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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Match Point



Batch
18.02.2006, 12:03
Und bevor es heisst, ich könnte ja viel motzen, soll ich es halt selber besser machen, hier mal meine Vorstellung einer Kritik von Matchpoint (direkt im splashmovies-style, die auch direkt meine "Bewerbung" ist :zwinker: ):

Story: Das Leben Chris Wiltons könnte besser sein: Als ehemaliger Tennisspieler, der den Rummel satt hat, verdingt er sich als Tennislehrer in einem exklusiven Londoner Club. Etwas, das er nicht den Rest seines Lebens machen will. Die Chance zum gesellschaftlichen Aufstieg bietet sich, als er seinen Schüler Tom Hewlett näher kennenlernt, der nicht nur aus einer wohlhabenden Familie stammt und seine Vorliebe für Opern teilt, sondern auch eine hübsche Schwester hat, die Interesse an Chris zeigt. Alles wäre wunderbar, wäre da nicht Toms Verlobte Nola, die ihm gehörig den Kopf verdreht.

Meinung zum Film:

Woody Allens 39ster Film zentriert sich dieses Mal nicht auf einen von ihm selbst gespielten Neurotiker, sondern einen jungen Mann, der in einem Strudel von Ehrgeiz, Aufstieg, Leidenschaft, Risiko und Glück unterzugehen droht. Auf der einen Seite lockt ihn das sichere und luxuriöse Leben in der britischen High Society mit einem fordernden und gutbezahlten Job mit besten Aufstiegschancen, das ihn allerdings nicht glücklich macht - auf der anderen das hoffnungslose Begehren einer "verbotenen Frucht" in Gestalt einer erfolglosen Schauspielerin. Da der Film von der Entwicklung des Hauptakteurs und den auf ihn zu- oder gar überrollenden Ereignisse lebt, soll auf weitere Details der an sich klassischen Geschichte an dieser Stelle verzichtet werden.

Gleich am Anfang nutzt Allen den Moment der Netzberührung eines Tennisballs - in dem keiner weiß, ob der Ball übers Netz geht oder zurückprallt - als Symbol für den ganzen Film, der diesen Punkt mehrfach portraitiert. Dabei ist er reinstes Erzählkino, jede Szene trägt ihr Schärflein zum Gesamtbild bei, jeder Dialog ist treffend ausgearbeitet, wenn auch an einigen Stellen etwas zu klischeebehaftet. Konzentration ist angesagt, das Tempo des Filmes wechselt zwischen gemächlichen Szenen eines Opernbesuches und rasanten Zeitsprüngen über Monate hinweg. Eine Art und Weise, die den ein oder anderen verwirren mag, es aber ermöglicht, eine durchaus realistische Geschichte mit der Konzentration auf wichtige Ereignisse zu erzählen. Dabei merkt man schnell, daß die Geschichte trotz der "einfachen" Thematik im weiteren Verlauf eine erfrischend andere Richtung einschlägt. Der Soundtrack beschränkt sich größtenteils auf Opernmusik, wobei sehr oft auch auf jegliche Hintergrundmusik verzichtet wird.

Getragen wird der Film vor allem von den herrvorragenden Schauspielern, allen voran Jonathan Rhys Meyers als Chris und die einzige Nicht-Britin des Ensembles Scarlett Johansson als Nola. Beide spielen die zwischen Gefühlen und Rationalismus hin- und hergerissenen Charaktere, die sich so sehr ähneln und doch so grundverschieden sind, mit all ihrem Können. Empfehlenswert ist der Besuch der Originalfassung, das herrliche, leicht versnobt anmutende British English verleiht dem Film eine noch dichtere Atmosphäre. Einstellungen, die auch einmal ein paar Sekunden länger als benötigt andauern und dezent wegschwenkende Kamerafahrten in erotischeren Momenten sowie rasche Szenenwechsel prägen das Bild des Films zudem.

Fazit:

"Matchpoint" ist bestes Charakter- und Erzählkino mit einem gehörigen Schuss Gesellschaftskritik, das einiges an Polarisationspotential in sich trägt. Wer sich an der klassischen und zumindest oberflächig betrachteten klischeeigen Prämisse nicht stört, wird von vielen genialen Wendungen überrascht werden und den Film bestens unterhalten und nachdenklich verlassen.