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    Manga für Erwachsene - Seinen und Josei

    Hinweis:
    Vor einer Weile hatte Splashcomics (diejenigen, denen auch das Comicforum gehört bzw. die es auch administrativ pflegen) angefragt, ob sie die eine oder andere meiner bereits hier geposteten Kurzvorstellung verwenden können, um in unregelmäßig erscheinenden Specials auch mal über in Deutschland weniger bekannte Manga zu berichten - das Ganze unter dem sehr passenden Titel "Über den Tellerrand". Da ich genau dieses Bemühen ja bereits seit einigen Jahren mit diesem Thread anstrebe, habe ich mich natürlich sehr über diese Anfrage gefreut, denn noch mehr potentielle Aufmerksamkeit der für mich tollen Titel kann ja nur im Sinne dieses Threads sein (und damit auch in meinem).

    Die erste Episode hat sich saisongerecht dem Horrorthema angenommen. Ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere, dem dieser Thread vielleicht bisher noch nicht bekannt war, über die Splashcomics-Seite auch hierher findet und sich hin und wieder mit den vorgestellten Titeln beschäftigt. Das wäre großartig und würde mich sehr freuen.


    Falls Interesse besteht, hier findet ihr das Halloween-Special von "Über den Tellerrand" auf Splashcomics

    Chronologische Liste der bisher vorgestellten Titel in diesem Thread:


    1. Shōnen Shōjo von Fukushima Satoshi
    2. Existenzen und andere Abgründe bzw. Daihakkutsu von Tatsumi Yoshihiro
    3. Tōkyō Yamimushi von Honda Yūki (Kurzvorstellung)
    4. Yukito von Ōsawa Arimasa und Monden Akiko (Kurzvorstellung)
    5. Yamikin Ushijima-kun von Manabe Shōhei (Kurzvorstellung)
    6. Sakamoto desu ga? von Sano Nami (Kurzvorstellung)
    7. Maeil Maeil Sigdolag von Hong Dong-Kee und Kim Young-Bin (Kurzvorstellung)
    8. Nankoku Tom Sawyer von Ume (Kurzvorstellung)
    9. Shinjuku no teiô - Ori wa dokugusuri von George Akiyama (Kurzvorstellung)
    10. Smugglervon Manabe Shōhei (Kurzvorstellung

    11. Shimauma von Obata Fumio
    12. Thanatos no Shisha von Yoshida Jō und Akana Shū
    13. Wet Moon von Kaneko Atsushi
    14. Taberu dake von Takada Sanko
    15. Umimachi Diary von Yoshida Akimi
    16. Shinjuku Swan von Wakui Ken
    17. 2DK von Suekane Kumiko
    18. Gaku - Minna no Yama von Ishizuka Shinichi
    19. Innocent von Sakamoto Shinichi
    20. Boys on the Run von Hanazawa Kengo
    21. Aku no Kyōten von Karasuyama Eiji und Kishi Yūsuke
    22. Gisèle Alain von Kasai Sui
    23. IS - Otoko demo Onna demo nai sei von Rokuhana Chiyo

    24. Hikari to tomo ni - Jiheishōji o kakaete von Tobe Keiko
    25. Yūreitō von Nogizaka Tarō
    26. What did you eat yesterday? bzw. Kinō Nani Tabeta? von Yoshinaga Fumi
    27. Edo no Kenshikan von Kawada Yaichirō und Takase Rie
    28. Rudolf Turkey von Nagakura Hiroko
    29. Tsunagu to Seiza ni naru yō ni von Kari Sumako
    30. Kurosagi shitai takuhaibin bzw. Kurosagi Corpse Delivery Service von Yamazaki Hōsui und Ōtsuka Eiji
    31. Sidooh von Takahashi Tsutomu
    32. Ichi von Shimozawa Kan und Shinohara Hana
    33. Golgo 13 von Saitō Takao
    34. Sōten no Ken (Fist of the Blue Sky) von Hara Tetsuo und Buronson
    35. Inunaki von Ishikawa Yūgo
    36. Cosplay Detective bzw. Cosplay Tantei von Kurashina Ryō und Miyazaki Maya
    37. Hakumei to Mikochi von Kashiki Takuto
    38. Kurokōchi von Nagasaki Takashi und Kōno Kōji
    39. Tokumei no kanojo-tachi von Igarashi Kenzō
    40. Goshiki no fune von Tsuhara Yasumi (Autor) und Kondo Youko (Zeichnungen)
    41. Atokata no machi von Ozawa Yuki
    42. Blue Giant von Ishizuka Shinichi
    43. Itai hodo kawaii von Aniya Yuiji
    44. Fraction von Kago Shintarō b
    45. Reversible man von Nakatani D.
    46. Sensei no shiroi uso von Torikai Akane
    47. Onna no ie von Torikai Akane

    48. Complex agevon Sakuma Yui
    49. Otome sensō - Dívčí válka von Ōnishi Kōichi
    50. Hawkwood von Ohtsuka Tommy

    51. Land von Yamashita Kazumi
    52. Levius von Nakata Haruhisa
    53. Shiritsu Bourgeois gakuin joshikōtōbu gaibusei monogatari von Mishima Eriko
    54. Shibito no koe wo kiku ga yoi von Hiyodori Sachiko
    55. Fetish Class von Natsuya Sonoko und Kurosawa Harumi
    56. Mitsu no shima von Koike Nokuto

    57. Otōto no otto von Tagame Gengorō
    58. Fushigi no kuni no Bird von Sassa Taiga
    59. Piano no mushivon Arakawa Mikio
    60. IPPO von est em
    61. Takumi sandai von Kurashina Ryō, Satō Tomokazu und Amano Akira

    62. Kakusan von Oda Hideji
    63. Nora wo tsuku von Higashimoto Toshiya
    64. Shimauma Gaiden Haihinkaishū von Obata Fumio
    65. Saraba, yoki hi von Akaneda Yuki

    66. Chirori von Koyama Aiko
    67. Nōmen joshi no Hanako-san von Oda Ryō
    68. Suzuki-san wa tada shizuka ni kurashitai von Satō Hirohisa
    69. Zankyō von Takahashi Tsutomu
    70. Adam to Eve von Yamamoto Hideo und Ikegami Ryōichi

    71. Ayako von Tezuka Osamu
    72. Dōsei Jidai von Kamimura Kazuo
    73. Kakumei Senshi Inudō Sadao von Sasaki Shōhei
    74. Shi ni giwa von Fukuda Kentarō
    75. Hibi, seishunvon Tōda Yoshimi
    76. Aoi Horus no hitomi - Dansō no joō no monogatari von Inudō Chie
    77. Kudan no gotoshivon Watanab
    e Jun
    78. Shinya shokudo von Abe Yarō
    79. Dragon Seekers von Yonehara Hideyuki

    80. Hengoku no Schwester von Takeyoshi Minoru
    81. Kūtei Dragons von Kuwabara Taku
    82. Museum - The Serial Killer is laughing in the rain von Tomoe Ryōsuke
    83. Hataraku saibō von Shimizu Akane

    84. Beastars von Itagaki Paru
    85. Watashi to sensei no genjū shinryōroku von Kajiya
    86. Sauman von Sasaki Shōhei
    87. Dokushin Apato Dokudami-sō von Fukutani Takashi
    88. Hanazono Merry Go Round von Kashiwagi Haruko
    89. Revenge H von Senō Masumi
    90. Fukushū no Mibōjin von Kurosawa R
    91. Gokuri von Maehara Takeru
    92. Kanojo no hada ga wasurenai von Goto Keisuke und Murao Mio

    93. Laila to shinitagari no kemono von Konami Asato und Saita Eziwa
    94. Machigatta ko wo mahō shōjo ni shiteshimattavon Sōryū
    95. Hana to kurogane von Shinomaru Nodoka
    96. Unagi oni von Ochiai Yūsuke und Takada Yū
    97. Hanada Shōnen-shi von Isshiki Makoto



    Hallo zusammen,

    ich möchte diesen Thread dazu nutzen, Seinen- und Josei-Manga vorzustellen, zu rezensieren und mit Interessierten darüber zu diskutieren.
    Trotz dem zwar spärlichen aber beständigen Füttern des deutschen Manga-Marktes mit Erwachsenentiteln fristen derlei Manga leider noch immer ein Randdasein, dennoch bin ich mir sicher, dass es auch in Deutschland eine solche Zielgruppe gibt, die sich für reife Themen und Erzählweisen interessiert.

    Für jeden, der den Begriffen Seinen und Josei nicht auf Anhieb eine Definition zuordnen kann:
    - Seinen-Manga beschreiben Geschichten für Männer ab 18 Jahren, es werden "erwachsene" Themen behandelt, die von Autos oder
    Mordermittlungen bis hin zu sehr speziellen Sachen wie Wein oder Zugbentōs reichen können.
    - Josei beschreibt genau das gleiche für Frauen, oftmals greifen die Autoren/Autorinnen Themen auf, die vermeintlich besonders für Frauen
    interessant sind, wie Familienprobleme, tragische Liebesbeziehungen oder Emanzipation.

    Natürlich lesen viele Mädchen auch gerne Shōnen-Manga und einige Jungen interessieren sich umgekehrt für Shōjo-Geschichten. Und genau so lässt sich auch der Bereich für erwachsene Leser nicht strikt nach Männlein und Weiblein (oder Alter) trennen. Die Übergänge sind bei einigen Autoren/Magazinen/Serien fließend und so möchte auch ich keine der von mir vorgestellten Manga in eine Kategorie stecken, dennoch ist eine Diskussion leichter, wenn die Begriffe durch die Bank weg geläufig sind.

    Ich lade jeden dazu ein, in diesem Thread Manga seiner Wahl vorzustellen und zu rezensieren, evtl. auch Serien vorzustellen, die vielen Lesern unbekannt sind, aber dennoch einen Blick Wert. Jeder darf die Manga vorstellen, bei denen er selbst der Meinung ist, diese richten sich durch ihre Themen, die Erzählweise oder den Zeichenstil an erwachsene Leser.
    Trotz dem vorrangigen Fokus auf deutschsprachige Manga möchte ich auch hin und wieder englischsprachige, französischsprachige und japanischsprachige Manga vorstellen, die ich selbst gekauft und gelesen habe und somit meine Meinung dazu abgeben kann. Das darf natürlich auch jeder andere, da mir bewusst ist, dass Frankreich und die USA eine weitaus größere Auswahl an Erwachsenentiteln vorzuweisen haben.
    Dennoch möchte ich vorneweg noch einmal die deutschen Verlage loben, die sich immer wieder an einige Risiko- und/oder Prestigetitel heranwagen, auch wenn damit verkaufszahlentechnisch keine Bäume auszureißen sind.

    Einer dieser Titel ist der erste, den ich euch vorstellen möchte:



    Shonen Shojo
    Originaltitel
    Shōnen Shōjo, 少年少女 erschienen 2001 - 2004 im Magazin Comic Beam, Enterbrain-Verlag
    von Satoshi Fukushima




    Der Titel sagt bereits alles.
    Es geht um Jungen, Mädchen, Jungen, Mädchen, Jungen, Mädchen...
    So simpel es sich anhört, so wunderbar divers präsentieren sich die 28 Kurzgeschichten, die verteilt auf vier Bände, 2006 unter dem Egmont Manga & Anime Adult-Label erschienen sind.

    Geschichte
    Die Geschichten sind nahezu alle unabhängig voneinander lesbar, nur eine einzige baut auf mehrere Episoden auf, jedoch kreuz und quer auf die vier Bände verteilt. Diese Geschichte rund um Grundschüler Goro und die Mittelschülerin Yoshiko fungiert als erstes und letztes Kapitel dieser träumerisch erzählten Tetralogie. Die Prämisse unter welcher die beiden vom Schicksal untrennbar miteinander verbunden werden, zeigt Fukushima meisterlich auf den ersten zwei Seiten des ersten Kapitels. Ein verschmitztes Grinsen, eine ewige Sekunde und ein dumpfer Aufprall. Domp! Was genau passiert, sollte sich jedoch jeder selbst ansehen.

    Die Geschichten hängen nicht zusammen, selbstständige Episoden aus dem Leben skuriler Personen, mal aus Sicht eines Jungen, mal aus Sicht eines Mädchens, mal aus Sicht eines Mannes (im Herzen noch immer ein Junge) und mal als stiller Beobachter beider Seiten. So plätschern die Geschichten daher und das soll nicht negativ konnotiert sein, denn ich fand es sehr beruhigend, den Gedanken ratloser, resignierender, lebensfroher und naiver Charaktere zu folgen, ihren Eskapaden rund um Liebe, Hoffnung und Perspektivlosigkeit. So beruhigend, als säße ich neben einem dahinplätschernden Bach und beobachte die darin schwimmenden Fische. Es sei jedoch gesagt, dass die Geschichten von der Thematik her nicht nur beruhigender Natur sind, eine waschechte Horrorgeschichte ist dabei, mal erleben wir Außerirdische oder aber Kriegsgeschichten. Jedoch schafft Fukushima dies alles in einer ruhigen Atmosphäre rüberzubringen, in die man nur zu gern eintaucht, um nach einigen Geschichten wieder aufzutauchen und sich darüber zu wundern, wie viele Episoden man bereits gelesen hat.

    Meine Lieblingsgeschichten sind neben der sich durchziehenden Geschichte um Yoshiko und Goro:

    - Episode 6: Haben Weltraumpandas Gefühle?
    Wundervolle Geschichte um einen Panda aus dem All, der den Kindern einer Familie Wünsche erfüllen möchte. Der Sohn möchte nach Disneyworld und so soll es sein! Angemerkt sollte werden, dass Herr Weltraumpanda keineswegs wie ein Dschinn aus der Lampe funktioniert, sondern eine weitaus komplexere Funktionsweise an den Tag legt.

    - Episode 9: Die "Anderen"
    Ein Junge setzt sich auf sein Rad und zieht umher. Kein jugendfreier Abklatsch von Golden Boy sondern die emotionale Reise eines Jungen, der damit kämpft, die schwere Bürde des eigenen Charakters zu akzeptieren. Samt tollem Ende.

    - Episode 11: In die Erde zurück
    Schwer zu beschreiben. Ein Mädchen stemmt sich gegen den ewigen Abschied? Muss man gelesen haben.

    - Episode 25: Angst vor Manju
    Fukushima meets Kaidan. Eine Geschichte die dem traditionellen Grusel einer Edo-Schauergeschichte folgt. Ganz so als säße man in einem Raum mit neunundneunzig erloschenen Kerzen und einer zitternden Stimme.

    Eigentlich könnte ich ewig so weitermachen. Die Geschichten ähneln sich trotz wiederkehrendem Leitthema nicht im Geringsten. Fukushima ist ein toller, distanzierter Erzähler, ganz ohne Partei zu ergreifen, es scheint als beobachte er die Szenen regungslos, in dem Moment in denen er sie auf Papier bannt. Und auch wir werden zu stillen Beobachtern vieler kleiner Ausschnitte fremder Leben. Das Ganze ist versetzt mit einem sehr speziellen Humor, man sollte Pointen die auf Menstruationsblut basieren ebenso wie ein Altersheim voller Tiere akzeptieren und tolerieren können. Offenheit ist das Schlagwort, denn wer mit so vielen Eindrücken torpediert wird, wie es Shonen Shojo einem zumutet, der darf in keinem Genre festgefahren sein. Slice of Everything macht hier den Kuchen rund und meinen Gesamteindruck ebenfalls.

    Zeichenstil
    Der Zeichenstil von Fukushima ist die meiste Zeit über nüchtern realistisch. Er erinnert entfernt an Asano, jedoch weitaus gröber, roher. Die Seitenaufteilung ist sauber, die Panels klar voneinander abgeschnitten. Von der obligatorischen Doppelseite hier und da einmal abgesehen erwarten den Leser klar umrandete Rechtecke. Hintergründe sind in den Panels, in denen der Fokus auf den Charakteren liegt, meist ausgeblendet beziehungsweise durch wenige Striche dargestellt. Stellt Fukushima jedoch mal großflächige Außenaufnahmen dar, dann scheut er keine Details.
    Den Gesichtern wird viel Zeit gewidmet und trotz der rohen Gesichtsausdrücke überzeugen sie mit emotionaler Aussagekraft. Für mich hatte es den Eindruck, als wäre der Manga mit einer gewissen Art von Hektik gezeichnet worden, den Grund hierfür kann ich nicht einmal benennen, denn er sieht keineswegs dahingeschludert aus. Vielleicht sind es die kurzen Tuschestriche, die Schatten auf den Gesichtern oder Hintergründe darstellen. Vielleicht ist es aber auch die Episodenhaftigkeit des Werks, die den Eindruck unterbewusst aufkeimen lässt.

    Das liest sich jetzt konträr zu der plätschernden Ruhe, die ich weiter oben erwähnt habe, aber das ist es meinem Empfinden nach
    ganz und gar nicht gewesen. Die einzelnen Episoden lesen sich zwar wie einzelne Episoden, dennoch schafft es jede davon, für einen kurzen Moment Einblicke in ein anderes Leben oder gar eine völlig andere Welt zu gewähren.

    Sonstiges
    An der Übersetzung ist nichts zu bemängeln. In wenigen Szenen spielen Lieder im Hintergrund oder werden angestimmt, deren Text in Rōmaji wiedergegeben werden, ohne den Liedtext zu übersetzen. Das mag den einen der anderen stören, ich mag eine derartige "Übersetzung" in solchen Fällen jedoch. Die Soundwords und einige wenige Schilder sind retuschiert worden und mit deutschem Text besehen. Da sich die Geister hier scheiden, möchte ich es jedoch unkommentiert erwähnt lassen.

    Fazit
    Hier wurde alles gesagt. Geschichten über Mädchen und Jungen. In 28 Varianten. Die Erzählungen sind klar auf ein älteres Publikum zugeschnitten, auch wenn eine Vielzahl der Protagonisten minderjährig ist. Die Episoden lassen den Leser träumen, in flackernden Augenblicken verweilen und staunen. Von Science-Fiction über Slice of Life bis hin zu Horror wird alles bedient, im Schatten quirliger Geschlechtermärchen.
    Schade, dass auf Deutsch nicht mehr von Satoshi Fukushima erschienen ist - und wird es wahrscheinlich auch nicht
    , nachdem die Verkäufe der deutschen Ausgabe dieser für den Osamu-Tezuka-Kulturpreis nominierten Serie nicht gerade überzeugend waren.

    Neu ist Shonen Shojo nur noch schwer zu bekommen, aber wer die vier Bände im Internet, auf Messen oder im Comic-Laden aufstöbern kann, dem empfehle ich ohne Nachzudenken zuzuschlagen. Bei so viel Abwechslung ist für jeden etwas dabei. Oder auch mal etwas mehr.





    PS. Die Inhaltsverzeichnisse sind in kurze, wortlose, detailliert skizzierte Geschichten eingebunden. Diese werden am Ende eines jeden Bandes auf wenigen Seiten zu Ende gebracht. Hier sei Band 4 erwähnt, der gegen Ende noch einmal eine Vielzahl der Charaktere auftauchen lässt. Sehr interessant das Ganze. Diese Art der Inhaltsverzeichnisse hat etwas cineastisches, sollten sich andere Mangaka ruhig mal abschauen!
    Geändert von Kulturkerbe (04.11.2017 um 00:12 Uhr)

  2. #2
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    Existenzen und andere Abgründe
    Originaltitel Daihakkutsu, 大発掘 erschienen 2003 beim Verlag Seirinkogeisha
    von Yoshihiro Tatsumi



    Wie beginnt man üblicherweise mit einer Rezension zu einem Werk von Yoshihiro Tatsumi, ähnlich wahrscheinlich, wie man mit einer Biographie von Tatsumi-sensei beginnen würde:
    Hier haben wir das erste ins Deutsche übersetzte Werk des Gründervaters der Gekiga-Mangabewegung.

    Gekiga 劇画, oder auch dramatische Bilder, sind in vielerlei Ansicht die Vorläufer des heute gebräuchlicheren Begriffs "Seinen".
    Eine im Japan der fünfziger Jahren durch Yoshihiro Tatsumi und zeitgenössischen Kollegen wie Masahiko Matsumoto oder Takao Saitō entstandende Stilrichtung, die sich mit ernsten, häufig düsteren, rohen Geschichten an männliche ältere Leser richtete, die Alternativen suchten, zu den meist kindgerechteren Werken, die unter dem inzwischen fast schon stigmatisierten Begriff Manga veröffentlicht wurden.

    Es war für mich ungeheuer erfreulich zu erleben, dass Daihakkutsu (deutsch etwa "Große Entdeckungen") unter dem Titel "Existenzen und andere Abgründe" vollständig in deutsch unter dem Carlsen Graphic Novel-Label veröffentlicht wurde. Die Veröffentlichung entspricht inhaltlich der japanischen Ausgabe, jedoch erschien der Titel wie alle unter dem Graphic Novel-Label veröffentlichten Werke von Carlsen in einer westlichen Leserichtung.

    Die Kurzgeschichtensammlung greift dabei dreizehn Geschichten aus dem umfangreichen Schaffenswerk Tatsumis heraus, fügt ein lesenswertes Vorwort von Stefan Pannor bei, ein interessantes (und in einigen Fällen auch notwendiges) Glossar sowie ein kurzes Nachwort von Tatsumi selbst. In ansprechender Aufmachung und samt Klappenbroschur ist der Band noch immer für 19,90 € im Handel erhältlich.

    Inhalt
    Der Aufhänger des gut 320-seitigen Werks ist die Kurzgeschichte "Die Hölle", angesiedelt kurz nach dem Einschlag der Atombombe in Hiroshima im August 1945. Ein Kriegsfotograf wandelt durch die Trümmer der Stadt, schrecklich entstellte Gestalten, tot wie lebendig, die ihm dabei den Weg kreuzen, zeugen von der erschreckenden Zerstörungswut dieser der Welt bisher unbekannten Waffe. Inmitten all diesen Staubs und Gestanks verbrannten Fleisches entdeckt der junge Fotograf das Abbild von Silhouetten durch die Hitze in eine Wand gebrannt. Sie zeigt augenscheinlich den Umriss einer knienden Frau und den eines jungen Mannes der hinter ihr steht und ihr hingebungsvoll den Rücken massiert, vielleicht ein intimer Moment zwischen Mutter und Sohn, als genau in jenem Moment hungrige Hitze beide auslöschte und nur diese Momentaufnahme der Nachwelt hinterließ.
    Der Fotograf ist fasziniert und gerührt, somit hält er die Szene fest. Eine für ihn lohnenswerte Entscheidung, den als das Bild publik wird, reißt es die Menschen des Nachkriegsjapan mit und der Fotograf wird berühmt.
    Doch langsam wird ihm klar, dass dieses Foto, dem er seinen ganzen Ruhm zu verdanken hat, das Millionen vom Krieg Zerütteter, die mit dieser Szene mitfühlten und dadurch den dahinter stehenden Gräuel des Krieges bewusst wurden, das eben jenes Foto ganz und gar nicht eine solch herzergreifende Szene darstellt, für die der Fotograf sie einst hielt.
    Nicht nur, dass ihn nun ein moralisches Dilemma heimsucht, es scheint, als werde ihm die Entscheidung die Wahrheit über das Bild zu offenbaren plötzlich von anderer Seite aus abgenommen.
    Es bleibt lediglich zu sagen, dass die Geschichte äußerst düster, ganz im Sinne von Tatsumis Gekiga-Gedanken endet.

    Diese Geschichte umfasst 30 Seiten und auch die anderen in dem Werk enthaltenen Geschichten entsprechen der Länge von 20 bis 30 Seiten.

    Sie alle beschäftigten sich mit Existenzen, die am Rande der Gesellschaft, am Rande der eigenen Moral agieren. Sei es eine skrupellose Tante, die verzweifelt versucht den Tod der eigenen Nichte zu vertuschen, zwei Obdachlosen, die an einem Bahnhof in Tokio ihr ärmliches Dasein fristen, ein hochmodernes Hotel spottend stets vor Augen oder das wirklich erschütternde Tagebuch einer Prostituierten während des zweiten Weltkriegs.

    Ich möchte nicht zuviel verraten und höre hier auch auf. Es sei nur erwähnt, dass die Geschichten als Ganzes eine wunderbare Milieu-Studie eines Japans zeigen, das man so in den meisten deutschsprachigen Manga nicht wiederfindet. Sei es das Japan in Staub und Trümmern kurz nach dem zweiten Weltkrieg, das Tatsumi meiner Meinung nach ganz meisterhaft wiedergibt (wie er alles heruntergekommene großartig wiedergibt...) oder die beängstigende Annonymität des aufsteigenden Tokios der 70er Jahre, das sich rigoros im alles verschlingenden, modernisierenden Wachstum befindet und dabei nicht auf die einzelne Existenz achtet.

    Gekiga ist nichts für Zartbesaitete, insbesondere nicht die Kurzgeschichten von Tatsumi. Er schreckt nicht davor zurück, die Dinge bildhaft und detailliert zu zeigen, ganz getreu dem Motto des Gekiga, die Dramatik in Bildern festzuhalten. Dabei hält er seine Werke stets überhalb der Geschmacksgrenze - das sage ich, obwohl in diesen Geschichten ein Mann unter anderem seine animalische Liebe zu einem Affen entdeckt, eine Frau eigennützigen Sex mit einem geistig zurückgebliebenen Jungen hat oder der Leser die erschütternde Entdeckung eines toten Babys in einem Schließfach machen muss. Das alles mag reißerisch klingen und vielleicht ist es das auch, hin und wieder auch sicherlich selbstzweckhaft, um eben zu schockieren, aber trotzdem behält das Werk dabei stets eine hohe künstlerische Qualität und vermittelt ein Bild einer damals zum Teil zügellosen Leserschaft, die sich nach eben solchen Tabubrüchen (von denen es in dieser Zeit durch Tatsumi und auch durch andere Autoren noch weitaus schlimmere gibt) sehnten, die in den fünfziger Jahren mit Manga begonnen und nun, zwanzig, dreißig Jahre später mit ihren Manga altern wollten. Und eben jenes Produkt stellten unter anderem Tatsumis Gekiga-Geschichten dar.

    Zeichenstil
    Der Zeichenstil von Tatsumi entspricht dem realistischen, schmucklosen Zeichenstil den viele Manga jener Jahrzehnte inne haben. Saubere Strichführung, klare Teilung der Panels und mit einem Fokus auf den Personen. Sofern jedoch Landschaftsbilder oder größere Hintergründe gezeigt werden, sind diese detailliert ausgearbeitet. Ein großes Lob an den Künstler für die Fähigkeit die Masse gegen den Einzelnen als wiederkehrendes Thema in seinen Geschichten deutlich bildhaft zu machen. Das Individuum ist ein Fisch unter vielen anderen Fischen und unterscheidet sich weder in seiner Handlungsweise noch in seinem meist nüchternen Ende. Tatsumis Protagonisten in den einzelnen Segmenten unterscheiden sich äußerlich und charakterlich nicht besonders voneinander, sie stechen nicht heraus, wirken fahl, ausgezehrt und hilflos. Sie dienen als Werkzeuge, um die Außenwelt in all ihrer Grausamkeit und moralischen Ambivalenz zu zeigen, hin und wieder jedoch nehmen die Protagonisten in den Geschichten auch aktivere Rollen ein, dann meist groteske oder ebenso amoralische.

    Die Zeichnungen schrecken wie oben bereits erwähnt weder vor Gewalt noch vor Sex zurück, ungeschönt und oft grausam, dennoch in einem noch immer geschmackvollen Gewand. Alles wird kommentarlos geschildert, die Zeichnungen richten nicht über die Handlung, sondern geben sie schlicht wieder. Es sind erwachsene Zeichnungen, die den Leser einige Jahrzehnte zurückversetzen, in eine Zeit, mit all ihren modischen Eigenheiten, den Frisuren und Einrichtungen der Siebziger. Und den uns auch heute noch bekannten Versagern der Gesellschaft.

    Fazit
    Mein Fazit möchte ich hier sehr kurz halten.
    Oftmals ein Schlag in die Magengegend, Gesellschaftskritik mit Pulp versetzt und ein noch immer erschreckender Spiegel unserer heutigen Gesellschaft. Existenzen und andere Abgründe, eigentlich ein toller Titel von Carlsen, dem man zynischerweise nur noch durch den französischen Titel der Anthologie "L'enfer", titelgebend hier obige erste Geschichte des Sammelbandes, Vorrang geben mag. Es ist oft höllisch, höllisch grausam, höllisch reißerisch, höllisch realistisch was uns Tatsumi hier vorsetzt. Und vielleicht ist es deswegen auch so höllisch interessant.

    Ich bin froh und dankbar, dass Carlsen sich trotz eher bescheidener Verkaufszahlen dazu entschlossen hat, auch die zweite Kurzgeschichtensammlung "Daihakken" (deutsch "Geliebter Affe und andere Offenbarungen") zu veröffentlichen und besonders herausgestellt sei in diesem Atemzug auch noch Tatsumis Magnum Opus "Gekiga Hyōryū" (deutsch "Gegen den Strom"), welches in einer wunderschönen Hardcover-Variante erschienen ist.
    Ich würde beide Werke gerne in Zukunft rezensieren, da ich beide bereits gelesen habe und während "Geliebter Affe und andere Offenbarungen" mehr von dem bereithält, was uns "Existenzen und andere Abgründe" bereits präsentiert, ist "Gegen den Strom" eine autobiographische Ode an Gekiga mit all seinen Auf und Abs in seiner Entstehungs- und Wachstumsphase.

    In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal Drawn and Quarterly erwähnt, ein wunderbares kanadisches Verlagshaus, das sich Tatsumi annahm und einige seiner besonders kurzen Geschichten (in der Länge von acht bis sechzehn Seiten) sowie eine Handvoll aus den bereits auf deutsch vorliegenden Sammelbänden in drei Kurzgeschichten-Anthologien veröffentlichte. Auch diese würde ich gerne zu einem späteren Zeitpunkt einmal vorstellen, da einige dieser Geschichten bisher in keinem anderen Land (außerhalb der ursprünglichen japanischen Magazinveröffentlichung) in dieser Form eines Sammelbandes erschienen sind und es äußerst bedauerlich wäre, wenn Tatsumis morbide Kurzgeschichten aus den sechziger und siebziger Jahren für immer in den Gedächtnissen einiger weniger verstauben würde.

    Ich hoffe das ich euch Yoshihiro Tatsumi, einen im Westen leider noch viel zu wenig beachteten, wenn auch in den letzten Jahren weitaus bekannter gewordenen Künstler näher bringen konnte. Der für viele hohe Preis mag auf den ersten Blick abschrecken, das kann ich verstehen, doch ist es die Investition meiner Meinung nach Wert. Es lädt ein, Manga (oder Gekiga) einer anderen Zeit, mit einem gänzlich anderen Verständnis zu lesen, aus der Feder eines Mannes, der Manga, wenn auch unter anderer Bezeichnung, unaufhörlich als ein Erzählmedium aller Altersgruppen und geeignet für alle Themen förderte und voranbrachte.


    Yoshihiro Tatsumi wurde am 10 Juni 1935 in Osaka geboren und arbeitet derzeit an einer Fortsetzung zu "Gegen den Strom - Eine Autobiographie in Bildern".
    Geändert von Kulturkerbe (02.10.2014 um 21:31 Uhr)

  3. #3
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    Hallo zusammen,

    ich kopiere mal meine älteren aber zum Thema passenden Titelvorstellungen aus anderen Threads in dieses Thema:

    Tokyo Yamimushi
    von Yûki Honda, erschienen im Magazin Young Animal
    (Abgeschlossen in insgesamt sieben Bänden)



    Ryo Kato fängt aufgrund von Geldschulden bei dem Gangster-Boss Asamura an zu arbeiten und wird dabei immer tiefer in die Tokioter Unterwelt gesogen.

    Harter Tobak samt eines gewöhnungsbedürftigen Zeichenstils. Es gibt auch einen bisher nicht in westlichen Gefilden lizensierten zweiten Teil namens "Tokio Yamimushi - Second Scenario - Pandora" mit bisher drei Bänden, fortlaufend.
    Erscheint in folgenden westlichen Ländern: Frankreich (bisher 5 Bände)

    Yukito
    von Arimasa Ôsawa & Akiko Monden, erschienen im Magazin Big Comic Superior
    (Abgeschlossen in insgesamt fünf Bänden)




    Yukito ist in Kabuki-chou (berühmt berüchtiger Rotlichtbezirk in Shinjuku, Tokio) auf der Suche nach einem Yakuza-Clan, den es seit Jahren nicht mehr gibt. Klar ist, dass dies nicht reibungslos verläuft.
    Erscheint in folgenden westlichen Ländern: Frankreich (bisher 2 Bände), Italien (bisher 2 Bände)


    Yamikin Ushijima
    von Shôhei Manabe, erschienen im Magazin Big Comic Spirits
    (Fortlaufend mit derzeit 30 Bänden)



    Sehr düstere und realistische Serie über den Kredithai Ushijima und die tragischen Schicksale derjenigen, die ganz unten ankommen bevor oder während sie sich bei ihm Geld leihen. Hier spielen Gangster und die Polizei der Thematik entsprechend immer mal wieder eine Rolle, liegen aber nicht im Fokus. Der Manga hat keine Helden - der titelgebende Ushijima ist skrupellos und saugt einem Vampir gleich alles Geld und jede Würde aus den bereits am Boden kriechenden Opfern.

    Erscheint in folgenden westlichen Ländern: Frankreich (bisher 22 Bände), Italien (bisher 1 Band)


    Sakamoto desu ga? (坂本ですが?)
    von Nami Sano
    In Japan bisher 2 Bände
    Magazinerstveröffentlichung im Manga-Magazin Fellows! und nach dessen Einstellung im Nachfolger Harta (Verlag Enterbrain)
    Erscheint in folgenden westlichen Ländern: Frankreich unter dem Titel Sakamoto, pour vous servir! (bisher 1 Band)




    Inhaltsbeschreibung:
    "Sakamoto ist der coolste Oberschüler, den ihr je kennengelernt habt! Elegant agierend lößt er bei seinen Klassenkameraden ebenso viel Bewunderung wie Neid aus. Mit seinem stillen Wesen sieht er sich tagtäglich den Herausforderungen derjenigen konfrontiert, die neidisch auf ihn sind oder hilft denen die in Schwierigkeiten stecken - das ganze natürlich nie ohne Stil!
    Mit viel Ironie wird Sakamoto bei jeder seiner "so gut wie-göttlichen" Schlichtungen ein ununterdrückbares Lachen bei euch erzeugen."

    Sakamoto desu ga? ist ein Manga, den der eine oder andere sicher schon einmal gehört oder gesehen hat. Er schlägt in vielen Mangaforen mit seiner überspitzen (und stets stilvollen) Art ein und wird hin und wieder schon als Kult glorifiziert.
    Es ist die erste westliche Veröffentlichung dieses tollen Comedy-Manga - noch dazu von dem kleinen Verlag Komikku Editions, welche auch schon Nobunaga no Chef oder Eureka in wunderschön übersetzten, sehr ambitionierten und originalgetreuen Ausgaben nach Frankreich gebracht haben.

    Ich freue mich bereits darauf, da ich an eine Veröffentlichung in Deutschland nicht glaube - wobei ich das von Saint Young Men auch immer behauptet habe...
    (Das war meine Aussage vor ein paar Monaten - das habe ich jetzt mal fett hervorgehoben, mit dem heutigen Wissen der potentiellen Lizenzierung bei Egmont sollte ich es mir zur Gewohnheit machen, mögliche Lizenzierungen in Deutschland im Vorfeld auszuschließen!)


    Everyday Foodies (Maeil Maeil Sigdolag 매일매일 식도락)
    Zeichner: Hong Dong-Kee, Autor: Kim Young-Bin
    In Korea beendet in 2 Bänden
    Verlag: Daewon-Daiwon
    Erscheint in folgenden westlichen Ländern: Frankreich unter dem Titel Everyday Foodies (Beide Bände sollen zeitgleich erscheinen: voraussichtlich am 21. August 2014)




    Inhaltsbeschreibung:
    Als Spin-Off der koreanischen Manhwa-Serie Geonbae (Ein Manhwa, der sich mit der Herstellung, dem Geschmack und den vielen verschiedenen Arten von koreanischem Alkohol beschäftigt - von den gleichen Autoren, ebenfalls herausgegeben von Clair de Lune in Frankreich) konzipiert, erleben wir die Charaktere der Mutterserie dabei, wie sie uns nicht den Alkohol, sondern das köstliche koreanische Essen näherbringen.

    Clair de Lune hat die Angewohnheit viele kurze Manwha/Manga sofort komplett herauszubringen, was für Leute die nicht gerne warten, natürlich vorteilhaft ist. Meiner Erfahrung nach machen sie bei der Übersetzung stets einen guten Job und sieht sehr bemüht die koreanische Comickunst in westlichen Gefilden zu etablieren - auch mit Nischenmanhwa wie Everyday Foodies oder Geonbae.
    Dieser Manwha ist für Fans von Nobunaga no Chef, Oishinbo oder Cooking Papa sicher nichts verkehrtes, überschneiden sich die koreanische und die japanische Küche ähnlich der Comickunst doch in vielerlei Belangen.


    Nankoku Tom Sawyer (南国トムソーヤ)
    von UME
    In Japan beendet in 3 Bänden
    Magazinerstveröffentlichung: Gekkan Comic@Bunch (Verlag Shinchôsha)
    Erscheint in folgenden westlichen Ländern: Frankreich (bisher 1 Band)




    Inhaltsbeschreibung:
    Hatena-jima ist eine weit südwestlich gelegene japanische Insel. Beflügelt von den Worten seiner Mutter verlässt Chiharu Kanō Tokio, um auf dieser Insel zu leben, über die er so gut wie nichts weiß.
    Rochenschwärme, die Schlachtung von Ziegen, Taifune, traditionelle Feste und Entstehungsmythen der Insel Hatena-jima sind von nun an Teil seines Alltags.
    Langsam freundet sich Chiharu mit dem Inselbewohner Rindō an und von dort an beginnen sich die Schicksale der beiden zu verbinden.
    So beginnen die aufregenden und exotischen Abenteuer der beiden Jungen.

    Wieder schlägt Komikku mit einer Lizenz zu, die das Licht des Westens außerhalb Frankreichs wohl nicht erblicken wird. Ein schön gezeichneter Slice-of-Life-Manga des Künstlers, der die bekannte Slice-of-Life-Serie Giga Tokyo Toybox geschaffen hat. Der Manga bietet erwachsenere Geschichten im Stile von Shirogane no Nina, Lucika Lucika oder Yotsubato.


    Weiterhin in Frankreich komplett erschienen:

    Flic à Tokyo
    von Keiichi Suzuki, erschienen im Magazin Shônen Sunday
    (Abgeschlossen in 8 Bänden, leider ist die Serie älter und nicht alle Bände sind lieferbar, aber gebraucht könnte man sein Glück versuchen)



    Kazuya Kagami, ein ehemaliger Bōsōzoku-Bandenführer, wird Polizist in Tokio. Der Leser erlebt in dieser recht kurzen Shounen-Serie, welche übrigens im gleichen Magazin wie Detektiv Conan erschien, seinen Aufstieg in der Tokioter Polizei.
    Obwohl der Manga in der Shônen Sunday vorveröffentlicht wurde, richten sich die übergreifende Thematik, bestimmte explizite Szenen und der oftmals "düstere" Zeichenstil auch an ein sicherlich älteres Publikum.


    Jintarô - Le caïd de Shinjuku
    von George Akiyama, erschienen im Magazin Super Jump
    (Abgeschlossen in einem Band)



    Der Titel sagt alles. Jintarô ist nicht wirklich bescheiden in seinem Auftreten als "Boss" von Shinjuku, dem Stadtteil in Tokio in dem auch Kabuki-chou liegt. Schöne aber leider teure Ausgabe von Le Lezard Noir, einem kleinen aber exzellenten französischen Verlag.

    USA:
    In den USA ist vor einiger Zeit bei One Peace Books eine schicke Neuauflage des Mangas Smuggler von Shôhei Manabe, dem Mangaka von Ushijima, erschienen. Dieser One-Shot hat ebenfalls eine Gangster-Thematik: Kinuta hat Geldsorgen und übernimmt daher die Aufgabe eines Smugglers - jemandem der Leichen beseitigt.

    Es gibt auch einen mittelmäßigen Live-Action-Film dazu, der meines Wissens nach sogar einmal gekürzt auf Deutsch erschienen ist. Später gab es dann noch eine unzensierte Veröffentlichung aus Österreich - aber ziemlich teuer. Aber das am Rande.

    Geändert von Kulturkerbe (02.08.2014 um 00:04 Uhr)

  4. #4
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    Hallo zusammen,

    ich möchte zwei in westlichen Gefilden sicherlich recht unbekannte Werke vorstellen:

    Shimauma (dt. Zebra(s)) von Obata Fumio
    erscheint im Seinen-Magazin Young King (das gleiche Magazin in dem auch Sun-Ken Rock veröffentlicht wird) beim Verlag Shônen Gahosha
    bisher 10 Bände, fortlaufend



    Inhaltsangabe:
    Die japanische Inhaltsbeschreibung formuliert es in Teilen sehr schön: In unserer Welt gibt es Sklaven und Nutzvieh.
    Diese Überzeugung verinnerlicht, betrügt eine Gruppe junger Leute naive Männer auf der Suche nach Ehefrauen um Geld. Dabei genießen sie ihre Beute in vollen Zügen, auf ihre Opfer hinabblickend, in dem Glauben, dass diese es nicht anders verdient hätten.
    Das geht solange gut, bis sie an einen Mann geraten, der ihrem Treiben gnadenlos ein Ende bereitet.
    Ein paar SMS von diesem Mann - einem blutrünstigen Sadisten - und die ihnen bekannte Welt beginnt um Tatsuo und um seine Komplizin Aya herum zu zerfallen.
    Jetzt breitet sich eine neue Welt vor ihnen aus - eine dunkle, rohe Welt, aus der es keinen Ausweg gibt.

    Eigene kurze Meinung:
    Es ist in der Tat ein roher Manga. Der Zeichenstil ist grob, wirkt wütend. Die Geschichte ist erbarmungslos und düster. Humor ist selten, Gewalt omnipräsent. Es gibt keine guten Menschen in dieser Geschichte, nur schlechte und schlechtere. Insbesondere die Folterszenen sind sicherlich nicht für jedermann erträglich.
    Als Beispiel möchte ich eine Szene auf den ersten drei, vier Seiten des Manga schildern: Hier wird einer der Schwindler-Freunde von Tatsuo über den ganzen Rücken hinweg von oben genanntem Sadisten mit Esstäbchen traktiert und dabei mit den Worten "Hey Igel-Mann! Komm schon, roll dich zusammen!" angefeuert. Dabei vergisst er natürlich nicht, das Ganze mit dem Handy zu filmen. Tatsuo erahnt die gequälte Person einzig an der Stimme, denn das Gesicht seines Freundes ist bis zur Unkenntlichkeit entstellt worden.

    Der Manga hat auch ein Spin-off namens Shimauma Gaiden Aka & Kiinu, beendet mit einem Band.



    Wer brutale, düstere Werke mag, die sich in Japans Unterwelt ansiedeln, dem sei die Serie ans Herz gelegt.
    Bisher wurde der Manga außerhalb Asiens noch nicht lizenziert. Aber ich bin zuversichtlich für den französischen Markt und hoffe, dass auch die deutschen Verlage sich für das Werk interessieren könnten. Mal sehen...





    Thanatos no Shisha (dt. Der Bote des Thanatos) von Akana Shû & Yoshida Jô
    erscheint im Seinen-Magazin Gekkan Afternoon beim Verlag Kōdansha
    bisher 3 Bände, fortlaufend



    Inhaltsangabe:
    Kurushima Akira ist Mitarbeiter der mysteriösen Firma "Nihon Tanaroji Gakkai" und sucht unter denjenigen, denen das Leben lästig, für die das Leben langweilig oder schmerzvoll ist, würdige Kandidaten aus, um ihnen einen friedlichen Tod zu "verschreiben".

    Eigene kurze Meinung:
    Eine Manga-Serie mit einem wunderschönen, realistischen Zeichenstil, der mich stark an den von Nôjô Junichi erinnert,
    einem charmanten Hauptcharakter und einer ruhigen Atmosphäre trotz des übergeordneten Themas des Todes.
    Die einzelnen Kapitel sind - dem monatlichen Veröffentlichungsrhythmus des Magazins geschuldet - recht episodisch. Dabei sind die Mangaka in ihrer Darstellungsweise der einzelnen potentiellen Todeskandidaten meines Erachtens sehr geschmackvoll, gefühlvoll.

    Auch diese Serie kann ich mir in Deutschland vorstellen, scheint sie doch mit ihrem subtil "übernatürlichen" Touch mehr den Geschmack des deutschen Manga-Markts zu treffen.
    Zudem finde ich die einzelnen Coverbilder wunderbar gestaltet und alleine deswegen würde ich sie mir auch noch einmal kaufen.

    Geändert von Kulturkerbe (02.10.2014 um 22:28 Uhr)

  5. #5
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    Hallo zusammen,

    eine weitere Vorstellung eines mir sehr am Herzen liegenden Mystery-Krimi-Manga:

    Wet Moon von Atsushi Kaneko
    erschien im Seinen-Magazin Comic Beam (dort wurden unter anderem auch Shōnen Shōjo, Thermae Romae oder Emma vorveröffentlicht) beim Verlag Enterbrain
    in 3 Bänden abgeschlossen
    Erscheinungsjahr: 2012




    Inhaltsangabe:
    Der Manga ist im Japan der 60er Jahre angesiedelt. In einem kleinen Küstenstädtchen geschieht ein Mord. Der idealistische Polizeikommissar Sada verfolgt eine Frau, die dieses Mordes beschuldigt wird. Die Frau trägt einen roten Mantel. Sada trägt eine Narbe. Seine Polizeikollegen sind skrupellos und korrupt. Der Mond schaut spottend auf all diese Figuren nieder. Der glitzernde Look der Sechziger schmückt die immer größer werdende Obsession Sadas. Er beginnt damit, die Stadt mit dem Gesicht der fliehenden Frau zu plakatieren.

    Kurze Meinung:
    Atsushi Kaneko ist ein sehr geschickter Erzähler. Sein Zeichenstil erinnert mich immer an so manchen frankobelgischen Comic-Zeichner. Ein sauberer, klar geordneter Zeichenstil, detailverliebt, der im krassen Gegensatz zu der zunehmenden Skurrilität, dem Grotesken der Handlung steht.
    Eine sehr spannende, kurze Geschichte, wunderbar mit dem faszinierenden Zauber der 60er Jahre geschmückt. Viele Fragezeichen entstehen, die sich während der Kapitel nach links und rechts schlängeln und erst gegen Ende eine gemeinsame Bahn finden. Nach SOIL, einem längeren und eindringlichen Thriller, ein weiteres Kunststück von Kaneko.

    Die Ausgabe die uns Enterbrain präsentiert ist wunderschön. Die ersten Seiten des ersten Bandes auf denen einzig einige farbige Akzente gesetzt sind, der stechend rote Mantel der Flüchtenden beispielsweise. Das Inhaltsverzeichnis auf durchsichtigem Pergamentpapier. Dahinter ein strahlender Mond. Der Schutzumschlag auf einem „griffigen“, dicken Papier gedruckt. Es ist sehr viel Mühe in die Gestaltung der Reihe gegangen und das sieht man. Das Werk trieft nur so vor dem coolen Look der 60er. Sada, der Hauptcharakter erinnert mich in Teilen an Joe Shishido in A Colt is my Passport, die Handlung in ihrer Überdrehtheit mehr an Branded to Kill.

    Die Mangareihe ist im Westen meinem Wissen nach bisher nur in Frankreich veröffentlicht worden. Der dortige Verlag Casterman hat die oben beschriebene Ausgabe von Enterbrain in ihrer Ausstattung glücklicherweise so übernommen.
    Ich hoffe dass die deutschen oder amerikanischen Verlage Interesse an Kaneko finden werden – Wet Moon wäre ein idealer Einstiegstitel für alle Leser, die dieses Ausnahmetalent noch nicht kennen.

    Geändert von Kulturkerbe (04.08.2014 um 21:25 Uhr)

  6. #6
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    Habe mal in Shimaumas reingeschaut. Sieht bis jetzt sher gut aus. Bin aber mal gespannt ob der manga nicht nach ner zeit entönig wird. Hat ja 9 oder 10 Bände und läuft ja auch noch. Würde mich aber auf alle fälle auf ein realese auf English oder Deutsch freuen.

  7. #7
    Mitglied Avatar von Meuia
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    Oha, sehr interessanter Thread, vielen Dank dafür! Tokyo Yamimushi und Thanatos no Shisha könnten mich sehr interessieren, und ohne den Thread hier wäre ich von alleine wohl nie darauf aufmerksam geworden ^^ Werde bei Gelegenheit mal in die Manga reinschauen.

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  8. #8
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    Habe mal in Shimaumas reingeschaut. Sieht bis jetzt sher gut aus. Bin aber mal gespannt ob der manga nicht nach ner zeit entönig wird. Hat ja 9 oder 10 Bände und läuft ja auch noch. Würde mich aber auf alle fälle auf ein realese auf English oder Deutsch freuen.
    Hallo Hisoka-kun,

    einen Release in Deutschland könnte ich mir, die aktuelle Marktlage betrachtend und die vorsichtige Orientierung im Seinen-Gefilde in Bezug nehmend, zumindest derzeit nicht vorstellen, aber in einigen Jahren, wenn Titel wie Sun-ken Rock oder Prison School Fuß fassen und sich eine halbwegs sichere Käuferbasis für derartige Titel gefunden haben sollte - dann will ich nichts ausschließen.

    In den USA sehe ich hier noch weitaus weniger Möglichkeiten, um ehrlich zu sein. Natürlich ist das nur meine Meinung, aber die dortige Seinen-Entwicklung betrachtend, insbesondere aufgrund der Tendenz zu Feel-good-Titeln mit möglichst viel nackter Haut oder eben niedlichen Moe-Mädchen (was ich keineswegs schlecht reden möchte, auch ich lese so etwas gerne), scheint mir wenig wahrscheinlich, dort in die Kerbe schlagen zu können, die Shimauma und derartige Werke treffen. Ähnliche Titel wie Worst oder Kurosagi Corpse Delivery Sevice gingen oder gehen dort leider gnadenlos unter.
    Natürlich hat der nordamerikanische Manga-Markt auch ein paar Wettstreiter, bei denen ich Chancen für andersgeartete Seinen-Titel sehe, beispielsweise Vertical oder Drawn and Quarterly, aber Vertical orientiert sich derzeit auch in eine andere Richtung und Drawn and Quarterly bauen ihr Manga-Segment ausschließlich mit Gekiga-Werken aus. Das kann sich natürlich ändern, aber dafür sehe ich bis jetzt keine Anzeichen am Horizont aufschweben.

    Der deutsche Seinen-Markt - zumindest habe ich den Eindruck - steckt derzeit in den Kinderschuhen, hat aber Anwandlungen in die Richtung der Franzosen und Italiener zu driften - wenn auch gemächlich. Viele Top-Seinen-Titel (gemessen an Verkaufszahlen), die in den beiden genannten Ländern oder auch in Spanien veröffentlicht wurden, kommen einige Monate/Jahre später auch zu uns, beispielsweise eben Saint Young Men, Ikigami, Prison School oder Vinland Saga. Deutsche Leser scheinen Geschmack an diesen Titeln zu finden, wenn auch zaghaft, was für die Zukunft jedoch hoffen lässt.

    Außerhalb Asiens würde ich dennoch am ehesten noch mit einem Release in Frankreich rechnen. Der Seinen-Markt dort ist neben dem Shoujo-Markt das einzige Mangamarktsegment, das sich im Wachstum befindet, wenn auch zu ungleichen Teilen. Wenn es also mit dem Japanisch-Lernen nichts werden sollte, empfehle ich Französisch als einfachere Alternative. Aber das nur am Rande...

    Zu deiner Sorge, der Manga könnte eintönig werden, kann ich nur sagen, dass ich, jetzt, mit dem Stand von Band-Nr. 10 nicht den Eindruck gewonnen habe, dass die Handlung langweilig geworden wäre. Die Spirale für Tatsuo und andere Figuren in seinem Umkreis geht weiter unablässig nach unten, so tief, dass sie schon fast ein Loch in die Erde bohren müssten. Es wird hin und wieder sehr traurig, Menschen sterben und Blut fließt. Ständiger Begleiter ist hier die Gewalt. Rohe Gewalt, ausgeübt an allen, von allen.

    Das ist natürlich subjektives Empfinden, aber da habe ich bei stark episodischen Manga-Serien wie Ushijima das stärkere Gefühl von Eintönigkeit - wobei ich auch sagen muss, dass ich das nicht negativ bewerten würde. Zumindest mir kam es immer komisch vor, wenn Leute mehr von etwas, dass sie mögen, als "negativ" titulieren. Ich mag die einzelnen Episoden von Ushijima genauso gerne wie die - ich leihe mir das Wort kurz aus dem TV-Bereich - Serial-Erzählstruktur von Titeln wie Tokyo Yamimushi.

    Oha, sehr interessanter Thread, vielen Dank dafür! Tokyo Yamimushi und Thanatos no Shisha könnten mich sehr interessieren, und ohne den Thread hier wäre ich von alleine wohl nie darauf aufmerksam geworden ^^ Werde bei Gelegenheit mal in die Manga reinschauen.
    Hallo Meuia,

    gern geschehen! Das ist mein größtes Bestreben, Interesse für hierzulande oder auch im Westen gänzlich unbekannte Mangawerke zu generieren. Mir ist bewusst, dass die wenigsten derjenigen die diesen Thread lesen, die hier genannten Titel kennen, lesen wollen/können/werden, aber es gibt sicher den einen oder anderen, den es anspornt, über den Tellerrand hinaus zu blicken. Vielleicht einmal Manga in einer anderen Sprache auszuprobieren oder aber sie sich hier im Forum bei den Verlagen zu wünschen und dadurch zu zeigen, dass die Nachfrage, das Interesse der Käufer vorhanden ist.

    Die Welt der Josei- und Seinen-Manga ist unglaublich divers und ich glaube nicht, dass so etwas nur in Japan oder Asien wirklich populär sein kann. Ich glaube auch nicht, dass man wie die Japaner mit diesen Comics aufgewachsen sein muss, um im gehobenen Alter noch immer Interesse dafür zu haben. Ich bin überzeugt, dass es auch in anderen Ländern erwachsene Frauen und Männer gibt - auch in einer adäquaten Anzahl -die über verschiedene Themen in Comicform lesen möchten - Themen die in den hierzulande populären Manga-Werken vielleicht nur am Rande, selten oder überhaupt nicht behandelt werden.

    Letztendlich unterscheiden sich frankobelgische, italienische, amerikanische und asiatische Comics in nichts anderem als dem Herkunftsland - die Menschen in all diesen Ländern sind in den elementaren Dingen gleich, ebenso die meisten Themen, die diese beschäftigen - natürlich ist das alles geprägt und durchwebt von der jeweiligen Kultur, der erlebten Erziehung, etc. aber der grundsätzliche Wunsch einen Comic zu lesen, der sich mit einem mir wichtigen Thema befasst, der ist sicherlich in allen (comicliebenden) Menschen präsent, ganz gleich woher sie kommen. Und das will ich als meinen leitenden Ansatz nehmen, diese Titel und weitere vorzustellen.
    Geändert von Kulturkerbe (06.08.2014 um 23:14 Uhr)

  9. #9
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    Wenigstens läuft KCDS in USA (noch), auch wenn in billigerer Ausstattung, nur MPD-Psycho wurde eingestellt. Ich kämpfe seit Jahren erfolglos für eine deutsche Ausgabe von KCDS. Französisch bringt mir halt nichts, ich habe aber zumindest im Scchreiber&Leser-Forum auf diesen Thread aufmerksam gemacht. Ein paar der Titel hier könnte ich mir dort sehr gut vorstellen. Danke übrigens auch von mir. Deine Ausführungen lesen sich schon interessant.

  10. #10
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    Thanatos no Shisha hab ich vor einiger Zeit bei amazon.co.jp gesehen. Hatte mich schon gefragt um was es dort geht. Find ich toll wie du hier die ganzen Manga Serien vorstellst.

  11. #11
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    Hallo zusammen,

    zur Feier der US-Veröffentlichung der kulinarischen Duelle im ersten Band von Shokugeki no Soma - oder Food Wars, habe ich mich dazu entschieden, auch einen Manga mit dem Thema Essen vorstellen zu wollen. Ich verzichte auf eine Vorstellung von Shokugeki no Soma, da ich mir sicher bin, dies wird jemand anderes sicherlich gerne an anderer Stelle übernehmen - genügend Fans müsste die Serie nach den aktuellen Amazon Sales Charts haben.

    Meine Auswahl fiel dagegen auf:

    Taberu dake (dt. Einfach nur essen) von Sanko Takada
    erschien im Seinen-Magazin Gekkan Spirits beim Verlag Shôgakukan
    in vier Bänden abgeschlossen
    Erscheinungsjahr: 2011





    Inhaltsangabe:

    Liebe kommt aus dem Magen! So oder so ähnlich balanciert das vierbändige Werk von Sanko Takada von einem Kapitel zum anderen, jedes davon im Aufbau ähnlich. Eine junge Frau erscheint vor fremden Menschen in den verschiedensten Szenarios, durch verschiedenste Umstände und isst mit ihnen die verschiedensten Gerichte – vornehmlich steht japanisch auf der Speisekarte. Und wie sie nur isst!

    Eigene kurze Meinung:

    Die Kunst eines jeden guten Manga über das Thema Essen liegt meines Erachtens darin, den Genuss bildlich greifbar, spürbar darstellen zu können. Die Leser müssen all die Süße, die Schärfe und Salzigkeit eines jedes Gerichts in jedem Panel erschmecken können. Heißer Dampf, der sich auf dezemberkalte Wangen legt. Die wohlige Genugtuung, bis auf das letzte Reiskorn eine Schüssel geleert zu haben und langsam zu spüren, wie die Sättigung einsetzt. Die farbenfrohe Kompilation eines Essens auch in schwarz-weiß gekonnt darzustellen. All das und vieles mehr sind Punkte, die für mich einen guten Manga über Essen auszeichnen. Und ich würde Taberu dake nicht vorstellen, wenn ich Sanko Takada nicht eine solche Fähigkeit zuschreiben würde.

    Natürlich ähneln sich die Kapitel im Aufbau sehr - die Handlung als solche ist weder zusammenhängend noch sonderlich spannend. Die einzelnen Vignetten erzählen kleine Wehwehchen oder auch prekärere Situationen mit Witz, lebensbejahendem Optimismus durch die Hauptfigur und stets, wie sollte es anders sein, mit Essen als Pointe, Lösungswerkzeug oder Bindeglied.

    Die Gerichte sind nicht sonderlich ausgeklügelt, sondern meistens japanische Hausmannskost. Doch das schmeckt in den passenden Situationen ebenso lecker. Etwa dann, wenn sich zwischen Ehefrau und Affäre entschieden werden muss, das Verhältnis zu einem schwierigen Kind zurechtgerückt werden muss oder aber, wenn es einige Jahrhunderte in die Vergangenheit geht und plötzlich am Lagerfeuer gespeist wird. Die Kunst zu genießen bis einem die Tränen kommen, das ist die Zutat, die dem Werk die nötige Würze gibt.

    Am Ende jedes Kapitels wird das darin thematisierte Gericht auf einer Seite von der Autorin vorgestellt und unter anderem mit Zubereitungshinweisen, Kalorienangaben und weiteren Infos versehen. Das ist schön aber meiner Erfahrung nach Standard in vielen japanischen Manga mit kulinarischer Thematik. Auch Cooking Papa oder Oishinbo beispielsweise bieten dem Leser solche Rezeptseiten – es bietet sich - der Natur der Sache entsprechend - auch einfach an, derartige Extraseiten zu produzieren.

    Die Entscheidung diesen Manga und nicht etwa lang laufende und allseits bekannte Genrevertreter vorzustellen, wie es Cooking Papa, Edomae no Shun oder den Koloss des Genres, Oishinbo sind, liegt darin begründet, dass sich bei einer solch kurzen Serie, im Gegensatz zu den anderen, eine halbwegs realistische Hoffnung auf eine Veröffentlichung im Westen gemacht werden darf. Außerdem ist der Hauptcharakter hier eine junge Frau, was ich für eine schöne Abwechslung zu all den überraschend maskulinen Gastro-Mangahelden anderer Reihen halte.

    Tatsächlich ist die Serie bereits im Westen lizenziert worden, genauer gesagt, wo sollte es anders sein, in Frankreich und der dortige Verlag Casterman hat bisher zwei der vier Bände veröffentlicht. Hier ist anzumerken, dass das japanische Originalcover des ersten Bandes (Gott sei Dank?) aus Gründen der… Ästhetik geändert wurde. Untenstehend das französische Cover des ersten Bandes:



    Es ist unbestreitbar, dass alle Coverbilder eine gewisse anzügliche Tendenz haben, wenn man denn so will. Insbesondere dessen bin ich ganz froh, dass die Franzosen sich nicht mit (fragwürdigen) Reiskörnern auf Wangen klebend befassen müssen.

    Dieser Manga fordert höchstwahrscheinlich die wenigsten geistig bis aufs äußerste, doch ist er für das genaue Gegenteil ideal, um zu entspannen, die Gedanken Gedanken sein zu lassen, um sich Appetit zu machen und um nach einem gelesenen Kapitel ein warmes Gefühl des Wohlbefindens im Bauch serviert zu bekommen. Alles in allem empfehlenswert für alle Freunde guten Essens, der japanischen Küche und des Genießens als vollumfängliche Lebenseinstellung.



    PS. Es lief auf TV Tokyo letzten Sommer auch eine Live Action-Serie mit Mariko Goto in der Hauptrolle, basierend auf dem Manga. Ich habe sie leider nie gesehen und kann deshalb nichts vernünftiges darüber sagen. Wer mehr dazu weiß, immer her mit den Infos.

    Geändert von Kulturkerbe (07.08.2014 um 01:16 Uhr)

  12. #12
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    Wenigstens läuft KCDS in USA (noch), auch wenn in billigerer Ausstattung, nur MPD-Psycho wurde eingestellt. Ich kämpfe seit Jahren erfolglos für eine deutsche Ausgabe von KCDS. Französisch bringt mir halt nichts, ich habe aber zumindest im Scchreiber&Leser-Forum auf diesen Thread aufmerksam gemacht. Ein paar der Titel hier könnte ich mir dort sehr gut vorstellen. Danke übrigens auch von mir. Deine Ausführungen lesen sich schon interessant.
    Hallo Susumu,

    ich glaube kaum, dass die Ausstattung besser sein wird, aber Dark Horse hat auf der diesjährigen Anime Expo angekündigt, die ersten zwölf Bände von Kurosagi Corpse Delivery Service in vier Omnibus-Ausgaben zu veröffentlichen. Zudem soll es auch mit Band 14 weitergehen, auf den man jetzt auch länger als eineinhalb Jahre wartet. Wahrscheinlich ist dir das bereits bekannt, aber ich erwähne es sicherheitshalber, denn auch wenn die Serie durchaus zu dem deuschten Panini-Verlag vor einigen Jahren (in der Zeit von Kozure Ookami und 20th Century Boys) gepasst hätte, könnte ich sie mir heute nur schwer auf dem deutschen Markt vorstellen. Vielleicht in Doppelbänden bei Tokyopop?

    Ich hätte dich auf die zumindest in annehmbaren Abständen von ca. sechs Monaten erscheinende französische Ausgabe von Pika Editions verwiesen, wenn du sie nicht vorneherein ausgeschlossen hättest. Ich hoffe für dich, dass sich ein deutscher Verlag zeitnah für die Serie interessieren wird. Oder Dark Horse einen schnelleren Veröffentlichungsrythmus mit seinen Omnibusausgaben auch nach Band 12 hinlegt und die Wartezeit verkürzt.

    Ich bedanke mich bei dir, dass du Schreiber und Leser auf diesen Thread aufmerksam gemacht hast. Sehr nett! Für mich sind Schreiber und Leser mit ihrem leider sehr überschaubaren Manga-Angebot immer eine Art deutscher kleiner Bruder von Le Lezard Noir gewesen. Dieser französische Verlag pickt sich alte und ältere Manga heraus, wirklich absolute Nischentitel und veröffentlicht sie zu meist recht hohen Preisen in traumhaft leidenschaftlich aufbereiteten Ausgaben. Ich bin zugegebenermaßen ein wahrer Fan des Verlags. Ich hoffe Schreiber und Leser findet in diesem Thread vielleicht die eine oder andere Anregung - beispielsweise Wet Moon. Mit dem, in meinen Augen, frankobelgischen Zeichenstil ähnelnden Artwork, wäre es sicherlich ein schöner Titel für den Verlag, der sich in der letzten Zeit sehr auf Jiro Taniguchi versteift hat. Ich weiß, dass Schreiber und Leser auch andere Veröffentlichungen hatte, aber das ist gefühlt schon etwas länger her...
    Dabei gäbe es sicherlich Potential die ganzen etablierten Comic-Leser mit gut ausgewählten Titeln (wie die Werke Taniguchis welche sind) an die Manga-Welt heranzuführen.

    Thanatos no Shisha hab ich vor einiger Zeit bei amazon.co.jp gesehen. Hatte mich schon gefragt um was es dort geht. Find ich toll wie du hier die ganzen Manga Serien vorstellst.
    Vielen Dank für das Lob, Historia. Ich finde, die Cover sind wahre Blickfänger, auch wenn sie in ihrer Einfachheit kaum zu überbieten sind. Es liegt wohl an der farblichen Zusammenstellung, dass sie mir so gefallen.
    Der japanische Manga-Markt ist ein riesiger Schlund mit unzähligen Zähnen und wenn man sich einmal darin verliert, dann dauert es seine Zeit, bis man sich in den vielen Zahnreihen orientiert hat, aber es ist auch schön, diese große Auswahl, dieses wahnsinnig breitgefächerte Sortiment kennenzulernen. Und dieses Gefühl möchte ich den Interessierten hier im Kleinen ähnlich vermitteln.
    Geändert von Kulturkerbe (07.08.2014 um 21:16 Uhr)

  13. #13
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    Die Ausstattung ist mir in dem Fall relativ egal. Betroffen war ohnehin nur das gerippte Papier des Umschlages. Da hat man sich aber extra dafür entschuldigt mit dem Hinweis, dass es eine Einsparung ist, weil die Serie nicht gut läuft. Deswegen habe ich das erwähnt. Aber hauptsache es geht weiter auf Englisch!

  14. #14
    Mitglied Avatar von Aya-tan
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    Zitat Zitat von Susumu Beitrag anzeigen
    Wenigstens läuft KCDS in USA (noch), auch wenn in billigerer Ausstattung, nur MPD-Psycho wurde eingestellt.
    MPD Psycho wurde nicht eingestellt, da erschien erst letzten Monat Band 11.
    http://www.darkhorse.com/Books/15-56...-Volume-11-TPB

    Bei Dark Horse dauern gerade diese beiden Titel eine halbe Ewigkeit, wahrscheinlich weil sie sich nicht sonderlich gut verkaufen. Was ich nicht mal nachvollziehen kann.

    Der Thread hier ist schon sehr interessant. Da gibt es schon den einen oder anderen für mich interessanten Titel, die mir so nicht mal bekannt waren.

    Mangawünsche:
    7 Seeds/ Aku no Kyouten/ All Out!!/ Amatsuki/ Dendrobates/ Dolls/ Funouhan/ Gold/ Husk of Eden/ Ichi/ Ilegenes/ Juuza Engi/ Kami no Shizuku/ Kitchen Palette/ Kurosagi Shitai Takuhaibin/ Lucky Dog 1 Blast/ Mother Keeper/ Musashi #9/ Ouroboros/ Pumpkin Night/ Shikeisyu 042/ Shimauma/ Shounen Mahoushi/ Silver/ Taimashin: The Red Spider Exorcist/ The Embalmer/ Toxic

  15. #15
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    Die Ausstattung ist mir in dem Fall relativ egal. Betroffen war ohnehin nur das gerippte Papier des Umschlages. Da hat man sich aber extra dafür entschuldigt mit dem Hinweis, dass es eine Einsparung ist, weil die Serie nicht gut läuft. Deswegen habe ich das erwähnt. Aber hauptsache es geht weiter auf Englisch!
    Ich habe nicht die englische Version von Dark Horse, aber das klingt in der Tat nach einer Einsparung, mit der man leben kann. Ich hoffe, es sieht nicht störend aus, wenn man alte und neue Bände nebeneinander stellt?

    Ich finde eine dermaßen lange Wartezeit recht ärgerlich, zumal es bereits einige weitere Bände der Serie gibt, kann es aus wirtschaftlichen Gründen aber nachvollziehen, warum dies notwendig ist. Ich bin nicht unbedingt der größte Fürsprecher von Dark Horse, aber sie haben einige Seinen-Titel veröffentlicht, die ich auf dem amerikanischen Markt so nie hätte erwartet. Das Sequel zu Lone Wolf and Cub (im Weste bisher ohne andere Lizenzierung!), die größeren Neuauflagen der älteren Koike-Serien und nun eben auch Omnibusversionen von Kurosagi Corpse Delivery Service. Ich finde es sehr lobenswert, dass sie eine schlecht laufende Serie nicht fallen lassen, diverse alternative Möglichkeiten versuchen, auch wenn der Erscheinungsrythmus zugegebenermaßen nicht gerade der leserfreundlichste ist.

    Zudem möchte ich hier noch einmal die fantastische englische Übersetzung von Kurosagi Corpse Delivery Service herausstreichen. Die wenigen Bände, die ich davon auf Englisch besitze zumindest, bieten ein ausuferndes Glossar im Anhang mit meist recht interessanten Hintergrundinformationen zur japanischen Gesellschaft und dem Übersetzungsprozess als solches und im speziellen. Das mag nicht jeder, aber ich finde es lesenswert.

    Der Thread hier ist schon sehr interessant. Da gibt es schon den einen oder anderen für mich interessanten Titel, die mir so nicht mal bekannt waren.
    Hallo Aya-tan,

    schön, dass du Interesse hast. Wie ich schon an anderer Stelle schrieb, ist der Sinn und Zweck dieses Threads in erster Linie genau das. Das freut mich.

    Natürlich will ich auch jedem anderen die Möglichkeit bieten, seine interessanten Titel vorzustellen. Ich sage das an diesem Punkt, weil mir in deiner Signatur Werke wie Shikeishū 042 und Ouroboros aufgefallen sind. Beides schöne und interessante Titel, die einer Vorstellung m. E. verdienen.

    Danke dir auch für deinen Hinweis zu MPD Psycho, ist mir beispielsweise gar nicht bewusst gewesen, aber ich verfolge die MPD Psycho-Veröffentlichungen von Dark Horse auch nicht besonders aufmerksam - offensichtlich. Nichtsdestotrotz eine sehr schöne Nachricht.
    Geändert von Kulturkerbe (07.08.2014 um 23:32 Uhr)

  16. #16
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    Hallo zusammen,

    mir ist aufgefallen, dass ich bisher nur Seinen-Manga vorgestellt habe - dabei gibt es auch genauso viele tolle Josei-Manga, die einer Vorstellung bedürfen.
    Diesem Ungleichgewicht möchte ich Abhilfe verschaffen. Dafür habe ich mir für den Anfang folgendes Werk ausgesucht:

    Umimachi Diary von Akimi Yoshida
    erscheint im Josei-Magazin Gekkan Flowers (darin ebenfalls veröffentlicht wurden/werden unter anderem Sakamichi no Apollo, Tsukikage Baby und Shitsuren Chocolatier) beim Verlag Shōgakukan
    bisher sechs Bände, fortlaufend
    Erscheinungsjahr: 2007




    Inhaltsangabe:
    Die drei Kōda-Schwestern Sachi (29), Yoshino (22) und Chika (19) leben im ruhigen Kamakura, in der Präfektur Kanagawa. Jede der drei Schwestern besitzt einen eigenen Charakter, eine eigene Einstellung zum Leben und eigene Verpflichtungen – daraus resultierend eigene Probleme und die Geschichten dieser.

    Yoshino, die mittlere Schwester beispielsweise, hat eine Schwäche für Alkohol und jüngere Männer. Und bei einem solchen liegt sie auch gerade im Bett, in dem Augenblick, der ihr Leben gründlich auf den Kopf stellen soll. Sie erhält einen Anruf ihrer großen Schwester: „Unser Vater ist gestorben.“
    Für die meisten ein Schock, der herannahende Zusammenbruch einer Welt, doch nicht für Yoshino, denn ihren Vater hatte sie das letzte Mal mit sieben Jahren gesehen. Er hatte sie, ihre Schwestern und die Mutter für eine andere Frau aus Sendai vor langer Zeit verlassen. Aus diesem Grund fühlen die Schwestern aufgrund des Todes dieses Mannes nur wenig Trauer. Trotzdem, auf Geheiß der großen Schwester Sachi, die als Krankenschwester arbeitet und aufgrund dessen verhindert ist, reisen die beiden jüngeren zur Trauerfeier nach Yamagata, dem letzten Wohnort des Vaters.

    Dort lernen sie zu ihrer Überraschung die dreizehnjährige Mittelschülerin Suzu Asano kennen, ein im Geiste bereits sehr reifes Mädchen. Sie ist die Tochter des verstorbenen Vaters der drei Schwestern und somit auch ihre Halbschwester.
    Die drei übernehmen Verantwortung und laden Suzu ein, bei ihnen zu wohnen. Diese nimmt das Angebot an.
    Und hier beginnt die Geschichte von Akimi Yoshida erst wirklich. Die Geschichte vierer Leben, die einer Familie, welche in der schönen Küstenstadt Kamakura das Zusammenleben und Funktionieren als Einheit noch einmal von Grund auf neu erlernen müssen.



    Meine kurze Meinung:
    Wenn mir ein Manga das Gefühl gibt, viele verschiedene Geschichten in einem Band lesen zu können, wenn jedes Kapitel ein eigenes Leitthema führt, eine eigene kleine Exkursion in das Leben einer oder mehrerer dieser vier überaus sympathischen Mädchen darstellt und dabei stets den Eindruck vermittelt, die so vertraut wirkenden Leben der vier still beobachten zu dürfen, in all ihren Niederlagen, ihren Schicksalsschlägen und den vielen, vielen glücklichen Momenten, dann ist es eine großartige Erfahrung.

    Das ist die Summe von Umimachi Diary. Ich will dazu auch nicht vielmehr sagen, ich glaube, mit diesen wenigen Worten ist dem Werk genüge getan. Jeder, der Slice of Life mag, der gerne in das Leben anderer reinschnuppert, so wie es oftmals ist, herzerwärmend und kühl, aufregend und langweilig, voller Freude und Tränen, dem ist dieser Manga empfohlen. Zudem trägt er, trotz der vielen ernsten Themen, auch immer wieder Humor mit sich und lässt einen durch dieses Wechselspiel von Süß und Bitter eine erschreckende Melancholie empfinden. Ich möchte fast sagen, dass man mit den vier Schwestern lebt, altert und erfährt.

    Durch die monatliche Erscheinungsweise des Magazins ist dem Werk natürlich eine stark episodische Handlung inne, aber oben schrieb ich ja bereits, dass jedes Kapitel ein eigener kleiner Ausschnitt ist, der sich doch auch in ein großes Ganzes, nämlich das einfache Leben der vier, passend einfügt. Die Themen sind überaus divers und das ist ein weiterer Pluspunkt der Reihe – durch die unterschiedlichen Alter, Berufe und soziale Stellungen der Frauen kann die Autorin wunderbar eine Vielzahl an Themen und damit viel Abwechslung in ihrem Werk verarbeiten.

    Erwähnt sei vielleicht auch noch, dass es hin und wieder Gastauftritte aus einer anderen Serie von Yoshida gibt, wobei diese meines Wissens nach noch keine Lizenzierung außerhalb Asiens erfahren hat: Lovers’ Kiss.
    Die Autorin dürfte in Europa zudem bei einigen durch ihr neunzehnbändiges Werk Banana Fish bekannt sein, das Panini auch in Deutschland (unvollendet) verlegt hat.

    Akimi Yoshida zeichnet sehr sauber und ordentlich. Wenig grau, viel schwarz und weiß, ein recht realistischer Zeichenstil, abseits von großen Kulleraugen und Rüschchenkleidern. Ich muss sagen, ihre Figuren, die ich schon damals bei Banana Kiss ähnlich empfunden habe, erinnern mich in der Gestaltungsweise sehr an Mitsuru Adachi. Der Zeichenstil als Ganzes wirkt nüchtern, ruhig, nie hektisch oder zu schnell. Er passt ganz außerordentlich zu einer nach salziger Seeluft riechenden Küstenstadt, verträumt, in der entferntes Zugrattern und Möwenkreischen, das Rauschen der Wellen hinter langen Grashügeln zu hören ist. Nicht in der Art der Zeichnungen, aber durch die vermittelte Melancholie erinnert mich das Werk zudem an die Reihen von Io Sakisaka.

    Der Manga ist im Westen meinem Wissen nach bisher ausschließlich in Frankreich lizenziert worden. Der Verlag Kana hat unter dem Titel „Kamakura Diary“ bisher vier der sechs in Japan erschienenen Bände veröffentlicht – der fünfte ist für September geplant.

    Es ist jetzt doch mehr geworden als ich anfangs schreiben wollte, aber im Grunde gilt es den obigen Satz als Fazit nur zu wiederholen: Wer gerne in das Leben vierer ungleicher Schwestern hineinschnuppern möchte, mit ihnen all die unterschiedlichen, wunderbaren und traurigen Dinge des Lebens und Zusammenlebens kennenlernen möchte, dem empfehle ich dieses tolle Werk uneingeschränkt.



    PS. Für Sommer 2015 ist ein Live-Action-Verfilmung des Mangas angekündigt. Der Regisseur ist Hirokazu Koreeda, derjenige, der sich auch für das wunderbar eindringliche und aufrüttelnde (auch in Deutschland veröffentlichte) Drama "Nobody Knows" verantwortlich zeigt.

    PPS. Der Manga wurde bereits für eine Vielzahl von namenhaften Preisen nominiert und hat einige dieser auch gewonnen bzw. einen der ersten Ränge belegt: darunter der Osamu Tezuka Kulturpreis sowie der Manga Taisho-Preis.


    Geändert von Kulturkerbe (08.08.2014 um 22:35 Uhr)

  17. #17
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    Die Live Action Serie von Taberu dake werde ich mir bei Gelegenheit anschauen, auch wenn ich mir nicht so ganz vorstellen kann, wie man mit der Story 12 Folgen füllen konnte. Aber ich lasse mich überraschen.

    Umimachi Diary klingt auch interessant. Solche Serien mag ich ab und zu ganz gerne und auch hier werde ich, wenn möglich, in das J-Drama hineinschauen.

    Ansonsten sind hier im Thread einige Serien, die ich mir zwar nicht importieren würde, aber bei einer Veröffentlichung in Deutschland näher anschauen würde.

    Frankreich hat wirklich eine große Anzahl an interessanten Werken veröffentlicht, aber als ich dieses Jahr in Frankreich war fühlte ich mich von der Auswahl schon fast erschlagen. Da meine Französischkenntnisse auch noch sehr bescheiden sind, schlage ich bei französischen Werken nur in ganz seltenen Fällen zu. In Spanien werden zwar ebenfalls weiterhin interessante Seinen-Werke veröffentlicht, nur hat die Krise auch im Mangamarkt eingeschlagen und das merkt man, da immer weniger veröffentlicht wird.

  18. #18
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    Die Live Action Serie von Taberu dake werde ich mir bei Gelegenheit anschauen, auch wenn ich mir nicht so ganz vorstellen kann, wie man mit der Story 12 Folgen füllen konnte. Aber ich lasse mich überraschen.

    Umimachi Diary klingt auch interessant. Solche Serien mag ich ab und zu ganz gerne und auch hier werde ich, wenn möglich, in das J-Drama hineinschauen.

    Ansonsten sind hier im Thread einige Serien, die ich mir zwar nicht importieren würde, aber bei einer Veröffentlichung in Deutschland näher anschauen würde.

    Frankreich hat wirklich eine große Anzahl an interessanten Werken veröffentlicht, aber als ich dieses Jahr in Frankreich war fühlte ich mich von der Auswahl schon fast erschlagen. Da meine Französischkenntnisse auch noch sehr bescheiden sind, schlage ich bei französischen Werken nur in ganz seltenen Fällen zu. In Spanien werden zwar ebenfalls weiterhin interessante Seinen-Werke veröffentlicht, nur hat die Krise auch im Mangamarkt eingeschlagen und das merkt man, da immer weniger veröffentlicht wird.
    Hallo Murasaki,

    solltest du tatsächlich dazu kommen, die TV-Serie zu Taberu dake zu sehen, würde es mich freuen, etwas darüber zu lesen. Wie ich bereits sagte, kenne ich sie nicht und daher bin ich an Infos dazu interessiert - hat mir der Manga doch sehr gefallen.

    Spanien hat in der Tat auch einen nicht zu unterschätzenden Manga-Markt, aber, du sagtest es ja bereits, die Veröffentlichungen sind zumindest gefühlt leider deutlich zurückgegangen. Ich weiß nicht, ob es an der Wirtschaft liegt oder am nationalen Manga-Markt, schade ist es in jedem Fall.

    Vorallem der spanische Arm des französischen Verlagshauses Glenat, Editores de Tebeos, veröffentlicht viele der in Frankreich veröffentlichten Seinen-Titel auch in Spanien. Beispiele sind die Golgo 13-Kompilationen oder die Werke von Shintaro Kago, Hiroshi Hirata und viele weitere.

    Nach Frankreich und Italien sicherlich der drittinteressanteste Manga-Markt Europas für Leser mit Interesse an Seinen-Manga.

  19. #19
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    Zitat Zitat von Kulturkerbe Beitrag anzeigen
    Hallo Murasaki,

    solltest du tatsächlich dazu kommen, die TV-Serie zu Taberu dake zu sehen, würde es mich freuen, etwas darüber zu lesen. Wie ich bereits sagte, kenne ich sie nicht und daher bin ich an Infos dazu interessiert - hat mir der Manga doch sehr gefallen.
    Ich habe mir gestern die erste Folge angeschaut und ich muss sagen, dass die Serie schon recht speziell ist. In der ersten Folge ging es um einen Mann, der nur arbeitet, um seinen drei Ehefrauen den Unterhalt bezahlen zu können. Er möchte Selbstmord begehen, traut sich jedoch doch nicht. Als er die seltsame Frau kennen lernt und mit ihr essen geht, merkt er zum ersten Mal seit langem wieder, dass er lebt. Der Manga ist ja episodenhaft aufgebaut, ich bin gespannt, ob es bei der Serie genauso sein wird.
    Man sollte aber mit japanischen Dramas vertraut sein, um die Serie zu schätzen, denke ich, der breiten Masse würde sie wahrscheinlich eher nicht zusagen. Ich werde mir die restlichen Folgen auf jeden Fall anschauen.

    Zitat Zitat von Kulturkerbe Beitrag anzeigen
    Spanien hat in der Tat auch einen nicht zu unterschätzenden Manga-Markt, aber, du sagtest es ja bereits, die Veröffentlichungen sind zumindest gefühlt leider deutlich zurückgegangen. Ich weiß nicht, ob es an der Wirtschaft liegt oder am nationalen Manga-Markt, schade ist es in jedem Fall.

    Vorallem der spanische Arm des französischen Verlagshauses Glenat, Editores de Tebeos, veröffentlicht viele der in Frankreich veröffentlichten Seinen-Titel auch in Spanien. Beispiele sind die Golgo 13-Kompilationen oder die Werke von Shintaro Kago, Hiroshi Hirata und viele weitere.

    Nach Frankreich und Italien sicherlich der drittinteressanteste Manga-Markt Europas für Leser mit Interesse an Seinen-Manga.
    Nur scheint Editores de Tebeos nun völlig vom Markt zu verschwinden. Nachdem sie 2012 die Rechte an den Shueisha Titeln verloren, ging es mit dem Verlag in Spanien nur noch bergab. Die Facebook Seite wurde das letzte Mal im März aktualisiert, die Homepage selbst existiert nicht mehr...

    Ich denke, dass Spanien genug potenzielle Fans hätte. Ich war letztes Jahr in Madrid auf der Convention Japan Weekend in Madrid und man fand dort Fans aller möglichen Alterklassen. Gerade auch diejenigen, die sich für das Seinen-Segment interessieren könnten, haben sich ihrem Hobby nicht abgewandt. Aber Manga in Spanien sind für viele inzwischen unerschwinglich geworden. Eine Freundin von mir, ebenso alt wie ich, meinte letztes Jahr, dass sie natürlich gerne wieder Manga kaufen würde, sich ohne Job aber einfach keine leisten kann. Am Ende sind Manga eben Luxusartikel.

  20. #20
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    Ich habe mir gestern die erste Folge angeschaut und ich muss sagen, dass die Serie schon recht speziell ist. In der ersten Folge ging es um einen Mann, der nur arbeitet, um seinen drei Ehefrauen den Unterhalt bezahlen zu können. Er möchte Selbstmord begehen, traut sich jedoch doch nicht. Als er die seltsame Frau kennen lernt und mit ihr essen geht, merkt er zum ersten Mal seit langem wieder, dass er lebt. Der Manga ist ja episodenhaft aufgebaut, ich bin gespannt, ob es bei der Serie genauso sein wird.
    Man sollte aber mit japanischen Dramas vertraut sein, um die Serie zu schätzen, denke ich, der breiten Masse würde sie wahrscheinlich eher nicht zusagen. Ich werde mir die restlichen Folgen auf jeden Fall anschauen.
    Vielen Dank für die Eindrücke. Die Episodenhaftigkeit scheint dem Manga entlehnt zu sein, wie ich den Infos aus dem Netz entnehmen kann. Die von dir beschriebene Geschichte ist jedoch nicht Inhalt des ersten Manga-Bandes, auch wenn sich die Geschichten im Aufbau, wie gesagt, sehr ähneln.

    Nur scheint Editores de Tebeos nun völlig vom Markt zu verschwinden. Nachdem sie 2012 die Rechte an den Shueisha Titeln verloren, ging es mit dem Verlag in Spanien nur noch bergab. Die Facebook Seite wurde das letzte Mal im März aktualisiert, die Homepage selbst existiert nicht mehr...

    Ich denke, dass Spanien genug potenzielle Fans hätte. Ich war letztes Jahr in Madrid auf der Convention Japan Weekend in Madrid und man fand dort Fans aller möglichen Alterklassen. Gerade auch diejenigen, die sich für das Seinen-Segment interessieren könnten, haben sich ihrem Hobby nicht abgewandt. Aber Manga in Spanien sind für viele inzwischen unerschwinglich geworden. Eine Freundin von mir, ebenso alt wie ich, meinte letztes Jahr, dass sie natürlich gerne wieder Manga kaufen würde, sich ohne Job aber einfach keine leisten kann. Am Ende sind Manga eben Luxusartikel.
    In der Tat, Manga sind Luxusartikel. Ich kenne mich in der spanischen Wirtschaft nicht gut genug aus, um es vernünftig beurteilen zu können, aber aus Beispielen anderer Länder - und der eigenen Erfahrung - ist mir bekannt, wie teuer Manga sein können. Das kann man sich in der derzeitigen Lage wohl nicht leisten, bedauerlich aber verständlich. Ich gehe dann davon aus, dass nicht nur der Seinen-Markt sondern der gesamte Manga-Markt Spaniens im Volumen geschrumpft ist?
    Ich weiß, dass die Arbeitslosigkeit vor Älteren nicht Halt macht, aber hielt ich insbesondere die jüngere Generation davon betroffen. Ein Kurzschlussgedankengang meinerseits wäre gewesen, den Seinen-Markt im Vergleich zu den anderen Segmenten im Wachstum zu sehen, da ältere Leser eine sicherere Einnahmequelle und damit höheres Konsumverhalten vorweisen würden - somit der Prozentsatz verkaufter Seinen-Manga im Vergleich zum Gesamtabsatz steigen müsste. Aber wahrscheinlich ist das eine sehr simple und nicht besonders durchdachte Mutmaßung gewesen und die Existenzangst bzw. die Hemmung zu konsumieren greift in allen Bevölkerungsschichten um sich, ergo ein allgemein schrumpfender Markt.

  21. #21
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    Shinjuku Swan von Ken Wakui
    erschienen im Seinen-Magazin Young Magazine (dort werden/wurden unter anderem auch veröffentlicht: GTO Paradise Lost, Montage, HandsxTrash, Prison School, Green Blood) beim Verlag Kōdansha
    abgeschlossen in 38 Bänden
    Erscheinungsjahr: 2005




    Inhaltsangabe:
    Tatsuhiko Shiratori (Shiratori ist japanisch für Schwan) ist ein 19-jähriger Versager. Mit dem letzten Hab und Gut in seinen Taschen – dieses beläuft sich auf eine 100-Yen-Münze, weniger als 1 Euro – durchstreift er, von Reichtum, schönen Frauen und Macht träumend, das Rotlichtviertel von Shinjuku (neben Shibuya und Minato einer der berühmtesten Stadtbezirke Tokios). Das erwähnte Vermögen rollt ihm aus den Händen, direkt unter die Schuhe eines übel dreinblickenden Mannes. Dieser ist ganz und gar nicht erfreut darüber, als ihn Tatsuhiko bittet, etwas Platz zu machen. Es kommt zum Eklat – Tatsuhiko wird die Mütze vom Kopf gezogen, zum Vorschein kommt seine wenig dezente Dauerwelle. Für den Mann und die ihn begleitende Truppe ein willkommener Grund Tatsuhiko auszulachen. Dieser schlägt als Reaktion darauf zu und hebt im Nachgang seine Münze vom Boden. Die Truppe lässt sich dies natürlich nicht gefallen und Tatsuhiko erhält im Gegenzug eine ordentliche Abreibung. Doch bevor es zu mehr als ein paar Blessuren kommen kann, stoppt der charmante Mako mit wenigen eindringlichen Worten das Schauspiel.

    Mako lädt Tatsuhiko zum Essen ein – dieser nimmt es, üblicherweise ohne Mittel sich etwas Leckeres kaufen zu können, gerne an. Als Tatsuhiko den Mann mit der Narbe im Gesicht fragt, weshalb er dies alles für ihn mache, begründet es Mako damit, dass Tatsuhiko niedlich sei – dies, auf Tatsuhikos Schock hin, erläuternd, jedoch nicht in Makos sexuellem Interesse, sondern in dem vieler Frauen. Und so beginnt es - so erhält Tatsuhiko Shiratori ein gut bezahltes Jobangebot als sogenannter Scout für die Firma „Bust“.



    Eigene kurze Meinung:

    Mizu Shōbai
    Fūzoku
    AV


    Die Dreifaltigkeit dieses Mangas.

    Um die Begriffe kurz zu erläutern: Mizu Shōbai beschreibt die generell nicht mit sexuellen Dienstleistungen in Verbindung gebrachte Erwachsenenunterhaltungsbranche. Darunter fallen Hostess- und Host-Clubs genauso wie Snack-Bars und ähnliche Etablissements. Fūzoku beschreibt im Gegenzug dazu die japanische Dienstleitungsbranche mit sexuellem Schwerpunkt– hierunter fallen Soaplands, (Delivery)-Health- und Image-Clubs genauso wie Pink Salons. AV dürfte vielen als Abkürzung geläufiger sein und steht für Adult Video, im Grunde die professionelle japanische Porno-Szene. Wer zu den einzelnen Begriffen mehr wissen will, den verweise ich auf das Internet, würde es hier ansonsten den Rahmen sprengen.

    Tatsuhiko hat als Scout den Auftrag, passende (und willige) Frauen für eben genau diese drei Branchen ausfindig zu machen, sie zu überzeugen und anzuheuern. Damit einhergehen ab und an Aufgaben, die man einem Zuhälter vielleicht in ähnlicherweise zuschreiben würde. Sein Aussehen dient dabei als Aufhänger, dass ihm die Frauen überhaupt zuhören. Von Mako lernt er sehr zügig all die Feinheiten, um die Frauen, die sich so in Kabuki-chō tummeln, um den Finger zu wickeln.

    Die Geschichte ist Anfangs noch benetzt mit subtilem Humor, wird später jedoch in Teilen erschreckend düster. Die Ausbeutung und Leiden der Frauen, das Nachwirken ihrer Aktivität in der Sexbranche, die Skrupellosigkeit, die Korruption und die Misshandlung durch die Männer werden explizit dargestellt. Jede der genannten Branchen kriegt ihr Fett weg, alle Themen werden angeschnitten und das Ganze natürlich nie ohne einen gewissen Unterhaltungsfaktor beizubehalten. Ken Wakui stellt niemanden an den Pranger, lässt einen über die noch immer sehr aktive japanische Sex- und Unterhaltungsindustrie jedoch auch grübeln. Der Manga bleibt dennoch stets ein Unterhaltungsmedium und sollte auch als solches gesehen werden – trotz kritischer Untertöne. Das Ganze in der Verarbeitung ähnlich Manabes Kredithai-Manga Yamikin Ushijima-kun, wenn auch für mich deutlich leichter verdaulich.

    In späteren Bänden gibt es auch längere Handlungsbögen zu einem bestimmten Thema, ähnlich anderen Shōnen- und Seinen-Manga. Dabei erlebt man das tragische Schicksal einiger Charaktere mit, die oft in dramatischer Weise, aber dennoch nie überspitzt, das Zeitliche segnen. Angesprochen hatte ich auch erschütternde Szenen, wie den Drogenverfall einer Frau, die im Rausch die Kontrolle über ihren Körper verliert – und als williges Spielzeug der Männer dient. Ihr Verfall gipfelt in einem recht blutigen Finale. Solcherart Szenen sind in den fast vierzig Bänden natürlich in unterschiedlichster Ausführung verarbeitet und lassen einen zweimal darüber nachdenken, ob man für einen Charakter wie Tatsuhiko Sympathie empfinden kann. Natürlich hat der junge Mann anfänglich seine Ideale, die jedoch durch den Druck der Außenwelt und seiner eigenen Geldgier zunehmend verwischen, verblassen. Bald kann zwischen ihm und den anderen Beteiligten nicht mehr groß unterschieden werden und das gibt dem Titel „Shinjuku Swan“ eine morbide Ironie. Das anfänglich reine, weiße Federkleid Tatsuhikos erhält im Laufe der Geschichte immer mehr dunkle Flecke, und ein Kokuchō, ein Trauerschwan, wäre vielleicht eine sinnbildliche Metamorphose des Titels gen Ende hin.

    Der Zeichenstil ist realistisch mit einer in meinen Augen leicht skurrilen Charaktergestaltung. In den Panels liegt ein klarer Fokus auf den Gesichtern. Hintergründe sind, seinen-typisch, wenn benötigt, detailliert dargestellt, wobei in vielen der Close-Ups ganz darauf verzichtet wird. Die Aufmachung der Bände ist standardtypisch, die Cover finde ich persönlich sehr schön, kann aber verstehen, wenn das genaue Gegenteil als Eindruck entsteht. Nacktheit wird nicht beschönigt oder versteckt, jedoch muss man Wakui positiv anmerken, dass trotz der Thematik verhältnismäßig wenig nackte Brüste, Schamhaare und Hintern zu sehen sind. Ganz darauf verzichtet er jedoch auch nicht. Erwähnt sei auch, dass er in bestimmten Szenen einen Mosaikfilter, ähnlich dem, den man aus japanischen Pornofilmen zum Unkenntlichmachen der Geschlechtsteile kennt, nutzt.

    Ich möchte noch kurz den bereits angesprochenen subtilen Humor zu Beginn des Manga mit einem Beispiel aus den ersten Seiten verdeutlichen:
    Nachdem Tatsuhiko den Mann, der auf seiner Münze gestanden und über seine Haare gelacht, geschlagen hatte, antwortete er mit den Worten „Lacht nicht! Diese natürliche Dauerwelle (Tenpa, 天パー) habe ich von meiner Oma geerbt!“
    Das Wortspiel: Tenpa kann, umgangssprachlich für „natürliche Dauerwelle“, auch anders gelesen das englische Wort „temper“ bedeuten. Tatsuhiko hat sein leicht reizbares Temperament, welches ihn dazu veranlasst hat, sofort zuzuschlagen, scheinbar damit begründet, dass er es so von seiner Oma vererbt bekommen hat.  

    Natürlich ist in einem derart im Milieu verhafteten Werk unumgänglich, einiges über die Praktiken, Begriffe und Abläufe in diesen Branchen mitzubekommen – das ist für jemanden der Interesse daran hat, sicherlich ein großes Plus. Milieuausdrücke werden zudem bei Bedarf in Fußnoten erklärt. Man muss sich das Ganze ähnlich einem Sport-Manga oder anderen Themen-Manga vorstellen, die über die verschiedenen Taktiken, Fakten und Tricks innerhalb des behandelten Gebiets berichten und unterrichten.

    Leider hat der Manga im Westen noch keine Lizenzierung erfahren und ich sehe – geschuldet primär der Länge und sekundär der Thematik – auch keine große Chance für eine Veröffentlichung außerhalb Asiens. Trotzdem habe ich mich entschlossen, den Manga vorzustellen, da er im Großen und Ganzen ein sehr interessantes Themengebiet abhandelt, welches man in Seinen-Manga, die im Westen veröffentlicht werden/wurden, nur selten in diesen Details sieht.

    Außerdem besteht zumindest Hoffnung auf die Veröffentlichung der für 2015 angekündigten Kinoverfilmung von Sion Sono – demjenigen, der sich bereits für die Manga-Verfilmungen „Himizu“ & „Suicide Club“, den großartigen "Love Exposure" sowie "Guilty of Romance" oder "Cold Fish" verantwortlich zeigte. Allesamt Filme, die wir auch in einer deutschen Veröffentlichung vorliegen haben.



    PS. Es gab bereits eine Live-Action-Serie zu dem Manga mit insgesamt 6 Episoden auf TV Asahi im Jahr 2007. Die Rolle des Tatsuhiko Shiratori hat in der TV-Serie Yosuke Kawamura übernommen. Im Film wird ihn Gō Ayano darstellen.

    Geändert von Kulturkerbe (12.08.2014 um 01:34 Uhr)

  22. #22
    Mitglied Avatar von Schreibfaul
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    Sehr interessanter Thread.
    Welcher wiederum bestätigt, dass der Seinen Markt in D in den Kinderschuhen steckt, wenn überhaupt (auch wenn manche hier immer wieder das Gegenteil behaupten).
    Symptomatisch auch, wie wenig Reaktionen es hier von anderen Manga Lesern gibt.

  23. #23
    Alumna (ehemaliges Teammitglied) Avatar von Minerva X
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    Vielleicht entsprechen die Werke aber auch nicht unbedingt dem individuellen Geschmack...? Wenn man sich andere Märkte ansieht, wird man dort genauso entdecken, dass Erwachsene nicht unbedingt schwere, deprimierende, düstere hochtrabende oder Sparten-Werke bevorzugen. Dazu noch der schwere Stand der Comics in Deutschland...wo man mit Freuden umlabelt, um den jeweiligen Werken den Anstrich eines Anspruchs zu verpassen (graphic novel).

    Für mich persönlich klingt in diesem Thread ad hoc nur Thanatos interessant, Sakomoto ganz vielleicht. Werke in der Richtung von Lone Wolf&Cub wurden ja bisher hier nicht erwähnt.

    Und 2 der vorgestellten Werke wurden ja in Deutschland veröffentlicht.

    @Kulturkerbe: Alle Achtung. Du gibst dir sehr viel Mühe, die Werke vorzustellen und zu präsentieren.
    Like a Dream - Forum für BL, Yaoi, Shonen-Ai, Homoerotik - und Girls Love

    PKT=Persönliche Knallertitel (=was man subjektiv grandios fände, aber nicht unbedingt die Riesenmasse)

    Titelwünsche: Ai no Kusabi (ein BL-Klassiker), Aijin Incubus, Deadlock (Novel), Ilegenes, Kiseiju (Parasyte), Lucky Dog, S, Togainu no Chi, Zone-00; etwas von Akira Norikazu

  24. #24
    Mitglied Avatar von Murasaki
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    Zitat Zitat von Kulturkerbe Beitrag anzeigen
    In der Tat, Manga sind Luxusartikel. Ich kenne mich in der spanischen Wirtschaft nicht gut genug aus, um es vernünftig beurteilen zu können, aber aus Beispielen anderer Länder - und der eigenen Erfahrung - ist mir bekannt, wie teuer Manga sein können. Das kann man sich in der derzeitigen Lage wohl nicht leisten, bedauerlich aber verständlich. Ich gehe dann davon aus, dass nicht nur der Seinen-Markt sondern der gesamte Manga-Markt Spaniens im Volumen geschrumpft ist?
    Ich weiß, dass die Arbeitslosigkeit vor Älteren nicht Halt macht, aber hielt ich insbesondere die jüngere Generation davon betroffen. Ein Kurzschlussgedankengang meinerseits wäre gewesen, den Seinen-Markt im Vergleich zu den anderen Segmenten im Wachstum zu sehen, da ältere Leser eine sicherere Einnahmequelle und damit höheres Konsumverhalten vorweisen würden - somit der Prozentsatz verkaufter Seinen-Manga im Vergleich zum Gesamtabsatz steigen müsste. Aber wahrscheinlich ist das eine sehr simple und nicht besonders durchdachte Mutmaßung gewesen und die Existenzangst bzw. die Hemmung zu konsumieren greift in allen Bevölkerungsschichten um sich, ergo ein allgemein schrumpfender Markt.
    Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass der durchschnittliche Seinen-Manga Leser um die 25-30 ist, dann gehört er genau zu der Gruppe, die keinen Job hat und noch im Elternhaus wohnen muss, dementsprechend also eher ganz andere Sorgen hat, als Manga zu konsumieren.

    Allgemein ist der Markt geschrumpft. Von so vielen Lizenz-Neuankündigungen wie hier in Deutschland kann man in Spanien nur noch träumen. Ganz gut konnte man es auch anhand des Verschwinden der Mangazeitschriften erkennen.

    Zitat Zitat von Schreibfaul Beitrag anzeigen
    Sehr interessanter Thread.
    Welcher wiederum bestätigt, dass der Seinen Markt in D in den Kinderschuhen steckt, wenn überhaupt (auch wenn manche hier immer wieder das Gegenteil behaupten).
    Symptomatisch auch, wie wenig Reaktionen es hier von anderen Manga Lesern gibt.
    Dafür, dass der deutsche Markt sehr viel kleiner ist, als beispielsweise der französische, hat auch der deutsche Markt inzwischen einiges zu bieten. Klar, es wäre schön, wenn sich noch einiges tun würde, gerade auch im Josei-Bereich, aber ich persönlich bin froh, dass sich überhaupt etwas tut.

    Ich denke, viele "ältere" Leser springen nicht unbedingt auf die Seinen/Josei Schiene. Es ist ja nicht so, dass man irgendwann sagt: "Das höre ich jetzt auf zu lesen, ich lese jetzt was anderes." Klar, der Geschmack ändert sich über die Jahre, aber nicht immer gleich um 90 Grad. Ich persönlich habe einen sehr weitgefächerten Geschmack, was Zielgruppen, Zeichenstile und Genre angeht, ich mag das, was viele als "anspruchsvolle Manga" betiteln genauso, wie eher seichte Lovestorys, Borderline-Manga oder Action. Da bin ich aber ganz sicher eher die Ausnahme.

    Zitat Zitat von Minerva X Beitrag anzeigen
    Vielleicht entsprechen die Werke aber auch nicht unbedingt dem individuellen Geschmack...?
    Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Mir sagen viele Titel im Thread auch nicht unbedingt zu. Und das, obwohl ich wirklich vielen Genres offen gegenüber bin.
    Geändert von Murasaki (12.08.2014 um 10:15 Uhr)

  25. #25
    Mitglied Avatar von Masayuki
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    Zitat Zitat von Murasaki
    Dafür, dass der deutsche Markt sehr viel kleiner ist, als beispielsweise der französische, hat auch der deutsche Markt inzwischen einiges zu bieten. Klar, es wäre schön, wenn sich noch einiges tun würde, gerade auch im Josei-Bereich, aber ich persönlich bin froh, dass sich überhaupt etwas tut.
    Kann ich so zustimmen. An und für sich finde ich den deutschen Mangamarkt, nach mehr als 4 Jahren, mittlerweile sehr vielfältig. Als ich vor vier Jahren angefangen habe, gab es nicht annähernd so viel Auswahl an Genre, wie heute. Auch was im Monat erscheint hat sich zum Teil verdoppelt. Natürlich ist unser Mangamarkt noch nicht perfekt und in Frankreich, USA, Korea und Taiwan erscheint immer noch mehr, aber für deutsche Verhältnisse geht es mittlerweile in Ordnung. Ich finde, es müsste eigentlich nur noch der Seinen/Josei-Bereich (und vllt der Yuri-Bereich) ausgebaut werden... Aber ich bin da guter Dinge: Denn die jetzigen Leser werden alle älter, daher müssen die Verlage früher oder später diese Sparte ausbauen, damit sie die Leser behalten wollen.


    Zitat Zitat von Minerva X
    Vielleicht entsprechen die Werke aber auch nicht unbedingt dem individuellen Geschmack...?
    So ist es bei mir... Ich muss ehrlich zugeben, von allen Titel, die hier vorgestellt wurden und ich habe mir alle angeguckt, interessiert mich nur Umimachi Diary. Leider ist vieles hiervon nicht mein Geschmack und vermutlich auch nicht von der breiten Masse...
    Wunschliste:
    ~Alive: Saishuu Shinkateki Shounen,
    Amnesia Labyrinth, Angel Beats! Heaven's Door,
    Hentai Ouji to warawanai Neko,
    Hito Kui, Usagi Drop, Sakurasou no Pet na Kanojo, Watamote~

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