Zitat von
Uhrviech
Also ich bin in der Frage der Sekundärliteratur so ziemlich bei dir, auch wenn ich einen Teil davon besitze oder vertreibe. Als Mosaik/Digedags-Fan braucht man das nicht wirklich und kann sich evtl. sogar viel mehr an den Abenteuern und Protagonisten erfreuen wenn man sich lediglich auf die Hefte und ggf. noch die geschichtlichen Hintergründe konzentriert. Aber das ist Ansichtssache. Wem das nicht reicht, greift vielleicht zusätzlich noch nach allen Informationen die im Zusammenhang mit dem Objekt der Begierde stehen. Und da ist die Sekundärliteratur ein wichtiges Spielfeld und hebt das Hobby auf eine „höhere (?)“ Stufe. Andere Fans horten jeden schriftlichen oder digitalen Querverweis auf ihr Hobby – was ggf. auch ziemlich absurde Auswüchse annehmen kann. Wer seine Sammlung vordergründig als Wertanlage sieht, entfernt sich zumindest mit einem Bein von seinem Fan-Status – finde ich. Aber sicher kann man auch das nicht generell so sagen. Jeder hat so seine eigene kleine Macke – du z.B. treibst die Mosaik-Buchbinderei auch weiter als man es von einem „normalen“ Fan erwarten würde und ich picke mir aus dem MvHH einzelne Dinge heraus, die ich anschließend auch durchaus einäugig betrachte. Warum sollen also nicht auch wissenschaftliche Arbeiten oder biografische Recherchen eine Berechtigung haben – solange es Menschen gibt die es lesen wollen oder sie es sogar brennend interessiert?
Zu einem Hegen- / Digedags Museum und zur bleibenden Bedeutung dieses regionalen Comics … Ich denke Hegen war nicht der Mensch, der aus seinem eigenen Haus hätte in ein Museum machen wollen. Und ich glaube auch nicht, dass wir gerade in einer Zeit leben, die tatsächlich nach einem solchen Museum schreit. Natürlich sind da wir (langsam) aussterbenden Alt-Fans. Und ja, die Kids unterliegen einem komplett anderen Zeitgeschmack, werden anders geprägt als wir es wurden. Doch das ändert nicht beispielhafte Comic-Kunst die im Mosaik steckt.
Das Berliner Zille-Museum wurde auch erst 2002, 73 Jahre nach dem Tod von Heinrich Zille eröffnet – und selbst Wilhelm Busch teilt sich sein Museum und ist „nur“ Bestandteil des Deutschen Museums für Karikatur und Zeichenkunst. Ich bin fest davon überzeugt und habe das hier im Forum auch schon mehrfach geäußert, dass die Zeit kommen wird wo man nicht nur hier auf dem Boden der Ex-DDR das Mosaik als deutsches ein herausragendes deutsches Comic würdigen wird. Und spätestens dann wird es ein Vorteil sein, wenn ein großer Teil des Nachlasses zentral gelagert und gesichert ist.
Zu den Neu- und Nachauflagen in Mappen- und Buchform habe ich hier auch schon berichtet, dass selbst jetzt nach Jahrzehnten noch Alt-Leser auf mich zukommen (wenn sie mich zufällig finden) und erstaunt sind, dass es überhaupt Nachdrucke gibt. Offenbar ist es dem BVJW und später Tessloff nicht einmal hier im „Heimatland“ gelungen ausreichend Werbung zu machen. Selbst regionale Werbung in verschiedenen Zeitungen und Nachdrucke in der Thüringer Allgemeine konnten daran nichts ändern. Es wurde m.E. von den meisten Buchhandlungen ignoriert oder schlecht präsentiert. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass ich – obgleich ich sehr viel Zeit in den Buchhandlungen meiner Region zubrachte, erst 2002 aus purem Zufall erstmalig auf die Jubiläumsmappe I des Mosaiks in einer kleinen Buchhandlung am Alex gestoßen bin, also 7 Jahre nach ihrem Erscheinen. Zuvor war mir niemals ein Sammelband oder eine Reprintmappe aufgefallen – und die RP1 kam schon zehn Jahre zuvor heraus. Ich hatte im Internet nie danach gesucht und so bin ich auch erst Anfang 2003 auf dieses Forum gekommen. Meinen alten zerschlissenen Originalhefte waren durch 3x2 Kinderhände komplett am Ende und ich hatte schon lange den Traum von einer vollständigen und noch lesbaren Sammlung begraben. Andere Themen hatten einfach meine alte Leidenschaft für das Mosaik überdeckt und bei Zeitschriften hatte ich mich schon seit den 70er Jahren auf den Eulenspiegel konzentriert.
Man musste im Netz schon nach den Digedags suchen oder in den Buchhandlungen konkret fragen – in den Auslagen (bei uns) habe ich auch später nie einen Nachdruck gesehen. Du wirst schon recht haben, andernorts mögen sie in den Regalen wie Blei gestanden haben – das ist die andere Seite der Medaille.
Und in den alten Bundesländern? Vor einigen Jahren hat ein Buchhandel von dort bei mir Bücher für einen Kunden bestellt, ich habe danach den Kontakt zu Tessloff vermittelt... das spricht ja auch für sich und zeigt welches Potential noch möglich wäre. Im Hauptkatalog von Tessloff ist das Mosaik nicht einmal als Fußnote erwähnt. Auch deshalb habe ich mich vor Jahren mal für ein Mosaik-Ting-Heft (jetzt BOOKii) eingesetzt, dann wäre es vielleicht über einen Umweg in den Katalog und ggf. in Buchhandlungen (mit Ting-Angebot) gekommen…
Zusammenfassend will ich sagen, dass wir in einer Zeit Leben, in der die potentielle MvHH-Generation andere Dinge um die Ohren hat als sich um das Comic ihrer Kindheit zu kümmern. Wir sehen das doch selbst hier im Forum. Aber wir alle hier wissen um die Qualität der Hegen-Hefte, um ihren Humor und den zeitlichen Bezug – den Hintergründen (z.B. der Weltraumserie). Doch auch solche politischen Aspekte werden n.m.M. in der (ferneren) Zukunft kein Hinderungsgrund sein, dem MvHH seinen gebührenden Platz in der dt. Comic- und Kulturgeschichte einzuräumen. Wir werden uns damit abfinden müssen, es vielleicht selbst nicht mehr zu erleben. Na und? Dafür kennen wir das Werk vielleicht besser als es die nach uns jemals kennen lernen können. Es wird bestimmt Ausstellungen, vielleicht sogar Zeichentrickfilme geben und bestimmt auch mal so etwas wie „das dicke Hegen-Buch“. Ich denke auch, dass es digitale Erfassung und Präsentation geben wird, die mit der Jetzigen nicht vergleichbar sind und hoffe auf ein virtuelles Mosaik- oder Hergen-Museum.
Ob es dann ein spezielles Digedags Forum wie dieses gibt, sei dahingestellt. Wohl eher nicht, vermutlich dann eher als Themenkomplex von Sammlerforen. Auf diesem Weg befinden wir uns ja hier auch schon sein einigen Jahren. Aber in Vergessenheit werden die Digedags so schnell wie du denkst mit Sicherheit nicht kommen – und ich hoffe natürlich NIE.