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navigator
07.02.2007, 17:04
Philip Flaemigs Dokumentation über Arne Bellstorf und Sascha Hommer kann man jetzt auch in der ZDF Mediathek abrufen:
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/14/0,1872,2049742,00.html

8% Verdienst für Arne???
Ist das ein Witz? Wieviel hat den derVerlag bei verkauften 1500 Exemplare verdient?
vielleicht 5000 Euro? und Arne bekommt 1500 Euro? muss es nicht genau anders rum sein?
Gebt den Jungen schleunigst mehr, mindestens 20%

oder lieg ich falsch und die Angaben in der ZDF Doku waren falsch?

Dirk Rehm
07.02.2007, 18:55
Machst DU Witze? Willst du nicht lieber erstmal kundig machen, wie eine Kalkulation für ein Buch aussieht, bevor du solche unqualifizierten Kommentare abgibst?

Mal eine ganz einfache Rechnung: Wenn der Verlag 40% von den Erlösen aus einer verkauften Auflage von einem Buch zum Verkaufspreis von 13 EUR und einer Auflage von 1.500 Exemplaren (abzüglich ca. 150 Exemplare für Rezensions- und Werbezwecke, Künstlerbelege etc. - also letztlich nur noch 1.350 Exemplare) erwirtschaftet hat, sind das ca. 6.500 EUR.

Und davon muss erstmal Druck und Bindung bezahlt werden, was pro Exemplar bei so einer kleinen Auflage nicht unwesentlich ist, sagen wir mal 2 EUR pro Exemplar, also runde 4.000 EUR. Dann musst man noch Lohn- und Lagerkosten, Porto und einiges mehr dazurechnen... Einen Gewinn kann bei einer derart kleinen Auflage KEIN Verlag erwarten, zumal das was übrig bleibt häufig gleich in die Produktion der zweiten Auflage geht (Arnes "Acht, Neun, Zehn" ist im Dezember in der zweiten Auflage erschienen).

Ich kann mir darüber hinaus beim besten Willen nicht vorstellen, dass IRGENDEIN deutscher Comiczeichner 20% vom Verkaufspreis seiner Bücher erhält. Populäre Zeichner wie Ralf König, Walter Moers oder Joscha Sauer werden sicher ein wenig um ihren Anteil feilschen können, aber auch da denke ich nicht, dass einer von ihnen mehr als 12 oder vielleicht 15% Tantiemen erhält.

Christian Maiwald
07.02.2007, 19:31
Von Außen sieht das vielleicht alles sehr einfach kalkulierbar und gewinnträchtig aus, da ist ein wenig Aufklärung angebracht. Schön wäre es, wenn es so liefe wie von navigator angenommen - für den nächsten Rundgang auf Messen oder Festivals ist sein Blick dafür, was Comicmacher in diese Berufung auf vielerlei Arten investieren, vielleicht ein wenig geschärft.

navigator
08.02.2007, 00:55
Machst DU Witze? Willst du nicht lieber erstmal kundig machen, wie eine Kalkulation für ein Buch aussieht, bevor du solche unqualifizierten Kommentare abgibst?

Mal eine ganz einfache Rechnung: Wenn der Verlag 40% von den Erlösen aus einer verkauften Auflage von einem Buch zum Verkaufspreis von 13 EUR und einer Auflage von 1.500 Exemplaren (abzüglich ca. 150 Exemplare für Rezensions- und Werbezwecke, Künstlerbelege etc. - also letztlich nur noch 1.350 Exemplare) erwirtschaftet hat, sind das ca. 6.500 EUR.

Und davon muss erstmal Druck und Bindung bezahlt werden, was pro Exemplar bei so einer kleinen Auflage nicht unwesentlich ist, sagen wir mal 2 EUR pro Exemplar, also runde 4.000 EUR. Dann musst man noch Lohn- und Lagerkosten, Porto und einiges mehr dazurechnen... Einen Gewinn kann bei einer derart kleinen Auflage KEIN Verlag erwarten, zumal das was übrig bleibt häufig gleich in die Produktion der zweiten Auflage geht (Arnes "Acht, Neun, Zehn" ist im Dezember in der zweiten Auflage erschienen).

Ich kann mir darüber hinaus beim besten Willen nicht vorstellen, dass IRGENDEIN deutscher Comiczeichner 20% vom Verkaufspreis seiner Bücher erhält. Populäre Zeichner wie Ralf König, Walter Moers oder Joscha Sauer werden sicher ein wenig um ihren Anteil feilschen können, aber auch da denke ich nicht, dass einer von ihnen mehr als 12 oder vielleicht 15% Tantiemen erhält.

Das kann ich leider so nicht glauben...
entweder ihr sucht euch eine neue Druckerei, wo ihr billiger produziert (machen doch andere Verlage auch)

die Rechnung müsste soaussehen:
2000 Bücher Produktionskosten = 2000-3000 (ihr müsst auf 1 oder 1,50 Euro pro Buch kommen,oder weniger und da ich denke, ihr druckt seit langem und oft in der selben Druckerei, werden die euch bestimmt Rabatt geben oder wie ich schon sagte, andere Druckerei suchen, heutzutage findet man sogar in D. preiswerte Druckereien, die sehr gut sind...)
Ladenpreis 13 Euro
ihr verkauft 1500 Stück
Gewinn 19500 Euro

60% vom Gewinn gehen flötten für Vertrieb/Lagerkosten etc.

dann bleiben noch 7800 Euro (40%) Gewinn
dann minus 3000 (Druckkosten) und sagen wir noch minus 800 (für Porto/Presse etc.)

dann bleiben 4000 übrig, von diesen 4000 sollte der liebe Arne 3000 bekommen, dann wäre das fair

::
@Maiwald
ich produziere ja auch alles mögliche (auch Comics)
entweder die Zahlen von Reprodukt Zahlen stimmen nicht, oder die produzieren zu teuer
aber ist deren Verlag, deren Regeln, deren Zahlen
ich finds nur schade das Arne 8% bekommt, wenn er bei seinem Talent 20% verdienen sollte

Und Prozent Zahlen sind von Verlag/Künstler/Projekt immer abhängig. Das ist klar. Da kann einer 2% bekommen oder 40% etc.

aber hey,hier geht es um INSEKT
tolles Comic, ich finds wunderschön

Dirk Rehm
08.02.2007, 08:26
@navigator: In einer idealen Welt wäre das sicher so, und ich würde Arne natürlich sehr gerne 50% Prozent von 19.500 EUR "Gewinn" auszahlen...

Tatsächlich wurden die Reprodukt-Zahlen sogar schon schöngerechnet: Bei der ersten, in einer Druckerei in Hamburg produzierten Auflage, haben wir mehr als 2 EUR pro Exemplar für die Herstellung bezahlt... Wie wir rechnen SOLLTEN, das wissen wir natürlich, aber wir sind eben auch an einer bestimmten Produktionsqualität interessiert, und die gibt es nicht immer für 1 EUR.

L.N. Muhr
08.02.2007, 10:20
gehen wir doch mal so vor:

wer hat einen funktionierenden verlag? miguel oder dirk?
wer publiziert regelmässig comics? miguel oder dirk?
wessen namen lese ich öfter, etwa auch im impressum von comics? miguels oder dirks?
wer war bei carlsen? miguel oder dirk?

oder kurz:

wer hat mehr credibility? miguel oder dirk?

sorry, dirk, aber ich glaube, gegen den omnipräsenten miguel kommst du hier nicht an ... :D

kiki_magic
08.02.2007, 10:42
Aber es gibt auch einen Punkt wo der navigator recht hat:
"aber hey,hier geht es um INSEKT"
lassen wir also die Rechenspiele, ok?

navigator
08.02.2007, 11:14
@navigator: In einer idealen Welt wäre das sicher so, und ich würde Arne natürlich sehr gerne 50% Prozent von 19.500 EUR "Gewinn" auszahlen...


und unsere Aufgabe und Pflicht ist es diese ideale Welt zu erschaffen
:)

und ja, es geht hier um Insekt und nicht um langweilige Rechenspiele

Spong
09.02.2007, 09:22
Bei aller Liebe und tiefen Respekt, Nav, du solltest Dirk wirklich nicht erzählen wie er seinen Job zu machen hat.*

8,9,10 war ein Erstling, und abgesehen von der Kohle, die noch weiterhin eintrudeln wird in den nächsten Jahren (denn das Buch ist ja weiterhin kaufbar) hat es Arne Belsdorf sicher auch in vielerlei anderer Hinsicht geholfen, seine "Marktposition" zu verbessern ... Peter Bagge lebt heute schwerpunktmässig von Illus und Schreiben, aber seinen Ruf und seine Stellung hat er sich durch seine Comics erworben. Ich schätze, bei Mawil und Naomi Fearn ist es auch nicht anders. Die Comics sind quasi ihre Calling Card, aufgrund derer sie ihre kommerziellen Gigs kriegen. Ohne den Comic hätte es sicher kein Feature und keinen Comic bei Spiegel Online gegeben.

Abgesehen davon, dass 8,9,10 sicher, ebenso wie Insekt, Comics für nicht-Comicleser sind, und jedes auf ihre Weise die Akzeptanzt und die Stellung des Mediums ein bisschen festigen. Vielleicht gibts ja dann doch mal irgendwann einen nennenswerten Markt für quadratische Bilderliteratur.

*wenn du drauf antwortest, dann bitte per PN ... in diesem Thread geht es schliesslich um wat ANRET ...

navigator
09.02.2007, 10:26
Wieso nicht? Wenn ich sehe jemand macht etwas falsch oder könnte etwas besser machen, dann kann ich doch paar Hinweise geben,wie er/sie es besser machen könnte, dafür ist doch dieses Forum da und deswegen tritt ein Verlag in die Öffentlichkeit und bietet den Lesern ein Kommunikationsforum an, damit die Leser ihre Meinung/Kritik/Lob/Gedanken zu den Produkten/Künstlern/Verlag geben können.
Ein weiser Mann oder weise Frau, ob König, Bauer oder Verleger sollte sich sogar die Meinung eines Kindes mit Respekt anhören, denn die Wahrheit/Erkenntnis/Lösung/Verbesserungsvorschläge können von überall herkommen. Was dann der Zuhörer daraus macht/lernt/wie der Zuhörer damit umgeht etc. liegt dann in seiner/ihrer Entscheidung.

Was und welche Stellung ein Comic wie INSEKT oder 8,9,10 in der heutigen Gesellschaft und in der deutschen Medienlandschaft haben ist mir schon klar.

Das Argument, dass wenn es einem anderen dreckig geht und mir auch, das ich mich nicht deswegen aufregen soll und dieses Schicksal akzeptieren soll, weil das eben so ist, zählt bei mir nicht und kann ich nicht akzeptieren. (im Bezug auf das Peter Bage Argument)
Ich finde auch, das Insekt oder 8,9,10 die Akzeptanz und die Stellung des dt. intellektuellen Comics in den Medien festigt oder sich Gehör verschafft.

Und warum manche Leute bei Spiegel Online gefeatured werden hat ganz andere Gründe... :)

*ich habe mir vorgenohmen,wenn mich jemand öffentlicht anspricht,auch öffentlich zu antworten, falls ich antworten möchte. Dein posting kam ja auch nicht per PN :) ;)

L.N. Muhr
09.02.2007, 10:52
Und warum manche Leute bei Spiegel Online gefeatured werden hat ganz andere Gründe... :)

nämlich?

Spong
09.02.2007, 10:58
Können wir diese ganze Diskussion hier verlagern und Saschas Thread Saschas Thread sein lassen? Es tut mir grade leid, dass ich auch nur GEDACHT habe, es könne anders laufen als IMMER.

navigator
09.02.2007, 11:03
nämlich?

Neben der schönen Story und Aufmachung von INSEKT, ist mir das Inking besonders aufgefallen und fand es sehr schön.

Dirk Rehm
09.02.2007, 11:43
Hier also nun die Beiträge zur laufenden Diskussion, die navigator anläßlich einer ZDF-Dokumentation über die Arbeit von Arne Bellstorf und Sascha Hommer initiiert hat (verschoben aus "'Insekt' von Sascha Hommer").

L.N. Muhr
09.02.2007, 11:53
Können wir diese ganze Diskussion hier verlagern und Saschas Thread Saschas Thread sein lassen? Es tut mir grade leid, dass ich auch nur GEDACHT habe, es könne anders laufen als IMMER.

du hast definitiv recht.

ich krame mal meinen alten thread raus. miguel, hier lang:

http://www.comicforum.de/showthread.php?t=75555&page=5&highlight=SPIEGEL

Spong
09.02.2007, 12:23
Mal sehen ...

1. Ich finde die Verlagsarbeit von Reprodukt vorbildlich. Es gibt keinen cooleren Verlag (fragt mich diesbezüglich Ende des Jahres nochmal :D). Alle loben die Pressearbeit, und sie schlagen den sehr schwierigen Spagat zwischen dem grade noch finanziell machbaren und dem wertvollen. Ich glaube, man muss sich mal klar machen, was für eine maßlose Selbstausbeutung hinter so einer handvoll schöner Comics steckt. Mach.das.mal. Die Reproduktsachen passen halt eher in eine Buchhandlung als in einen Comicladen, und das ist ein grosser Konflikt. Mir persönlich geht es in letzter Zeit zu sehr ins ernste, grimmige, betroffen machen sollende Feuilleton-Futter, aber über Geschmack lässt sich streiten oder schweigen, gell. Ich warte noch auf das Comic-Äquivalent zu GARDEN STATE oder LITTLE MISS SUNSHINE, das gleichermassen dramatische und komische Züge tragen kann. Mawil ist da schon arg dicht dran.

Natürlich hat ein Verleger nur ein Stück weit Verantwortung, wie präsent ein Werk in den Medien ist. Vieles hängt an den Zeichnern selber, ob und wieviele Comiclesungen sie machen (wollen) und wie laut sie bereit sind, selber die Trommel zu schlagen. Wenn man von seinem Wesen aus eher nicht so zur Rampensau neigt, tut man sich damit schwerer als andere.

2. War 8,9,10 nicht auch eine Abschlussarbeit? Und ich wette mal, dass der Zeichner über dieser Arbeit enorm gewachsen ist. So wie Craig Thompson vielleicht nie wieder ein so langes Buch wie BLANKETS macht - aber er hat eine derartige Souveränität in seinem Stil erlangt, dass er fast keine Vorzeichnungen mehr machen muss.

Und mir fiele nichts ein, was man Stefan Pannor professionell vorzuwerfen hätte. Er schafft unzählig viele Möglichkeiten, und es gibt sicher keinen zweiten Journalisten, der derart wichtige und nachhaltige Arbeit leistet wie er. Das ist tatsächlich meine Meinung.

L.N. Muhr
09.02.2007, 12:34
wo war der errötungs-smiley? :(

Christian Maiwald
09.02.2007, 12:49
@spong: Vielen Dank für das Lob.


Wieso nicht? Wenn ich sehe jemand macht etwas falsch oder könnte etwas besser machen, dann kann ich doch paar Hinweise geben,wie er/sie es besser machen könnte, dafür ist doch dieses Forum da und deswegen tritt ein Verlag in die Öffentlichkeit und bietet den Lesern ein Kommunikationsforum an, damit die Leser ihre Meinung/Kritik/Lob/Gedanken zu den Produkten/Künstlern/Verlag geben können.
Ein weiser Mann oder weise Frau, ob König, Bauer oder Verleger sollte sich sogar die Meinung eines Kindes mit Respekt anhören, denn die Wahrheit/Erkenntnis/Lösung/Verbesserungsvorschläge können von überall herkommen. Was dann der Zuhörer daraus macht/lernt/wie der Zuhörer damit umgeht etc. liegt dann in seiner/ihrer Entscheidung.


Gegen Tips und Ratschläge ist grundsätzlich nichts einzuwenden, aber selbst wenn man seine Meinung mit einer gewissen Vehemenz vorträgt kommt man an Fakten und Gegebenheiten nicht vorbei. Und da Du selbst Comics machst, solltest Du einen gewissen Einblick haben, wie das Geschäftliche hier funktioniert.


entweder die Zahlen von Reprodukt Zahlen stimmen nicht, oder die produzieren zu teuer
aber ist deren Verlag, deren Regeln, deren Zahlen
ich finds nur schade das Arne 8% bekommt, wenn er bei seinem Talent 20% verdienen sollteErster Satz: Unterstellung, Unwissen und/oder Überheblichkeit Deinerseits
Zweiter Satz: Abtun um Recht zu behalten - das ist argumentativ sehr dünn. Die Offenheit, mit der Dirk hier Zahlen nennt, wirst Du selten finden unter Verlagen.
Dritter Satz: Stimmt. Aber deswegen muss man nicht versuchen seine Meinung als Tatsachenargumente durchzuboxen

Sebastian Oehler
09.02.2007, 13:29
"..König, Bauer oder Verleger...kleines Kind...Wahrheit/Erkenntnis..."

Das muß doch Realsatire sein...und die zwanzig verlorenen Minuten durch das Durchlesen der langen Beiträge von navigator kommen nie wieder...einfach weg...

navigator
09.02.2007, 16:56
Mal sehen ...

...Mir persönlich geht es in letzter Zeit zu sehr ins ernste, grimmige, betroffen machen sollende Feuilleton-Futter, aber über Geschmack lässt sich streiten oder schweigen, gell. Ich warte noch auf das Comic-Äquivalent zu GARDEN STATE oder LITTLE MISS SUNSHINE, das gleichermassen dramatische und komische Züge tragen kann...

ich hab letztens GARDEN STATE gesehen, das war ein fantastisch schöner Film

@zur Verlagsarbeit
macht es so wie ihr es am Besten könnt :)

Dirk Rehm
09.02.2007, 19:17
Mir persönlich geht es in letzter Zeit zu sehr ins ernste, grimmige, betroffen machen sollende Feuilleton-Futter, aber über Geschmack lässt sich streiten oder schweigen, gell. Ich warte noch auf das Comic-Äquivalent zu GARDEN STATE oder LITTLE MISS SUNSHINE, das gleichermassen dramatische und komische Züge tragen kann. Mawil ist da schon arg dicht dran.

Meiner Meinung nach ist "Blaue Pillen" tatsächlich gar nicht so sehr weit von einem Äquivalent zu "Garden State" oder "Little Miss Sunshine" entfernt, auch wenn das Thema HIV vielleicht zunächst abschreckt und eine Leichtigkeit gar nicht vermuten lässt - und wahrscheinlich zielst du wiederum genau auf diesen Titel mit dem vorhergehenden Satz ab.

Frederik Peeters hat zumindest mich mit seiner Geschichte sehr berührt. Und sie hat in der Realität sogar eine überraschende, absolut großartige Fortsetzung, von der ich auch erst über das Interview von Bettina Ritter bei Deutschlandradio erfahren habe:


Einsamkeit - dieses Gefühl kennt Peeters nun seit sieben Jahren nicht mehr. So lang sind er und seine Freundin schon zusammen. Und Dank der "Blauen Pillen", der Medikamente für HIV-Infizierte, konnten beide sogar ein eigenes Kind bekommen. Seine Tochter ist heute drei Jahre alt und kerngesund, erzählt er strahlend.

Spong
09.02.2007, 20:13
Oh, in der Tat, der Titel und die Thematik plus die Ästhetik haben mir da vielleicht n falschen Eindruck hinterlassen ... vielleicht bin ich der Sache da nicht komplett gerecht geworden. Ich habe tatsächlich eine gewisse Scheu bei dem Thema, auch wenn ich PEDRO AND ME von Judd Winnick zum selben Thema super fand.

Die Realitätsfortsetzung ist allerdings ein wunderbares Glück für die beiden. Das Leben lässt storytellingmässig echt alles hinter sich ...

Mick Baxter
09.02.2007, 20:17
Wenn man mal konstatiert, daß die übliche Tantieme bei 8–10 % liegt, liegen die 8 % tatsächlich am unteren Ende. Was erstens sicher aus Sicht des Verlegers gute Gründe hat und zweitens uns künftig für Arne auf 10 % hoffen läßt.

Dirk Rehm
09.02.2007, 21:01
@Mick: Jepp. Da darf er hoffen...

Ansonsten sehe ich es ähnlich wie Spong: Es ist generell hierzulande fast unmöglich, nur mit der Veröffentlichung von Comic-Alben finanziell über die Runden zu kommen. Im günstigen Fall kann ein Heft oder Album und die Resonanz darauf eine Visitenkarte sein, um die eigenen Comics regelmäßig in einer Zeitschrift oder Zeitung veröffentlichen zu können. Und das Auskommen, das dadurch erwirtschaftet wird, kann wieder den Raum bieten, weitere eigenständige Projekte zu verwirklichen.

Das ist eine recht mühsame Vorgehensweise, aber solange deutsche Zeichner nicht in Auflagenstärken veröffentlichen können wie unsere französischen Nachbarn, gibt es nur wenige mögliche Alternativen.

Lola65
10.02.2007, 16:29
:D wenn in ferner zukunft die leute genauso selbstverständlich zum comic greifen wie zum buch oder zeitung wird ein comiczeichner sicherlich mehr als die 10% bekommen und vielleicht davon leben können.

Spong
10.02.2007, 18:43
Habe mir übrigens grade BLAUE PILLEN gekauft, Dirk. Sehr schön Thompsonesque gezeichnet. Bin gespannt.

Dirk Rehm
10.02.2007, 18:59
@Kaifalke: Nicht, dass hier Mißverständnisse aufkommen, denn der prozentuale Anteil, den ein Buchautor vom Verkaufspreis des Buches bekommt, ist in der Regel nicht höher als der eines Comicautors.

Nur sind die Auflagenzahlen von Belletristik und Independent-Comics nicht zu vergleichen, und weil gemeinhin mehr Exemplare eines Romans als eines Independent-Comics verkauft werden, fällt das Honorar für den Buchautor letztendlich in der Summe weit höher aus.

Dirk Rehm
10.02.2007, 19:03
@Spong: Ah, gefällt dir der Zeichenstil doch? Freut mich!

Spong
10.02.2007, 19:24
Ich hatte es mit MUTTER HAT KREBS verwechselt ... oder direkt die Klappe dichtgemacht und gar nicht groß hingesehen ...

Übrigens fände ich es gar nicht soooo doof, wenn ein Verlag eher eine inhaltliche Vision repräsentieren würde als ein Medium, und wenn in dem Rahmen ein Comic-Verlag zB auch Romane brächte. Nur so ne Idee ....

Dirk Rehm
14.02.2007, 07:32
Im Moment sehe ich das sehr positiv, es könnte endlich eine gesunde, vielfältige Szene in Deutschland entstehen. Was dazu als Anreiz noch fehlt, ist eine "Karriereleiter", etwa so: zuerst Hefte selbst kopieren, dann in Anthologien wie Orang veröffentlichen, dann ein Album bei einem Kleinverlag machen, dann von einem mittelgroßen oder großen Verlag unter Vertrag genommen werden. Gerade am letzten Schritt hapert es noch, und das bedeutet dass die Stars der Independentszene, wie zum Beispiel Arne Bellstorf, von ihren Büchern nicht leben können. Dadurch stockt die Produktion, er muss ja zwischendurch mal ein Brötchen essen, und das muss er bezahlen, und dafür muss er was anderes arbeiten, und dann hat er nicht genug Zeit zum Comics zeichnen.

Ein Zitat aus Saschas Interview bei jetzt.de, das das Thema vielleicht ein bisschen weiterführt.

Das Modell, so wie ich es hier mit der dritten Stufe, also dem großen Verlag als "letzten Schritt der Karriereleiter" verstehe, gibt es so vor allem in Frankreich, wenn ich zum Beispiel an Lewis Trondheim denke, der seine vermeintlich sperrigen schwarzweiß Comics bei den kleinen Verlagen veröffentlicht und die klassischen Farbalben im Standardformat bei den großen Verlagen herausbringt. Dieses Schema ist in in jüngster Zeit dadurch ein wenig aufgebrochen, dass zum Beispiel Gallimard kleinformatige Hardcover-Alben mit höherer Seitenzahl veröffentlicht.

In den USA wiederum gilt ja das aktuelle Modell von Arne immer noch genauso, zum Beispiel für Chris Ware, der ja auch seine Brötchen durch Veröffentlichungen in "The New York Times" und anderen Zeitschriften verdient und in der Zeit, die ihm daneben bleibt, an der "Acme Novelty Library" arbeitet. Er verwendet allerdings auch die bezahlte Vorveröffentlichung, bei der er gleichzeitig größtmögliche künstlerische Freiheit genießt, sehr geschickt, um später aus diesen Arbeiten eigene Bücher zu machen.

Umgekehrt wäre die Frage also: Müssen die Zeichner nicht kommerzieller arbeiten, um bei einem großen Verlag zu veröffentlichen (oder auch um bei einem kleinen Verlag zu bleiben, dann aber höhere Stückzahlen verkaufen zu können)?

navigator
14.02.2007, 08:44
Umgekehrt wäre die Frage also: Müssen die Zeichner nicht kommerzieller arbeiten, um bei einem großen Verlag zu veröffentlichen (oder auch um bei einem kleinen Verlag zu bleiben, dann aber höhere Stückzahlen verkaufen zu können)?

Ja, so ist es (aber natürlich wird es Ausnahmen geben).
Und es gibt ja kommerzielle Kunst, die in jeder Hinsicht von der handwerklichen Qualität sehr gut und wunderschön und intelligent und emotional sein kann. Siehe BONE.
Es kommt auf die richtige Mischung an, und ob der Künstler eher ein sperriges Werk oder leicht vertauliches Werk machen möchte,und ob überhaupt seine handwerkliche Fähigkeiten, Talent, Wissen und Einfühlsamkeit gut genug sind ein Werk wie Bone zu erschaffen. Eine Sprache in Bildern zu erschaffen, die visuell die Leute anspricht (das sie danach von alleine greifen, wenn sie es sehen) und die Herzen der Leser berührt, und den Leser eine literarische Erfahrung schenkt, die einmalig ist und man niemals vergessen kann.
Und ob gute Promoter (Verleger, Agenten, Redakteure etc.) und Supporter den Künstler zur Seite stehen, mit den richtigen Kontakten, Ideen und Können, um seine Werke gut und zahlreich zu verkaufen.
Ein guter Verkäufer ist manchmal sogar wichtiger als die Ware. :)
(aus wirtschaftlicher Sicht natürlich gesehen)

Spong
14.02.2007, 08:56
Das ist die Sache mit dem "Kommerziell"-Wort. Was wird sich verkaufen? Man kann am Reissbrett "sichere" Komponenten sammeln und die in einer Story zusammenkochen. Dann kriegt man sowas wie WANDA CARAMBA (meinen grössten Respekt vor dem Künstler), aber so richtig das Frühstück ans Bett bringt einem das nicht.

Ich denke, der Haupthaken ist immer noch eine fehlende eigene erzählerische Tradition im Comic. Ich sehe viele Parallelen zum deutschen Film, wo es bis in die 80er fast nur Gurken oder unverdauliches Kotz-Genital-Autorenkino gab, und dann kam sowas wie MÄNNER, und ein neuer Ton war angeschlagen. Auf dieselbe Weise wird das was z.B. Mawil macht, seine Kreise ziehen.

Es gibt hunderttausende von Möchtegernliteraten, die tonnenweise Bücher zum Storytelling lesen und danach ihre Romane und Geschichten aufziehen. Natürlich ist immer noch 90% davon Mist, aber es ist ja immer 90% von allem Mist. Aber wenn wir ein paar Dutzend Comics auf dem Niveau hätten, auf dem sich Amateurautoren bewegen, wäre schon eine Menge getan. Denn Storytelling ist ja nicht nur 3-Akte-Regelwerk, sondern auch tasächlich das Vermitteln von Wahrheiten und der eigenen Stimme.

Aber es ist ja "nur" Comic, und die Stories, wie ein von mich hochgeachteter Zeichner kürzlich meinte, müssen "aus dem Bauch kommen", und das ist immer noch die Herangehensweise der allermeisten im Medium. Die Story in 2 Minuten ausdenken, und dann eine Woche an der Seite sitzen. Ich denke, dasss der Erfolg von Ralf König (der leider viel zu wenig gelesen wird, weil alle denken, er sei eine Art Brösel in schwul) und von Manga unter anderem auch daher kommt, weil es BÜCHER sind und keine HEFTE, die da verkauft werden. Und die Nicht-Comic-Leser die ich kenne, sind auch viel eher an Graphic Novels interessiert als an einem 24-Seiten-Heft. Und für eine längere Story braucht man halt was Erzählvermögen.

Alle janken allerorten, aber ich denke, dass der Comic in Deutschland jetzt vielleicht da ist, wo vor 15 Jahren der deutsche Film war. Viele hunderte kaufen Mawil, Flix, FiL und Leute wie Craig Thompson, viele tausende lesen sie, und einige Dutzend werden ihre Lehren daraus ziehen, so wie viele Indie-Autoren in den USA nach Crumb ihre eigene Stimme gefunden haben. Arne Belsdorf hat Chris Ware gelesen, Flix Lewis Trondheim, und beide begründen ihrerseits (hoffentlich) eigene Traditionen. Es rumpelt gewaltig unter der Oberfläche, und in 5 Jahren kann hier alles ganz anders aussehen, grade wenn immer mehr Comic über die Szene hinaus bekannt werden, die Dinger in BUCHLÄDEN stehen und nicht in spackigen gruseligen Comicshops, und Auflagenzahlen ab 5000 greifbar werden. Dann stimmt auch das Preis-Leistungsverhältnis.

Wäre so EIN Aspekt meiner Sicht der Dinge.

navigator
14.02.2007, 09:56
argh... Wanda Caramba ist doch eher schlechte kommerzielle Kunst oder schlechte Indie Kunst, die versucht auf kommerziell zu machen.
Werke wie Naruto oder was der Zeichner OH GREAT! macht, oder was Jeff Smith mit Bone gemacht hat, das ist aktuelle kommerzielle gute Kunst.

Das Problem in Deutschland ist, dass es kaum gute Comiczeichner/autoren oder Comickünstler gibt, die starke Charaktere und wunderschöne Geschichten erfinden/schreiben/zeichnen können, die sich mit einem Jeff Smith,Trondheim, Eisner, C.M.Schulz etc. messen können und neue Maßstäbe setzen können.
Alles was man findet sind entweder schlechte Nachahmer von Stilen und Erzählweisen. Und wenn einer versucht etwas über Emotionen und Lebenswahrheiten zu erzählen entstehen klischeehafte Studentenerlebnisse oder Gymnasiasten-Liebeskummer stories oder "Lindenstraße im Rausch" Stories etc... . Gute Blues oder Soulstimmen haben sich noch nicht offenbart.
Das originellste was Deutschland bis heute geboten hat sind die Ralf König Comics undin seinen Comics steckt mehr Blues und Wahrheit als in einem Baptisten Comic wie Blanketts.

Ob sich das ändert... hoffe ich sehr...

ps: der deutsche Film hat gewaltige Klassiker, die Filmgeschichte geschrieben haben ( Filme wie Der Golem, Das Cabinet des Dr. Caligari, M-eine Stadt sucht einen Mörder, Nosferatu etc.) und hey es gibt noch soviele Deutsche, die international bekannt sind, Schauspieler wie Bruce Willis (der in D. geboren ist) oder Filmemacher wie Michael Ballhaus, oder jemand wie Wim Wenders, Wolfgang Petersen, Disney Leute wie Andreas Deja, Siepermann oder mein großes Vorbild Hans Bacher, der zeichnerisch und malerisch international ungeschlagen ist: http://its-a-wrap.blogspot.com/

Sanchez
15.02.2007, 00:38
argh... Wanda Caramba ist doch eher schlechte kommerzielle Kunst oder schlechte Indie Kunst, die versucht auf kommerziell zu machen.


Hast du zu wenig Feinde ??!

navigator
15.02.2007, 07:32
Die Wahrheit macht sich immer Feinde.
: )

L.N. Muhr
15.02.2007, 10:34
die lüge auch:



ich krame mal meinen alten thread raus. miguel, hier lang:

http://www.comicforum.de/showthread.php?t=75555&page=5&highlight=SPIEGEL

dinter3
16.02.2007, 17:32
Man kann am Reissbrett "sichere" Komponenten sammeln und die in einer Story zusammenkochen. Dann kriegt man sowas wie WANDA CARAMBA
das rezept zeig mir mal - fänd ich gut zu wissen, wie man icom-preiswürdiges auf nummer sicher zusammenkocht.
liegt´s am verkaufshit s/w? oder der topmodernen drallen figur der hauptdarstellerin?

s.dinter
16.02.2007, 18:07
wirklich cool, spong. einfach mal eckart im forum von nem anderen verlag dissen. hat was.

Hate
16.02.2007, 18:44
Vor lauter Empörung falsch gelesen oder falsch geschrieben.
Du meinst sicher Navigator, und nicht Spong.

Dirk Rehm
16.02.2007, 19:05
"Dissen" finde ich auch zuviel gesagt.

Der Konzeption der Figur der Wanda Caramba kann man sicher einen kalkulierten kommerziellen Hintergrund unterstellen, wenn man die "dralle Figur der Hauptdarstellerin" und das Genre "Crime Fiction" in Betracht zieht, und auch die Tatsache, dass Carlsen komplette Storys von "Wanda Caramba" als Taschenbuch veröffentlicht hat. Das ist doch völlig in Ordnung, und ich denke, auch eine Interpretation in Eckarts Sinne.

Dirk Rehm
16.02.2007, 19:26
Aber um wieder auf das eigentliche Thema zurückzuführen: Mit "kommerziell" meine ich vor allem den berechenbaren Erfolg wie bei "Cash - I see a darkness" von Reinhard Kleist, der Erich-Kästner-Adaption "Der 35. Mai" von Isabel Kreitz oder den Comic zum Jugendroman "Der erste Frühling" von Klaus Kordon, der in Kürze bei Carlsen erscheint.

Interessant finde ich die Wahl eines grundlegenden Themas, das das Potenzial hat, ein breites Publikum anzusprechen, ohne dass sich der Stoff notwendigerweise in Klischees erschöpft.

In der jüngeren deutschen Vergangenheit liegen diese Theman ja sozusagen noch auf der Straße, ohne dass darüber relevante Comics gemacht worden sind: Ganz anders dagegen die Literatur oder der Film, wo die ostdeutsche Vergangenheit, die Wende oder die RAF und der Deutsche Herbst mittlerweile schon seit Jahren ein Thema sind - gleichzeitig aber zumindest im Film selten so persönlich betrachtet wurden, wie das in einem Comic möglich wäre. Doch das soll jetzt nur ein Beispiel sein, so wie der Iran das Thema war, durch das "Persepolis" in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist. Es könnten auch individuelle persönliche Themen sein, die eine zentrale Rolle einnehmen...

parole-ae
16.02.2007, 23:37
Spong hier, bin bei AE zu Gast, will mich nicht neu einloggen.

Nee, Hate, die meinen schon mich.

Was ich geschrieben habe, steht da und war so gemeint. Und wenn ich damit böses Blut und bleibende Schäden verursacht habe, muss ich damit leben.

Und ich halte Eckhard Breitschuh für einen klasse Zeichner und menschlich für sehr, sehr cool. Ich halte mich nicht für so scheisse oder verlogen, dass ich hinter dem Rücken von irgendwem irgendwen quasi heimlich disse. Das der Thread hier von Zwerchern gelesen wird, konnte ich mir wohl denken, also bitte.

.... aber ich finde, dass er sich bei seinen Comics weit unter Wert verkauft. Und WC ist für mich ein sehr gutes Beispiel für einen Comic der alle Komponenten des sichere-Nummer kommerziellen Erfolges hat, aber eben nicht, und zwar zurecht nicht, auch nur annähernd so erfolgreich wie ein Roman von Ralf König, der zehntausendmal intimer, ehrlicher, konsequenter und unterhaltsamer ist. WC ist absolut okay, aber es ist halt nicht toll. Und ein Comic muss halt wirklich sehr überragend sein, damit er nicht-Comicleser davon überzeugt, einen Comic in die Hand zu nehmen. Wanda wird für viele sehr unterhaltsam sein, und für viele auch alle Stereotypen zum Medium bestätigen. Es ist Sex & Crime. Schlüsselreizliteratur. Und das sage ich auch gerne jedem ins Gesicht, und das steht für mich in keinem Widerspruch zu der Tatsache, dass ich Eckhard menschlich für eine sehr coole Sau und künstlerisch für überdurchschnittlich begabt halte.

Okay?

s.dinter
17.02.2007, 10:08
@hate: nee, vor lauter empörung kühlen kopf bewahrt und den gemeint, den ich gemeint habe. warum, zum teufel, sollte ich navigator dissen?

@ducrème: "unterstellen" ist da vielleicht das wichtigste wort. aber das ist nicht mein problem. ich finde es schlichtweg recht schlechten stil, wenn user im forum eines verlages die comics eines anderen verlages als negativbeispiel heranziehen. das mag man dann vielleicht mit "ehrlichkeit" entschuldigen, aber das tun PUR mit ihren songs ja auch, und sieh, wohin es uns gebracht hat. wenn frank plein ralf königs arbeit mit eckarts arbeit vergleichen will, dann wäre das zwerchfell-forum dafür ein geeigneter ort. bei reprodukt würde ich ihn bitten, sagenwirmal, ralf könig und mawil miteinander zu vergleichen. (und ob carlsen den erfolg von WANDA CARAMBA so genau kalkuliert hatte, weiss ich an den verkaufszahlen nicht so genau abzulesen. eher schon an den makulaturergebnissen. da hatten sie allemal mehr glück, als sie flix für eine ungenannte austauschsumme übernahmen.) ;)

@spong: keine ahnung, wie eckart dazu steht, wenn du ihn für eine coole sau hältst, aber 200 seiten comics, in die er sicherlich herzblut gelegt hat, in einem anderen forum mal kurz aburteilst, und damit auch noch navigator von allen leuten eine gute steilvorlage lieferst. aber ich persönlich könnte dir, wenn du mit mir so umspringen würdest, relativ genau sagen, wie ich dazu stehe. und der satz "in die wüste gehen und keine postkarten schicken" würde darin sicher prominent vorkommen. nur so als vorschlag.

@ducrème (again): mit post #41 hast du sicher recht. problem da: die leute, die z.b. den RAF-herbst miterlebt haben (ich denk mal an seyfried, so zum beispiel) sind schon damals mit dem thema anders umgegangen. und schon für meine generation ist das ding einfach sehr schwer nachvollziehbar. wenn man allerdings ein wenig vorgeplant hätte, wäre natürlich gerade die zweite generation der RAF, die ja jetzt so nach und nach wieder frei gekommen ist oder noch frei kommt, ein sehr interessantes und sehr kommerzielles thema für einen comic gewesen. aber wer soll's zeichnen? die abschlussarbeiten der akademien, die ich in den mappen sehe, sind ja doch eher unpolitisch und bleiben im zweifelsfall bei der kafka-adaption oder eigenen nabelschau hängen...

Spong
17.02.2007, 13:23
"Dissen" finde ich auch zuviel gesagt.

Der Konzeption der Figur der Wanda Caramba kann man sicher einen kalkulierten kommerziellen Hintergrund unterstellen, wenn man die "dralle Figur der Hauptdarstellerin" und das Genre "Crime Fiction" in Betracht zieht, und auch die Tatsache, dass Carlsen komplette Storys von "Wanda Caramba" als Taschenbuch veröffentlicht hat. Das ist doch völlig in Ordnung, und ich denke, auch eine Interpretation in Eckarts Sinne.

Das, und nichts anderes, wollte ich kommunizieren, Hergottsakra.

Für die Steilvorlagen kann ich nichts, und ich denke dass die Welt mit meinen urprünglichen Posting gut hätte leben können, bevor hier das Wasserglas gestürmt wurde, und das Thema mal wieder ausser Sicht geraten ist. Aber jetzt grade denke ich, dass nichts was ich sage irgendetwas besser machen wird. Ich wollte in der Tat niemanden dissen.

Und ich hoffe sehr, dass ich nicht mehr Glas zerschmissen habe als ich überschauen kann.

Kann jemand den Thread zu seiner ursprünglichen Destination zurückführen?

dinter3
17.02.2007, 14:30
Aber um wieder auf das eigentliche Thema zurückzuführen: Mit "kommerziell" meine ich vor allem den berechenbaren Erfolg wie bei "Cash - I see a darkness" von Reinhard Kleist, der Erich-Kästner-Adaption "Der 35. Mai" von Isabel Kreitz oder den Comic zum Jugendroman "Der erste Frühling" von Klaus Kordon, der in Kürze bei Carlsen erscheint.
zwei mal carlsen und ein mal dressler verlag, den man als unterhaus von oetinger getrost zu den grossen rechnen darf und gegenüber der indie reprodukt - zeigt mir wieder mal, dass sich indie und kommerz in der deutschen comiclandschaft so gut wie ausschliessen.
selbst wenn ein kommerzielles thema da ist, scheitert´s dann doch wieder an auflagenhöhe, bzw. vertrieb und publikumswirksamer präsenz.

und sicherlich könnte man wanda caramba einen kalkulierten kommerziellen hintergrund unterstellen, aber mmn hätte dann jemand sehr falsch gerechnet. in lindsay lohan-hungerhaken-zeiten eine dralle maid wie wanda ins rennen zu schicken kommt kassengift gleich, s/w stinkt hinter farbe immer ab und das alte who dunnit-schema bedient nur einen begrenzten kreis von krimifreunden, ebenso wie das st.pauli-kiez-ambiente nur bei dünn gesäten hans albers-nostalgikern anklang findet.

Spong
17.02.2007, 17:38
Feminine Formen sind wie Motörhead: Sie werden immer ihre Fans haben. Ich erinnere an den Satz von Buddy Bradley: I don't want to **** somebody who looks like myself. So funktioniert einfach Heterosexualität.

Ich glaube einfach, der Trash / Pulp-Ansatz, mit oder ohne Augenzwinkern hat sich so ein bisschen überlebt, sonst wäre ja auch POWER FREAKS kommerziell durch die Decke gegangen.

Ich und viele von uns, wenn sie Freunden coole Comics geben, kriegen die Reaktion Ich wusste nicht dass es solche Comics gibt. Und Comics können halt mehr als Pulp. Und wenn sie sich woanders verkaufen wollen als in sleazy Comicläden, und an andere Personen als an untervögelte MANOWAR- oder HAMMERFALL-T-Shirt-Träger, sollten sie das auch.

dinter3
17.02.2007, 18:29
:spinner:

Dirk Rehm
17.02.2007, 19:18
Auch wenn die genannten Beispiele zweimal Carlsen und einmal Dressler Verlag sind, darauf wollte ich eigentlich nicht hinaus. Was ein großer Verlag natürlich gegenüber einem kleineren Verlag in der Regel leisten kann, ist, den Zeichner auf dem Weg vom Konzept zur Realisierung des fertigen Produkts finanziell zu unterstützen. Es wird entsprechend ein Vorschuss ausgezahlt, der es dem Zeichner erlauben sollte, über einen Zeitraum von einem halben Jahr an oder länger an seinem Projekt zu arbeiten, und sich zumindest derweil keine Sorgen um seine Lebenshaltungskosten zu machen. DAS kann sich sicher keiner der kleineren Verlage leisten.

Auf der anderen Seite realisieren deutsche Comiczeichner aber stetig eigene Projekte, die nicht minder aufwändig sind als "Cash - I see a darkness" oder "Der 35. Mai". Und das eben ohne den Vorschuss im Rücken, sondern bestenfalls mit einem Honorarvorschuss bei Unterzeichnung des Vertrages oder Abgabe der Druckunterlagen. Und genau an dieser Stelle sehe ich nicht unbedingt, warum man ein kommerzielles Thema nicht genauso gut bei einem kleineren Verlag veröffentlichen können sollte.

s.dinter
18.02.2007, 08:55
da steht natürlich überhaupt nichts dagegen. das problem ist nur: du kannst keinen kommerziellen erfolg planen. und wenns kein erfolg ist, dann hast du zwar einen comic, der kommerzielles potential hat ( z.b., um spongs post aufzunehmen, für die heten: ti tten, für die homos: w/ti tten, m/klöten), nur dummerweise keinen kommerz macht. und damit ist er dann eben auch nicht mehr: kommerziell. mit CASH hätte reinhard kommerziell gesehen genausogut auf die nase fallen können - will meinen: wenn den nur die paar comicfans, die auch cash hören, gekauft hätten, wärs kein kommerzieller erfolg gewesen. und fest davon auszugehen, dass jeder, der an cashs musik interessiert ist, sich auch einen comic über den toten, alten mann kauft, wäre blauäugig gewesen. cash war ja nicht so der, sagenwirmal, multimediale typ. der einzige star der populären musik, der dir wirklich garantiert, dass ihn JEDER kennt, der in jedem medium schon vorliegt, der quasi den micky-maus-effekt mitbringt, ist/war elvis presley (und das wird dann ja wohl auch der nächste comic von kleist). und da hast du wieder das problem, dass dein comic in der flut der konkurrenzprodukte einfach untergehen kann und du ihn übermorgen in der ramschkiste wiedersiehst.

wenn mir knappe 20 jahre comicmachen eins gezeigt haben, dann, dass auch im bereich der comics das schöne hollywood-diktum "nobody knows anything" stimmt. du kannst das kommerziellste stück comic der welt planen, und dir nichts als eine blutige nase holen; du kannst einen sehr persönlichen, brillianten und unterhaltsamen comic machen, und unter 100 stück davon verkaufen; du kannst mit einer mittelmässigen idee in braver ausführung plötzlich einen mega-erfolg landen. und andersrum. und keiner kann dir VORHER sagen, wieso. nachher ist einfach, da funktioniert marketing und marktforschung immer am besten.

die idee der großen verlage, buchadaptionen herauszubringen, ist sicherlich am nähesten an einem halbwegs planbaren kommerziellen erfolg dran. und auch ganz richtig so. ehapa hat das ja mit der hohlbein-adaption vorgemacht. aber die haben eben hohlbein auch in der egmont-verlagsgruppe - in meinem kleinen köpfchen macht das lizenzverhandlungen ein gutes stück leichter. da kommen wir indies nicht so schnell hin.nehmen wir doch den elvis/micky-maus-effekt und stellen uns vor, wir könnten mit einem hochtalentierten deutschen team einen JAMES BOND comic machen. ich seh schon den brief mit unserer lizenzanfrage ungeöffnet zurückkommen. und, btw, ich würde wirklich sehr gern einen bond-comic von reprodukt sehen :) und welches heisse thema willst du sonst aufgreifen? du musst mindestens ein jahr vorkalkulieren - wenn heute kinderprostitution in thailand ein heisses thema ist, und ein zeichner/autor sich dransetzt und einen spitzencomic dazu recherchiert und zeichnet, kommt der comic ja effektiv erst in einem jahr raus, und wenn dir dann grad ein tsunami durch das land rollt, will keiner mehr was von deinem heissen sozialthema mehr wissen.

für mich bleibt es, wie es ist: als zeichner kann ich nur das zeichnen, was mich interessiert, was mich umtreibt. und als redakteur will ich von einem zeichner nichts anderes sehen. dass ich dabei keine scheuklappen haben sollte, bloss weil ein für den zeichner interessantes thema zufällig auch noch kommerziell ist, ergibt sich von selbst. und wenn es dann ein erfolg wird: umso besser.

Dirk Rehm
18.02.2007, 10:07
Na ja, "James Bond" ist derzeit in der Tat ein besonders schwieriges Thema für vermutlich alle Verlage, weil die Figur nach dem Imagewandel mit Daniel Craig recht hip ist und somit die Rechte sicher sehr schwierig zu bekommen sind.

Aber ein anderes, positives Beispiel wäre "Conan", der am Ende der Neunziger aus allen Medien so gut wie verschwunden war. Als die Rechte am Boden lagen, haben - soweit ich das vom Hörensagen weiss - zwei junge Unternehmer die Rechte gekauft, Conan Properties International gegründet und "Conan" sehr erfolgreich vermarktet, wie man heute sehen kann. Oder wenn man sich die Entwicklung von Andreas Mergenthalers CrossCult in den letzten zwei oder drei Jahren anschaut, bilden eine schlüssige Verlagspolitik, Gespür für den richtigen Zeitpunkt und Geschick in der Verpackung und Vermarktung den Schlüssel zum Erfolg. Der Verkaufserfolg von "300", der sich für dieses Jahr abzeichnet, ist bis zu einem gewissen Punkt durchaus kalkulierbar - und "300" wäre sicher nicht bei CrossCult, wenn Andreas nicht auch schon zum richtigen Zeitpunkt an Frank Millers "Sin City" geglaubt hätte.


für mich bleibt es, wie es ist: als zeichner kann ich nur das zeichnen, was mich interessiert, was mich umtreibt. und als redakteur will ich von einem zeichner nichts anderes sehen. dass ich dabei keine scheuklappen haben sollte, bloss weil ein für den zeichner interessantes thema zufällig auch noch kommerziell ist, ergibt sich von selbst. und wenn es dann ein erfolg wird: umso besser.

Das sehe ich genauso, vor allem, wenn ich als Redakteur für Reprodukt spreche. Die These, die Sascha aufgestellt hat, war ja aber, dass es den Zeichnern an Perspektive oder an einer Karriereleiter mangelt. Und ich frage mich, wie dem Abhilfe zu schaffen sein kann und ob man nicht von beiden Seiten daran arbeiten kann, aus dem Status Quo zu entkommen.

navigator
18.02.2007, 10:34
James Bond Comics gibt es schon seit längerer Zeit... (http://millus.blogg.de/eintrag.php?id=511)

Ich finde den Zeichnern fehlt es nicht nur an Perspektive oder einer Karriereleiter.
Wer etwas daran ändern will, der muss seine Stärken ausspielen und sein Bestes geben, um etwas zu ändern oder zu überleben. Verbündete finden und neue Ideen entwickeln.
Solidarität wäre stark angesagt, aber oft steht man sich selber im Weg, oder es gibt viele die aufgeben, wenn es zu schwer wird, oder wenn Erfolg eintritt, will man nicht teilen etc.. Deswegen sehe ich eher schwarz für die Zukunft...

Bei mir war es so, das ich am Ende alles selber in die Hand nahm und mit den Leuten zusammenarbeitete, denen ich 100% vertrauen konnte, spielte meine Stärken aus, setzte meine Ideen um und es stellte sich Erfolg ein.
Mein Ziel ist es mit Comiczeichnen meinen Lebensunterhalt zu verdienen, doch dabei die Comics zu machen, die ich will und so wie ich sie machen will. Ich hoffe das ich dieses Ziel in paar Jahren erreichen kann.

Ich glaube z.B. das das Comicfest in München dieses Jahr eine gute Chance ist mal ein anderes Publikum als die Comicfans zu erreichen, wenn man die Dinge richtig anstellt, da die Location dieses Jahr sehr zentral ist und schon diese Tatsache ist ein großer Vorteil.

dinter3
18.02.2007, 12:34
Oder wenn man sich die Entwicklung von Andreas Mergenthalers CrossCult in den letzten zwei oder drei Jahren anschaut
der gedanke an cross cult kam mir in dem zusammenhang auch schon, aber es besteht der unterschied, dass andreas bereits vorhandenes material zum geeigneten zeitpunkt herausbringt, statt neue projekte auf die bahn zu bringen. mal abgesehen davon, dass cc material auswählt, das seine erfolgschancen bereits bewiesen hat.

dass es den Zeichnern an Perspektive oder an einer Karriereleiter mangelt. Und ich frage mich, wie dem Abhilfe zu schaffen sein kann und ob man nicht von beiden Seiten daran arbeiten kann, aus dem Status Quo zu entkommen.
ich glaube, da wird man sich mit der tatsache abfinden müssen, als kleinverlag das sprungbrett (also perspektive und eine sprosse auf der karriereleiter) zu sein, um den großen kommerziellen durchbruch später bei 'großen' verlagen mitverfolgen zu können.

s.dinter
18.02.2007, 13:22
ich lerne nie aus. wow. es gibt james bond comics. who'da thunk it? jetzt muss ich nur noch diesem gerücht nachgehen, dass es von flash gordon auch welche gibt...

**headslap!!**


@dirk: die karriereleiter, von der sascha spricht, gibt es schon. er ist ja schon bis zu punkt 3 gekommen (wenn du verzeihst, dass ich dich da in seine sparte "kleinverlag" subsumiere). das "von beiden seiten daran arbeiten", das du ansprichst, würde dann sicher beinhalten, dass du (oder wer sein redakteur bei repro ist) ihn darin bestärkst, ruhig mal etwas kommerzielleres zu machen. und ihm zu einem größeren verlag mit besseren zahlungsmöglichkeiten verhilfst (wobei da anzumerken wäre, dass erfahrungsgemäss deutsche zeichner bei den "großen" verlagen auch nicht viiiel mehr verkaufen, als bei den "kleinen").

bei zwerchfell haben wir - mit erfolg - größeren verlagen, aber auch werbekunden, "packages" angeboten. wir arbeiten mit genug zeichner/innen, grafikern, letterern, autoren, übersetzern und redakteuren, so dass wir verschiedene projekte von verschiedenen seiten betreuen können. vom "einfachen" übersetzen und lettern bis zum fertigen druck-pdf eines comics zu einem beliebigen thema. so nach dem alten eisner-studio-vorbild. das hilft allen beteiligten. der verlag/werbekunde bekommt mit geringstmöglichem reibunsverlust einen fertigen comic, unsere leute haben einen job, und den auch noch im comicbereich. und bekommen dadurch wieder geld auf die hand, um ihre eigenen sachen, ob man die kommerziell oder unkommerziell findet, zu machen.

was für mich da noch fehlt, ist eine europäische lösung. ich sehe nicht, dass wir mit comics im deutschen sprachraum allein für unsere autoren / uns selbst auf dauer ein wirklich gutes einkommen schaffen können. dazu gibt es hier einfach zu wenig kunden. für mich wäre ein nächster schritt, strategische zusammenarbeiten mit anderen europäischen indieverlagen anzugehen, so dass wenn nicht alle, so doch viele projekte unserer verlage zeitgleich in spanien, frankreich, italien... etc. erscheinen könnten. wir würden alle druckkosten sparen, und die ersparnis teils den kunden, teils den autoren weitergeben können.

ich mach mich gleich nächstes jahr dran. versprochen :)

Dirk Rehm
18.02.2007, 13:34
@dinter3: Das muss man vielleicht, aber das will ich natürlich nicht!

@s.dinter: Na klar, da sehe ich Reprodukt auch als den Kleinverlag. Und Sascha oder wem auch immer zu einem größeren Verlag zu verhelfen, finde ich ziemlich unattraktiv - nicht zuletzt auch tatsächlich für die eigene Perspektive der Zeichner - weil die Halbwertzeit für einen Autor bei einem größeren Verlag erfahrungsgemäß ungleich kürzer ist als bei einem kleinen Verlag.

Bis auf Isabel, und die mit vielen Höhen und Tiefen, fällt mir eigentlich kein deutscher Zeichner ein, der von einem großen Comicverlag regelmäßig über eine Spanne von sagen wir mal acht Jahren veröffentlicht worden ist. Wenn die Deckungsbeiträge nicht mehr erwirtschaftet werden können, geht in absehbarer Zeit das Licht aus... Dieses Modell der Karrierleiter scheint mir wie gesagt ein Modell, das in Frankreich greifen kann, aber für das hierzulande erst noch der Markt geschaffen werden muss.

s.dinter
18.02.2007, 14:03
hehe… ich wollte dir natürlich nicht wirklich vorschlagen, sascha an einen größeren verlag weiterzureichen... :)

Dirk Rehm
18.02.2007, 14:23
... der ist ja auch nicht auf den Kopf gefallen und kann sich selbst weiterreichen, wann immer er will. Andererseits wäre das vielleicht eine Idee für eine neue Klausel in den Verträgen, also ähnlich der Musikindustrie eine Bindung an den Verlag über mehrere Jahre zu verlangen... :)

Sanchez
18.02.2007, 15:33
was für mich da noch fehlt, ist eine europäische lösung. ich sehe nicht, dass wir mit comics im deutschen sprachraum allein für unsere autoren / uns selbst auf dauer ein wirklich gutes einkommen schaffen können. dazu gibt es hier einfach zu wenig kunden. für mich wäre ein nächster schritt, strategische zusammenarbeiten mit anderen europäischen indieverlagen anzugehen, so dass wenn nicht alle, so doch viele projekte unserer verlage zeitgleich in spanien, frankreich, italien... etc. erscheinen könnten. wir würden alle druckkosten sparen, und die ersparnis teils den kunden, teils den autoren weitergeben können.

ich mach mich gleich nächstes jahr dran. versprochen :)

So etwas in der Richtung hatte ich auch schon angedacht. Schon aleine weil ich viele gute Indycomics aus Spanien in der Hand hatte.
Unter anderem Werke von Ramon Bach, Salvador Laroca und ein paar in Deutschland unbekannten.
Als ich vor zwei Jahren wieder in Spanien war habe ich mich diesbezueglich beim Norma in Barcelona (voll der grosse Comicshop) erkundigt ob die so etwas wie das Comicforum haben. Der Verkaeufer sagte mir das es in Spanien leider nur Foren von Verlagen gibt.
Das war der erste Daempfer, der Zweite war das mein Bruder, obwohl er Redaktion und Uebersetzung prima machen koennte, gleich abgewunken hat weil er mit mir nicht mehr zusammenarbeiten will.
Trotzdem halte ich die Idee immer noch fuer sehr gut da ich zum einen gutes Material von drueben kenn und zum anderen es auch hier einiges an indy Material gibt das drueben gut ankommen koennte.
Und ausserdem ist es absolut unlogisch das es nicht gemacht wird !!!
Allerdings da ein paar andere sich dahinterklemmen, weil ich nicht zu den Alphatieren der Indyszene gehoere und niemand ein Risiko eingeht nur weil ich eine interesante Idee habe.

Allerdings, wenn andere sich dahinterklemmen wollen, helfe ich gerne.

Dirk Rehm
18.02.2007, 19:24
In umgekehrter Richtung, als die, in der es Stefan beschreibt, machen wir und viele andere, kleine und große deutsche Verlage, schon seit vielen Jahren Koproduktionen in ganz Europa. Es gibt ein Netzwerk, gerade mit französischen und spanischen Verlagen, man trifft sich auf internationalen Messen und tauscht sich aus. So sind bei uns zum Beispiel viele der Bücher von Lewis Trondheim in Koproduktion zwischen zwei oder drei Ländern entstanden.

Die Auswahl der Arbeiten von ausländischen Autoren fällt allerdings nicht immer leicht, vor allem wenn man die entsprechende Fremdsprache nicht beherrscht. Mir sagen die Namen Ramon Bach oder Salvador Laroca nichts, aber ich werde mich mal informieren. Im Herbst erscheint aber bei Reprodukt mit "Bardin" ein neues Buch des spanischen Zeichners Max, das voraussichtlich in Zusammenarbeit mit einem polnischen Verlag produziert wird: "Bardin el superrealista" (http://www.lacupula.com/web/autor-en-coleccion.do;jsessionid=D7D456C8F36CEBF12242E1D8C2 B17F2C?idAutor=91&idCol=18)

Ungleich schwieriger ist aber Stefans Projekt, Comics von deutschen Autoren zeitgleich mit anderen europäischen Verlagen zu produzieren. Auch das bringt nur bei vierfarbigen Comics im Zusammendruck eine Kostenersparnis und setzt zunächst voraus, dass man ausländische Verlage von dem eigenen Projekt überzeugen muss. Und das bedeutet eine Menge Arbeit im Vorfeld...

Lola65
18.02.2007, 19:25
naja, genauso umgekehrt müssen doch die ausländischen verlage euch von ihren autoren überzeugen??

Dirk Rehm
18.02.2007, 19:34
Klar, aber die haben eine längere Tradition in Sachen Comics und entsprechend verlangen sie auch eine sehr hohe Qualität, wenn sie eine Lizenz einkaufen wollen. Wir stehen hierzulande im Grunde noch am Anfang. Einen nennenswerten Export von deutschsprachigen Comics hat es in den letzten zwanzig Jahren, mit wenigen Ausnahmen, etwa von Ralf König oder Matthias Schultheiß, nicht gegeben.

Lola65
18.02.2007, 19:36
irgendwie haben die meisten länder eine längere traditon als wir. ich hoffe ich erlebe es noch, das sich das bei uns ändert.

Sebastian Oehler
18.02.2007, 21:13
Das ändert sich doch schon gerade...wenn ich überlege, in wie vielen Ländern jetzt deutsche Autoren veröffentlicht werden...das sind zwar meist kleinere Verlage, aber die Richtung macht eindeutig Mut...

Hate
18.02.2007, 23:04
In Frankreich sind in den letzten drei Jahren mehr deutschsprachige Zeichner als je zuvor veröffentlicht worden:
http://www.comicforum.de/showthread.php?t=68953

In Spanien ist es ähnlich.

cyqle
19.02.2007, 01:17
Hört sich ja gut an. :)

ICOM
19.02.2007, 07:54
ich lerne nie aus. wow. es gibt james bond comics. who'da thunk it? jetzt muss ich nur noch diesem gerücht nachgehen, dass es von flash gordon auch welche gibt...
Und der wird ja grade neu verfilmt. Prima Chancen für Pollischansky!

cyqle
19.02.2007, 12:00
Flash Gordon wird neu verfilmt? Der Hammer... hoffentlich mit wenigstens genauso gutem Soundtrack, wie damals. Vielleicht klonen Sie Freddie Mercury neu und er schreibt einen für den Film.

Hate
20.02.2007, 05:16
Gibt es wirklich eine Comic-Karriereleiter? Ist für einen Zeichner ein großer Verlag besser als ein kleiner?

Wurde schon mal der große Erfolg eines Comicbuchs dadurch verhindert, dass der Verlag zu klein war?

Wäre z.B. Peter Puck heute reicher, wenn er schon nach dem ersten "Rudi"-Band zu Ehapa/Carlsen/Lappan/Eichborn gewechselt wäre?

s.dinter
20.02.2007, 08:42
da kann man knallhart und entschlossen mit JEIN antworten. ein großer verlag kann einem zeichner sicher mehr bieten als ein kleiner, zumindest unter umständen. vorauszahlungen/garantiesummen auf die werke gibt es z.b. nicht bei jedem kleinen verlag (ich weiss zwar auch von einem projekt bei einem großen cartoonverlag, wo es keine vz gab, aber das war eh fast kriminell...). und selbst mit einer vz von "nur" 8% auf 3000 stück stehst du besser da, als mit nix. das wäre der JA-teil.

deine beiden nächsten fragen sind nicht ganz so einfach zu beantworten. ich könnte natürlich argumentieren, dass sämtliche comics, die bei kleinen verlagen erschienen sind und keine kommerziellen erfolge erzielten, nur deshalb , WEIL sie bei einem kleinen verlag erschienen sind, floppten. aber so blauäugig sind wir ja nun nicht :) tatsache ist allerdings, dass ein großer verlag, wenn er sein marketingkönnen und seine werbestrategie richtig einsetzt, einem comic eine sehr viel höhere öffentlichkeit schaffen KANN. aber eine garantie kriegst du da natürlich auch nicht drauf.

der wechsel von einem kleinen zu einem großen verlag wird dir auch nicht gaaanz einfach gemacht, wenn du bedenkst, dass die großen verlage zu firmengruppen gehören, die durchaus im einen oder anderen segment gewinnvorgaben haben - d.h., wenn sich RUDI 1 nicht verkauft, kommt RUDI 2 unter umständen gar nicht erst heraus. während dein kleinverleger vielleicht tapfer weitermacht, weil er darauf setzt, dass dieser comic sein publikum noch finden wird.

Spong
20.02.2007, 08:51
Nun, je mehr "Manpower", desto mehr Leute können sich um verschiedene Aufgaben kümmern. Die einen machen die Druckvorlagen, so gut sie können, die anderen wühlen die Preise der Druckereien durch, und andere machen Presse- und Marketingarbeit. Die grossen (Buch)Verlage haben Vertreter, die von Buchhandlung tingeln. Wenn das alles an einer oder zwei Personen hängenbleibt, ist die Frage, wie gut diese Jobs jeweils gemacht werden können. Vor allem eben die Marketing- und Pressearbeit. Das Zeug kann ja das grösste Ereignis sein seit der Wiedergeburt Christi, aber wenn keiner da draussen davon erfährt, wird es trotzdem irgendwo im Keller versauern. Aber durch Internet und Amazon ist die "Durchlässigkeit" für kleinere Produkte deutlich besser geworden. Es gibt Beispiele für BoD-Bücher, die ohne nennenswertes Marketing 10.000er Auflagen haben, und ich glaube wirklich, dass sich ein wirklich bemerkenswertes Buch immer durchsetzen wird.

(Das coolste an James Bond ist das Drehbuch von Paul Haggis, der auch die genialen L.A. CRASH und THE LAST KISS gemacht hat (und Million Dollar Baby). Von dem Tüp kann man RICHTIG viel lernen, und er zeigt mal wieder wie eindringlich und "wahr" eine "Mainstreamgeschichte" sein kann.)

Breitschuh
20.02.2007, 12:23
entschuldigt die unterbrechung, kurz zu protokoll:
wanda caramba stellt mein bis dato ambitioniertestes und persönlichstes comicprojekt dar. lesbarkeit und der einsatz von schlüsselreizen (igitt!) sind nicht einem kommerziellen kalkül, sondern einem formulierten künstlerischen anspruch geschuldet.

von wanda caramba mag jeder halten, was er will. aber meine motive bzw. deren wahrhaftigkeit aufgrund der lektüre beurteilen und vergleichen zu wollen, verbitte ich mir.

dass du, spong, gar meinst beurteilen zu können, dass ich mich mit wanda caramba "unter wert" verkaufe, ekelt mich in seiner herablassenden klebrigkeit geradezu körperlich an.

und falls du nochmal meinen namen verwenden solltest, schreib ihn bitte richtig.

Spong
20.02.2007, 12:41
Wenn ich mehr tun kann als mich entschuldigen, sags.

(Wenn es FSK 16 ist ...)

Dirk Rehm
20.02.2007, 12:49
Jepp, dann kann ich mich nur anschließen und um Entschuldigung für die Unterstellung eines "kalkulierten kommerziellen Hintergrundes" bitten.

Im Zusammenhang mit dem Thema und Verlauf der Diskussion möchte ich aber auch gerne noch mal klarstellen, dass ich den "kommerziellen Anspruch" über den wir hier reden, keineswegs negativ meine.

Morn
20.02.2007, 14:34
Jetzt ich auch noch. @spong. Entschuldigungen helfen da nicht besonders, vor allem, wenn man nach dem Reintreten sich noch darüber ärgert, wenn die Betroffenen schreien.


Für die Steilvorlagen kann ich nichts, und ich denke dass die Welt mit meinen urprünglichen Posting gut hätte leben können, bevor hier das Wasserglas gestürmt wurde, und das Thema mal wieder ausser Sicht geraten ist.


:klappe:

Spong
20.02.2007, 14:46
Nun, einige der Reaktionen bezogen sich auf Sachen, die NACH meinem Posting kamen. Da stand nämlich weder was von Kalkül noch dass WC wer weiss wie schlecht ist.

Der Thread hier ist superinteressant und sehr konstruktiv, und deshalb, wenn sich noch irgendwelche Postings darauf beziehen, dass ich hier was unmögliches gemacht habe, teilt es mir lieber PersöNlich mit. Ihr könnt dann Klartext reden, und der Thread hier wird nicht zerschossen.

Morn
20.02.2007, 15:17
Das ist gerade der Punkt. Du hast ihn schon zerschossen.

kiki_magic
20.02.2007, 21:38
So, zurück zum Thema.
Als Autor "Sascha Hommer"; der, wie es hier gesagt wurde, mit der Veröffentlichung bei Reprodukt auf der Karriereleiter Stufe 3 erreicht hat, stellt sich für mich die Situation so dar, wie Dirk Rehm es auch schon gesagt hat: ich könnte mir jetzt überlegen, ob ich an der nächsten Stufe arbeiten will, nämlich zu einem grösseren Verlag zu wechseln. Das könnte für mich den Vorteil mit sich bringen, dass ich mindestens einen grossen Teil meiner Lebenskosten durch das Zeichnen von Comics verdienen kann. So wie ein Freund von mir, der für einen der kleineren kommerziellen Verlage in Frankreich arbeitet; er bekommt einfach genug Vorschuss für ein Album, um davon leben zu können, solange bis er mit dem nächsten Buch beginnt. Mal davon abgesehen dass ich ja vielleicht aus anderen Gründen gar nicht weg will von Reprodukt, wäre der Wechsel in der momentan Situation aber vielleicht auch gar nicht so klug, denn ich sehe keinen größeren Verlag, der langfristig/nachhaltig deutsche Zeichner unterstützt bzw. bei dem es eine solche Kontinuität in der Verlagsarbeit gibt wie bei Reprodukt. Wenn ich kontinuierlich an Comicgeschichten arbeiten will, und auch inhaltlich interessant, die politischen Themen könnten zum Beispiel folgen nachdem sich alle mit Jugend-Autobiographien gebauchpinselt haben, dann scheint es mir im Moment klüger die anstrengende Variante zu wählen, also nur 20% des Geldes kommt durch Comiczeichnen rein, und der Rest der Zeit muss was andres gemacht werden. Ich sage nicht dass das so schlimm ist, ich denke nur dass sich bei solchen Aussichten weit weniger junge Menschen dazu entschliessen, den gleichen Weg einzuschlagen. Und qua Wahrscheinlichkeit gibt es dann auch weniger interessante Comics, und der Markt bleibt klein, und soweiter. Also es gibt schon eine Karriereleiter, nur die höchste Stufe ist eine ziemliche Wackelpartie...

Dirk Rehm
20.02.2007, 22:15
... ich denke, dass zunächst von allen Seiten weiter daran gearbeitet werden muss, dass der Markt größer wird. Da helfen zum einen natürlich die von Stefan angesprochenen Mechanismen wie Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Vertrieb, die es so gut wie möglich auszubauen gilt.

Zum anderen muss natürlich hierzulande die Nachfrage noch geschaffen werden, und da finde ich einen Satz interessant, den ich gerade in einer Besprechung von Jonas Engelmann zu David B.s "Die heilige Krankheit" in "Kultur und Gespenster" gelesen habe - der vor allem für Independent-Comics geltend gemacht werden kann, und deren mögliche Attraktivität ganz gut auf den Punkt bringt:


"Zwei der in Deutschland erfolgreichsten Comics der letzten Jahre, Marjane Satrapis Persepolis und Craig Thompsons Blankets, sind nur die bekanntesten Exempel einer ganzen Welle autobiografisch gefärbter graphic novels. Georg Seeßlen beschreibt den Comic als zeichnerische Form des Dabeiseins, deren Intensität von keinem Film erreicht wird, weil abgesehen von einem Zeichenmitttel nichts zwischen dem Subjekt und der Welt steht. Vielleicht ist es diese extreme Subjektivität, kombiniert mit der gleichzeitigen enormen Reflexionsmöglichkeit durch die Verbindung von Text und Bild, die das autobiografische Element herausfordert: eine permanente Selbstreflexivität auf verschiedenen Ebenen, die auch David B.s Die heilige Krankheit durchzieht."

Ich denke, gerade in dieser Unmittelbarkeit liegt das Potenzial, Leute zu begeistern, die sich bislang hauptsächlich für Literatur und Film interessieren und eben erst noch an diese relativ neue Art von Comics herangeführt werden müssen. Und dass andere dieses Potenzial offenbar auch sehen, macht doch Hoffnung...

Spong
21.02.2007, 12:19
In der Tat, in manchen deutschen GN hört man sehr deutlich Tomine, Chris Ware und Chester Brown nachhallen. Diese Einflüssse, ebenso wie die Tradition die sie entstehen lassen, wird viele Nabelschau- und Befindlichkeitscomics hervorbringen, aber es ist ein sehr wichtiger und nötiger Gegenentwurf zu den pur handlungs(not to say action)bezogenen Comics der ganzen vorherigen Jahre.

L.N. Muhr
21.02.2007, 12:41
waren nicht grade die 90er jahre geprägt von einer abkehr vom narrativen im deutschen independent-comic?

persönlich finde ich es erfrischend, dass deutsche künstler seit einigen jahren wieder erzählen.

Spong
21.02.2007, 12:45
Da wissen Sie mehr als ich (ohne Ironie)! Für mich waren die 90er Ralf König und Walter Moers.

Ja, so was ähnliches wurde kürzlich in dieser Bahnzeitung vermeldet, mit Verweis auf Sascha Hommer, Arne Belsdorf, Mawil und Line Hoven.

Dirk Rehm
21.02.2007, 13:15
Doch, gerade in der Wahrnehmung von Außen bzw. was die Veröffentlichungen im Ausland angeht, waren Ende der Neunziger Autoren wie ATAK, Anke Feuchtenberger oder Martin tom Dieck sehr prägend. Auch Thomas Ott, der wiederum den Erzählern zuzuordnen ist, wurde in vielen Fremdsprachen veröffentlicht (siehe auch Hates Liste: http://www.comicforum.de/showthread.php?t=68953). Aber die Außenwahrnehmung gilt eben nicht nur für Frankreich, sondern auch für die USA, Skandinavien etc.

Martin Jurgeit
21.02.2007, 16:10
Jetzt will ich mich dann doch mal kurz einklinken, ist hier nämlich eine hoch interessante Diskussion, auf die ich die Tage eher zufällig gestoßen bin.

Lustiger Weise taucht immer mal wieder am Rande der Name Ralf König auf. Und irgendwie habe ich den Eindruck, dass gerade er (stellvertretend für noch manch andere!) immer wieder wunderbar als Antithese zu all dem herhalten könnte, was hier so mühselig an Argumentationsmustern entfaltet wird.


Macht Ralf nicht bereits seit über 25 Jahren sehr persönliche, um nicht zu sagen "autobiographische" Comics?

Hat er nicht immer wieder Themen aufgegriffen, die gerade gesellschaftspolitisch heiß diskutiert wurden und werden?

Machte er nicht bereits vor vielen Jahren auch Literatur-Comic-Adaptionen?

Ist er nicht ein tolles Beispiel dafür, dass deutsche Comics richtig großen Erfolg bei einem breiten Publikum haben können?

... oder sogar international?

Ist er nicht seit vielen, vielen Jahren bei einem Großverlag (Rowohlt), der über alle Höhen und auch durchaus Tiefen am Ende zu ihm gehalten hat?

Veröffentlicht er nicht trotzdem auch gleichzeitig seit vielen Jahren bei einem Kleinverlag (Männerschwarm)?

Ist es vielleicht gar kein Zufall, dass gerade er einer der erfolgreichsten deutschen Comic-Künstler ist?

Ich kann gut nachvollziehen, dass jede Generation - gerade unter Künstlern - immer wieder ihren eigenen neuen Weg suchen muss. Aber etwas verwundert es mich noch immer, wie solche Diskussionen zwanghaft regelmäßig autistische Züge annehmen müssen. Man muss doch nicht immer wieder glauben, dass gerade man selbst jetzt endlich das Rad erfinden soll, das schon lange durch die Welt rollt.

L.N. Muhr
21.02.2007, 16:37
jetzt noch zwei ralf königs mehr, und wir könnten von einer regel statt von einer ausnahme sprechen. ;)

Dirk Rehm
21.02.2007, 17:10
Gerade wenn das Stichwort "gesellschaftspolitisch" ist - und das halte ich für das wichtigste Argument für den großen Publikumserfolg (ein Erfolg, der dann auch Generationen übergreifend sein kann), kann man "Maus" von Art Spiegelman und "Persepolis" von Marjane Satrapi als weitere Ausnahmerscheinungen auf dem deutschsprachigen Markt gleich dahinter einreihen.

Bleibt also zu hoffen, dass deutsche Comiczeichner in Zukunft vermehrt gesellschaftspolitische Themen aufnehmen, um Comics mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung zuzuführen (unter der Voraussetzung, dass sie sich an Themen abarbeiten, die sie auch selber berühren)...?

dinter3
21.02.2007, 17:13
solang´s mich beim lesen unterhält ...

Martin Jurgeit
21.02.2007, 17:17
@L.N. Muhr:
Und was ist mit Walter Moers, mit Brösel, mit Volker Reiche ...? Sicherlich die passen vielleicht nicht alle so perfekt wie Ralf König, aber es hatte schon seine Gründe, wenn ich von "stellvertretend für noch manch andere!" schrieb.
Sicherlich, wir hatten nie Legionen von wirklich breitenwirksamen Comic-Zeichnern in Deutschland, aber einige zumindest gab es praktisch zu allen Zeiten. Und klar kann man über die Inhalte der jeweiligen Comics streiten - keine Frage. Aber diese Diskussion, dass wir immer wieder bei Null anfangen (und die es in der Szene vor 10 bzw. 20 Jahren ganz genauso schon gab - sind ja auch ein paar Veteranen hier in diesem Thema wieder dabei ;) ), ist einfach Quatsch.

Martin Jurgeit
21.02.2007, 17:30
Bleibt also zu hoffen, dass deutsche Comiczeichner in Zukunft vermehrt gesellschaftspolitische Themen aufnehmen, um Comics mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung zuzuführen (unter der Voraussetzung, dass sie sich an Themen abarbeiten, die sie auch selber berühren)...?
Da kann ich dir nur recht geben. Wenn ich mir z.B. anschaue, wie wichtig für den deutschen Film in den letzten Jahren die Themen rund um die deutsche Teilung und die Wiedervereinigung waren (z.B. "Die Ruhe nach dem Schuss", "Goodby Lenin", "Das Leben der Anderen" etc.), dann frage ich mich schon, wo so etwas in den deutschen Comics stattgefunden hat (abgesehen von zwei, drei eher missglückten Versuchen direkt nach der Wende). Es ist schon sehr verwunderlich, dass sich jetzt ausgerechnet blutjunge Manga-Zeichnerinnen (z.B. in "Paper Theatre") solcher Themen annehmen (müssen).

Spong
21.02.2007, 18:48
Es gibt tatsächlich kein (oder besseres) Äquivalent zu einer tragikomischen Erzählweise als die Romane von Ralf König. Deswegen reite ich ja so gebetsmühlenartig drauf rum! Der Tüp macht seit Jahrzehnten alles was man nur von einem Erzähler erwarten kann! Vielleicht geht der deutsche Comic jetzt unter dem Einfluss der autobiografischen US-Comics jetzt durch diese Phase der introspektiven, selbstreflektierenden, um das eigene Wesen kreisende Comics. In ein paar Jahren sind die Jungs dann vielleicht soweit, dass sie ihr eigenes Erleben als Grundlage eine auch intellektuell und dramaturgisch gut gewobenen Geschichte machen. Dann werden sich alle büschelweise die Haare ausreissen vor Freude, was der Comic doch alles kann. Dann sind wir vielleicht endlich da wo Ralf schon seit Jahrzehnten ist, aller-ober-spätestens seit SUPER PARADISE. Nix gegen BLAUE PILLEN, Dirk, echt nicht, aber SUPER PARADISE widmet sich einer ähnlichen Thematik, und ich habe geschrien vor Lachen und mir die Augen aus dem Kopf geheult, bis mich das Buch nach 2 Stunden getröstet entlassen hat. Ich kann immer nicht glauben, wie wenig Comicer (Fans wie Macher) Ralf König lesen. Das Zeug ist einfach richtig, richtig GUT, und es hat mit gefühltem Leben zu tun. Ich persönlich hätte absolut nichts gegen zwei, drei weitere Ralf Königs einzuwenden.

Und erst recht nix gegen Mawil, aber ich denke, dass die BAND weitaus wilder hätte rocken können, wenn er sich ein bisschen von sich selbst entfernt und eine dramaturgisch schöne Geschichte auf der Grundlage seines erlebten erzählt hätte.

Wie gesagt, ich denke, der Comic wird in einigen Jahren soweit sein, wie das deutsche Kino jetzt ist, es wird in vielerlei Hinsicht seinen eigenen Ton und seine eigene Realität gefunden haben.

[/Martin Luther Modus OFF]

Dirk Rehm
21.02.2007, 19:30
Und was ist mit Walter Moers, mit Brösel, mit Volker Reiche ...? Sicherlich die passen vielleicht nicht alle so perfekt wie Ralf König, aber es hatte schon seine Gründe, wenn ich von "stellvertretend für noch manch andere!" schrieb.
Sicherlich, wir hatten nie Legionen von wirklich breitenwirksamen Comic-Zeichnern in Deutschland, aber einige zumindest gab es praktisch zu allen Zeiten.

Ein Stück weit ist es ja dennoch beim Einzelphänomen geblieben, und Zeichner wie Ralf König oder auch Walter Moers oder in jüngster Zeit Volker Reiche werden doch von der breiten Masse auch jeweils als Einzelphänomen wahrgenommen und nicht als eine Bewegung zum "guten Comic". Diese wenigen Ausnahmen bedeuten eben noch nicht, dass man in jeder Buchhandlung eine Abteilung mit qualitativ hochwertigen Comics bestücken könnte, und das sollte in meinen Augen das Ziel sein.

Art Spiegelman hatte beispielsweise das Problem, dass "Maus" in der Buchhandlung allein auf weiter Flur war, unter "Sachbuch" oder unter "Geschichte" einsortiert wurde und hat dann relativ erfolglos versucht, das Problem zu bekämpfen, indem er Literaturadaptionen wie "City of Glass" oder "Perdita Durango" angeschoben hat. Doch selbst wenn man heute, etwa zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung von "Maus", in eine amerikanische Buchhandlung geht und sich in der Comicabteilung umschaut - nachdem Pantheon und andere Verlage seit ein paar Jahren durchaus interessante Bücher produziert haben - hat man eher den Eindruck, sich in einem Gemischtwarenladen zu befinden, weil weder nach Genres noch nach Zielgruppen bzw. Lesealter sortiert wird. Sich dort zurechtzufinden, setzt ein hohes Spezialwissen voraus, das man von jemandem, der vielleicht einfach nur einen Comic kaufen möchte, der ähnliche Qualitäten hat wie "Maus", schlichtweg nicht erwarten kann.


Aber diese Diskussion, dass wir immer wieder bei Null anfangen (und die es in der Szene vor 10 bzw. 20 Jahren ganz genauso schon gab - sind ja auch ein paar Veteranen hier in diesem Thema wieder dabei ;) ), ist einfach Quatsch.

Bei Null anfangen müssen wir sicher nicht, wir sind ja in 20 Jahren schon ein ganzes Stück weit gekommen und müssen das Rad nur weiter drehen, nicht neu erfinden. Aber eine Diskussion zu diesem Thema mit Leuten zu führen, die von 10 der 20 Jahren nicht dabei waren oder ganz einfach nicht dabei sein konnten, finde ich immens wichtig.

@Spong: Willst du unbedingt noch ein blaues Auge riskieren? :)

Piwi
22.02.2007, 02:23
ich finde es immer amüsant, dass die leute, die am lautesten schreien, dass der comic doch bitte endlich ernst genommen werden soll, ihn am besten zum sorgenkind (v)erklären... vielleicht um ihrer selbst willen? also wenn ich mir das hier so um halb vier nachts mit viel alkohol intus und nach einer gecrashten party so durchlese. over and out.

Spong
22.02.2007, 08:04
@Piw: wer empfindet sich denn hier als Sorgenkind?

@Dirk. Nein. Ich glaub ich mach mir eher mal ein bisschen dünne hier.:tba:


:kerze:









Aber wenns denn doch so ist!

Dirk Rehm
22.02.2007, 08:38
@Piwi: Der Ausgangspunkt der Diskussion ist doch "Wie kann ich als Comiczeichner genug an meiner Arbeit verdienen, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, während ich ein halbes Jahr oder länger an einem Album arbeite?". Die einfachste Antwort darauf ist: "indem der Verlag mehr Bücher verkauft und entsprechend höhere Honorare auszahlt".

Soweit okay, aber wie kommen wir da hin? Es geht doch hier weniger um Anerkennung im Sinne von "ernst genommen werden" als im Sinne von "mehr Leser zu finden, die sich dafür interessieren".

kiki_magic
22.02.2007, 09:17
Genau. Die Frage, die in den 90er Jahren vor allem auch anhand der neuen deutschen Avantgarde gestellt wurde, nämlich, ob Comics nun auch "Kunst", Comiczeichner mit z.B. Literaten gleichrangige Kulturproduzenten seien usw., das spielt denke ich heute keine allzu grosse Rolle mehr; zumindest bei den jüngeren Zeichnern sehe ich eher eine Gelassenheit und ein angemessenes Selbstvertrauen(vielleicht sogar zu viel Selbstvertrauen: erstmal müssen noch ein paar gute Bücher kommen). Auch die Presse ist ja sehr aufmerksam und ich möchte sogar sagen investigativ, die haben zumindest im Moment sehr grosse Lust auf das Thema. Das Problem hängt an den verkauften Stückzahlen, und nur über Mailorder kann man das anscheinend nicht lösen.

horst
22.02.2007, 09:21
Ich würde an dieser Stelle gerne einstreuen, dass hier in der Diskussion zwar
sehr viele gute und richtige Bewertungen zum deutschen Markt und den
einheimischen Künstlern abgegeben wurden (vorrangig z. B. der Hinweis auf
die nationale Identität im Comic) aber gleichzeitig wurde imho nur ein kleiner
Teil des Gesamtmarktes Comics bisher angesprochen.

Namen wie Sascha Hommer und Arne Bellstorf stehen auch nur für einen
Teilbereich der möglichen Comicspielarten. Und das gilt für die Beispiele
Maus und Persepolis ebenso, wie für einen Jonny Cash- oder ein Elvis Presley-
Comic.

Wenn ich z. B. in die Bestenliste der französischen Charts schaue, dann
sind all diese Spielarten des Comics eher die Ausnahme, als die Regel.
La Grande Nation - als Vorbild für einen wirklich funktionierenden Comicmarkt -
verkauft auch am meisten Comics, die nur eines machen: gut unterhalten.

Also ist in meinen Augen der Blick auf das Ganze sehr wichig ... ohne eben
die Teilbereiche zu übersehen.

Martin Jurgeit
22.02.2007, 09:30
Es geht doch hier weniger um Anerkennung im Sinne von "ernst genommen werden" ...
Ich glaube, für manche, die hier diskutieren, ist das aber doch der Kernpunkt und weniger ...

als im Sinne von "mehr Leser zu finden, die sich dafür interessieren".
Wenn es nur darum ginge, als Comic-Zeichner in Deutschland Leser zu finden und Geld zu verdienen, dann gab es wahrscheinlich nie bessere Rahmenbedingungen als in den heutigen Zeiten. Man denke etwa an die vielen Comics, die inzwischen in Zeitschriften und Zeitungen abgedruckt werden. Nur wer beschäftigt sich in der "Szene" schon mit Zeichnern wie etwa Rabenau, der in zig Blättern seinen Daily-Strip veröffentlicht?
Oder ein weiteres Beispiel: Ehapa Deutschland (Pressebereich) gibt jeden Monat für hunderte(!) Comic-Seiten Aufträge in alle Welt raus. Nur partizipieren davon bisher nur sehr wenige einheimische Autoren und praktisch keine deutschen Zeichner, obwohl da natürlich ein Zigfaches dessen zu verdienen wäre, was man mit einem Autoren-Comic in einem Indie-Verlag erzielen kann.
Es geht also weniger darum, überhaupt erstmal Comics zu machen und gegebenfalls sich bietende Rahmenbedingungen dafür zu nutzen, dort durchaus auch künstlerisch Großes zu verwirklichen (nichts anderes haben übrigens Leute wie Hergé, Foster, Hogarth, Barks, Schulz, Goscinny gemacht), sondern vielmehr gleich sein "eigenes Ding" auf Biegen und Brechen durchzuziehen.
Auch das ist aller Ehren wert - nur muss man dann auch wissen, dass unter diesen idealen Bedingungen Erfolgsgeschichten wie von Ralf König leider immer die Ausnahme bleiben werden - nicht nur in Deutschland!
Der Vergleich mag abgedroschen sein, aber auch Goethe hat NIE von seiner literarischen Tätigkeit leben können, trotz aller Reputation, die er schon zu Lebzeiten genoss. Der einzig nennenswerte Erfolg war sein Frühwerk "Die Leiden des jungen Werther", alles was folgte galt seinerzeit als Kassengift!

Dirk Rehm
22.02.2007, 10:00
@Horst: Klar, das ist ein Thema, das man eigentlich sehr viel differenzierter betrachten könnte, aber jeder Teilbereich des Mediums oder jedes Genre birgt eine eigene Problematik, insofern bin ich ganz dankbar, wenn wir uns auf eine mögliche Karriereleiter für deutsche "Independent"-Zeichner beschränken können.

Und eben in Frankreich greift für viele Zeichner dieses Modell der Karriereleiter. Nicht nur Lewis Trondheim, auch Guy Delisle, Killoffer, Manu Larcenet oder Joann Sfar und ungezählte andere arbeiten für kleine und große Verlage gleichermaßen. So wie es vielleicht gar nicht abwegig sein muss, dass ein Zeichner ein persönlicheres Thema bei Reprodukt vorlegt und andererseits ein Science Fiction- oder Fantasy-Album bei Splitter veröffentlicht. Fände ich spannend! Und wenn man so will, könnte Reinhard Kleist wieder als Beispiel herhalten, dessen "Berlin Noir"-Reihe durchaus auch ins Profiil von Splitter passen würde. Gute Unterhaltung kann allerdings beides sein.

Laburrini
22.02.2007, 10:03
Mir als Zeichnerin und Schreiberin meiner eigenen Geschichten gibt diese Diskussion hier auch zu denken inwiefern ich mit meinen Inhalten auf das Publikum "zugehen" kann, ohne mich dabei zu verbiegen.
Eigentlich bin ich schon beschäftigt genug damit mir für mich "gute" Geschichten auszudenken...Wenn ich dann auch noch anfange zu berücksichtigen was die Leute da draussen toll finden würden...Puh!

Dass Ralf König gesellschaftspolitische Themen in seinen Comics zur Sprache bringt, liegt, glaube ich, viel mehr einfach daran, dass diese Probleme Teil seines Lebens sind und er nichts anderes tut, als seine Sicht der Dinge der Welt nahe zu bringen...Um das geht es zumindest auch beim Schreiben, oder?

Sascha Hommer, Arne Bellstorf, Mawil etc. führen ein anderes Leben, haben ihre ganz andere Sichtweise der Dinge und reflektieren ihre Umwelt auf ihre Weise...
Und nicht jeder hat dieselbe "unterhaltsame" Sicht des Lebens.

Ich denke, dass man viel Hoffnung in die kleinen Verlage und vor allen in deren Vernetzung setzen kann. Einen konkreten Vorschlag wie kleinere Verlage zu mehr Geld kommen, hab ich nur leider auch gerade nicht parat...

kiki_magic
22.02.2007, 10:18
Der Vergleich mag abgedroschen sein, aber auch Goethe hat NIE von seiner literarischen Tätigkeit leben können, trotz aller Reputation, die er schon zu Lebzeiten genoss. Der einzig nennenswerte Erfolg war sein Frühwerk "Die Leiden des jungen Werther", alles was folgte galt seinerzeit als Kassengift!

Na ja, und das war halt dann auch scheisse, oder? Nur weil der Geheimrat Goethe nicht von seinem Kram leben konnte, heisst das ja nicht dass das o.k. ist und im Gegenzug akzeptabel ist dass er sich dann auf Lebenszeit den Aristokraten andienen muss. Vielleicht hätte sein Erfolg einfach nur besser organisiert werden müssen?

Martin Jurgeit
22.02.2007, 10:18
Nicht nur Lewis Trondheim, auch Guy Delisle, Killoffer, Manu Larcenet oder Joann Sfar und ungezählte andere arbeiten für kleine und große Verlage gleichermaßen.
Aber sagt das wirklich schon zwingend etwas über ihre tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse aus? Solange man nicht ein absoluter Viel- und Schnellarbeiter wie Trondheim ist oder regelmäßig Auflagen von klar über 50.000 verkauft pro Album (die dort oft auch noch billiger als bei uns sind, gerade auch im Kunst-Comic-Bereich!), kann man jedenfalls selbst als "etablierter" französischer Comic-Zeichner kaum mit einem Arbeiter bei VW mithalten.
Ich glaube hier überschätzen wir auch die Verhältnisse in Frankreich mitunter gewaltig. Es mag dort vielleicht besser aussehen als in Deutschland, aber wirklich toll ist es auch dort für den "normalen" Durchschnitts-Comic-Künstler keineswegs.

Dirk Rehm
22.02.2007, 10:41
Wohl wahr, aber denjenigen, die sich vielleicht sogar alljährlich hier (http://www.comicforum.de/showthread.php?t=84912) in der Liste wiederfinden, sollte es auch bei einem Anteil von "nur" 8% der Einnahmen wirtschaftlich gar nicht so schlecht gehen. (Wo ist eigentlich der Navigator?)

Martin Jurgeit
22.02.2007, 11:03
Na ja, und das war halt dann auch scheisse, oder?
Oder ist das vielleicht nicht einfach der oftmals leider ganz normale Gang der Dinge? Ich bin schließlich auch ganz zuversichtlich, dass in 200 Jahren glücklicherweise niemand mehr von Crichtons und Grishams unserer Tage sprechen wird, obwohl sie derzeit den LiteraturMARKT nach Belieben dominieren und für jeden neuen Band Millionen im voraus kassieren.

navigator
22.02.2007, 11:05
@Piwi: Der Ausgangspunkt der Diskussion ist doch "Wie kann ich als Comiczeichner genug an meiner Arbeit verdienen, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, während ich ein halbes Jahr oder länger an einem Album arbeite?". Die einfachste Antwort darauf ist: "indem der Verlag mehr Bücher verkauft und entsprechend höhere Honorare auszahlt".

Soweit okay, aber wie kommen wir da hin? Es geht doch hier weniger um Anerkennung im Sinne von "ernst genommen werden" als im Sinne von "mehr Leser zu finden, die sich dafür interessieren".
(Wo ist eigentlich der Navigator?)

hier :) (wollte mich eigentlich zurückziehen, weil ich eigentlich nichts mehr zu sagen habe, aber das hier geht noch, denk ich...)
Der Weg des Navigators:
Ich als Comiczeichner oder "ganz" kleiner Selbstverleger habe mir diese Frage oft gestellt und bin zu folgender Lösung gekommen:
Ich mach ein 36-40 Seiten Heft alle 2 Monate (Farbe oder s/w...Stil egal), Erstauflage 1000 Stück, Produktionspreis ca. 700 Euro, Ladepreis 3 bis 4 Euro.
80% der Auflage versuche ich in den ersten 3 Monaten loszuwerden, so dass nach 3 Ausgaben (6-9 Monaten) etwas Geld in die Kasse kommt. Von jedem verkauftem Heft versuch ich zwischen 1 - 2 Euro zu verdienen.
Ziel ist es auch das Heft etwas durch Werbung zu finanzieren, das am Ende eigentlich mindestens die Hälfte der Produktionskosten durch Werbung bezahlt wird (im Idealfall das ganze Heft).
Das Traumziel ist es eine feste Lese/Fan Gemeinschaft von 5000 Lesern aufzubauen, die regelmäßig die Hefte lesen und am besten direkt online bei mir kaufen.
(5000 Hefte in der Produktion kosten mich 1500 Euro, wenn sich davon 4000 verkaufen in 2 Monaten und bei jeden verkauften Heft 1 Euro verdiene, dann könnte ich ca. 4000 Euro alle zwei Monate ansammeln und ich denke, das ist gutes Geld, sogar wenn ich die ganzen Steuern abziehe)
Durch die eigene "bescheidene" Pressearbeit, Messearbeit und durch Internetmarketing(macht ca.90% der Werbemöglichkeiten aus) komme ich an eine gute Promotion. Mehr Leser finde ich wirklich durch die Internetpromotion und durch die Verpackung meiner Comics (Genre/Stil).

Wenn man etwas denkt und sich den richtigen Weg aussucht, kann man schon als Comiczeichner davon leben.
Ich habe den Vorteil, das ich "Gute Unterhaltung" Comics mache, natürlich versuche ich einen Mittelweg zu finden, wie ich inhaltlich/handwerkliche qualitative Comics, Entertainment Comics und Autorencomic in einem Heft packe.
Ich habe auch die Entscheidung getroffen, das ich so Entertainment Comics als Print zum Verkauf herstelle, während ich meine Autorencomics kostenlos online stelle.

Mein Weg scheint im Moment zu funktionieren, aber es hat schon seine Zeit gedauert und konnte nur durch den support guter Freunde und anderen Comicmachern realisiert werden.

Martin Jurgeit
22.02.2007, 11:09
Wohl wahr, aber denjenigen, die sich vielleicht sogar alljährlich hier (http://www.comicforum.de/showthread.php?t=84912) in der Liste wiederfinden, sollte es auch bei einem Anteil von "nur" 8% der Einnahmen wirtschaftlich gar nicht so schlecht gehen. (Wo ist eigentlich der Navigator?)
Wenn denn diese Druckauflagen (nichts anderes sind es nämlich) auch wirklich mal alle verkauft werden (und auch stimmen - sind natürlich alles Verlagsangaben!). Und genau auf diese Listen spielte im Hinblick auf die inhaltliche Ausrichtung der meisten Stoffe auch Horst weiter oben an. Das meiste ist halt eher "Crichton" denn "Goethe" ;)

horst
22.02.2007, 11:13
@Horst: Klar, das ist ein Thema, das man eigentlich sehr viel differenzierter betrachten könnte, aber jeder Teilbereich des Mediums oder jedes Genre birgt eine eigene Problematik, insofern bin ich ganz dankbar, wenn wir uns auf eine mögliche Karriereleiter für deutsche "Independent"-Zeichner beschränken können.

Und eben in Frankreich greift für viele Zeichner dieses Modell der Karriereleiter. Nicht nur Lewis Trondheim, auch Guy Delisle, Killoffer, Manu Larcenet oder Joann Sfar und ungezählte andere arbeiten für kleine und große Verlage gleichermaßen. So wie es vielleicht gar nicht abwegig sein muss, dass ein Zeichner ein persönlicheres Thema bei Reprodukt vorlegt und andererseits ein Science Fiction- oder Fantasy-Album bei Splitter veröffentlicht. Fände ich spannend! Und wenn man so will, könnte Reinhard Kleist wieder als Beispiel herhalten, dessen "Berlin Noir"-Reihe durchaus auch ins Profiil von Splitter passen würde. Gute Unterhaltung kann allerdings beides sein.

Die Idee hat etwas für sich. Vielleicht ist es der absolut richtige Ansatz,
dem jeweiligen Künstler zuallererst den Blick für beide Märkte darzulegen
und ihm auch beide Märkte als feste Zielsetzung anzuraten.
So erntet er quasi in beiden Feldern und muss moralisch nichts aufstecken.

Wer kennt nicht den langen Weg der zwei Egos Moebius und Giraud und wer
würde bestreiten, dass dieser doppelte Weg nicht seine sichtbaren Vorteile
gehabt hätte. Für den Künstler sowie für die gesamte Comickultur.

horst
22.02.2007, 11:17
Ich als Comiczeichner oder "ganz" kleiner Selbstverleger habe mir diese Frage oft gestellt und bin zu folgender Lösung gekommen: ...

Ich sehe da mehr eine Idee dahinter, als eine Lösung.

Auch wenn ich die Selbstvermarktung (mache ich ja auch) ihre
speziellen Vorteile hat, kann ich mir nicht vorstellen, das die
von Dir genannten Zahlen in der Zielsetzung erreichbar sind.

Sie sind es ja nicht einmal für einen gestanden Verlag, der ein
deutlich breiteres Portfolio anbietet. Du hättest mit 5.000
Direktkontakten mehr erreicht, als alle Magazine, die Künstler im
Dutzend präsentieren.

navigator
22.02.2007, 11:35
Es ist eine Idee, die für einige vielleicht eine Lösung wäre. Eine universelle Lösung wird es niemals geben. Für mich, individuell ist es die beste Lösung.

Bis jetzt habe ich die Zahl 1000 schon drin und die Nachfrage steigt und mit paar neuen Marketingideen und Comics, denke ich schon das ich in 3 Jahren 3000 bis 5000 erreichen könnte, ist schwer aber das ist woran ich arbeite.

L.N. Muhr
22.02.2007, 12:31
martin hat einen sehr wichtigen punkt angesprochen, der von den künstlern hier aber scheinbar ein wenig ignoriert wird: der spagat zwischen eigenem anspruch und kommerz.

ich habe immer ein wenig den eindruck, speziell hier (in andren subforen würde das anders aussehen) geht es den beteiligten künstlern nur darum, kommerzcomics ODER hochpersönliche eigene dinge zu machen. die möglichkeit, beides parallel zu tun, wird hier kaum in betracht gezogen. und das, obwohl ja praktisch alle indie-zeichner ihr auskommen sowieso schon im kommerz haben: grafikdesign, illu, lettering, retusche, coloring. und sich dort auch mühelos den ansprüchen des kunden beugen. man vergleiche nur mal die universen, die zwischen witteks brotjobs und seinen biz-baz-heften liegen.

ein interessanter vergleich ist der buchmarkt für fantasy & sf. hier suchen viele deutsche lektoren händeringend begabte einheimische autoren - weil diese im allgemeinen wesentlich preiswerter sind und wesentlich weniger kosten aufwerfen als diverse lizenzautoren. nur: es gibt viel zu wenig wirklich begabte mainstreamfähige autoren in diesem gebiet.

ähnliches im comicbereich. immer mal wieder höre ich eben von zu teuren (speziell frankobelgischen) lizenzen. und grade ehapa hat in den letzten jahren gezeigt, dass sie, sicher als ausweg aus dieser misere, gern mehr auf deutsche stoffe setzen. carlsen zieht da grade nach. (komisch, diesen satz mal schreiben zu müssen.) und ich glaube, hier würden einige einheimische zeichner offene türen einrennen, wenn sie mit mainstreamtauglichen konzepten dort erscheinen würden.

Spong
22.02.2007, 12:43
ich habe immer ein wenig den eindruck, speziell hier (in andren subforen würde das anders aussehen) geht es den beteiligten künstlern nur darum, kommerzcomics ODER hochpersönliche eigene dinge zu machen. die möglichkeit, beides parallel zu tun, wird hier kaum in betracht gezogen.

That's about what I am saying. Eine Story muss auch nicht unbedingt vom Autor handeln, um persönlich zu sein.

Laburrini
22.02.2007, 12:57
@ L.N. Muhr
"Mainstreamtauglich" sehe ich eher relativ...
Ich kann mit einer Illustration ein tausendfach besseres Honorar erzielen, das meinen Lebensunterhalt sichert, als mit einem Honorar für einen aufwendigen Fantasy- Mainstream- Comic, der mir weder am Herzen liegt, Zet kostet und noch dazu kein gutes Geld gibt.

Ich habe meine Konzepte Carlsen und Ehapa vorgelegt bei denen letztere gesagt haben, dass Funny momentan nicht so gut läuft und Fantasy auch nicht so recht. Meine Geschichte an und für sich erschien nur dann ein weeenig interessant, wenn man sie in eine Sparte schieben konnte, die der Verlag bedient.
(Natürlich kann es auch sein, dass sie meine Comics einfach nur doof fanden, aber das hat mir keiner gesagt...)
Ich habe den Eindruck man hat es sehr schwer bei grossen Verlagen, wenn man NICHT den Comic zur Trickfilmserie, den Comic zum Fantasy-Roman (der beim selben Verlag erscheint), den Comic zur WM oder zum DSDS-Star macht oder sich eben schon 20 Jahre erfolgreich in einem anderen Verlag bewährt hat.
Ich kann solche Event-Comics nicht machen, weil ich keinen Bezug dazu habe.

Aber ich sehe ein, dass Kompromissbereitschaft wichtig ist.
Also, wenn jemand ein "mainstreamtaugliches" Konzept hat, das mich begeistert, schau ichs mir natürlich gerne an!!;)

L.N. Muhr
22.02.2007, 13:08
wer sprach von fantasy? aber wenn ich mir deine sachen so anschaue, dann denke ich mir, sowas wie anne guillards "valentine" (ehapa, zwei bände) bekommst du auch hin. eine deutsche vanity-fair-parodie von verschiedenen künstlern? warum nicht?

Bob Fish
22.02.2007, 13:11
Wenn denn diese Druckauflagen (nichts anderes sind es nämlich) auch wirklich mal alle verkauft werden (und auch stimmen - sind natürlich alles Verlagsangaben!). Und genau auf diese Listen spielte im Hinblick auf die inhaltliche Ausrichtung der meisten Stoffe auch Horst weiter oben an. Das meiste ist halt eher "Crichton" denn "Goethe" ;)

In der Tat, Martin, dem muss ich zustimmen, denn man kann hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

Bei der von dir, Navi, mitherausgebenden Serie holst du gewiss eher Zielgruppen ab,
die vorher bei Bastei beispielsweise etwa die „Gespenster Geschichten“ gelesen haben oder jetzt auch meinetwegen so Formate wie „John Sinclair“ oder „Maddrax“ gut finden.

Mit Sicherheit liegen in dem Genre „Horror und Fantasy“ derzeit und eventuell auch generell höhere Zielgruppenpotenziale, die auch einem möglicherweise „comickunstzugeneigtem“ Verlag als willkommene „Seller“ nur helfen können ( und die Erstlauflage von UNHEIMLICH ist trotz „Fehlerhaftigkeit“ ja fast ausverkauft !!!!! )

Nur: Diese hochrechende Wunsch-Vermarktungsarithmetik ist leider nicht so einfach übertragbar.

So feine Bücher wie „Insekt“ oder „Blaue Pillen“, für mich übrigens einer der bisher schönsten Titel in diesem Jahr ( meinen Glückwunsch hierzu! ) haben gewiss auch Potenziale mehr Leser zu finden – was nur zu wünschen ist und wo auch vielleicht gerade ein Lernprozess im deutschen Buchhandel teilweise stattfindet. Dennoch ist das Zeitfenster und die Auflagenhöhe mit Gewissheit anders einzuordnen als bei „Unheimlich“....


Ambitionierte autobiographische Comics - oder zumindest deren Wachstumchancen - hiermit hochrechnerisch zu vergleichen wäre fast so, als ob man den Printrun der BILD Zeitung mit dem von der ZEIT vergleicht…

Laburrini
22.02.2007, 13:23
@ L.N. Muhr
...Das mit dem Fantasy war eher als Beispiel gemeint...
Eine Vanity-Fair-Parodie? Super, da mach ich mit!
Jetzt müssen wir noch die grossen Verlage überzeugen und andere Zeichner zusammentrommeln.

Hm, Flix hat es doch auch geschafft mit autobiographischen Comics Verlage und Publikum zu überzeugen...Was ist sein Geheimnis?
Es ist zwar ein Reprodukt- Thread, aber fast würde ich mir wünschen, dass Vertreter grösserer Verlage auch mal etwas zu dieser konstruktiven Diskussion beitragen...Aber vielleicht besser auf einer Podiumsdiskussion in Erlangen---

L.N. Muhr
22.02.2007, 13:28
also in anderthalb jahren? na gut, du bist jung und kannst warten ... :D

horst
22.02.2007, 13:45
@ L.N. Muhr
...Das mit dem Fantasy war eher als Beispiel gemeint...
Eine Vanity-Fair-Parodie? Super, da mach ich mit!
Jetzt müssen wir noch die grossen Verlage überzeugen und andere Zeichner zusammentrommeln.

Hm, Flix hat es doch auch geschafft mit autobiographischen Comics Verlage und Publikum zu überzeugen...Was ist sein Geheimnis?
Es ist zwar ein Reprodukt- Thread, aber fast würde ich mir wünschen, dass Vertreter grösserer Verlage auch mal etwas zu dieser konstruktiven Diskussion beitragen...Aber vielleicht besser auf einer Podiumsdiskussion in Erlangen---

Diskussionen machen immer wider Spaß und haben auch ihren Sinn ...
.. aber bevor Du Dich darauf konzentrierst, ob "grosse Verlage" hier viellleicht
auch mitdiskutieren könnten, greife lieber die Gelegenheit beim Schopfe und
zeige uns einmal, was Dir an Eigenproduktion vorschwebt. Wir (Splitter)
haben innerhalb von 3 Monaten 4 Eigenproduktionen in Angriff genommen,
die allesamt in grosser Auflage in HC und farbig projektiert sind. In ca.
einem Jahr sehen wir, ob der Verlag und ob die Künstler ihre Versprechen
halten. Im Moment sind wir da sehr optimistisch ... aber es dürfte klar
sein, dass ein Comic - nur weil er Made in Germany ist - sich immer auch
mit der Masse der Lizenzprodukte messen muss. In unseren Augen sowie
später in den Augen der potenziellen Leser bzw. Käufer.

L.N. Muhr
22.02.2007, 13:48
interessant wäre es, so einen deutschen comic mal unter französischen künstlernamen zu veröffentlichen.

horst
22.02.2007, 14:19
Ein guter Gedanke!