Ruhig und umsichtig stellte Fatimah die Büste ab und wandt sich wieder in Christines Richtung. Nachdenklich und anscheinend befremdet strich sie sich mit dem Daumen der linken Hand über ihr Kinn. "Warum aber glaubt ihr, dass jener, den ihr zurückholen wollt, die Gabe der Schöpfung noch haben sollte? Wieso sollte es ihm besser ergehen?" Ihr Einspruch wirkte allerdings, so schien es Christine, halbherzig. Er war valide, doch zugleich schien sie - wie die Sängerin es erhofft hatte - durchaus nachempfinden zu können, welche Beweggründe sie hatte.
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Bilder, die er längst so gut es ging aus seinem Geist verbannt hatte, holten Markus so schlagartig ein, dass die Wucht ihn fast zusammenbrechen ließ. War es möglich? War das Spiel des Schicksals so perfide, dass er hier und heute, nachdem er durch puren Zufall in seinem "Heimatland" gelandet war, mit einem Mal auch seinem Schöpfer - oder vielmehr seiner Schöpferin, wie sich soeben herausstellte - begegnete? Er erinnerte sich an das Gefühl, dass ihn überkommen hatte, als er die aufdringliche Frau zuvor im Gang erblickt hatte - war es sein Instinkt gewesen, der ihn sie hatte erkennen lassen?
Sein Kopf brummte wie nach einem Rausch, doch Stück für Stück brachte er seine Konzentration wieder unter Kontrolle, so dass er weiterhin mitbekam, was wenige Meter von ihm besprochen wurde. Offensichtlich hatte die Französin ihre ganz eigenen Pläne und es erschien ihm zweifelhaft, ob sie dem gemeinsamen Ziel dienten - oder mehr ihren eigenen.
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Frozes Augenbrauen zogen sich zusammen. Unbeeindruckt machte er einen Schritt auf das Mädchen zu und suchte ihren Blick. Als Lykahn das Wort erhob, sah er kurz auf und in dessen Richtung. "Korrekt", erwiderte er, und setzte dann hinzu: "doch es geht nicht um den Kampf in der Gasse." Dann blickte er wieder zu Gabrielle. "Oder?"
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Foxx
Jareth saß unterdessen wieder allein in seiner Behausung. Nachdem sie die Neunkömmlinge beobachtet hatten, hatte Lys'bila eine plötzliche Unruhe überkommen und sie hatte ihn darauf vertröstet, die Unterhaltung ein andernmal weiter zu führen.
Was ihn aber seither weitaus mehr beschäftigte war ein eigenartiges Gefühl, welches ihn beim Anblick der einen Frau in der Gruppe befallen hatte. Es war ein seltsames Gefühl der Vertrautheit gewesen, als träfe er eine Person, die zu ihm gehörte, wie eine verlorene Schwester, von der man nie gewusst hatte, die man aber doch instinktiv erkannte ...
Einem plötzlichen Bedürfnis nachkommend stand er auf und schritt nach draußen, fest entschlossen diese "fremde Bekannte" zu suchen - vielleicht kannte er sie in der Tat? Sein Gedächtnis und seine Erinnerung waren verschüttet worden, vielleicht war diese Frau tatsächlich eine Person aus seiner Vergangenheit und konnte ihm helfen?
Als er nach draußen ging und den Gang hinabschritt, sah er, wie weiter hinten, dort wo der Weg sich nach links zu den Waschräumen und rechts zu den Hypostylen und zur Mystikothek verzweigte, ausgerechnet jene Person vorbeischritt, die er aufzusuchen gedachte ...
Der Gang führte Amaryllis einige dutzend Schritt weiter dem Gang gefolgt war, den nur mehr wenige Fackeln säumten, so dass Düsternis sie weitestgehend umfing, hörte sie bereits eine Art Rascheln und Rumpeln. Kurz darauf öffnete sich nach links hin ein halbrunder Raum, an dessen Wänden hohe hölzerne Regale standen, in denen allerlei Bücher, Keramikpötte, Phiole, Weidenkörbe und vielerlei anderen Dinge und Gerätschaften lagerten. In der Mitte standen zwei steinerne Tische und an einem dieser beiden stand eine Frau, kaum größer als Amaryllis selbst und ebenfalls Ägypterin und in alter Tradition mit einem brustfreien Leinenkleid bekleidet, während ihr Busen nur von vielerlei Perlen bedeckt war. Das goldene Band um ihre Stirn, das von braunem gewellten Haar gesäumt wurde, trug das Horusauge in der Mitte. Sie hatte mehrere der kleinen Töpfe auf dem Tisch verteilt und daraus verschiedenes entnommen, Kräuter, Erde, Gebeine und Käfer waren darunter, und war nun dabei, all dies in einer Schale mithilfe eines Stößels zu vermischen. Amaryllis spürte, wie die Kristallrose abermals leicht zu pulsieren begann.
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Charlene lauschte Willows Ausführungen wortlos. Die Hexe sah, wie sich der Blick des Mädchens zwischenzeitlich verfinsterte und ein Ausdruck des Trotzes in diese trat, so als sehe sie die Worte über ihre Eigenschaft als Quelle reiner Magie als Drohung oder Herausforderung. Doch sie schwieg weiter und hörte zu - bis Willow ihr Angebot aussprach. "Ich komme mit dir", erwiderte Charlene ohne zu zögern, "ich will lernen, was du mir beibringen kannst. Und auch ich vertraue nicht darauf, dass die übrigen hier in der Lage sein werden, zu vollbringen was auch immer wir tun müssten. Mich hält hier nichts."
Schließlich wandt sie sich ab und kehrte zu ihrer eigenen Schlafstatt zurück. Allerdings nicht ohne sich noch einmal umzudrehen. "Wenn du losziehen willst, bin ich bereit." Dann ließ sie Willow endlich schlafen. Sie hörte noch, wie eine weitere Person den Schlafsaal betrat, doch hatte sie nicht mehr die Energie aufzusehen. Stattdessen glitt sie binnen Sekunden in das Reich der Träume ...
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"Willow ... tu es nicht. Ich bitte Dich."
- "Ich habe es versprochen... es tut mir leid!"
Wie ein Hauch flüsterte Willow diese Worte, bevor sie nach einem scheinbar unendlichen Moment des Zögerns schließlich zustieß. Sie spürte, wie die Klinge den Körper traf, den kurzen Widerstand, das Nachgeben desselben, als das Metall in das Fleisch eindrang. Ein kurzes Zucken durchfuhr den starren Körper, nicht mehr. Kein Todesschrei erklang, kein Todeskampf wurde ausgefochten. Nur ein Zucken. Sie wusste, er war tot, noch ehe die aschgraue Haut zu zerfallen begann.
Sinara sprach kein Wort, sie stand stumm in der Tür, den Blick ins Nichts gerichtet. Schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, hob sie ihre Hand in einer undefinierbaren Geste, hielt inne und öffnete dann den Mund. "Ich kann nicht verurteilen, was du gerade getan hast. Doch ich fürchte, es war nicht klug."
„Es ist nicht an mir zu entscheiden, ob diese Handlung klug war - oder richtig. Ich habe sie nur ausgeführt.“ Sie hatte den Kopf wieder gehoben und sah nun direkt in Sinaras Augen, eine Entschlossenheit lag in ihrem Blick die weit größer war als jene mit der sie ihre Entscheidung Martok zu töten getroffen hatte.
Sinara ging an Willow vorbei in Richtung des Altars, ihre Augen huschten über das Gestein.
"Willow, ich investiere derzeit all meine Kraft um das Brechen der Barrieren, die uns von der dämonischen Sphäre trennen, hinauszuzögern. Ich werde bald Hilfe brauchen, um euch die nötige Zeit zu verschaffen." Sie strich sich langsam und auffällig bedacht eine ihrer tiefschwarzen Strähnen hinters Ohr. "Ich habe weitere Geschwister, doch wir haben uns schon so lange aus den Augen verloren. Vielleicht tun einige bereits das Ihre, doch ich werde versuchen müssen, sie zu finden um uns weiter Zeit zu verschaffen."
Willow zögerte einen Moment, noch immer stand sie im Türrahmen. Doch dann drehte sie sich um, ein Lächeln auf den Lippen. „Sagt mir einfach, was ich tun kann um Euch zu helfen. Ich würde zu gern behaupten, dass das Schicksal der Welt mich nicht kümmert. Doch das wäre gelogen… Bei der Suche nach euren Geschwistern würde ich gern helfen, doch ich finde nicht einmal Sterbliche."
Eine tiefe Traurigkeit trat in Sinaras Blick, ehe sie sich von Willow abwandt und die Arme hob und sich in die Luft zu erheben begann. Ein hässliches, überlegenes Lächeln hatte sich auf Connors Gesicht gelegt, während das der Vampirin emotionslos und stolz war. "Ich ... ich erkenne dich!", rief Sinara aus, während das Grinsen auf Connors Gesicht seine Siegesgewissheit verkündete. "Wie kannst du ...", sie keuchte, "wie kannst du hier sein? Crimson ..."
Dann wandt die Vampirin den Kopf zu denen, die sie selbst zusammengeführt und mit ihrer Mission beauftragt hatte. "Flieht", formten ihre Lippen stumm, "flieht und sucht die anderen!" Und Willow spürte, wie der Blick der Vampirin im Moment ihres Todes den ihren suchte ...