Zitat:
Ausgezeichnet als "Splash-Hit"!
Story: [...]
Meinung:
Das spanische Newcomer-Gespann Sergi Álvarez (Autor) und Sagar Forniés (Zeichner) beweisen mit ihrem bitterbösen Cop-Thriller nicht nur, dass sie mit allen Wassern des Comic Noirs gewaschen sind, sondern auch, dass sie das Genre erweitern können. Die in Spanien gefeierte Zusammenarbeit der hierzulande noch unbekannten Comickünstler ist bei schreiber&leser in der Reihe „noir“ erschienen.
Zunächst fällt die literarisch hohe Qualität der Kriminalerzählung auf. Der Autor gibt sich nicht mit den üblichen Zutaten zufrieden, sondern erschafft eine atmosphärisch dichte und stilistisch innovative Crime Noir-Story. In seinen Comicroman hat er beispielsweise literarische Texte eingeführt, die jeweils eine Haupt- oder Nebenperson in einer Rückschau tiefer beleuchten. Dieses Stilmittel lässt unvermeidbar an Alan Moore und sein Superhelden-Noir-Epos Watchmen denken. So beginnt und endet die Geschichte ähnlich wie Moores Klassiker mit dem Sturz des Opfers aus dem Fenster.
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Neben dem fortschrittlichen und vielschichtigen Erzählung, die immer wieder durch literarisch-satirische Gegenwarts- und Gesellschaftsanalysen ergänzt werden, brilliert Umsonst ist der Tod auch visuell in jeder Hinsicht. Forniés individueller Strich begeistert durch eine minimale Skizzenhaftigkeit und aquarellierten graustufigen Farbtönen. Durch diesen Verzicht auf eine schablonenhafte, monochrome Ästhetik, wie sie beispielsweise bei Sin City von Genre-Vorreiter Frank Miller zu finden ist, wird die narrative Vielschichtigkeit auch visuell aufgefangen. Niemand hat in dieser Story eine weiße Weste, alle Charaktere verlieren sich im Grau-Grau der Stadt, die dem Autor zufolge auch ohne Rauch und Abgase in reinstem Grau erstrahlen würde.
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Denn zu oft enttäuschen die gängigen Plot bereits nach einem Drittel, nämlich dann wenn, wie bereits der klassische Noir-Autor Raymond Chandler festgestellt hat, die Charaktere bereits nach einem Drittel ihre Identität verlieren und zu bloßen Namen reduziert werden. Das hat der preisgekrönte spanische Krimiautor Andreu Martin (Deutscher Krimi Preis 1993) im Vorwort dankenswerter Weise noch einmal betont. In Umsonst ist der Tod fällt in diesem Zusammenhang der häufige Einsatz von Spiegelungen auf, der einmal für die gegenseitige Durchdringung der unterschiedlichen Blickwinkel steht und zum anderen eben jenes Spiel mit der Identität thematisiert, das spätestens mit dem Running-Gag durch die Zwillingsbrüder, die für die Anti-Mafia-Einheit arbeiten, auf die Spitze getrieben wird, weil sie ständig mit dem (falschen) Vornamen des Bruders angesprochen werden, wodurch dieser Identitätsverlust ad absurdum geführt wird.
In Spanien war der Erfolg von Umsonst ist der Tod überraschenderweise so groß, dass die beiden Comickünstler derzeit an einer Fortsetzung mit dem Arbeitstitel „Unfinished Business“ arbeiten. Gehobene Papierqualität, gebundener Einband und selbst quantitativ überzeugende 143 Seiten sorgen für ein mehr als faires Preis-Leistungsverhältnis, das keine Sammlerwünsche mehr offen lässt und Umsonst ist der Tod zum besten Titel in der „noir“-Reihe macht. Einziger, aber verkraftbarer Wermutstropfen ist die nicht gut gewählte Coverabbildung, die dem genialen Inhalt nicht gerecht wird und fast einen durchschnittlichen Genre-Titel erwarten lässt.
Fazit:
Umsonst ist der Tod ist ein großer Comicroman, der nicht nur für Genre-Liebhaber, sondern auch für Leser komplexer und/oder innovativer Geschichten eine absolute Pflichtlektüre ist. Eine geniale und künstlerische grafische Umsetzung des Comic Noirs ergänzt außerdem das literarisch anspruchsvolle, aber auch verspielte und unterhaltsame Comicwerk der beiden spanischen Newcomer, von denen künfitg sicherlich noch mehr kommen wird.