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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Rooting for the bad guy | Diskussion



Sir Donnerbold
08.04.2007, 19:48
Rooting for the bad guy - so nennen es die amerikanischen Film- und Literaturanhänger, wenn das Publikum ausnahmsweise auf der Seite der Bösen steht.
Dies kann dann geschehen, wenn die Hauptfigur, für die beinahe jedesmal (zumindest im Mainstream-Bereich) Sympathie geschaffen wird, auf der falschen Seite des Rechts steht.
Es kann jedoch auch dann, vom Schaffenden des Werkes beabsichtigt oder sogar unbeabsichtigt, geschehen, das die Zuschauer eine gewisse Sympathie für den Bösewicht aufbringt oder sogar voll und ganz auf dessen Seite steht, obwohl er "nur" der Antagonist des Filmes ist - der von der eigentlichen Hauptfigur zu bekämpfenden Person im Film.

Das Böse spielt bei Disney selten die Hauptrolle, erst Recht nicht wenn der Film unter dem Disney-Label erschien und animiert wurde. Jedoch schließt dies keineswegs aus, dass manche der Zuschauer nicht doch gewisse Sympathie für die Bösen im Film aufbringen und ihnen vielleicht sogar den Sieg gönnen - oder sie wenigstens als die besten Figuren des Films ansehen.

Habt ihr schonmal dieses rooting for the bad guy in einem (Disney-)Film verspürt? Und was haltet ihr filmtechnisch oder tiefenpsychologisch von diesem Kunstgriff bzw. Phänomen?

Clochette
08.04.2007, 23:04
Ich habe bei den drei Musketieren sehnlichst gewünscht, Klarabella möge Goofy doch wirklich ertränken - gilt das auch?

Im Ernst; ich halte das für ein sehr interessantes Phänomen, wenn auch weniger in Disney-Filmen; da ist mir das Happy End zu wichtig.
Ansonsten kommt es aber öfter vor, dass der Bösewicht für mich doch sehr viel charismatischer (Jareth) oder einfach sympatischer (Milady de Winter) rüberkommt als die eigentliche Hauptperson...
Und ein ganz eigener Fall ist für mich Chicago - wo alle Protagonisten mit denen man mitfiebert ganz eindeutig als Mörder oder zumindest Arschlöcher klassifiziert werden.

By the way, kennt jemand das Musical (wahlweise auch Buch oder Film) Rebecca? Ich war gerade drin und - Mensch, noch nie hab ich jemand den Hausbrand so gegönnt...

Timon
08.04.2007, 23:34
Bei Disneyfilmen gibt es keinen Bösewicht gegenüber dem ich wirklich Hass empfinde. Entweder sie haben etwas kindliches (Prinz John, der am Daumen lutscht, Hook, der Schutz bei seinem Schiffskoch sucht, Kaa, der immer wieder versagt,...), eine attraktive, sympathoische Genialität (böse Königin, Malefiz, Dschafar) oder sie sind zu sehr funktionalisiert, dass sie keine Gefühle mehr haben (Monstro, gehörnter König). Nicht selten habe ich Mitleid mit den Bösen (die Hyänen, die in "Armut" leben und ausgenutzt werden, Prinz John, den seine Mama nie lieb hatte) und das entwickelt auch eine gewisse Sympathie. Dieses Gefühl habe ich bei fast jedem Disney-Bösewicht. Figuren, für die ich wirklich sehr schwer Sympathie empfinden kann, sind Lyle Tiberius Rourke, Gaston, Clayton und Medusa. Ansonsten fast immer.

Allgemein denke ich, dass es gut ist, wenn es vom Regisseur gewollt ist. Wenn nicht, kommt dieser Effekt falsch rüber. Schön ist es, wenn man es zum Schluss merkt, dass eine Sympatie beabsichtigt ist.

Max Sinister
09.04.2007, 14:22
Woody Allen (bzw. Alvy Singer, den er in einem seiner Filme spielt) hat sich bei Schneewittchen in die böse Königin verliebt.

Mir persönlich würde eher (Achtung, OT) Tom von Tom und Jerry einfallen.

Dottie
09.04.2007, 20:59
Oder Sylvester aus der Bugs Bunny Show! Tweety geht mir nämlich so auf den Keks, dass ich immer hoffe der Kater möge ihn endlich fressen.

Aber eigentlich muss man die Villains zu einem gewissen mögen,da man IMHO den Film sonst nicht genießen kann. Man muss es lieben den Bösewicht zu hassen.

Ein gutes Beispiel für einen Disneyfilm, in dem der Bösewicht sogar besser ist als der Held ist "Hercules". Was wäre der Film ohne Hades' geniale Sprüche? Wäre doch langweilig, oder?
Oder auch Schneewittchen. Der Film, schon allein die Hauptfigur, wäre total langweilig ohne diese Mischung aus Schönheit, Grusel und Bosheit.
ich denke "rooting for the bad guy" passiert am ehesten, wenn die Hauptfigur etwas schwächer daher kommt, das muss dann der Bösewicht ausgleichen.

Sir Donnerbold
10.04.2007, 19:47
Sylvester habe ich auch immer einen Sieg gewünscht da Tweety mir irgendwie zu unsympatisch war, als dass ich ihm ein Überleben gegönnt hätte.
Ein Fall, bei dem vom Regisseur gewünschtes rooting for the bad guy nicht funktioniert ist der stete Kampf zwischen Roadrunner und dem Kojoten - im Gegensatz zur Paarung Sylvester und Tweety, in dem man wollte, dass der Zuschauer auf der Seite des zu Fressenden (Tweety) ist sollte man hier eigentlich auf der Seite des Jägers (also dem Kojoten) sein.
Ich aber war immer auf der Seite des Roadrunners.

Da Clochette "Chicago" angesprochen hat: Hier schafft es der Regisseur tatsächlich all die Mörder, Lügner und Gauner sympatisch zu halten - aber auch mit den wenigen Gerechten (wie etwa Roxies betrogenen Ehemann) Mitleid zu erzeugen. Eine Seltenheit, wie ich finde. Normalerweise sind in Filmen, in denen die Hauptfiguren auf der falschen Seite des Rechts sind, alle Gerechten unsympatisch oder strohdoof (wobei die normale Bevölkerung in Chicago ja auch nicht als die intelligenteste dargestellt wird...)

Jedenfalls... im wirklich großartigen Finale des Films gönne ich Zeta-Jones' Figur das Comeback doch ein bisschen mehr als Roxie, womit ich hier wohl einen Tacken mehr für das bösere bad girl bin.


Bei "echten" Disney-Filmen sehe ich es aber dann auch wie Clochette: Das Gute muss siegen, sonst ist es kein echtes Disney-Märchen oder -Abenteuer. Aber abseits der Disney-Trickfilme und den meisten -Spielfilmen kann man ja mal für das Böse sein...

Jedoch gibt es Fälle bei Disney, in denen ich den Film nur aufgrund des Bösewichts sehe: Das große Krabbeln habe ich mir vor ein paar Wochen nur wegen Hopper angesehen und Hades ist, wie Dottie sagte, der beste Charakter in Disneys Hercules-Werken (Film und TV).

Mowgli
10.04.2007, 19:58
Naja, ich finde Meg und Hades sind so ungefähr auf einem Level^^

Clochette
10.04.2007, 21:06
Da Clochette "Chicago" angesprochen hat: Hier schafft es der Regisseur tatsächlich all die Mörder, Lügner und Gauner sympatisch zu halten - aber auch mit den wenigen Gerechten (wie etwa Roxies betrogenen Ehemann) Mitleid zu erzeugen.
Als ich "Mister Zellophane" das erste Mal im Kino gesehen habe war ich wirklich betroffen und auch jetzt krieg ich noch jedesmal ein schlechtes Gewissen. Es ist nämlich so, dass dieser arme Kerl zu einem Typ Menschen gehört, der mir so fremd ist, dass ich ihn absolut nicht nachvollziehen kann und den ich eigentlich eher verachte. In diesem Lied das ganze nun quasi gezwungenermaßen aus seiner Sicht betrachten zu müssen kostet mich daher immer ein wenig Überwindung.


Normalerweise sind Filme, in denen die Hauptfiguren auf der falschen Seite des Rechts sind alle Gerechten unsympatisch oder strohdoof
:floet:Will Turner:floet:

Jaguar D Sauro
10.04.2007, 21:14
Tja, ich glaube ich antworte auch mal hier drauf...

Zuerst ein mal muss ich sagen, das viele meiner Lieblingscharaktere Bösewichter bei Disney sind. Diese stellen für mich oft das A und O da in der Mäusewelt, da viele von ihnen die Filme fast alleine tragen. Ich meine, währe alladin auch so gut ohne Dschafahr, denn schmierigen, machtgierigen jedoch sehr Charismatischen Zauberer? Und würde jemand das Große Krabbeln gut finden ohne Hopper, denn mal ehrlich: Die Heuschrecke trägt deinn Film fast vollkommen allein in gegensatz zu seinen "Mitschauspielern", die stellenweise eher langweilen. Viele gute Disneys werden in meinen Augen von denn bad Guys getragen, denn ohne einen Bösen gegenspieler sind die Helden nur halb so sympathisch, zumindest in meinen Augen. Ich meine: Gäbs keinen Melonenmann, der lewis das Leben zur hölle machen will, währe der Nickelbrillenträger (bin ich der einzigste, der seit Himmel und Huhn von diesen dingern genervt ist?) dann immer noch so sympüathisch und würde man sich dann immer noch wünschen, das alles gut für ihn ausgeht? Vieleicht, aber dann nicht mehr so dringend wie mit denn fiesen Melonenträger...

Aber nicht alles was Böse ist ist auch gut: Zum beispiel denn Gehörnten könig fand ich miserabel, da es ihn erheblich an Charme fehlt oder an einen besonderen erkennungsmerkmla, ways viele Disneybösewichte haben.

Im großen und ganzen also macht ein guter Bösewicht für mich einen guten Disney aus, zwar gibt es auch gute ohne, aber meistens braucht es einen bad Guy, der denn hauptchara Sympathisch erscheinen lässt.

Meine Lieblingsbösewichte sind übrigens die von Ron *n* john und noch ein paar andere...

Sir Donnerbold
11.04.2007, 23:47
:floet:Will Turner:floet:

:lol3:
Na toll, vor lauter Anstrengung hab' ich mir wegen dir drei, vier Lachmuskeln gezerrt...



Als ich "Mister Zellophane" das erste Mal im Kino gesehen habe war ich wirklich betroffen und auch jetzt krieg ich noch jedesmal ein schlechtes Gewissen. Es ist nämlich so, dass dieser arme Kerl zu einem Typ Menschen gehört, der mir so fremd ist, dass ich ihn absolut nicht nachvollziehen kann und den ich eigentlich eher verachte.

Dass man leicht zu übersehende Menschen nicht verstehen kann, kann ich ja noch verstehen. Dass man eine Abneigung dagegen hat, dass sie sich ausnutzen lassen, so wie es ja bei Roxies Ehemann der Fall ist, kann ich auch nachvollziehen, aber ihn verachten ist doch ein bisschen gemein - da doch lieber ein paar Minuten Mitleid und dann nicht weiter beachten (so wie der Film es ja auch macht :D ).

Clochette
12.04.2007, 06:36
Dass man eine Abneigung dagegen hat, dass sie sich ausnutzen lassen, so wie es ja bei Roxies Ehemann der Fall ist, kann ich auch nachvollziehen, aber ihn verachten ist doch ein bisschen gemein

Natürlich ist es gemein, daher ja das schlechte Gewissen...

Und es ist ja nicht nur das ausnutzen lassen - das ist ja noch fast romantisch. Es ist die Tatsache, wie er diesen beiden Charakterschweinen (Roxy und Billy Flinn) auf die untertänigste Art und Weise die Füße küsst um seine geliebte Frau aus dem Knast zu holen - die er dazu noch durch seine Blödheit bzw. seine "vorschnelle" Eifersucht selbst hineingebracht hat.
Von seinem Verhalten im Gerichtssaal will ich garnicht erst anfangen...

Timon
12.04.2007, 11:56
Donald und Pluto sind zwar keine Bösewichte, aber wenn sie sich mit A-und B-Hörnchen anlegen, sollen sie die Bösen sein. Ich bin dafür aber immer auf ihrer Seite, da mich die zwei Nagetiere schon ziemlich nerven.

L.N. Muhr
12.04.2007, 12:16
onkel dagobert ist mit seiner habgier und seinem egoismus durchaus ein passabler antiheld, dem trotz seiner vielen schlechten seiten viel sympathie entgegengebracht wird. er ist zwar nicht wirklich böse (jedenfalls nicht in den diversen verfilmungen - in den comics mitunter schon), aber auch kein echter guter.