@Huckybear
In derTat war das spannend und neu. Ich weiß noch, dass ich nach der Ankündigung, dass die EMA GmbH gegründet werden soll und Klaus M. Mrositzki - als Geschäftsführer - und ich - als Verlagsleiter - dafür verantwortlich wären, wochenlang noch nachts im Verlag in Stuttgart saß und Programmlisten geschrieben und Kalkulationen verfasst habe. Da meine Aufmerksamkeitsspanne relativ kurz ist und ich mich schnell langweile kam das gerade richtig (deshalb auch meine vielen Ausflüge weg vom franko-belgischen Comic: Einführung Hethkes DC-Programm, mit Beavis & Butt-Head der erste Comic bei Dino, Trendthemen bei Ehapa wie Filmcomics, Tank Girl etc, Fleetway Comics und natürlich Manga, die eigentlich meine große Liebe waren).
Egmont Japan war von Egmont in den 1990ern gegründet worden, um Disney Comics auch in Japan zu veröffentlichen. Nachdem man in China ziemlich erfolgreich gewesen war, wollte man sich nun auch Japan vornehmen. Das ging aber gründlich schief, da Japan (bekanntermaßen) eine höchst erfolgreiche eigene Comickultur hat. Auch die speziell für Japan geschaffenen Disney-Comics waren kein Erfolg (die haben wir irgendwann auch in Deutschland veröffentlicht). Da kam EMA gerade recht, um die Firma noch eine Zeitlang zu stützen.
Ich will Andreas sicher seinen Erfolg mit "Akira" nicht schlecht reden, aber die 1991 veröffentlichte Version basierte auf der Marvel-Ausgabe und war auch ein Riesenerfolg, aber die Mangawelle hat er nicht losgetreten. Wir alle hatten tatsächlich Anfang der 1990er wenig Ahnung von Manga. Unser Wissen und die Vorlagen kamen alle aus den USA, was auch dazu führte, dass wir uns an deren Veröffentlichungsart orientierten. Deshalb hatten die Manga das US-Format, waren gespiegelt und der Umfang war eher gering und der Preis hoch. Ich habe mich z.B. stark an Darkhorse orientiert, aber darüber kamen die ersten Kontakte nach Japan, da man die Rechte schon dort einholen musste. Ich kann mich noch an nächtliche Telefonate mit Masamune Shirow erinnern, der die "Appleseed"-Rechte selbst gedealt hat.
Ganz erfolglos waren die Manwha ja nicht, aber sie waren eben keine Manga, was man schon an der Leserichtung merkte, und das stieß den Mangafans eben auf. Auch die Storys waren nicht besser oder schlechter als so mancher Manga. Ich denke, die Fans wollten "richtige" Manga und nicht irgendein asiatisches Produkt (deshalb haben wir auch keine chinesischen Comics gemacht - obwohl auch da plötzlich Angebote kamen).
Wie wichtig die TV-Ausstrahlung war, kann man am Erfolg des "Sailer Moon Magazins" sehen. Während der freitäglichen Ausstrahlung auf dem ZDF, wo es auch keine Werbemöglichkeit gab (öffentlich-rechtlich)
gab, ein völliger Flop, wurde es mit RTL2 und Werbespots im Anschluss an die Folgen zum Highflyer (350.000 verkaufte Ex.). Ich würde sagen, das hat den Mangaboom ausgelöst, weil es damit wirklich in die Breite ging, auch wenn "Dragonball" sicherlich schon sehr erfolgreich war. Auch wir im Buchbereich hatten für Reihen wie "Detektiv Conan", "Ranma 1/2" etc. TV-Spots geschaltet. Ob es heute besser ist, wage ich zu bezweifeln, da man auf den Streamingdiensten keine auf die Zielgruppe ausgerichtete Werbung schalten kann.
Und ja, es stimmt, auch bei den Mangas beginnt nun derselbe Mechanismus wie bei den Comics: Neu-Editionen, Luxusausgaben etc. Ob das gut ist, wage ich zu bezweifeln.
@Dekaranger
Die Sättigung - meiner Meinung nach - begann etwa 2004/05. Es gab immer mehr Player und die veröffentlichteZahl an Titel/Monat reichte an die 100 ran. In dem Moment als die Einzelpreise der Manga stiegen, lief es nicht mehr so gut. Konnten wir zu Beginn davon ausgehen, dass wir 5.000 - 7.000 Ex. von jedem veröffentlichten Titel verkaufen würden, standen wir plötzlich vor Zahlen wie 2.000 oder 3.000 Ex. Das machte jede Kalkulation kaputt. Das heute gefühlte mehr geht nur dank kleinerer Auflagen und gestiegener Preise.
@dino1
Tatsächlich gab es von Anfang der 90er bis etwa Mitte eine erste Mangawelle, aber das hatte mit dem, was dann Ende der 90er abging nichts zu tun. Da kann man von Welle und Flut sprechen. Wir hatten ja bereits einen ersten Versuch mit einem Magazin ("Manga Power") gestartet. Aber die Verkaufszahlen waren ein Witz zu den Auflagen der späten 90er und frühen Nullen Jahre.
@nana
Verdammte Autokorrektur. Es war natürlich "Yellow" gemeint.
@Huckybear
Carlsen hatte mit "Zetsuai" den ersten BL-Manga im Programm. Das lag aber auch an ihrem guten (durch "Dragonball" begründeten) guten Verhältnis mit Shueisha. Spannenderweise war es den großen Verlagen (Kodansha, Shogakukan, Kadokawa) eher peinlich über BL zu reden. Deshalb bin ich dann bei uns bei den kleinen Verlagen fündig geworden. Die Leser/innen) nahmen die Titel sehr gut an, aber der "Burner" wie "Conan", "CCS", "Kamikaze Kaito Jeanne" etc waren sie nicht. Und für die Presse waren sie natürlich ein gefundenes Fressen, da damit wieder einmal alle Klischees vom japanischen Schund bewiesen waren.
@Mia
Tatsächlich waren "Lumen Lunae" und "Liling-Po" unsere ersten zaghafte Schritte in Richtung BL. Ich darf an die mehrfach angesprochene Disney-Problematik erinnern. Kleine Anekdote am Rande: Das sehr erfolgreiche WWF-Magazin wurde ja zuerst im Ehapa Verlag veröffentlicht. Da aber ein älteres Board-Mitglied in Dänemark (Hauptsitz des Egmont Konzerns) meinte, dass dieses Heft überhaupt nicht zu Egmont passen würde, wurde es an den neu gegründeten Dino Verlag unterlizensiert. Quasi eine Morgengabe für den Ex-Schneiderbuch Verlag-Geschäftsführer, der zurück nach Stuttgart wollte und seinen eigenen Verlag gründete. Was daraus wurde, weiß man ja.
@Dekaranger
Ich gebe dir völlig Recht, ohne "Sailor Moon" auf RTL2 und das Magazin wäre der Mangamarkt tatsächlich nicht so explodiert. Bei Ehapa gab es schon die Devise "Nie wieder Manga!", nachdem die an den US-Heften orientierten Versuche sich dann plötzlich zum äußerst kostspieligen Flop entwickelten. In irgendeinem Interview habe ich das bereits erzählt, dass ich unseren damaligen Chef nur mühselig dazu überreden konnte, es noch ein einziges Mal mit "Sailor Moon" Tankobons zu versuchen, da das Magazin doch so erfolgreich lief. Hätte das nicht geklappt, gäbe es heute kein EMA.
@Mia
Drei Faktoren spielten damals eine Rolle: "Sailor Moon" auf RTL2, das Taschenbuchformat und der äußerst günstige Preis von 5 Mark pro Band. Das war wichtig, um den Mangakids ihr ureigenstes Produkt zu geben, das anders war als die Comics der "anderen".
EfWe
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