal eine Geschichte ein zweites oder drittes mal, denn Lovecraft ist immer wieder neu.

    Gou Tanabes Variante von „Der Hund“ habe ich nun zum Anlass genommen diese Geschichte erstmals zu lesen und ich kann sagen, seine Bearbeitung der Geschichte ist äußerst gelungen. Ja, es gab ein paar kleinere Änderungen und gerade den im Zentrum der Geschichte stehenden Talisman hätte ich gänzlich anders gestaltet, aber im Großen und Ganzen wird der Kern der Story sehr gut erfasst und das Lovecraft-Feeling toll transportiert. Davon abgesehen ist der eigentliche Schrecken dieser Story, nämlich die Ausgangssituation, und wie die beiden „Protagonisten“ zu ihren, ich sag mal „speziellen Vorlieben“ kommen gar nicht so weit hergeholt und auch, oder gerade heute, noch äußerst aktuell.


    „Die Stadt ohne Namen“ war damals eine der ersten Lovecraft-Geschichten, die ich gelesen habe, denn von Wüsten, verschollenen Städten und Tempeln alter Gottheiten (vor allem im alten Ägypten) fühlte ich mich seit jeher wie magisch angezogen. Diesen Zauber verströmte auch Lovecrafts Geschichte, und Gou Tanabe bringt ihn nahezu perfekt auf die Seiten. Ein großes, geheimnisvolles Abenteuer gipfelt in kosmischem Schrecken, wie ihn nur Lovecraft ersinnen konnte, und lässt mich mit diesem ganz speziellen Gefühl irgendwo zwischen Magengrube und Schluckmuskel zurück.

    7,5/10

    Ohne den groben Schnitzer beim „Tempel“ wäre die Wertung sogar noch ein wenig höher ausgefallen, deshalb freue ich mich jetzt umso mehr auch Gou Tanabes Bearbeitung der „Farbe aus dem All“, einer meiner absoluten Lieblingsgeschichten von H. P. L. – Wehe der versaut das!



    Swinging London



    Harte Thriller, düstere Krimis, Geschichten, die menschliche Abgründe aufdecken oder erforschen und klassischer Film-Noir, das sind Themen, die mich faszinieren und auf die ich immer mal wieder, so stoßweise, Lust bekomme. Auch wenn ich diese Genres gerne mag habe ich gerade was Film Noir betrifft noch viel zu wenig gesehen und auch nicht wirklich einen Peil, was sich da alles zu schauen lohnt UND auch irgendwo verfügbar ist, ob als Stream oder auf Scheibe ist mir eigentlich egal. Wenn da jemand Empfehlungen hat, immer her damit! Den ein oder anderen Bogart, sowie die Beiträge von Hitch und Kubrick kenne ich natürlich, aber was lohnt sich denn sonst noch?


    Jetzt bin ich vor Kurzem (Spätzünder wie ich bin) jedenfalls auf die noir-Reihe von Schreiber & Leser gestoßen und auch wenn es sich hier nicht um einen Noir-Krimi im eigentlichen Sinne handelt, so ist es auf jeden Fall ein Genre-Vertreter, der in den Bildern über weite Strecken einen entsprechenden Stil erkennen lässt und eindeutig für Erwachsene gemacht wurde. Davon abgesehen ist der Hauptakteur ein Schwarzer, also noch ein Stück „noir“ (ok, der war nicht so gut).

    Alles beginnt in Schottland, was mich als Scotch-Liebhaber und allgemeinen Fan dieses wunderschönen Landes schon mal enorm gefreut hat. Weniger erfreulich ist, dass eines der grandiosen Highland-Schlösser abbrennt und zwar mitsamt seines Besitzers Jasper Brown, einem exzentrischen Rockstar. Ratzfatz wird das Ganze als Selbstmord ad acta gelegt, was Jaspers früherem Freund und Vertrauten, dem Guru Indranath Ray äußerst seltsam vorkommt. Auf eigene Faust stellt er Ermittlungen an und gerät dabei, wie soll es anders sein, in einen ungeahnten Sumpf aus Verbrechen und Korruption.


    Also doch irgendwie Film Noir, oder Neo Noir, nur halt in einer faszinierenden Optik, die zwischen düsteren Bildern mit hartem, etwas roh anmutendem Strich und psychedelisch angehauchten Panels mit 60er Jahre Charme in bunter Hippie-Hasch-Kolorierung schwankt. Das Artwork von Christian De Metter fügt sich zu einem absolut stimmigen und fesselnden Gesamtbild zusammen und Thomas Bénets Story ist durchweg fesselnd, mit spannenden Charakteren, auch in den Nebenrollen, und hat mich in einigen Passagen im besten Sinne an Joel Schumachers 8mm erinnert.

    8/10

    Der nächste noir-Band von S&L kommt bestimmt! Jetzt aber her mit Euren Empfehlungen, was Film-Noir betrifft, sowohl filmisch, als auch in Comics. Würde mich über den ein oder anderen Tipp echt freuen!

    VG, God_W.
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  12. #112
    Mitglied Avatar von LaLe
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    In der Annahme, dass dir die Farbe aus dem All auch schon vorliegt, würde ich dir Lovecraft von Alberto Breccia ans Herz legen wollen. Der überlässt einiges der Vorstellungskraft des Lesers.

    Die Adaptionen von Tanabe sind für mich dennoch Pflichtprogramm.
    Geändert von LaLe (10.05.2020 um 23:17 Uhr)
    [SIGPIC][/SIGPIC]

  13. #113
    Mitglied Avatar von God_W.
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    Annahme ist richtig und wenn ich es zeitlich hinbekomme schreibe ich dazu die Tage auch gleich was.
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  14. #114
    Mitglied Avatar von Kohlenwolle
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    @God_W.

    Ich würde dir wärmstens die Berteht Comics aus dem Boiselle & Löhmann Verlag empfehlen. Müßten antiquarisch noch recht günstig zu bekommen sein.
    Sind in SC aber herausragend gut. Noir Krimis allererster Sahne.
    Geändert von Kohlenwolle (11.05.2020 um 09:26 Uhr)
    Schöne Grüsse aus dem Kohlenpott


  15. #115
    Mitglied Avatar von LaLe
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    Zitat Zitat von God_W. Beitrag anzeigen
    Annahme ist richtig und wenn ich es zeitlich hinbekomme schreibe ich dazu die Tage auch gleich was.
    Lass mich raten, nachdem du den Film gesehen hast.
    [SIGPIC][/SIGPIC]

  16. #116
    Mitglied Avatar von God_W.
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    Abwarten. Am besten Du trainierst Dir schon mal Sitzfleisch zum Lesen an. Hab da einige Gedanken im Kopf...

    @Kohlenwolle: Danke für den Tipp! Sieht auf den ersten Blick ziemlich gut aus! Hab ich mir auf die Liste gesetzt und ja, scheint noch zu vernünftigen Preisen zu bekommen zu sein.
    Geändert von God_W. (12.05.2020 um 02:04 Uhr)
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  17. #117
    Mitglied Avatar von Kohlenwolle
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    Zitat Zitat von God_W. Beitrag anzeigen
    ...@Kohlenwolle: Danke für den Tipp! Sieht auf den ersten Blick ziemlich gut aus! Hab ich mir auf die Liste gesetzt und ja, scheint noch zu vernünftigen Preisen zu bekommen zu sein.
    Wo ich schon mal bei Berthet bin und du bei S&L noir; das ist alles wirklich lesenswert:

    https://www.ppm-vertrieb.de/autor/Berthet,Philippe.html

    https://www.ppm-vertrieb.de/suche.html?keyword=pin-up
    Schöne Grüsse aus dem Kohlenpott


  18. #118
    Mitglied Avatar von LaLe
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    Dieser Tip für @God_W. kam wohl zu spät.
    Zitat Zitat von LaLe Beitrag anzeigen
    In der Annahme, dass dir die Farbe aus dem All auch schon vorliegt, würde ich dir Lovecraft von Alberto Breccia ans Herz legen wollen.
    Wenn ich bei den Hunters richtig geschaut habe, hat der Gute das Teil bereits.
    [SIGPIC][/SIGPIC]

  19. #119
    Mitglied Avatar von God_W.
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  20. #120
    Mitglied Avatar von God_W.
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    H. P. Lovecrafts: Die Farbe aus dem All – Ein breites Spektrum



    Wie ich so manches mal schon anklingen ließ bin ich schon seit meinen Jugendjahren ein Lovecraft-Jünger. In letzter Zeit habe ich öfter mal überlegt, wie es überhaupt dazu kam und bin zu dem Schluss gekommen, dass ein anderer Horror-Autor, nämlich Stephen King hierfür die Verantwortung trägt. In den 90ern war Stephen King, wie auch aktuell mal wieder, aufgrund eines Booms von Verfilmungen seiner Werke in aller Munde und wer was auf sich hielt musste im Schulhof mitreden können, wenn es um die gruseligen Streifen ging, die man eigentlich noch gar nicht sehen durfte. In unserer Clique waren mit mir dann immerhin drei Leute, die sich auch an die Bücher des „Meisters des Horrors“ ranmachten. Es muss dann in einem seiner vielen, recht ausführlichen und schön persönlich anmutenden Vorworte gewesen sein, in denen Mister King einen mir damals noch unbekannten Howard Phillips Lovecraft als den größten Horror-Schriftsteller aller Zeiten (oder so ähnlich) betitelte. Da war es für mich klar, dass ich mir das mal genauer anschauen muss und „the Rest is History“ wie man so schön sagt.

    „Die Farbe aus dem All“ war eine dieser Geschichten, die sich schon beim ersten Lesen in meine Gehirnwindungen gegraben hat. Eine faszinierende Atmosphäre, ein wohliges Gruseln und schließlich beklemmende Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung durchdringen die Idylle nach und nach. Auch nach mehrmaligem Lesen über die Jahre hat die Story nichts von ihrer Intensität verloren, im Gegenteil, die Faszination bleibt zumindest gleich hoch, wenn sie nicht sogar noch ansteigt mit dem veränderten Blickwinkel, den man auf das Geschehen einnimmt, einfach durch einige Jahre und Erfahrungen, die man im eigenen Leben gemacht hat. Scheinbar hat die „Farbe aus dem All“ nicht nur mich enorm beeindruckt, sonst hätten nicht schon so viele Kreative versucht ihre eigene Version der Erzählung umzusetzen.


    Zwei aktuell erhältliche Möglichkeiten, wenn man die Originalgeschichte mal lesen möchte und auf Hardcover steht.


    Ganz aktuell wurden wir Lovecraft-Fans gleich mit zwei weiteren Adaptionen der „Farbe aus dem All“ beglückt. Zum einen mit Gou Tanabes Manga, der Mann konnte mich mit seinen vorherigen Adaptionen schon fesseln, zum anderen mit einer weiteren filmischen Variation, die mit einer interessanten Cast/Regie-Konstellation punkten kann. Letztere gibt es sogar in einer von Extras überbordenden, vom guten @Clint Barton ganz schön gefeierten Ultimate Edition, gegen deren Erwerb ich mich aber entschieden habe, weil ich viele der enthaltenen Extras schon in anderer Form besitze und mir dafür dann der stolze Preis irgendwo zwischen 90 und 120€ doch zu teuer war, so wurde es nur die normale Blu-ray. Jedenfalls waren diese beiden Neuveröffentlichungen Grund genug für mich meine bisherigen Erfahrungen mit den früheren Adaptionen nochmals aufzufrischen, mich mit den aktuellsten Versionen zu beschäftigen, aber auch meinen Lese-K2 nach weiteren Möglichkeiten zu durchforsten, und auch da bin ich fündig geworden. Die vergangene Woche stand für mich somit vollends im (älteren) Zeichen eines unsagbaren, unbeschreiblichen außerirdischen Leuchtens (und einigen weiteren H. P. L.-Geschichten).


    Gou Tanabes Manga und Richard Stanleys Kinoauswertung, produziert von Elijah Wood, scheinbar ebenfalls Lovecraft-Fan.


    Für all jene, die trotz der vielen Adaptionen von Lovecrafts Sci-Fi-Horror Kurzgeschichte nicht wissen worum es geht vielleicht noch ein kurzer Abriss zur Story. In den 1920er Jahren soll ein Staudamm zur Sicherung der Wasserversorgung der Stadt Arkham errichtet werden. Zu diesem Zweck macht sich ein Landvermesser auf den Weg in ein abgelegenes Gebiet östlich der Stadt. Dort findet er neben der Ländlichen Idylle auch einen tot und verdorrt anmutenden Landstrich genannt die „verfluchte Heide“, in dessen Mitte sich ein verlassener Bauernhof befindet. Auf der Suche nach weiteren Informationen zu diesem seltsamen Stück Land trifft er auf den alten Einsiedler Ammi Pierce, der ihm eine unglaubliche Geschichte erzählt.

    In den 1880er Jahren lebte auf dem verlassenen Hof der Nahum Gardner mit seiner Familie ein glückliches, beschauliches, von ländlicher Arbeit geprägtes Leben. Die Familie Gardner waren Ammis Nachbarn, gute Nachbarn, und wie damals noch üblich half man sich gegenseitig aus, wenn mal bei einem die Ernte nicht so gut ausfiel oder ein Tier krank wurde. So lebten alle in der Gegend ein gutes, wenn auch arbeitsreiches Leben. Bis eines Nachts etwas außergewöhnliches geschieht, ein Komet schlägt auf dem Grundstück der Gardners ein. Dieser Meteorit wird natürlich erstmal zu einer lokalen Sensation! Wissenschaftler der Miskatonic Universität kommen um Proben zu nehmen, Schaulustige sind sogar bereit Eintritt zu zahlen. Doch nach und nach verschwindet der Meteorit, das Interesse der Menschen flaut ab und zurück bleibt nur ein seltsames, unheimliches, nächtliches Leuchten in einer Farbe, ja, einer Farbe wie sie noch kein Mensch auf Erden erblickt hat – und so beginnt es.

    Ja, so manches Bruchstück dieser Geschichte mag auch denen bekannt vorkommen, die rein gar nichts mit Lovecraft und seinem Schaffen am Hut haben, was aber natürlich daran liegt, dass sich Unmengen an Schreiberlingen, Regisseuren und sonstigen Kreativen daran bedient haben und in schier unendlichen Variationen aufgegriffen und neu verarbeitet haben. Aber eines Bleibt H. P. Lovecraft vorbehalten: Er war der Erste und somit ist sein Werk so etwas wie der Prototyp, an dem sich alle Nachfolger messen lassen. Für mich mit ein Grund, weshalb mich sein Schaffen derart fasziniert. Ihr merkt natürlich schon, weshalb eine 1:1 Adaption weder als Film, noch als Comic möglich ist, denn eine Farbe zu erschaffen, die noch niemand gesehen hat, das menschliche Auge in einer Form wahrnimmt, wie es noch nie dagewesen ist, oder die unser Geist nicht in der Lage ist zu erfassen ist schlicht unmöglich. Wir müssen uns also einfach auf die Vision des jeweiligen Erschaffers einlassen und uns mit auf seine eigene Reise in Lovecrafts Welt begeben. Wenn man dazu bereit ist gibt es viel Gutes bis Hervorragendes zu entdecken!


    Gelungene Hörspielbearbeitung aus der generell zu empfehlenden Gruselkabinett-Reihe.


    Ganz ohne Visualisierung kommt neben dem Buch, also der Geschichte an sich, natürlich die Hörspieladaption von Titania Median aus, die in der Gruselkabinett-Reihe als Ausgabe 90 erschienen ist. Die hält sich relativ dicht an der Vorlage, auch wenn, wie so oft bei Höradaptionen, Hilfscharaktere eingebaut wurden denen jemand etwas erzählen kann. Eine andere Möglichkeit hat man ja kaum, wenn man nicht auf in Wort gefasste Gedanken oder einen Erzähler zurückgreifen möchte. Das gleicht dann auch gleich etwas den Mangel an weiblichen Charakteren in der Story aus, stört also nicht wirklich. „Die Farbe aus dem All“ ist, wie fast alle Hörspiele der Reihe, hochwertig produziert und mit den deutschen Stimmen von Daniel Craig, Richard Crenna, Gregory Peck, Halle Berry, Ben Affleck u. A. hochkarätig besetzt. Auch wenn kein richtiger Horror aufkommt, so wird doch eine wohlig schaurige Atmosphäre geschaffen, die natürlich umso intensiver wird, je mehr man sich als Zuhörer drauf einlässt.

    Lovecrafts Geschichte selbst ist im Pulp Magazin „Amazing Stories“ im Jahre 1927 erstmals erschienen und da der Wert seines Schaffens sich, wie so oft bei heutigen Ikonen und Klassikern, sich zu seinen Lebzeiten noch nicht wirklich herumgesprochen hat, dauerte es dann doch 38 Jahre bis sich erstmals jemand an eine Adaption für die große Leinwand wagte. Ein immerhin 104 Seiten starkes Reprint des Amazing Stories Magazins vom September 1927 findet sich übrigens in der zugegebenermaßen fett ausgestatteten Ultimate Edition zum neusten Film, jetzt aber zum Leinwand-Erstling mit der „Farbe aus dem All“.

    Das Grauen auf Schloss Witley, oder Die, Monster, Die! Bzw. Monster of Terror wie die noch reißerischeren Originaltitel lauteten, ist leider ein Beweis dafür, dass große Namen in klassischem Setting noch lange keinen großen Klassiker ergeben. Die zugrundeliegende Geschichte wurde bis auf wenige Ausnahmen bis zur Unkenntlichkeit zerstückelt und abgeändert. Das fängt schon damit an, dass die Handlung von einem ländlichen Bauernhof auf ein altes Schloss/Herrenhaus verlegt wurde. Horror-Stories mussten in den 60ern vermutlich so aussehen und so hat man wohl versucht mit schauriger Musik, waberndem Bodennebel und dem alten Gemäuer im Hintergrund die Atmosphäre der britischen Hammer Studios heraufzubeschwören. Das klappt leider nur bedingt, passt vom Setting her aber halt auch gar nicht zu Lovecrafts ursprünglicher Story. Zu allem Überfluss muss ich leider sagen, dass mir auch Horror-Legende Boris Karloff in dem Streifen gar nicht zu gefallen weiß, der hat sich wahrlich schon besser präsentiert. Einziger Lichtblick ist für mich, als alter Kaiju- und Godzilla-Fanboy Nick Adams, der den Helden, den es in der Form in Lovecrafts Geschichte auch nicht gibt, äußerst sympathisch gibt. Ich sehe den Mann immer gerne, auch wenn ich dabei immer an sein tragisches Ende in Form einer Überdosis (Suizid?) denken muss, den er Gerüchten nach aus Liebeskummer begangen hat, weil seine Avancen für die japanische Schauspielkollegin Kumi Mizuno nicht erwidert wurden. Andererseits war der Mann bereits verheiratet und hatte zwei Kinder, also wer weiß?


    Die alte DVD-Auswertung hat leider ein unsägliches Bild, welches selbst mit gutem Upscaling-Equipment an den Interlaced-Modus bei den Videos in älteren PC-Spielen erinnert. Die aktuelle Blu-Ray, die sowohl einzeln erhältlich ist, als auch der Ultimate Edition des aktuellsten Films als Bonus beiliegt ist viel VIEL besser!


    Nach diesem nicht sonderlich erfolgreichen Versuch dauerte es bis 1987 zur Verwirklichung der nächsten Filmauswertung, der wieder der deutliche Stempel ihrer Produktionszeit aufgedrückt wurde. Der typische 80er Jahre Horror The Curse setzt auf Blut- und Ekeleffekte, was bei Zombie-Altmeister Lucio Fulci als Mitproduzent nicht verwunderlich ist, und den damals bereits durch Stand by me zum Jugendstar avancierten Wil Wheaton. Der lange Jahre auf den Index verbannte Film bietet handgemachte Effekte und die so typischen Synthesizer-Soundtracks, nur dass die Effekte zu keinem Zeitpunkt das Niveau der Freddy Krüger-Reihe und der Soundtrack weit entfernt von einem Meister wie Carpenter bleibt. Dafür ist mit der Farm, dem Meteoritenabsturz und der Veränderung der Flora und Fauna doch einiges von H. P. L.s Story erhalten geblieben. Die Charaktere und ihr Zusammenspiel hat im Gegenzug leider gar nichts von Lovecraft.



    Nach der Indexstreichung 2014 gibt es den Film seit Dezember 2018 endlich ungekürzt bei uns zu bestaunen, wenn auch recht teuer als 2-Disc Version im auf 888 Stück limitierten Mediabook. Wer die Bonusscheibe nicht braucht: In der Ultimate Edition zum aktuellen Cage-Streifen ist auch dieser Film auf Blu-ray als Goodie enthalten.



    Mit Colour from the Dark, oder wie er bei uns heißt, H. P. Lovecrafts Saat des Bösen hat der italienische Regisseur Ivan Zuccon den Schauplatz der Geschichte kurzerhand auf einen isolierten Bauernhof im ländlichen Italien der Franco-Ära verlegt. Das Setting passt super und auch wenn der Flic deutlich an Geldmangel leidet wird die Stimmung von Lovecrafts Geschichte ziemlich gut transportiert. Die Darsteller wirken teilweise leider etwas hölzern und an einigen Stellen, vor allem hinten raus, hat der Film dann doch mehr von einer wilden Mischung zwischen Zombie-Horror und dem Exorzisten. Dennoch erfasst mich das Gefühl der ausweglosen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, wie es auch bei Lovecraft transportiert wird. Über weite Strecken wird hier also viel richtig gemacht. Ich sag mal ein interessanter, aber zwiespältiger Beitrag zum Thema.



    Die DVD ist für Ihr Alter (2009) sauber produziert und hat sogar ein paar Extras an Bord. Kann man für so eine günstige Produktion durchaus stehen lassen – und nein, dieses schon etwas ungewöhnliche kleine Filmchen bekommt Ihr NICHT in der Ultimate Edition der Richard Stanley Verfilmung.



    Jetzt kommen wir zu meinem persönlichen kleinen Highlight in der Geschichte der „Farbe“ und in Lovecraft-Adaptionen im Allgemeinen. Schlicht Die Farbe nennt sich der deutsche, äußerst niedrig budgetierte, dafür aber umso ambitioniertere Studentenfilm, der mit wenig Fördermitteln, dafür mit umso mehr Leidenschaft produziert wurde. Nein, ich kenne die Macher nicht persönlich und will hier auch nicht wild die Werbetrommel rühren. Allerdings war ich einer derjenigen, die zur Zeit der Produktion nach jeglichem auf Zelluloid gebannten Fetzen mit dem „Markenzeichen Lovecraft“ lechzten und war gleich an vorderster Front, als die Blu-ray endlich verfügbar wurde. Die Scheiben wurden von den Machern damals noch in Eigenregie über die eigene Webseite vertrieben und kamen nicht aus dem Presswerk, nein, da hatte man trotz offiziellen Kaufs einen gebrannten, allerdings professionell bedruckten Rohling in der Hand. Der steckte in einem dünnen, aber stimmig gestalteten Digipack.



    Hier das Digi mit der gebrannten Original-Scheibe. Ein kleines Kuriosum in meiner Filmsammlung, dass ich stets in Ehren halten werde. Wer Interesse an dem Projekt hat: In standardmäßig gepresster Form hat Koch Media auch diesen Streifen auf Blu-ray seiner Ultimate Edition zu Die Farbe aus dem All beigepackt.



    Scheinbar wird es langsam zur Tradition, dass die Macher eines Lovecraft-Films dessen Handlung in heimische Gefilde verlegen. So hat Huan Vu seine Handlung in den Schwäbisch-Fränkischen Wald zur Zeit des Endes des zweiten Weltkriegs verlegt. Das funktioniert bestens und der Kniff den Film in Schwarz/Weiß zu drehen macht das ganze nochmal stimmungsvoller. In manchen Bereichen wird die Handlung etwas ausgeweitet, dafür werden aufwändigere Dinge, die teure Effekte oder Maskenbildner benötigt hätte außen vor gelassen. Dennoch gibt es kaum eine Lovecraft-Verfilmung, welche die bedrohliche Grundstimmung und den sich langsam aber unaufhaltsam ausbreitenden Schrecken derart stimmig herüberbringt. Ja, die Schauspieler sind noch keine fertigen Profis, gedreht wurde großteils an frei zugänglichen Freilichtmuseen und sogar die Ausrüstung musste mangels Patte geliehen werden. Dennoch, oder gerade deshalb, strahlt der Film eine greifbare Authentizität aus, die der Horror greifbarer und realistischer macht und die wenigen Effekte, die dann wirklich drin sind sehen überraschend gut aus. Klare Empfehlung von meiner Seite!
    Kleiner Fun-Fact bzw. unnützes Wissen: Für eine der Nebenrollen konnte Wolfgang Krätke gewonnen werden, der zwar schon sehr viel Film und Fernsehen gemacht hat, mir und meiner Frau aber vor allem als Urobe in Bully Herbigs Wickie-Film in Erinnerung blieb. Für diese Rolle nahm er auch an dem öffentlichen Casting Teil, das Michael Herbig ja in einer TV-Show abhielt.

    So langsam nähern wir uns dem aktuellsten Werk, aber nicht ohne zuvor noch auf den Kurzfilm einzugehen, den der deutsche Regisseur Patrick Müller 2017 in England drehte. In dem experimentell anmutenden Werk von gerade einmal fünf Minuten Länge versucht er in Stummfilm-Manier mit eingeblendeten Texttafeln ein Gefühl der beklemmenden Atmo von Lovecrafts Werk zu vermitteln. Mit einer uralten Kamera auf speziellem LomoChrome 16mm-Filmmaterial gedreht entstand ein durchaus sehenswerter Beitrag zur „Farbe“-Mythologie, den sich jeder kostenlos zum Beispiel auf Vimeo anschauen kann oder – Ihr ahnt es bereits – man besorgt sich die Ultimate Edition des Nicolas Cage Streifens, denn da findet sich der Shorty auch im Bonusmaterial.



    Endlich mal eine Lovecraft-Verfilmung mit halbwegs vernünftigem Budget, einem bekannten Cast und von einem Regisseur, der nicht nach Schema F vorgeht, denn eines sind weder H. P. Lovecraft noch Regisseur Richard Stanley -> 0815. Mit Nicolas Cage wurde dann auch gleich noch ein Hauptdarsteller gefunden, der zwischen unglaublich erfolgreichen Bruckheimer-Blockbustern und extrem miesen B- und C-Actionern das gesamte Portfolio abdeckt, der in den letzten Jahren aber eine Nische unbequemer, kunstvoller Genre-Perlen für sich entdeckt hat, in die er perfekt reinpasst, die ihm gut zu Gesicht steht und, vielleicht am wichtigsten von allem, ihm sichtlich die Freude am Schauspiel zurückgebracht hat, denn die war ihm bei seinen vielen Schrott-Arrangements um aus der Schuldenfalle raus zu kommen sichtlich abhandengekommen. Ja, ich bin ein kleiner Nicolas Cage Fanboy und seine Hardcore-Hasser, von denen ich im Freundeskreis ebenfalls einen habe, wird dieser Film auch nicht bekehren. Allen anderen, die mit klassischem Geisterhaus-Horror, etwas speziell inszenierter Science-Fiction, John Carpenter oder natürlich H. P. Lovecraft etwas anfangen können sei ein Blick auf diese neuste Adaption einer Story des Gentlemans aus Providence von wärmstens empfohlen.

    Die erste Zusammenarbeit zwischen Regisseur Stanley und Hauptdarsteller Cage habe ich mir vor Kurzem ebenfalls zu Gemüte geführt, lag schon lange auf meinem „Watch-Stapel“. Dazu hatte ich sogar ein paar Zeilen hiergelassen: Mandy

    Eine kleine Entwarnung an weniger experimentierfreudige Filmfans kann ich geben: So künstlerisch, psychedelisch und experimentell wie Mandy kommt die neuste Zimmerarbeit der beiden bei weitem nicht daher. Das wird Hardcorefans des Erstlings und des Regisseurs im Allgemeinen (macht der immer solche Sachen?) vielleicht gar nicht schmecken, aber einen Mainstream-Horrorsteifen haben wir hier dennoch in keinster Weise im Player. Zuerst das allerwichtigste: Der Film ist von vorne bis hinten wirklich sehr dicht an der Vorlage und der Einfluss von H. P. ist somit stets erkennbar. Durchsetzt ist das Werk allerdings von ganz vielen eigenen Ideen und Verbeugungen vor Werken, die der Regisseur wohl selbst seit langem verehrt. Genaueres erfährt man vielleicht bei der Sichtung des Bonusmaterials, aber mir hat es unter den Nägeln gebrannt und ich wollte endlich anfangen über meine faszinierende „Farbwoche“ zu schreiben.

    Auf jeden Fall ist der freundliche Nachbarsbauer aus Lovecrafts Story zu einem abgedrehten, in einer Art Wohnwagen im Wald hausenden Schamanen-Elektriker mutiert, statt Kühen stehen Alpakas im Stall der Farm der Familie Gardner, die von Nicolas Cage übrigens persönlich gemolken werden (also die Alpakas, nicht die Familie )! Die Tochter des Hauses, bei Lovecraft sind es drei Söhne, aber diese Änderung ist wahrlich zu verzeihen, praktiziert dunkle Magie und heidnische Rituale und auch bei den Körperlichen Veränderungen der Familienmitglieder gibt es so manche Überraschung zu erleben. Augenscheinlichste Änderung ist natürlich die Verlegung der gesamten Handlung in unsere heutige Zeit, die aber recht problemlos funktioniert. Lovecrafts Schrecken sind halt einfach zeitlos.

    Noch kurz um Film selbst. Der beginnt grundsätzlich wie ein klassischer Haunted House Horrorstreifen, hält sich im Mittelteil, abgesehen von einigen innovativen Einfällen, überraschend dicht an die Vorlage und wird hinten raus zu einer großen Verbeugung vor den 80er Jahre Horror-Klassikern eines John Carpenter oder (weniger bekannt) Stuart Gordon, der leider in diesem März von uns gegangen ist. Dieser hochinteressanten Mischung verleiht Richard Stanley seinen eigenen Rhythmus und Style und lässt einen entfesselten Nicolas Cage von der Leine, dessen Schauspiel von urplötzlichen Gefühlsausbrüchen in jedwede Richtung geprägt ist und sich mit geerdeten, von Vernunft geprägten Passagen so unvorhersehbar abwechselt, dass der Lovecraftsche Drift zum Wahnsinn perfekt rüberkommt. Hier ist Cages Hang zum Overacting so passend wie selten zuvor. All denjenigen, die den ein oder anderen Splattereffekt gegen Ende kritisieren sei gesagt, dass es auch bei H. P. L. Körper gibt, die sich auflösen, so mancher Ekeleffekt also durchaus gerechtfertigt ist, und hier nur ein Schritt weiter gegangen wurde um eine Hommage an Legenden des Genres einzubinden. Ihr merkt schon, ich bin recht angetan.

    Frage an alle Liebhaber von Fun-Facts oder unnützem Wissen: Im Film kommt es zu einer Szene in der Alpaka-Milch aufgrund von Laktose-Intoleranz abgelehnt wird. Im Zuge unserer Oman-Reise habe ich mich über Kamelmilch informiert (fragt nicht warum) und die ist von Natur aus laktosefrei. Ist das bei Alpakamilch auch der Fall? Dann wäre das nämlich ein Filmfehler, den vermutlich nur die wenigsten entdecken.




    Zack, sind wir schon durch mit den mir bekannten Verfilmungen der „Farbe“, können uns jetzt also endlich den Comics widmen, also zumindest denen, die sich auf meinem Lese-K2 angesammelt haben. Den Anfang will ich dann auch gleich mit der aktuellsten Variante, nämlich H. P. Lovecrafts Die Farbe aus dem All von Mangaka Gou Tanabe machen. Wie eingangs bereits erwähnt konnte er mich mit seinem ersten Band voll Lovecraft-Stories „Der Hund und andere Geschichten“ bis auch ein paar kleine Mankos nahezu vollends überzeugen, voller Vorfreude folge ich ihm jetzt also auf die „verfluchte Heide“. Die erste freudige Überraschung erwartet mich gleich nach dem Aufschlagen, irgendwie befand ich mich in dem Irrglauben, dass auch in diesem Band wieder mehrere Erzählungen Lovecrafts bearbeitet werden, aber nein, Meister Tanabe nimmt sich ganze 190 Seiten Zeit allein für „meine“ Farbe aus dem All.


    Damit eröffnet er sich die Möglichkeit dichter an der Originalstory zu bleiben, als die beiden anderen Comic-Adaptionen, die da noch kommen und als die filmischen Varianten sowieso. Ob das eine Eigenart von Comicschaffenden ist, möglichst dicht an einer Vorlage zu bleiben und Regisseure im Gegenzug immer den Drang haben ihre eigene Vision auf Zelluloid zu bannen vermag ich gar nicht zu sagen. Als langjähriger Kaiju-Fan und Interessierter an der japanischen Kultur kann ich mir gut vorstellen, dass das in diesem Fall hier einfach ein Stück weit der Mentalität der Japaner geschuldet ist. Die haben großen Respekt vor Älteren und vor Meistern ihres Fachs und als Solcher gilt H. P. nun mal weltweit. Ich kann mir gut vorstellen, dass es einfach auch eine Frage der Ehre ist sich hier dem Meister voll und ganz unterzuordnen, und ihm mit einer möglichst werkgetreuen Adaption zur Ehre zu gereichen. Vielleicht reime ich mir in meiner romantisierten Vorstellung des Samurai-Ehrenkodexes aber auch nur Blödsinn zusammen.


    Auf jeden Fall ist es ein wahrer Augenschmaus mit welcher schon an Wahnsinn grenzenden Detailversessenheit sich Gou Tanabe dem grausigen Vorgehen auf der Farm der Gardners annimmt. Die schaurig schönen Bilder sind ein wahrer Augenschmaus, überlassen im Gegenzug aber halt auch kaum etwas der eigenen Fantasie, aber bei einem Artwork in dieser Perfektion kann ich das nicht als Negativpunkt ankreiden. Der Erzählrhythmus ist Mangatypisch vielleicht ein bisschen zu flott, das kann man aber mühelos ausgleichen indem man einfach länger bei den wundervollen Bildern verweilt. Das schleichende Grauen und die bedrückende Atmo werden dennoch nicht zu hundert Prozent transportiert, dafür sind die Bilder vielleicht sogar einen Tick zu faszinierend schön. Im Gegenzug sitzen dafür aber die Schockmomente perfekt und wurden effektvoll auf die Seiten gebracht. Starke Adaption mit absolut spektakulären Schauwerten. Ich bin gespannt, was Tanabe aus den Bergen des Wahnsinns herausholt, die ja sogar zwei Bände spendiert bekommen, und Der leuchtende Trapezoeder steht ja auch noch auf dem Programm.

    8,5-9/10




    Wenn wir uns auf unsrer kleinen Farbe-aus-dem-All-Comic-Reise von Japan aus nach Westen bewegen landen wir irgendwann in Europa, wo sich der preisgekrönte Zeichner Erik Kriek mit seinem Band Vom Jenseits und andere Erzählungen einen kleinen Traum erfüllt hat. Ganze fünf Stories hat sich Herr Kriek vorgenommen, darunter selbstredend auch „Die Farbe aus dem All“, und der avant-Verlag versammelt diese in einem absolut passend gestalteten, 112 Seiten starken Hardcover-Album. Für mich ist es ein Erstkontakt, denn von ihm ist mir bislang weder als Autor noch als Zeichner etwas untergekommen. Sein Wikinger-Band „Der Verbannte“ hat bei Ankündigung jedoch mein Interesse geweckt, vielleicht schau ich da beizeiten auch mal rein. Jetzt aber zu seinem Ausflug nach Neuengland zu Beginn des 19. Jahrhunderts, der neben einem prägnanten, keineswegs eines gewissen Humors entbehrenden, aber wenig ausschweifenden Schreibstil vor allem durch das Artwork hervorsticht.

    Irgendwo habe ich mal gelesen, dass Erik Krieks Stil als „Post-Modern ironisch, mit einem Touch Retro-Comic und Pop-Kultur Sensibilität angereichert“ bezeichnet wird. Mich erinnern seine Zeichnungen an wunderbar liebevollen 50er Jahre Science-Fiction Style, der sicherlich eine ordentliche Prise ironischen Humor beinhaltet, in manchen Panels fast zur Karikatur mutiert, aber dennoch die fühlbare Spannung der Vorlagen einzufangen weiß. Damit nimmt er Lovecrafts Schrecken komplett aus dem Kontext und schafft eine ganz neue Variation, die in eine gänzlich anders geartete Welt eingepasst wird. Das nimmt ihm den Zwang Lovecrafts nicht visualisierbaren Beschreibungen gerecht zu werden, und gibt ihm die Freiheit die es braucht seine ganz eigene Vision zu etablieren, und das auf eine in sich äußerst stimmige Art und Weise.


    Mit „Der Aussenseiter“ starten wir mit einer fiesen kleinen Story, die vom Rollentausch, also dem geänderten Blickwinkel auf die Dinge lebt und mit einem leicht schaurigen, aber vielmehr tragikomischen Finale aufwartet. Danach kommen wir mit der „Farbe aus dem All“ zum Hauptgrund, weshalb der Band mit in diese Besprechung aufgenommen wurde. Mit 25 Seiten Umfang vergleichsweise knapp gehalten gelingt es Herr Kriek dennoch die wichtigsten Teile der Originalstory auf vorzügliche Weise in sein Fünfzigerjahre-Sci-Fi-Kleid zu hüllen. Lustigerweise hat er den Anfang der Geschichte, quasi das Intro, in die Zeit verlegt nachdem der Staudamm bereits gebaut wurde, was insofern interessant ist, da das Regisseur Huan Vu in der deutschen Filmproduktion ebenso gehandhabt hat. Am Ende gelingt Erik Kriek dann noch ein dermaßen eleganter Übergang zur nächsten Geschichte, dass sich unweigerlich ein Breites Grinsen in meinem Gesicht ausbreitete. „Dagon“ ist dann zwar mit sechs Seiten ein richtiger Shorty geworden, aber hey, Seemannsgarn und ich, Ihr wisst schon…

    „Vom Jenseits“ ist eine wahrhaft faszinierende Geschichte und vielleicht durfte die Story dem Band deshalb seinen Titel verleihen, weil sie geradezu prädestiniert ist in Erik Kriegs Fifties-Style gegossen zu werden. Optisch irgendwo zwischen Frankensteins Labor, der „Invasion vom Mars“ und Stuart Gordons kultiger Verfilmung des Stoffes „From Beyond“ mit dem famosen Jeffrey Combs angesiedelt bleibt am Ende, genau wie bei der Lovecraft-Story, die Frage: Kann das vielleicht wirklich so sein?


    Als krönender Abschluss steht mit „Schatten über Innsmouth“ neben „der Farbe“ eine weitere meiner bevorzugten Lovecraftschen Schauermären auf dem Programm. Klar, Seemannsgarn und so… Die Geschichte des dynamischen Jünglings, der voller Lebensmut in die Welt hinauszieht, dann aber in einem seltsam unheimlichen Küstenstädtchen landet, in dem irgendetwas ganz und gar nicht seine Richtigkeit zu haben scheint und von einem alten, dem Alkohol verfallenen Seebären die schrecklichsten Geschichten aufgetischt bekommt ist einfach absolut mein Beuteschema.
    Aber auch abseits davon bleibt die Geschichte nicht nur mysteriös, spannend und wirklich creepy, sondern besticht vor allem durch das Wecken von Urängsten, der Angst vor dem Älterwerden, der Angst vor körperlicher Veränderung oder gar von Verfall oder – vielleicht am schlimmsten – der Angst davor die größten und fürchterlichsten Abgründe in uns selbst zu entdecken. Wunderbar stimmungsvoll liefert Herr Kriek, der sowohl für die Zeichnungen als auch für die Bearbeitung der Geschichten verantwortlich zeichnet, zum Abschluss des Bandes nochmal ein Highlight, auch wenn die von mir favorisierte Bearbeitung der Geschichte gleich noch folgt.

    8/10




    Asien, Europa, und was kommt jetzt? Richtig, (Süd-)Amerika. Einen sehr mutigen, vielleicht aber auch den einzig richtigen Weg ging der in Uruguay geborene Argentinier Alberto Breccia bereits vor über 60 Jahren, indem er gerade eins nicht tut, dem Schrecken ein Gesicht verleihen. Nein, seine Bilder bleiben abstrakt, wirken stets ein Stück der Wirklichkeit entrückt und erinnern zuweilen gar an Rohrschachtests. Sein großes Hardcover-Album bringt auf 128 Seiten reichlich Text mit und trägt schlicht den Titel Lovecraft Klar, kann man schon machen, wenn man (mehr oder weniger) der Erste ist, der sich an die grafische Darstellung der Werke des Meisters macht. Davon abgesehen war Alberto Breccia selbst längst eine lebende Legende, als er Anfang der 1970er Jahre damit startete Lovecraft zu visualisieren. Aufgrund seines Status konnte er es ich erlauben viel zu Experimentieren und auch unorthodoxe Techniken anzuwenden und genau das hat er bei „Lovecraft“ auch ausgiebig getan. Da wird mit feinsten Details gezeichnet, gröbste Pinselstriche dahingeschleudert, Bilder werden ins Negativ verkehrt, Wasserfarben auf Folien verteilt, es wird ausgeschnitten, zerrissen, neu arrangiert, mit Fotos Kombiniert und vieles mehr, was mir vermutlich nicht mal aufgefallen ist, oder ich als Laie einfach gar nicht zu beschreiben weiß.

    Was ich allerdings weiß ist, welchen Eindruck das auf mich gemacht hat, und der ist enorm gewesen! Auch wenn das mein erster Breccia ist kann ich schon sagen, der Mann ist ein Meister seines Fachs und sein Ruf ist vollkommen verdient. Überbordende Kreativität trifft auf schöpferische Kraft und den Mut ohne Rücksicht auf Konventionen das auf die Seiten zu zaubern was nötig ist, um Lovecrafts Werk gerecht zu werden. So manchen Comicleser mag die enorme Textlastigkeit vielleicht abschrecken, aber gerade dadurch schafft es Norberto Buscaglia, für die Adaption der meisten enthaltenen Geschichten verantwortlich war, die Eindringlichkeit der ursprünglichen Texte nahezu beizubehalten. So ist die hier vorliegende Bearbeitung von „Schatten über Innsmouth“ die erste seit langer Zeit, die es geschafft hat mir echte Gänsehaut über die Arme zu treiben. Eine gänzlich anders geartete Adaption, die mich aber in ähnlichen Stress und Schweißausbrüche treiben konnte ist übrigens Bethesdas „Call of Cthulhu – Dark Corners of the Earth“, ein leider ziemlich in der Masse untergegangenes, grandios inszeniertes 3D-Action-Adventure, in dem man einige Lovecraft-Stories, unter Anderem „Schatten über Innsmouth“ selbst erleben kann und die ersten Stunden tatsächlich komplett ohne Waffe bestreiten muss. Grandioses Gameplay und Storytelling in damals schon nicht wirklich aktueller Grafik, aber das nur am Rande.


    Ohne noch weiter abzuschweifen, und um auch so langsam zum Ende zu kommen, hier noch eine kleine Gesamtübersicht über die in „Lovecraft“ enthaltenen Geschichten: „Das Fest“ empfand ich ehrlich gesagt von Lovecraft schon nicht als großen Knaller, und so bleiben auch hier die Zeichnungen bzw. Bilder das große Highlight. „Das Ding auf der Schwelle“ war für mich schon immer eine der gruseligsten Erzählungen von Lovecraft, was Breccia auch bei seiner Adaption eindrucksvoll unter Beweis stellt, auch wenn die Geschichte eher personenbezogen ist und keine mächtigen Schrecken von Außerhalb für Terror sorgen. Vielleicht ist es gerade das, was die Story so furchteinflößend macht. Dann kommt besagter „Schatten über Innsmouth“, bevor wir uns mit der Reise in die „Stadt ohne Namen“ in einen direkten Vergleich mit Gou Tanabe stürzen können. Schwierig, aber aufgrund der Entdeckungen „kosmischen“ Ausmaßes im Verlauf der Geschichte passt Breccias Style einfach besser, weshalb er die Nase knapp vorne hat.

    „Das Grauen von Dunwich“ gehört ehrlicherweise zu den Geschichten, die von H. P. zwar relativ groß aufgezogen wurden, deren übergroße Beliebtheit bei vielen Fans ich aber irgendwie nie nachvollziehen konnte. Kam mir in der Summe von Lovecrafts Werk immer ziemlich durchschnittlich vor und auch, dass Autoren von Brettspielen immer mit als erstes zum „Grauen“ griffen erschloss sich mir nie so wirklich. Eine gute Story, vielleicht auch sehr gut, aber im Vergleich zum Rest eher Mittelfeld. Erst mit Alberto Breccias Version konnte mich das Geschehen erstmals richtig fesseln! Das soll schon was heißen. „Cthulhus Ruf“ gehört natürlich zu den absoluten Klassikern und auch hier ist Breccias Bearbeitung recht gelungen, in der Hinsicht geht aber nichts über den Low Budget Streifen in S/W und Stummfilmoptik von der HPLHS (Howard Philips Lovecraft Historical Society). Von denen gibt es auch einen Schwung seltener DVDs mit ganz billig produzierten Fanfilmen, aber das würde jetzt zu weit führen…


    Dann, endlich, kommen wir zum Grund für die Einbeziehung dieser Ausgabe in die vorliegende Review. „Die Farbe aus dem All“ kann mit einem herausragenden Einstiegspanel aufwarten, ist auch ansonsten sehr gut gelungen, bleibt aber schlussendlich hinter Highlights, wie beispielsweise „Schatten übber Innsmouth“ zurück und muss sich im direkten Vergleich auch Gou Tanabes beinahe schon genialer Bearbeitung des Stoffes geschlagen geben. Dennoch absolut sehens- und lesenswert, genauso wie „Der leuchtende Trapezoeder“, dem es allerdings nicht ganz gelingt die Stimmung von Lovecrafts Vorlage zu erreichen. Bin schon gespannt, ob Gou Tanabe das noch besser hinbekommt! „Der Flüsterer im Dunkeln“ ist dann ein würdiges Finale, auch wenn das explosivste Pulver bereits früher im Band verschossen wurde.

    Auch ohne den dreiseitigen Bonusteil mit einem Nachwort, Interviewauszügen mit dem bereits 1993 verstorbenen Künstler und einigen Skizzen wäre dieser Band zwar insgesamt der am schwersten zugängliche der drei hier besprochenen, aber auch der, in dem das – ebenfalls nicht ganz leicht zu erschließende – Werk H. P. Lovecrafts am stimmigsten in Bilder fasst. Auch wenn die Einzelgeschichten unterschiedlich starke Wirkung entfalten, so ist das Gesamtbild, und das bei mir ausgelöste Gefühl, doch bestechend dicht am Original.

    9,5/10


    Ein „Wahnsinns“-Trio, diese drei Bände. Kein Ausfall, stets Lovecraft auf höchstem Niveau und letztlich kann ich Unterschiede in der Bewertung nur aus Nuancen ableiten und vom eigenen Geschmack abhängig machen. Noch stimmiger und schauriger wird das Ganze, wenn man sich während der Lektüre leise vom passenden Soundtrack in die finstere Welt des Gentlemans hineintreiben lässt. Neben dem Soundtrack des aktuellsten „Farbe“-Films, der – Ihr ahnt es – der Ultimate Edition des selbigen als CD beiliegt, kann ich Sachen in dieser Richtung empfehlen:


    “Cthuloide Musik“, wie hier von Nox Arcana, gibt es eigentlich reichlich und wird gerne als Hintergrunduntermalung bei entsprechenden Rollenspielen verwendet. Daneben seht Ihr den Soundtrack zum oben erwähnten Schwarz/Weiss-Stummfilm „The Call of Cthulhu“ der HPLHS. Äußerst gelungen, sowohl Film als auch Soundtrack!


    Um eines noch klarzustellen. Ja, die Farbe ist undefinierbar, unbeschreiblich und was weiß ich noch alles. Aber eins ist sie keinesfalls: Grün! Alles was so in Etwa in Richtung Purpur, Lila oder Pink in jedweder Variation geht, vielleicht noch mit etwas Rosa dabei, einem undefinierbaren Leuchten und wasauchimmer – das geht dann schon grob in die Richtung. Aber was uns Fantasy Flight Games für ihre Arkham Horror Spielefamilie (Arkham Horror, Eldritch Horror, Villen des Wahnsinns etc…), die ich grundsätzlich wirklich sehr mag, als „Farbe aus dem All“ auftischt passt leider kein bisschen. Ein böser Fauxpas und für mein Empfinden ein bisschen Schade.


    Im Vordergrund “Die Farbe aus dem All” wie sie von den Spieledesignern umgesetzt wurde, im Hintergrund eine Auswahl Cthuloider Brett-, Karten- und Würfelspiele.



    Ihr merkt schon (auch am Umfang), mir liegt das Thema sehr am Herzen und ich kann meine Leidenschaft (oder ist es schon Wahnsinn?) nur schwerlich zügeln. Nach @Clint Barton s Antriggern und der Erkenntnis, dass die Bildquali meiner alten Die, Monster, Die!-Scheibe wahrlich unter aller Kanone ist, begann ich also doch so langsam mit der Koch Media Ultimate Edition zu liebäugeln. Und wie soll es anders sein? Als das große A dann auch noch just zum richtigen Zeitpunkt eine 20%-Aktion ausrief gab es kein Halten mehr und so hielt die wirklich außerordentlich schön gewordene und üppigst ausgestatte Box für vergleichsweise schlanke 71,19€ doch noch Einzug in meine Lovecraftschen Sammelsurien.








    Neben den ganzen oben bereits genannten Extrafilmen, dem Reprint des Magazins, dem eigentlichen Film auf Blu-ray UND Ultra HD 4k Scheibe nebst reichlich Bonusmaterial plus dem Soundtrack beinhaltet die Schicke Box noch ein Booklet in DIN-A4, zwei Poster und einen Schwung Retro-Kinoaushangfotos. Schon ziemlich geil.



    Wenn Euch das Thema ähnlich begeistert wie mich, Ihr aber den Großteil der früheren Verfilmungen noch nicht Euer Eigen nennt könnt Ihr bedenkenlos zugreifen! Euch Anderen hoffe ich einen kleinen Einblick in den Kosmos von H. P. Lovecraft, dem Gentleman aus Providence verschafft zu haben und sollte er auch sonst zu nichts taugen, so ist dieser Text vielleicht zumindest der Beweis dafür, dass seine Geschichten tatsächlich (zumindest) eine Form des Wahnsinns auslösen können.

    Ich schlürfe jetzt noch genüsslich den Rest Earl Grey aus meiner Miskatonic University Tasse und verbleibe herzlichst als Euer ergebenster

    God_W.
    Geändert von God_W. (07.06.2020 um 13:23 Uhr)
    Über Besuch, Meinungen, Diskussionen etc... freue ich mich immer sehr!

  21. #121
    Mitglied Avatar von Comic_Republic
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    Alter! Bist du wahnsinnig?!? Müsste dein längste Beitrag sein...

    C_R
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  22. #122
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    Ich glaube ja... zu beidem.
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  23. #123
    Mitglied Avatar von JRN
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    Gran-di-os!



    Mit 1000 Grüßen,
    JRN

  24. #124
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    super rezis , kriek und breccia sind bestellt


  25. #125
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    Siehst du, was du anrichtest? Der arme Kaltez musste sich neue Comics bestellen...
    Zitat Zitat von God_W. Beitrag anzeigen
    Ich glaube ja... zu beidem.
    Sind wir das nicht alle?

    C_R
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