Before Watchmen 7: Dr. Manhattan
Wie die Zeit vergeht. Eben noch war die Reihe Before Watchmen erst angekündigt, und man fragte sich, ob man überhaupt weiteres Material dazu lesen sollte, und nun sind wir schon beim vorletzten Band der Reihe. Mittlerweile taucht die Frage des „ob“ nicht mehr auf, sondern hauptsächlich die Frage: Ist die Umsetzung gelungen, oder nicht?
Watchman, erdacht von Kultautor Alan Moore, war eines der kreativsten und einflußreichsten Superheldencomics aller Zeiten. Fast 3 Jahrzehnte später hat DC Comics gegen den Willen Alan Moores beschlossen, dem Meisterwerk mehrere Prequels zu geben, die die Geschichte vor den Ereignissen von Watchmen erzählen sollen, die Moore teilweise detailliert, teilweise nur mit Andeutungen erzählt hat. Mittlerweile hat sich herausgestellt, daß die Einzelbände handlungstechnisch durch einen roten Faden verbunden sind.
Für Before Watchmen wurden hochkarätige Zeichner und Autoren verpflichtet, z.B. Andy Kubert oder Brian Azzarello.
Die Vorgeschichte des einzigen Helden im Team mit Superkräften wird von J. Michael Straczynski erzählt, dessen „Nite Owl“ durchweg positiv aufgenommen wurde. Als Zeichner wurde Adam Hughes verpflichtet, der einen viel beachteten Run bei der Justice League of America hingelegt hatte.
Während viele der Bände von Before Watchmen meist vor oder parallel zu Handlung vom Original Watchmen stattfinden, hat sich JMS hier etwas ganz besonderes ausgedacht.
Dr. Manhattan, der aufgrund eines Unfalls mit Strahlung zum Überwesen wurde, ist ein fast allmächtiges Wesen. Wie die verschiedenen Kapitel einer CD kann er auf dem Zeitstrahl vor und zurück springen, und sich selbst beobachten. Dabei sehen wir klassische Szenen wie die mißglückte Teambildung, aber auch gänzlich unbekannte Szenen. Dabei hat Dr. Manhattan auch die Möglichkeit, verschiedene Szenarien durchzuspielen, und sich die Resultate anzusehen – einfach mal die Realität verändern. Eine Frage nagt in ihm. Was wäre, wenn er niemals Dr. Manhattan geworden wäre?
Fazit:
JMS hat die Vorlage von Alan Moore genau studiert, und fängt die Atmosphäre des Originals ein. Ein wenig verträumt, melancholisch und immer ein wenig unnahbar kommt Dr. Manhattan daher, zeigt aber, mit seinem Interesse an Silk Spectre, auch seine menschliche Seite. Dazu zitiert er klassische Szenen wie das erste Treffen der Crimebusters, aber man erfährt hier auch viel , was Moore nicht gezeigt, oder nur angedeutet hat.
Eine klassische Superheldenstory wurde hier glücklicherweise nicht inszeniert, obwohl es sehr einfach gewesen wäre, z.B. etwas über Dr. Manhattans Erlebnisse in Vietnam zu schaffen.
Doch JMS wollte mehr. Er brachte die Story auf eine metaphysische, philosophische Ebene, die mit Symbolen spielt.
Sehr präsent sind z.B. Uhren, Zeichen dafür, wie sehr Dr. Manhattan versucht, alles zu kontrollieren. Trotz seiner übermenschlichen Fähigkeiten ist er jedoch nicht fähig, die eigentliche Katastrophe hinter den Kulissen zu erkennen.
Ein weiteres, beliebtes Symbol sind Kisten, Synonym für die vielen Möglickeiten, in der sich das Leben entwickeln kann. Nichts also für Menschen, die an Dinge wie Schicksal, Bestimmung oder Vorsehung glauben.
Hughes hat eine guten Job gemacht, auch wenn seine Zeichnungen von Silk Spectre etwas üppiger ausgefallen sind als im Original.
In meiner persönlichen Rangliste ist der Band auf Augenhöhe mit Nite Owl anzusiedeln. DC hat bei seiner Wahl als doppelter Autor der Reihe Before Watchmen ein glückliches Händchen bewiesen.
Crossed 4 – Badlands
Als Autor Robert Kirkman 2003 seine Serie „The Walking Dead“ startete, konnte er nicht ahnen, dass die Serie auch zehn Jahre später noch laufen würde. Das Zombie-Thema war nicht zuletzt durch diverse B-Movies oft verwendet worden, aber Kirkmans Erzählweise mit dem gewissen Soapfaktor hält die Leser bei der Stange, und feiert als TV-Serie oder Spiel große Erfolge.
Garth Ennis hat die Thematik der Überlebenden, die durch eine feindlichen Umgebung ziehen, auch für die Serie „Crossed“ benutzt. Doch in der Welt von „Crossed“ gibt es keine Zombies, sondern Gefirmte, die an einem Kreuz auf ihren Gesicht zu erkennen sind, und nichts im Sinn haben außer Fressen, Sex und Folter – gern auch in Kombination. Wie bei Ennis zu erwarten, wurden diverse Grenzen überschritten, speziell bei der Darstellung der Gefirmten, die sich gern mit diversen Körperteilen schmücken, aber auch bei deren Foltermethoden. Nachdem die Serie mit Band 2 von David Lapham übernommen wurde, kehrt Gart Ennis nun in Band 4 zurück.
In diesem Band sind die Storylines „Badlands“ und „Homo Superior“ enthalten. Badlands beschreibt die Erlebnisse einer Gruppe von Überlebenden, die sich durch das britische Hinterland schlagen. Unterstütz werden sie von prominenter Seite, denn niemand anderes als Prinz Harry begleitet die Gruppe. Zumindest behauptet der rothaarige Halbstarke in Armeekleidung das, überprüfbar ist es jedoch nich, denn große Teile seines Gesichts sind verletzt. Für die Geschichte ist es jedoch nicht von Belang, denn die Gruppe flieht vor einigen Gefirmten, und wird immer mehr dezimiert... Können sie den Ansturm der kranken Horde standhalten?
Die 2. Geschichte stammt von Jamie Delano (Hellblazer).
Bei „Homo Superior“ handelt es sich nicht etwa um eine X-Men-Geschichte. In den Sümpfen Floridas hat sich eine Gruppe Rednecks verschanzt, die sich mit diversen Waffen und Lebensmitteln auf den Weltuntergang vorbereitet hatten. Neben diversen Orgien möchten sie nebenbei mit einigen Damen den „Homo Superior“ zeugen, die nächste Version des Herrenmenschen, wie die Rednecks ihn sich vorstellen. Als der Sohn des Anführers seine Wache vernachlässigt, und die Gefirmten das Lager angreifen, ist das Chaos perfekt. Doch auch andere Überlebende ziehen durch die Sümpfe...
Fazit:
Ennis ist zurück, und macht was er am besten kann: Massaker mit Spaß. Während man bei Lapham oft das Gefühl hatte, er würde die Geschichte nur um extreme Gewaltdarstellung herum schreiben, packt Ennis wieder tief in die Ideenkiste. Die Idee mit Prinz Harry macht viel Spaß, und das angebliche Ende der königlichen Familie könnte fieser nicht sein. Jacen Burrows liefert dazu gewohnt blutige Zeichnungen ab, wie wir es z.B. von „Die Chroniken von Wormwood“ gewohnt sind.
Auch bei Homo Superior“ gibt es Details, die einem ein bösartiges Grinsen aufs Gesicht zaubern. Die Darstellung von Rednecks im Sumpf könnten glatt von Ennis selbst sein, ähnliche Figuren hat er ja in Preacher bereits perfektioniert (z.B. in Goold old boys).
Die sehr unterschiedlichen Charaktäre sind es hier, die die Story interessant machen. Doch kaum hat man sich an sie gewöhnt, sind sie auch wieder verschwunden... Für die einen wird das die große Stärke der Serie sein, für andere die Schwäche. Mich freut es eher, denn ein 2. The Walking Dead braucht man nicht. Stattdessen kann sich hier jeder mit schwarzem Humor austoben, denn die Gefirmten bieten eine Menge an Möglichkeiten, die es bei Zombies nicht gibt.
Die Geschichten sind unabhängig von den restlichen Bänden zu lesen; Vorwissen ist nicht erforderlich.
Swamp Thing 3 – Das grüne Reich
Swamp Thing, erdacht von Len Wein und Bernie Whrightson, wurde in den 80ern mit Alan Moore als Autor von einer eindimensionalen Horrorfigur zu einer vielschichtigen Kreatur mit philosophischen Ansätzen.
Im Rahmen des DC Neustarts wurde nun Scott Snyder mit der Neuinterpretation des Sumpfdings beauftragt. Der Autor, der den meisten von American Vampire und Marvel Noir: Iron Man bekannt sein dürfte, ist einer der Shootingstars bei DC, und als Autor von Batman ebenfalls am Start.
Rückblick:
Mit dem DC-Neustart kam es zu einer Wiedergeburt: Alec Holland, der einst der Avatar des „Grün“ (also der symbolisierten Pflanzenwelt) gewesen war, wurde ins Leben zurück geholt. Eine große Gefahr bedroht die Erde, denn die „Fäule“, die sinnbildliche Verwesung und der Tod, ist erstarkt. Ein Revival erfährt auch die Liebe zwischen Swamp Thing und Abby, doch die Freude darüber ist nur von kurzer Dauer, den die Fäulnis hat Abby entführt, um sie zur Königin der Fäulnis zu machen. Abby wollte dies zwar nicht, aber die Veranlagung zur Fäulnis schlummerte schon seit Geburt in ihr. Die Fäule hat die Erde in ihrem Würgegriff. Die Früchte des Feldes verdorren oder verfaulen, zombiefizierte Tiere streifen durch die Wälder, und Insektenplagen biblischen Ausmaßes regnen auf die Menschheit nieder. Tod und Verzweiflung aller Orten, und die die einzige Hoffnung ist Swamp Thing, der eine Metamorphose durchführt. So wird Alec Holland zum Kriegerkönig des Grüns, und zieht mit Flügeln und einem Geweih aus Wurzeln ausgestattet in den Kampf mitten im Herzen der Fäule. Ihm zur Seite steht Buddy Baker, seines Zeichens der Avatar des Rot, also der Tierwelt. Doch als sie die Fäule angreifen wollen, haben sie ihr ungewollte das Tor in die Welt geöffnet.
Handlung:
Als Swamp Thing seine Augen aufschlägt, zweifelt er an seinem Verstand. Die Welt, wie er sie kannte, existiert nicht mehr. Die Fäule hat die Welt fast ausnahmslos überrannt. Auch die einst so mächtigste Justice League wurde besiegt, und nur noch wenige Überlebende sind auf dem verrottenden Planeten übrig geblieben. Poison Ivy und Deadman, die ihn gefunden haben, ziehen gemeinsam mit ihn nach Gotham, wo die letzte Hoffnung der Menschheit liegen soll. Doch wo ist Animal Man?
Fazit:
Mit diesem Band wird die Erzählung „Tote Welt“, die seit Band 1 aufgebaut wurde, zuende geführt.Snyder verzahnt die Storyline wieder mit vielen anderen DC-Figuren, z.B. der Justice Leage und den üblichen Verdächtigen aus Gotham. Dabei kommt es zu einigen Schlachten mit den aus den letzten Bänden bekannten Monstern der Fäulnis.
Mit dem verpaßten Jahr hat er die Erde in eine düstere Zukunft geführt, eine Art „Age of rotten Apocalypse“. Interessant zu sehen, wie sich die Welt weiter gedreht hat, was nicht jeder Figur gut bekommen ist. Da wäre ich sogar an einem Spin-Off, z.B. mit dem veränderten Gotham, interessiert.
Die Frage ist nun, ob Snyder bewußt einige offene Handlungsstränge wie die Armee von Robins im Dunkeln läßt, oder schlicht nicht beenden konnte, weil er nach der US-Nummer die Serie verlassen hat. Ich fühlte mich gut unterhalten, jedoch hatte ich am Ende das Gefühl, daß etwas anderes geplant gewesen war.
Man darf gespannt sein, was der neue Autor der Serie, Charles Soule, aus dem Sumpfding machen wird. Snyder hat ihm die Serie an einem Punkt übergeben, in der sich die Serie in alle Richtungen entwickeln könnte.