Ein Kaktus ist kein Lutschbonbon, BRD 1981, Regie: Rolf Olsen
Dieser Film hat mir ins Gehirn geschissen.
Manchmal sehe ich heutige "normale" Filme, wie letztens Jaume Collet-Serras THE WOMAN IN THE YARD, der ist ganz okay, aber eben ein achtsamer Trauerbewältigungs-Horrorfilm, eigentlich völlig belanglos und vergessenswürdig. Und dann wieder sowas wie diese Lisa-Produktion. Da muss ich an manchen Stellen kurz stoppen und innehalten, da denke ich "das kann doch nicht wahr sein... habe ich das jetzt gerade wirklich gesehen?" Hier fällt einem praktisch nichts mehr ein.
Der "Plot" ist ein Mysterium. Jürgen Drews (der nominelle Hauptdarsteller, der aus gutem Grund nur relativ selten auftaucht, dazu gleich) ist ein Zeichner, der für ein "Herrenmagazin" den Comic Als die Bayern noch Schwänze hatten erstellt. Blond-Locken-Köpfchen Barbara May lässt eine Ausgabe in einer Telefonzelle liegen, damit Drews die Reaktionen der Personen, die das Pornoheft finden, fotografieren kann. Aber dann hat sie noch ein paar Tausend Mark darin vergessen und es kommt zu allerhand "lustigen" Verwicklungen.
- An einer Straßenecke stehen irgendwelche Penner, einer hält ein Schild hoch mit der Aufschrift "Student aus Teheran sucht Geisel mit reicher Familie".
- Ein Freund von Drews torkelt auf Rollerskates durch die Gegend und legt u.a. ein Café in Schutt und Asche, in dem zwei alte Damen sich Kuchen reinschieben wie in einer Hieronymus-Bosch-Version von Udo Jürgens' "Aber bitte mit Sahne" und ein Mega-Fettsack ("Sechs Sahnetorten bitte!") selbstverständlich die volle Ladung in die Fresse kriegt.
Wieder draußen auf der Strasse rollt er in eine Gruppe von Zauselbart-Hippie-Demonstranten mit Transparenten wie LIGA DER LEISTUNGSVERWEIGERER und RENTE FÜR JEDERMANN, die skandieren: "Wir brauchen Geld für Schnaps und Bier - auf Arbeitsplätze scheißen wir!"
Es gibt diverse Ausländerwitze und selbstredend wieder eine Schwulen-Einlage mit der Lisa-Tucke vom Dienst Werner Röglin (obwohl im selben Jahr Roger Fritz' FRANKFURT KAISERSTRASSE mit dem von Kurt Raab gespielten Character auch eine nicht-stereotype Darstellung eines Homosexuellen enthielt). Der Film wirkt ohnehin, als ob weite Teile des "Drehbuchs" von heftig pubertierenden Schülern geschrieben worden wären.
Bisweilen könnte man - auch anhand weiterer Politik-Witze - auf die Idee kommen, das Ganze tendiere zum Reaktionären. Andererseits jedoch ist hier einfach ALLES nur freifließender Schwachsinn und eine Gruppe von offenbar CSU-Kumpanen wird auch nicht gerade als besonders helle dargestellt; die lässt der Film ähnlich auflaufen wie die Typen in Loriots ÖDIPUSSI ("Das ist ein ganz heißes Eisen. Ein ganz heißes Eisen!"). Nur erheblich primitiver natürlich.
Das Sex-Mag wird in der Telefonzelle u.a. gefunden von einem Jungspund, dem die Hose anfängt zu qualmen (!), einer Frau, die sich gleichzeitig von einer Gurke in der Einkaufstüte, ähm, am Popo penetrieren lässt, sowie Heinz Eckner (AM LAUFENDEN BAND) als Pfarrer, der ebenfalls fröhlich erregt das Unheil in die Welt hinausträgt. Später macht es die Runde bei den zahlreichen migrantischen Arbeitern, die ihre Frauen so in einer SENDUNG DER LYSISTRATA-Variante zum Sexstreik veranlassen sowie die Arbeit niederlegen, also eine Art Generalstreik auslösen...
Wie Barbara May als Gaby schon feststellen musste, als sie ihre verlorenen Moneten suchend diverse Personen auf der Straße befragte, darunter einen fließend bayerisch redenden Schwarzen mit Tirolerhut und Lederhose (den sie natürlich in einem Pidgin-Deutsch ansprach; ja, das ist der alte Joke wieder):
"Hier gibts außer Preußen nur noch Ausländer. Bis auf die Neger und die sind Bayern." Schnitt. Kinder pissen in den Tank von Drews' Ente, weil dieser sie zuvor weggejagt hatte.
Da muss man auch noch mal kurz festhalten: Jürgen Drews ist nicht in der Lage, einen akustisch verständlichen Satz von sich zu geben, das ist wirklich eine der unfähigsten Darstellerperformances des Jahrmilliardes. Von dem ungeheuerlichen Soundtrack - in dem der Drews-Song (!) noch das Unverfänglichste ist - fange ich jetzt gar nicht erst an.
Ich muss jetzt zum Lalla-Doktor.
Dieses Ungetüm ist völlig mental.![]()
Lesezeichen