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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Comic Fansites können teuer werden



Bernd Glasstetter
18.11.2006, 07:27
Der Betreiber einer Fansite über Martin Perscheid soll über 18.000 € bezahlen.

Siehe dazu unsere News:

http://www.splashcomics.de/php/aktuelles/news/15862

Ich muss dazu sagen, dass ich es ganz persönlich für eine gewaltige Eselei halte über 300 Cartoons eines Zeichners online zu stellen. Und das vor allem, ohne einmal nachzufragen. Das Urheberrecht sollte doch wohl allgemein bekannt sein. Aber ich sehe das ja immer wieder, dass das mit Füßen getreten wird.

Die Splashpages und insbesondere Splashcomics haben immer erst einmal nachgefragt. Selbst bei so kleinen Dingen wie einem Avatar auf dem Comicforum wird erst einmal nachgefragt.

Sicher: Über 18.000 € zu verlangen ist meiner Meinung nach auch erheblich zu hoch gegriffen und ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass das nicht erheblich abgesenkt werden muß. Was sicherlich der Prozeß zeigen wird. Denn es muß ja auch ein vernünftiges Verhältnis zwischen Betrag und Verwendung der Grafiken vorhanden sein.

Was meint Ihr?

dinter3
18.11.2006, 10:56
ist natürlich immer etwas schwer, so einen fall zu beurteilen, ohne die betreffende seite gesehen zu haben.
grundsätzlich halte ich die nichtgewerbliche nutzung urheberrechtlich geschützter werke im rahmen von fanseiten, bzw. fantum überhaupt für halb so schlimm - nicht zuletzt ist das ja auch kostenfreie werbung. ein weiterer faktor in der überlegung wäre vielleicht noch der bekanntheitsgrad der betreffenden arbeit.
auch wenn man eine vorherige nachfrage als selbstverständlich erachten sollte, kann ich mir vorstellen, dass viele dies nicht tun, da sie schlichtweg den dafür 'vorgesehenen' weg nicht kennen, oder es sich einfach nicht trauen. fände ich in gewissen rahmen auch nicht weiter schlimm. 20, 30 cartoons z.b. was soll´s? 300 ist natürlich schon etwas übertrieben.
am interessantesten an der meldung finde ich jedoch perscheids recht gelassene reaktion, verglichen mit der doch recht heftigen forderung von bulls press.
die pläne der bundesregierung, bzgl. abmahnkosten finde ich übrigens auf den ersten blick recht gut.

Martin Jurgeit
18.11.2006, 11:01
Ich hab auch erstmal ganz schön geschluckt, als ich von diesen Abmahnaktionen gehört habe. War dann allerdings auch ziemlich platt, als ich las, dass der Website-Betreiber über DREIHUNDERT Cartoons online gestellt hatte. Das hat mit einer wirklichen Fansite absolut nichts mehr zu tun gehabt. Mir ist bis heute auch keine einzige "offizielle" Website eines Künstlers bekannt, wo es so einen umfangreichen Galerie-Bereich gibt.

Was den Geldbetrag anbelangt: Im Printbereich kann man pi mal Daumen sagen, dass unter 50 Euro PRO ABBILDUNG in der Regel nichts läuft (selbst für die kleinsten Publikationen), wenn die Rechte über eine Agentur laufen. Somit ist der Streitwert wenigstens aus diesem Blickwinkel nicht ganz utopisch. Gibt es hier eigentlich Erfahrungswerte, wie das mit Lizenzgebühren für Abbildungen im Internet aussieht? Da kenne ich mich nämlich nicht aus.

Martin Jurgeit
18.11.2006, 11:13
am interessantesten an der meldung finde ich jedoch perscheids recht gelassene reaktion, verglichen mit der doch recht heftigen forderung von bulls press.
Diese "Gelassenheit" ist bei Perscheid aber offensichtlich erst nach einigen Tagen eingetreten. In ersten Reaktionen hat er sich deutlich weniger diplomatisch geäußert. Das kann ich übrigens auch sehr gut verstehen. Denn gerade Cartoonisten dürften durch Internet-Veröffentlichungen sehr stark ökonomisch betroffen sein.

Wenn einzelne Panels oder sogar Seiten von Comics im Netz landen, ist das ziemlich harmlos - bei Cartoons sind das aber jeweils gewissermaßen "Gesamtkunstwerke". Und es werden ja zudem auch eher die besseren Cartoons der Künstler sein, die immer wieder auf Websites auftauchen. Da könnten sich viele Leser wirklich fragen, wozu sie noch die Bücher kaufen sollen, um nur noch einige weniger gelungene Cartoons mitgeliefert zu bekommen. Da sind wir verdammt nah dran an den Problemen, die die Musik-Industrie gerade mit den Internet-Tauschbörsen von Musik (immer noch) hat.

Jähling
18.11.2006, 16:12
Da könnten sich viele Leser wirklich fragen, wozu sie noch die Bücher kaufen sollen, um nur noch einige weniger gelungene Cartoons mitgeliefert zu bekommen.

1. Nicht zusammenstöbern müssen
2. sieht besser aus
3. Lässt sich besser verschenken.
4. Geschmackssache, was die besseren sind

Ich verstehe schon, was Du meinst, aber es ist halt schwierig, bei nichtkommerziellen Seiten eine Grenze zu ziehen zwischen Bagatellfall und Großabzocke. Das dürfte auch den Betreibern der betroffenen Fanseiten nicht klar gewesen sein. Zumindest auf der einen sind die Cartoons nach und nach zusammengekommen; ich kann mir gut vorstellen, dass niemand wusste, wieviele das sind, bis die Bulls-Anwälte sie gezählt haben.

Sinnvoller finde ich, um Grauzonen auszuschließen, die Grenze zwischen kommerziellen und nichtkommerziellen Seiten zu ziehen. Wer sich, ohne zu fragen, an der Leistung anderer bereichert, verdient wirklich kein Augezudrücken. In diesen Fällen war das aber nicht so. De geplante bagatellregelung erscheint mir deshalb in diesen Fällen trotz der großen Mengen angebrachter als eine fünfstellige Lizenznachforderung.

Zumal Perscheids Image stark unter dem Verhalten seiner Agentur gelitten zu haben scheint, wenn man sich mal die Kommentare in seinem Gästebuch ansieht. Ich denke mal, der Schaden durch die Klagen ist größer als der Schaden durch die Fanseiten.

Asher
18.11.2006, 17:41
Bernd, bist Du Dir sicher, dass der Seitenbetreiber vorher nicht gefragt hat? Ich glaube mich zu erinnern, gelesen zu haben, dass Perscheid sein prinzipielles Okay gegeben hat...?

Außerdem war zu lesen, dass sich der Verklagte sehr wohl an Perscheid gewandt hatte, aber keine Antwort von ihm erhalten hat. Entweder sagt einer der beiden nicht die Wahrheit, oder die mail ist irgendwo untergegangen, was ja schnell passieren kann.

scribble
18.11.2006, 18:13
Sinnvoller finde ich, um Grauzonen auszuschließen, die Grenze zwischen kommerziellen und nichtkommerziellen Seiten zu ziehen. Wer sich, ohne zu fragen, an der Leistung anderer bereichert, verdient wirklich kein Augezudrücken.Die Unterscheidung zwischen kommerziellen und nichtkommerziellen Seiten ist aber eine Grauzone für sich ;) Eine Seite, auf der die Besucher bezahlen müssen um die Cartoons zu sehen, ist natürlich kommerziell. Aber was ist mit einer Seite, die neben jedem Cartoon drei Werbebanner zeigt? So kann ein Seitenbetreiber auch Geld verdienen, und die Seite wäre auch als kommerziell zu werten. Aber gilt das auch für die Seiten, die mit Werbung einpaareurofuffzich verdienen, damit die Hosting-Rechnung kein gar so großes Loch in den Geldbeutel reißt? Oder für die Fan-Sites bei einem Freehoster wie Geocities, wo der Serverbetreiber Werbung einblendet? Und wie stuft man eine Seite ein, die beispielsweise ein, zwei Cartoons als Beispiele zeigt und darunter einen Link zu den Büchern auf Amazon (und dafür ein paar Cent Provision bekommt)?

Bernd, bist Du Dir sicher, dass der Seitenbetreiber vorher nicht gefragt hat? Ich glaube mich zu erinnern, gelesen zu haben, dass Perscheid sein prinzipielles Okay gegeben hat...?Soweit ich mich erinnere, war es etwa so: Perscheid hat in verschiedenen Interviews gesagt, daß er mit der nicht-kommerziellen Verwendung seiner Cartoons kein Problem hat. Darauf hat sich der Betreiber der Fansite verlassen, und nicht nochmal selbst angefragt. Und jetzt stellt sich heraus, daß Perscheid selbst vielleicht nichts dagegen hat (woran ich bei über 300 Cartoons auch so meine Zweifel habe), Bulls Press als Verwerter dagegen durchaus...

Bis dann,

scribble

Martin Jurgeit
18.11.2006, 20:31
1. Nicht zusammenstöbern müssen
2. sieht besser aus
3. Lässt sich besser verschenken.
4. Geschmackssache, was die besseren sind
Das würde aber alles auch auf Musik-CDs zutreffen und trotzdem ist der Markt in den letzten Jahren zusammengebrochen (Punkt 3 lasse ich allerdings gelten ;) ). Mir zumindest geht es so, dass ich einmal über Cartoons kräftig schmunzle und dann vielleicht eine Handvoll von Favoriten habe, die ich anderen noch weiterzeige. Aber ein Cartoon-Buch später noch einmal komplett lesen (wie viele Bücher oder "richtige" Comics)? Das kommt doch eher selten vor. Wenn ich also wüsste, dass ich von dem Autoren XY praktische alle wichtigen Cartoons völlig kostenlos im Internet vorfinde, dann würde ich mir wohl auch überlegen, ob ich mir noch dessen Bücher kaufen muss.


Sinnvoller finde ich, um Grauzonen auszuschließen, die Grenze zwischen kommerziellen und nichtkommerziellen Seiten zu ziehen.
Und das genau ist der große Denkfehler, der fast immer bei diesen Diskussionen gemacht wird. Der Schaden - das nämlich ihre Bücher weniger gekauft werden könnten - tritt für die Künstler völlig unabhängig davon ein, ob es sich um eine kommerzielle oder nichtkommerzielle Seite handelt. Und deshalb verstehe ich auch nicht, was für "Fans" das sein sollen, die so viele Werke ihrer Idole auf einer Fansite abbilden. Dass das überhaupt nicht im Interesse der Künstler sein kann, müsste doch wirklich jedem klar sein.

Hate
18.11.2006, 20:38
Joscha Sauers "Nichtlustig"-Bücher verkaufen sich sogar sehr gut, obwohl die Cartoons vorher kostenlos im Internet zu sehen waren.

Martin Jurgeit
18.11.2006, 21:01
Ist das wirklich (noch) so? Soweit ich weiß, sind allenfalls noch Auszüge aus den letzten Büchern im Internet veröffentlicht worden, seitdem Joscha bei Carlsen und Bulls (sic!) untergekommen ist.

Bernd Glasstetter
18.11.2006, 21:10
Bernd, bist Du Dir sicher, dass der Seitenbetreiber vorher nicht gefragt hat? Ich glaube mich zu erinnern, gelesen zu haben, dass Perscheid sein prinzipielles Okay gegeben hat...?Nach den Quellen, die ich bisher gefunden habe, scheint nicht gefragt worden zu sein. Aber: Das wird sicher eine meiner Fragen an Bulls bzw. Perscheid sein, so ich denn ein Interview bekomme. Weil zu 100 % sicher kann man ja nie sein.

Interessant ist in dem Zusammenhang, dass auf dem Link, der bei Heise zu sehen war:
http://web.archive.org/web/20021206035002/www.martin-perscheid.de/content/links.html
keine Rede von Fansites ist. Nur von kommerziellen Sites. Die Aussage dort aber so umzumünzen, wie das Heise getan hat, nämlich, dass er durch die explizite Bezugnahme auf kommerzielle Sites Fansites quasi einen Freibrief ausgestellt hat, das finde ich doch etwas an den Haaren herbei gezogen. Auch die Aussage auf den Funpages:

Natürlich habe ich nichts dagegen, meine Arbeiten auf diesen Seiten zu sehen, es dürfen auch gerne mehr als fünf sein. Was die Idee einer eigenen Perscheid-Rubrik betrifft, so denke ich, daß dadurch ein wenig der Reiz der fun-pages, nämlich, daß sich meine Cartoons direkt mit der Konkurrenz messen, verloren ginge.Ist in meinen Augen kein Freibrief. Er will ja keine eigene Rubrik, es dürfen zwar mehr als fünf sein, aber von über 300 war dann auch nicht die Rede.


Außerdem war zu lesen, dass sich der Verklagte sehr wohl an Perscheid gewandt hatte, aber keine Antwort von ihm erhalten hat. Entweder sagt einer der beiden nicht die Wahrheit, oder die mail ist irgendwo untergegangen, was ja schnell passieren kann. Hm ja, das ist halt die Frage. Da habe ich mich dann an die Aussage von Perscheid gehalten. Wie Scribble geschrieben hat: nach dem, wie der Kenntnisstand ist, hat er sich auf frühere Äusserungen von Perscheid verlassen. Und im Zweifel wird vermutlich Aussage gegen Aussage stehen. Schwer zu sagen. Sollte ich die Aussage in der News revidieren müssen, werde ich das tun. Allerdings hat er sich scheinbar im Gästebuch gemeldet, zumindest gibts da ein Posting eines "Peter F.". Vielleicht gibts inzwischen auch Kontakt zwischen den Beiden.

Was den Kauf von Büchern trotz Veröffentlichung im Internet angeht: Ich bin skeptisch, ob das wirklich große Auswirkungen hat. Joschau Sauer verkauft, wie Hate ganz richtig sagt, trotzdem seine Bücher. Götz Wiedenroth veröffentlicht auch seine Cartoons im Internet:
http://www.wiedenroth-karikatur.de/
und promoted die auf dem Presseportal:
http://www.presseportal.de/story_rss.htx?nr=902263
und hat offensichtlich keine so große Angst vor Datenklau. Denn die Karikaturen kann man theoretisch frei kopieren und sich nach und nach ein umfangreiches Archiv zusammen klicken. Allerdings werden die Karikaturen nach einiger Zeit wieder offline genommen.

Stellt eine Fanpage - und sagen wir auch mit über 300 Cartoons - eine echte Schädigung dar, geht dem Künstler wirklich Geld verloren? Ich weiß es nicht. Und eigentlich darf das gar nicht die Frage sein. Die Frage ist einfach nach dem geltenden Recht und das untersagt das einfach. Punktum. Und dann braucht man sich auch nicht die Frage zu stellen, ob das schadet oder nicht.

Martin Jurgeit
18.11.2006, 21:33
Also ich habe eher das gefühl, dass Götz Wiedenroth noch in die Kategorie "Joscha Sauer vor 3, 4 Jahren" gehört. Dass sich da halt jemand erst einen Namen machen will. Und dafür ist das Internet natürlich bestens geeignet. Wenn solche Künstler dann aber erst bei Verlagen oder Agenturen unterkommen, kommt es natürlich automatisch zu Interessenskonflikten.

Martin Jurgeit
18.11.2006, 21:35
Die Frage ist einfach nach dem geltenden Recht und das untersagt das einfach. Punktum. Und dann braucht man sich auch nicht die Frage zu stellen, ob das schadet oder nicht.
Da hast du natürlich völlig recht.

Bernd Glasstetter
18.11.2006, 21:57
Also ich habe eher das gefühl, dass Götz Wiedenroth noch in die Kategorie "Joscha Sauer vor 3, 4 Jahren" gehört. Dass sich da halt jemand erst einen Namen machen will.Das würde ich eher bezweifeln... Siehe dazu:
http://www.presseportal.de/story.htx?firmaid=43010
2.790 Meldungen, das sind sehr viele und die erste:
http://www.presseportal.de/story.htx?nr=313407&firmaid=43010
war am 7.1.2002. Jetzt ist es so, dass so eine Meldung glaube ich ungefähr 50 € kostet. Sprich Wiedenroth hat schon 139.500 € investiert und das über knapp 5 Jahre. Das sind fast 30.000 € im Jahr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das tut, ohne auch Geld zurück zu bekommen. Ich kann mir eher vorstellen, dass er besser verdient als Joscha Sauer. Das ist auch deswegen wahrscheinlich, wenn man sich mal die Konditionen ansieht:
http://www.wiedenroth-karikatur.de/04a_leistung_aktkari_honorar.html
Aber ich denke mal, dass Du Recht hast, dass er keine Agentur dazwischen hat. Er macht das im Eigenvertrieb, nimmt dadurch sicher auch mehr Geld ein.

Und dann ist es so, dass er laut hier:
http://www.mitspitzerfeder.de/wiedenroth.html
"1997 eine Auszeichnung des Deutschen Preises für die politische Karikatur" erhalten hat. Und: "Wiedenroths gezeichnete Kommentare erscheinen regelmäßig in etwa zwanzig bundesdeutschen Tageszeitungen." Außerdem: "Seine ersten Karikaturveröffentlichungen erschienen 1989 in der Flensburger Tagespresse."

Ich glaube, dass Joscha Sauer davon noch Meilen entfernt ist.

Mick Baxter
18.11.2006, 22:58
Bulls Pressedienst ist kein Verlag, sondern ein Syndikat.
Und 50 Euro für einen Cartoon wären ja eine "fürstliche Bezahlung". Leider hat Bulls die Preise so weit in den Keller getrieben, daß nur wenige Zeichner noch von den Abdrucken ihrer Cartoons ins Zeitungen und Zeitschriften leben können.

dinter3
19.11.2006, 09:52
Stellt eine Fanpage - und sagen wir auch mit über 300 Cartoons - eine echte Schädigung dar, geht dem Künstler wirklich Geld verloren? ... Und eigentlich darf das gar nicht die Frage sein. Die Frage ist einfach nach dem geltenden Recht und das untersagt das einfach. Punktum.
das darf nicht nur, das muss sogar die frage sein.
geltende rechte sind schliesslich keine unveränderbaren naturgesetze, sondern gestaltbar.
und wie sie zu gestalten sind, steht hier gerade zur debatte.


Bulls Pressedienst ist kein Verlag, sondern ein Syndikat.
schön gesagt.

Bernd Glasstetter
19.11.2006, 09:58
geltende rechte sind schliesslich keine unveränderbaren naturgesetze, sondern gestaltbar.
und wie sie zu gestalten sind, steht hier gerade zur debatte.Nunja... wir können freilich drüber debattieren, was man anders und besser machen könnte. Ich hätte da auch die eine oder andere Idee. Es wäre zum Beispiel sinnvoll, wenn die Verwendung von wenigen - die Betonung liegt auf wenigen - Grafiken auf nichtkommerziellen Fansites generell erlaubt sein würde. Wieviel "wenige" sind, ist noch eine andere Frage. 10 wäre zum Beispiel eine nette Zahl.

Nur: Wie weit ließe sich unsere Meinung durchsetzen? Da sind doch die Lobyisten ganz kräftig am Werkeln und man hat wohl kaum ein Chance überhaupt etwas in die Gestaltung von Gesetzen einzugreifen. Das ist denke ich die Realität, mit der man sich abfinden muß. Ich bin da ziemlich pragmatisch.

Martin Jurgeit
19.11.2006, 11:24
Und 50 Euro für einen Cartoon wären ja eine "fürstliche Bezahlung".
Ich meinte damit natürlich nicht den Geldbetrag, der am Ende bei den Künstlern ankommt, sondern den, den Zeitschriften etc. an die Agenturen zahlen. Selbst wir von der COMIXENE, die hervorragend nachweisen könnten, bis heute bestenfalls eine "Schwarze Null" in unseren Büchern stehen zu haben und unter 10.000 Exemplaren drucken, haben es noch bei keinem Fall unter die 30-Euro-Hürde geschafft. Schon unter 50 Euro schmeißen die meisten Agenturen gar nicht erst ihre Maschinerie an - da lohnt einfach der Aufwand nicht. Dass es bei größeren Bildmengen oder so etwas wie Abo-Vereinbarungen zu anderen Konditionen kommen mag, ist mir aber natürlich auch klar.

dinter3
19.11.2006, 11:30
du hast natürlich recht, was die idealistische idee des meinung durchsetzens angeht, bernd. da ist ruckzuck nicht viel zu holen, aber gleich die flinte ins korn werfen, kann´s ja auch nicht sein, wenn du mich fragst.
lobbyisten ist ein gutes stichwort, das mich wieder zum vergleich von perscheids reaktion und der von bulls press bringt.
was würde denn passieren, wenn perscheid sagen würde, schwamm drüber, der mann hat seine schimpfe gekriegt, aber die kohle soll er mal ruhig stecken lassen?
und ich meine jetzt gar nicht perscheid persönlich, sondern die von agenturen und verlagen, bzw syndikaten ;) vertretenen künstler im allgemeinen. wäre es denkbar, dass hier ein zusammenschluss stattfindet und alle sagen meinetwegen "10 is jut, so viel darfste" und das würde gesetzbuchtechnisch umgesetzt werden?



unter 50 Euro schmeißen die meisten Agenturen gar nicht erst ihre Maschinerie an.
ich könnte dir da ein angebot machen. ;)

Martin Jurgeit
19.11.2006, 11:41
wäre es denkbar, dass hier ein zusammenschluss stattfindet und alle sagen meinetwegen "10 is jut, so viel darfste" und das würde gesetzbuchtechnisch umgesetzt werden?
Als Selbstverpflichtung à la "Wo kein Kläger, da kein Richter" würde das wohl gehen. Aber darüber hinaus wird es hier eh über kurz oder lang zu internationalen Vereinbarungen kommen, die dann von der EU (und Deutschland) mitumgesetzt werden müssen. Und da geht insbesondere die Musik- und Filmindustrie der USA derart auf dem Zahnfleisch (man schätzt den Gegenwert des illegalen Umsatz mit Musik im Internet inzwischen auf den DREIFACHEN Wert des legalen Gesamtumsatzes der Musikindustrie, siehe DIE ZEIT vom 9. November), dass es hier eher wenig Spielraum für Kulanz geben wird.



ich könnte dir da ein angebot machen. ;)
Wie? Du hättest also z.B. Rechte an Werken von Robert Gernhard gehabt, die wir für die Bebilderung des Nachrufes auf ihn benötigten? Mensch, hier geht es natürlich um die Abbildungen, die wir für unsere Artikel im Heft brauchen ;)

Bernd Glasstetter
19.11.2006, 12:06
du hast natürlich recht, was die idealistische idee des meinung durchsetzens angeht, bernd. da ist ruckzuck nicht viel zu holen, aber gleich die flinte ins korn werfen, kann´s ja auch nicht sein, wenn du mich fragst.Also was die allgemeine Gesetzgebung anbelangt, da braucht man sich denke ich gar nicht zu bemühen, so viel ist klar, denn das wird ja auch auf europäischer Ebene entschieden. Und zudem hängt das Urheberrecht ja nicht nur an Comics und Cartoons, sondern ist immer sehr allgemein mit anderen Medien vermischt. Insbesondere die Musikindustrie wird derart vehement auf klare und harte Strukturen drängen, dass man da kaum eine Chance hat etwas anderes einzuführen.

Aber:

was würde denn passieren, wenn perscheid sagen würde, schwamm drüber, der mann hat seine schimpfe gekriegt, aber die kohle soll er mal ruhig stecken lassen?
und ich meine jetzt gar nicht perscheid persönlich, sondern die von agenturen und verlagen, bzw syndikaten ;) vertretenen künstler im allgemeinen. wäre es denkbar, dass hier ein zusammenschluss stattfindet und alle sagen meinetwegen "10 is jut, so viel darfste" und das würde gesetzbuchtechnisch umgesetzt werden? Solche Einzelregelungen kann ich mir schon vorstellen. Wenn auch nicht auf Gesetzesebene. Man könnte vielleicht - wenn man es den Syndikaten usw. entsprechend sexy als Marketingmassnahme in eigener Sache verkauft - etwas erreichen, was von Gesetzen abgekoppelt ist. Eine Art vertraglicher Regelung für Fansites. Wäre durchaus interessant darüber nachzudenken.

Mick Baxter
19.11.2006, 13:21
Ich meinte damit natürlich nicht den Geldbetrag, der am Ende bei den Künstlern ankommt, sondern den, den Zeitschriften etc. an die Agenturen zahlen.
Viele Zeichner machen die Erfahrung, daß Zeitungen nur den Preis zahlen wollen, den sie für ein Strip an Bulls zahlen würden. Und dafür lohnt es sich nicht mal, seinen Bleistift anzuspitzen.

Jähling
19.11.2006, 13:51
Eine Seite, auf der die Besucher bezahlen müssen um die Cartoons zu sehen, ist natürlich kommerziell. Aber was ist mit einer Seite, die neben jedem Cartoon drei Werbebanner zeigt?

Kommerziell, zumindest wenn der Bertteiber der Seite davon profitiert. (Die Ausnahme hatte ich in meinem Beitrag drin, aber dann gelöscht, um's nicht zu kompliziert werden zu lassen.) Aber stimmt. Der Übergang ist tatsächlich nicht ganz sauber zu ziehen. Zumal von außen nicht immer zu erkennen ist, ob eine Werbung vom Berteiber der Seite oder vom Host geschaltet wurde. Und zumal sich mit Werbung auf einer popeligen Fanseite nicht wirklich viel verdienen läßt.



Der Schaden - das nämlich ihre Bücher weniger gekauft werden könnten - tritt für die Künstler völlig unabhängig davon ein, ob es sich um eine kommerzielle oder nichtkommerzielle Seite handelt.

Genau der Punkt, ob das der Schaden ist, ist umstritten. In der Literatur argumentiert etwa Cory Doctorow in genau die andere Richtung, nämlich dass die zusätzliche Öffentlichkeit mehr Käufer produziert als Nur-Leser. Zwar gibt es viele Leute, die sich mit der Gratiskopie zufrieden geben, aber die werden dadurch aufgehoben, dass überhaupt mehr Leute auf die Inhalte aufmerksam werden, von denen wiederum ein zwar prozentual kleiner, aber in absoluten Zahlen weit größerer Teil als zuvor dann doch was kauft. (Doctorow ist so zum Bestseller-Autoren geworden.) In der Musik gibt es ebenfalls eine breite Front von Künstlern, die eher die Unfähigkeit der Plattenfirmen, sich auf den neuen Markt angemessen einzulassen, für den Einbruch verantwortlich machen als die illegalen Downloads.

Unumstritten ist dagegen, dass beim unlizensierten Handel Geld umgesetzt wird (nicht erhoffte Einkünfte oder hochgerechnete Nichtkäufe - richtige Käufe), das den Urhebern zusteht. Dieser Schaden ist messbar. (Die Schätzungen neulich in der ZEIT, die Du ansprichst, sind wirklich nur Schätzungen, die z.B. nicht berücksichtien, wieviele der Kopierer sich die CDs sonst gekauft hätten.) Deshalb meine Unterscheidung.



Bernd, bist Du Dir sicher, dass der Seitenbetreiber vorher nicht gefragt hat? Ich glaube mich zu erinnern, gelesen zu haben, dass Perscheid sein prinzipielles Okay gegeben hat...?

Auf andere Anfragen hin, ja. Das wurde in der Fangemeinde als allgemeines Okay gedeutet. (Die Links, auf die Heise da verweist, würde ich allerdings ähnlich deuten wie Bernd, nämlich bevorzugt gar nicht.) Die beiden, um die es hier akut geht, haben, wenn, dann im Nachhinein Kontakt aufgenommen. Und das kann gut im Wust der Hass-Mails untergegangen sein, die Perscheid jetzt dauernd kriegt.


Die sind für mich übrigens ein Grund, die geltende Regelung (bzw. deren Anwendung) doch in Frage zu stellen. Perscheids Cartoons sind nur ein Teil seines Kapitals bei den Fans, seine Glaubwürdgkeit ist ein anderer, und die verheizt Bulls gerade. Vielleicht sollte er sie wegen Rufschädigung verklagen... Äh, sorry, Tagtraum. Aber: Gesetze müssen immer wieder hinterfragt werden. Das ist normal in einer Demokratie. Dass die, die am lautesten und auf höchster Ebene fragen, dabei am meisten Gehör kriegen, leider auch. Mittelfristig wird sich da deshalb wohl einiges verschärfen. Langfristig hängt es auch davon ab, wie das Thema bis dahin diskutiert wird.

(Das gilt natürlich nicht als stellvertretender Freibrief für Fanseitenbetreiber. Zur Zeit muss man da eben aufpassen, und das weiß eigentlich auch jeder, der sich im Internet bewegt.)

Bernd Glasstetter
19.11.2006, 14:38
Genau der Punkt, ob das der Schaden ist, ist umstritten. In der Literatur argumentiert etwa Cory Doctorow in genau die andere Richtung, nämlich dass die zusätzliche Öffentlichkeit mehr Käufer produziert als Nur-Leser. Zwar gibt es viele Leute, die sich mit der Gratiskopie zufrieden geben, aber die werden dadurch aufgehoben, dass überhaupt mehr Leute auf die Inhalte aufmerksam werden, von denen wiederum ein zwar prozentual kleiner, aber in absoluten Zahlen weit größerer Teil als zuvor dann doch was kauft. (Doctorow ist so zum Bestseller-Autoren geworden.)Ich weiß nicht... Gilt das auch bei Sites, die nur sehr wenige Besucher haben bzw. hatten (der Betroffene hat ja irgendwas von ein paar hundert Besuchern gesagt)? Diese Dynamik geht IMHO erst ab einer gewissen kritischen Masse los.

In der Musik gibt es ebenfalls eine breite Front von Künstlern, die eher die Unfähigkeit der Plattenfirmen, sich auf den neuen Markt angemessen einzulassen, für den Einbruch verantwortlich machen als die illegalen Downloads. Der Meinung bin ich auch. Hätte man früh genug legale Kanäle geöffnet, wären sicher die Downloads nie so groß geworden, wie sie es jetzt sind. Zeigt sich auch an den derzeitigen Zahlen, nach denen die Downloads AFAIK darunter gelitten haben, dass es nun vermehrt legale Angebote gibt, die auch mit vernünftigen Preisen aufwarten. Nun gut, sie haben auch darunter gelitten, dass die Musikindustrie massiv rechtlich dagegen vorgegangen ist.

([...] Zur Zeit muss man da eben aufpassen, und das weiß eigentlich auch jeder, der sich im Internet bewegt.)Weiß das wirklich jeder? Also wenn ich mir mal ansehe, wie stark wir speziell im Mangabereich moderierend eingreifen müssen, weil schon wieder irgendeine Scanlation beworben wird, dann komme ich eher zu der Auffassung, dass nur ein geringer Prozentsatz weiß, was Sache ist. Die Wenigsten denken über das Urheberrecht nach. Und erst wenn man sie förmlich mit der Nase reintunkt, kommt so etwas wie Erkenntnis auf, Verständnis fehlt aber leider sehr, sehr vielen. Im Gegenzug werden die Moderatoren und SysOps eher noch beschimpft.

Martin Jurgeit
19.11.2006, 15:16
Genau der Punkt, ob das der Schaden ist, ist umstritten. In der Literatur argumentiert etwa Cory Doctorow in genau die andere Richtung, nämlich dass die zusätzliche Öffentlichkeit mehr Käufer produziert als Nur-Leser. (...)
Die Schätzungen neulich in der ZEIT, die Du ansprichst, sind wirklich nur Schätzungen, die z.B. nicht berücksichtien, wieviele der Kopierer sich die CDs sonst gekauft hätten.
Ganz so einfach kann man es sich wirklich nicht machen. Diese "Schätzungen" gehen ja einher mit gruseligen Umsatzeinbußen, die in den letzten zwei Jahren allein in Deutschland zum Verlust von einem Drittel der Arbeitsplätze in der Musik-Branche geführt haben. Auch in der ZEIT wurde damals übrigens angeprangert, dass die Branche nicht schnell genug reagiert hat auf die neue Technik. Aber ob sich hier auch unter den neuen Bedingungen im Idealfall noch vernünftige Umsätze PRO KÜNSTLER machen lassen, indem plötzlich für ein bestimmtes Werk wirklich so viele zusätzliche Kunden akquiriet werden, möchte ich bezweifeln. Schließlich wird das Internet auch das Angebot immer weiter aufblähen und so zu einem immensen Kanibalismuseffekt führen.

Außerdem sind Kunden im Internet nur vergleichsweise geringe Beträge zu entlocken. Untersuchungen sprechen etwa bei Filmen von höchstens 4 Euro pro Runterladen, die wohl von einer breiten Masse akzeptiert würden. Und die gemachte Kopien sollen dann möglichst auch noch unbegrenzt zur Verfügung stehen und könnte von beliebig vielen Menschen gesehen werden. Wie solche Mikro-Erlöse irgendeine Alternative zu den bisherigen Einnahmequellen Kino, Free-TV, Verleih- und Kauf-DVD werden könnten, ist mir absolut schleierhaft.

Jetzt könnte man natürlich sagen, dass das alles sehr weit weg von unserer Buchbranche ist. Nur war es halt so, dass die Musikbranche zeitweilig nach der Einführung der CD-Technik regelrecht im Geld schwamm. Die letzten Jahre haben diese Branche zwar kräftig durchgeschüttelt, konnten sie aber nicht wirklich in ihren Grundfesten erschüttern. Die Buch-Branche steht aber sehr viel schlechter da. Schon 10-20 Prozent Umsatzrückgang würden unsere Verlagslandschaft in einer Weise verändern, die wir uns kaum ausmalen möchten. Deshalb auch die große Gegenwehr, die etwa den Buch-Digitalisierungsprojekten von Google & Co. entgegengebracht wird.

Schon jetzt haben auch wir in unserem Verlag große Bauchschmerzen, wenn unsere COMIXENE von immer mehr Bibliotheken abonniert wird. Aber wir wissen natürlich, dass diese Exemplare nur von jeweils schlimmstenfalls ein, zwei Dutzend Menschen oder so gelesen werden. Und schließlich bezahlen die Bibliotheken auch jeweils für das Abo.

Auch die Fernleihe war bisher ziemlich mühselig und deshalb von den Dimensionen kaum ein Problem. Was aber, wenn zukünftig nur noch eine einzige Bibliothek ein Abo einrichtet und alle anderen Besucher von Bibliotheken lesen weltweit digital dieses eine Exemplar mit? Schon heute bekommen wir jede Menge Anrufe von Studenten oder auch ganz normalen Lesern, die von uns regelrecht verlangen, dass wir ihnen gefälligst einzelne sie interessierende Artikel per PDF oder Word-Dokument als Mail zuschicken sollen. Dass man dafür bezahlen soll, ist vielen Lesern einfach nicht (mehr) zu vermitteln. Davon ganze gedruckte Hefte zu kaufen, ganz zu schweigen!

Darauf zu hoffen, dass lediglich das Mehr an Möglichkeiten, auf unser Magazin zu stoßen, auch mehr regelmäßige Käufer generierte, die die Verluste auch nur ansatzweise ausgleichen würden, halte ich für mehr als blauäugig. Alle bisherigen Erfahrungen - einzelne exotische Ausnahmeerscheinungen mal außen vor - der letzten Jahre sprechen jedenfalls dagegen.

Martin Jurgeit
19.11.2006, 15:24
Hätte man früh genug legale Kanäle geöffnet, wären sicher die Downloads nie so groß geworden, wie sie es jetzt sind. Zeigt sich auch an den derzeitigen Zahlen, nach denen die Downloads AFAIK darunter gelitten haben, dass es nun vermehrt legale Angebote gibt, die auch mit vernünftigen Preisen aufwarten.
Im gleichen von mir oben schon erwähnten Themenschwerpunkt in der ZEIT wurde geschrieben, dass die legalen Downloads weniger als 10 Prozent der Gesamtzahl ausmachen. Und sie kommen wohl auch wirklich nicht richtig von der Stelle! Dieses Projekt dürfte als gescheitert gelten.
Nie beantworten lässt sich natürlich im Nachhinein, ob nicht alles ganz anders hätte kommen können, wenn man hier viel früher von Seiten der Industrie mit attraktiven Angeboten gekommen wäre. Aber im Musikbereich dürfte das Kind endgültig im Brunnen liegen. Im Film-Bereich krallt es sich wohl noch mit wenigen Fingern an den Brunnenrand und im Buch-Sektor luckt es schon sehr interessiert in den Brunnen rein.

Martin Jurgeit
19.11.2006, 15:40
Viele Zeichner machen die Erfahrung, daß Zeitungen nur den Preis zahlen wollen, den sie für ein Strip an Bulls zahlen würden. Und dafür lohnt es sich nicht mal, seinen Bleistift anzuspitzen.
Deshalb gibt es ja schließlich auch Agenturen, damit die gleiche Arbeit - nach dem Prinzip "Kleinvieh macht auch Mist" - möglichst oft an möglichst viele Zeitungen verkauft wird. Wirklich exklusives Material nehmen höchstens große - und überregionale! - Zeitungen ab. Und FAZ, FR, SZ, ZEIT & Co. zahlen dann für ihre exklusiven Comics, die nicht gleichzeit noch in einem weiteren Dutzend Blätter erscheinen, natürlich auch entsprechend mehr.

Bernd Glasstetter
19.11.2006, 15:55
Schon heute bekommen wir jede Menge Anrufe von Studenten oder auch ganz normalen Lesern, die von uns regelrecht verlangen, dass wir ihnen gefälligst einzelne sie interessierende Artikel per PDF oder Word-Dokument als Mail zuschicken sollen. Dass man dafür bezahlen soll, ist vielen Lesern einfach nicht (mehr) zu vermitteln. Davon ganze gedruckte Hefte zu kaufen, ganz zu schweigen!Reichlich dreist wie ich finde... Würde ich jeweils mit der Antwort beantworten: Gibts nicht. Oder aber halt gegen Gebühr und Versandkosten.

Wobei das eigentlich gar keine so schlechte Idee ist. Spiegel Online zum Beispiel bietet Artikel aus dem Archiv ausschließlich gegen Bezahlung an. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man so etwas auch für die Comixene machen könnte.

Im gleichen von mir oben schon erwähnten Themenschwerpunkt in der ZEIT wurde geschrieben, dass die legalen Downloads weniger als 10 Prozent der Gesamtzahl ausmachen. Und sie kommen wohl auch wirklich nicht richtig von der Stelle! Dieses Projekt dürfte als gescheitert gelten. Die Zahlen stimmen:
http://www.splashmusik.de/php/aktuelles/news/13381
aber die IFPI sieht das doch erheblich optimistischer.

Übrigens zu dem Thema:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/81267/from/atom10
da gruselt es mich dann schon etwas... Zitat:

Schon falls eine Gruppe bei einem Geburtstagspicknick in einer öffentlichen Anlage wie einem Zoo das noch bis 2030 geschützte "Happy Birthday" anstimme und das Trällern des Ständchens von anderen Besuchern gehört würde, riskiere sie einen "Hinweis über eine Rechtsverletzung", der mit bis zu 1320 australischen Dollar oder umgerechnet knapp 800 Euro bewehrt sein könnte.DAS fände ich sehr übel. Der Witz ist, dass das mal als Parodie im Internet kursierte, dass so etwas kommen könnte. Und dass deswegen die westliche Welt vom Islam überrannt würde. Da frag ich mich doch, ob der Parodist da nicht einfach in die Zukunft geblickt haben könnte. Grauslich sowas

Martin Jurgeit
19.11.2006, 16:12
Spiegel Online zum Beispiel bietet Artikel aus dem Archiv ausschließlich gegen Bezahlung an. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man so etwas auch für die Comixene machen könnte.
Ich selbst gehöre z.B. zu den Abonnenten des Online-Archivs der "Süddeutschen Zeitung". Die Gemeinschaft der ich dort angehöre, soll aber - verglichen mit den "normalen" Abonnenten - eher eine homöopathische Größenordnung sein. Nicht viel anders dürfte es bei den bezahlten Artikeln von Spiegel Online aussehen im Vergleich zu den "freien" Zugriffen. Wirklich relevant ist das alles nicht. Es gibt im Internet überhaupt keine Kultur für eine wirklich redliche Kostenstruktur, weil die Alternative immer gleich "völlig kostenlos" ist. Ob sich unter diesen Umständen auch nur mittelfristig grundlegendes ändern wird? Ich habe da so meine Zweifel ...

Martin Jurgeit
19.11.2006, 16:21
Reichlich dreist wie ich finde... Würde ich jeweils mit der Antwort beantworten: Gibts nicht. Oder aber halt gegen Gebühr und Versandkosten.
Schon das dürfte ich allenfalls mit meinen eigenen Artikeln (oder höchstens noch denen meines Mitgesellschafters Jörg Krismann) machen. Schließlich bezahlen wir die (geringen) Honorare nur für den Abdruck in unserem Printmagazin. Wenn ich Artikel - in welcher Form auch immer - auf anderen Wegen weiterleite, könnte ich das höchstens in Absprache mit den Autoren machen. Das betrifft natürlich auch die Previews auf Splash-Comics ;)

Bernd Glasstetter
19.11.2006, 17:14
Über kurz oder lang wird es sicher auch auf Splashcomics den einen oder anderen Inhalt nur kostenpflichtig geben. Man wird damit sicher nicht reich werden können. Aber die Ära des "nur kostenlos" wird irgendwann zu Ende gehen. Einfach weil sich das niemand wirklich leisten kann.

Wir produzieren ja sehr viele Inhalte: Rezensionen, Specials und News werden weiter kostenfrei bleiben. Aber ich denke, dass man zum Beispiel bei den Onlinecomics durchaus das eine oder andere kostenpflichtig sehen wird. Das gilt dann nicht Strips, sondern eher für abgeschlossene Geschichten. Was auch denkbar ist, ist der kostenpflichte Download der Daten in Sammlerprogramme. Einfach weil man da ja dann Daten konkret aus der Hand gibt.

Wenn man nun Comixene-Artikel kostenpflichtig zur Verfügung stellt, sollte man die Autoren auch daran beteiligen. Das ist sowieso klar. Und man muss es so machen, dass der Aufwand die Daten online zu stellen, so gering es nur eben geht ist, um auch wirklich einen Gewinn daraus ziehen zu können. Das ist das, was auch andere Marktteilnehmer wie eben Spiegel machen. Die haben das Archiv sowieso online und wenn man einen älteren Artikel lesen will, dann kostet es eben etwas.

Jähling
19.11.2006, 17:30
Ich weiß nicht... Gilt das auch bei Sites, die nur sehr wenige Besucher haben bzw. hatten (der Betroffene hat ja irgendwas von ein paar hundert Besuchern gesagt)? Diese Dynamik geht IMHO erst ab einer gewissen kritischen Masse los.

Bei weniger gibt's auch nicht wirklich ein Problem mit den paar ausbleibenden Käufen.


Aber ob sich hier auch unter den neuen Bedingungen im Idealfall noch vernünftige Umsätze PRO KÜNSTLER machen lassen, indem plötzlich für ein bestimmtes Werk wirklich so viele zusätzliche Kunden akquiriet werden, möchte ich bezweifeln. Schließlich wird das Internet auch das Angebot immer weiter aufblähen und so zu einem immensen Kanibalismuseffekt führen.

Außerdem sind Kunden im Internet nur vergleichsweise geringe Beträge zu entlocken. Untersuchungen sprechen etwa bei Filmen von höchstens 4 Euro pro Runterladen, die wohl von einer breiten Masse akzeptiert würden.

Das sind genau die 2 Punkte, an denen die Industrien ihre Ansprüche runterschrauben müssen. Ich denke, Superstars wie Kylie Minogue und Madonna lassen sich in Zukunft nicht mehr so zielsicher plazieren wie bisher in dem "zentralistischeren" System. Die Gewinner sind jetzt eher Leute wie die Arctic Monkeys. Imho kein großer Verlust und ein satter Gewinn, aber das ist subjektiv. Was die Preise angeht, die müssen runtergehen. Immerhin kriegt man für (bisher etwa) den gleichen Preis viel weniger. Keine ansprechende CD-Hülle, Texte muss ich mir selber zusammensurfen, bei Filmen kein Bonusmaterial... Auf der anderen Seite stehen weitaus geringere Kosten für die Produktion, den Vertrieb und natürlich vor allem den Versand. Die Preise für Downloads orientieren sich zur Zeit noch an dem, was die Industrie gewohnt ist zu verdienen - diese Preise sind aber immer weniger zu rechtfertigen.

Dass die Musikindustrie in den Neunzigern so viel Geld verdient hat, liegt zum guten Teil daran, dass sie die LPs mehr oder weniger abgeschafft hat und viele Leute sich ihre Sammlungen nochmal auf CD gekauft haben. Das war eine künstlich gezüchtete Seifenblase. Dass die geplatzt ist, liegt nicht an den Tauschbörsen, sondern in der Natur von Seifenblasen.


Schon heute bekommen wir jede Menge Anrufe von Studenten oder auch ganz normalen Lesern, die von uns regelrecht verlangen, dass wir ihnen gefälligst einzelne sie interessierende Artikel per PDF oder Word-Dokument als Mail zuschicken sollen. Dass man dafür bezahlen soll, ist vielen Lesern einfach nicht (mehr) zu vermitteln. Davon ganze gedruckte Hefte zu kaufen, ganz zu schweigen!

Das ist ein gewaltiges Problem, vor allem, glaube ich, im deutschsprachigen Raum. Viele Leute sind zu sehr daran gewohnt, im Netz alles irgendwo auch umsonst zu kriegen, und halten das für ein natürliches Vorrecht. (Wir bezahlen ja auch schon Telefongebühren usw.) Das muss sich von Grund auf ändern. (Äh, nee, sorry, ich weiß auch nicht, wie. Höchstens ein paar ziemlich genaue Vorstellungen von "wie nicht" kann ich anbieten.)

Spezialfall Comixene: Vielleicht solltet Ihr bei jeder Ausgabe einzelne Artikel als Teaser online anbieten, html oder gleich pdf. Halt da, wo es unkompliziert mit den Autoren zu machen ist. Das hält einem schon mal ein paar Nörgler vom Hals. Oder Zusamenfassungen. Einige wissenschaftliche Zeitschriften machen das so.

LeGuy
20.11.2006, 08:31
Was mich an Geschichten wie dieser immer wahnsinnig ankotzt: Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen, und zwar bewusst. Für Anwälte, die es drauf anlegen, ist das Internet ein Paradies: Abmahnmöglichkeiten ohne Ende.

Da werden ganz bewusst Betreiber von kleinen privaten Homepages oder Blogger mit (teilweise absolut lächerlichen) Unterlassungserklärungen und hohen finanziellen Forderungen eingeschüchtert. Weil sie davon ausgehen können, dass diese Leute in der Regel lieber zahlen als mit einem eigenen Anwalt dagegen zu halten.

Im Fall Perscheid ist die rechtliche Lage wohl etwas eindeutiger als bei einigen Sinnlos-Abmahnungen. Bulls Press hat die Rechte, der Homepage-Betreiber hatte sie nicht. Trotzdem halte ich das Vorgehen dieser Anwälte für extrem unangemessen. In meinen Augen ist das ekelhafte Absahnerei auf Kosten von Schwächeren. Der Typ hat die Bilder vom Netz genommen und versprochen, es nicht wieder zu tun. Er hatte seine Lektion gelernt.

Jähling
20.11.2006, 11:00
Es kommt drauf an, in welchem Rahmen man die Abmahnung betrachtet. Für Bulls ist das eine "normale", "angemessene" Lizenzforderung und kein Überdiesträngeschlagen. Wie gesagt, "nur" 50 EUR pro Cartoon. Dass dieser Maßstab hier nicht unbedingt angemessen ist, lässt sich aus ihrer Perspektive nicht ohne weiteres erkennen.

Das ist der eine Rahmen.

Aus Konsumentensicht reiht sich dieser Fall in eine lange Tradition von raffgierigen Über-Forderungen. Da denkt man an Fälle in den USA, wo schon Schüler, Omis und angeblich sogar ein Toter mit massiven Klagen bedroht wurden, und zwar aus dem Kalkül heraus, dass die sich nicht wehren würden und sich so ohne großen Widerstand Präzedenzfälle schaffen lassen. Das sind natürlich Mafia-Methoden, die ich Bulls nicht unterstellen will. Wie gesagt, die sehen das halt anders, genauer: rahmen es anders.

Beide Perspektiven sind da und beide Beobachtungen gerechtfertigt. Die Kunst liegt darin, zwischen beiden zu vermitteln.

dinter3
20.11.2006, 11:41
vielleicht wäre es auch mal ganz interessant, die rolle von vg wort / vg bildkunst im zusammenhang mit dem internet neu zu überdenken.

Hate
20.11.2006, 12:49
2001 war die VG Bildkunst auch im Internet aktiv:
http://www.mb300sl.de/PH01.htm

17.03.2001
Eigentlich gab's schon vor einer Woche ein Update, aber das war eher ein "Downdate"...: Auf Verlangen der "Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst" (VG Bildkunst), eine Einrichtung vergleichbar der GEMA, habe ich von der Motorsport-Seite ein Mercedes-Werbeplakat entfernt, das mit dem Carrera Panamericana-Sieg von Karl Kling für die Qualität der Mercedes-Produkte warb. Wie in den 50er Jahren üblich, zierte das Plakat kein Foto, sondern eine Grafik von Hans Liska, der damals regelmäßig für Mercedes tätig wurde und von dem u.a. wirklich schöne Zeichnungen des 300 SL stammen. Liskas Urheberrechte werden von der VG Bildkunst vertreten, und die ca. 7x10 cm große Reproduktion eines im Original riesigen Plakates war den Damen und Herren Grund genug, mir einen Brief zu schicken. (...)

Aber seitdem habe ich nichts mehr über ähnliche Aktivitäten gelesen.

dinter3
20.11.2006, 13:55
2001 war die VG Bildkunst auch im Internet aktiv:http://www.mb300sl.de/PH01.htmAber seitdem habe ich nichts mehr über ähnliche Aktivitäten gelesen.
das sieht aber auch wieder nach der 'hinterher-angerannt-kommen'-nummer aus. ich dachte an den topf, in den eingezahlt und der regelmässig ausgeschüttet wird. ein scherflein, dass jeder netzseitenbetreiber, oder vielleicht provider zu zahlen hat.

Bernd Glasstetter
20.11.2006, 15:44
vielleicht wäre es auch mal ganz interessant, die rolle von vg wort / vg bildkunst im zusammenhang mit dem internet neu zu überdenken.VG Wort ist im Internet nicht aktiv. Ich bin ja dort Mitglied, hab aber noch keinen müden Cent gesehen. Was bei der Menge, die ich produziere bzw. produziert habe, schon ganz nett wäre...

Mick Baxter
20.11.2006, 19:58
So richtig werd ich auch nicht daraus schlau:



Vorbemerkungen

I. Allgemeines (Siehe auch: Allgemeine Konditionen der Rechtevergabe )

Die Verwertungsgesellschaft BILD-KUNST ist eine Gesellschaft zur Wahrnehmung der Urheberrechte von Bildenden Künstlern, Fotografen und anderen Bildurhebern. Sie arbeitet im Rahmen der Bestimmungen des Wahrnehmungsgesetzes.

Die Verwertungsgesellschaft BILD-KUNST vertritt neben Urhebern aus der Bundesrepublik Deutschland aufgrund von Gegenseitigkeitsverträgen mit Verwertungsgesellschaften anderer Staaten Urheber aus Australien, Belgien, Brasilien, Chile, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Korea, Lettland, Litauen, Mexiko, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Peru, Portugal, Rumänien, der Russischen Republik, Schweden, der Schweiz, Slowakische Republik, Spanien, Südafrika, Tschechien, Ungarn, Uruguay und den USA sowie einzelne Urheber aus anderen Staaten.


Alle Nutzungen von Werken der Bildenden Kunst und der Fotografie bedürfen, sofern in den nachstehenden Tarifen nicht ausdrücklich anderes gesagt wird, einer vorherigen Vereinbarung mit der VG BILD-KUNST bzw. im Einzelfall mit den Rechteinhabern. Dies gilt insbesondere für Werbeverwendungen. Die Gebühr für die Nutzungen richtet sich nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Reproduktion und wird für jeden Einzelfall entweder im Tarif oder vertraglich festgelegt.

Nach den Namen der von der VG BILD-KUNST vertretenen Urheber kann im Internet online gesucht werden, getrennt nach Reproduktionsrechten und Folgerechten. Sie werden außerdem in der Liste "Reproduktionsrechte" veröffentlicht, die als CD-ROM bei unseren Geschäftsstellen bezogen werden kann. Da diese Liste nur einmal jährlich erscheint, ist sie nicht vollständig. Auskünfte über Veränderungen in der Mitgliedschaft erteilt die Geschäftsstelle Bonn .

Die Übertragung der Nutzungsrechte durch die VG BILD-KUNST beinhaltet nicht Dienstleistungen agenturähnlicher Art wie Standortnachweise oder Lieferung von Vorlagen für den Druck. Die VG BILD-KUNST ist jedoch auf Anfrage bemüht, nach besten Kräften Hilfeleistung bei der Beschaffung von Vorlagen zu geben.

Die hier angegebenen Tarife wurden von der VG BILD-KUNST gem. § 13 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 9. September 1965 bekanntgegeben und in der nachstehenden Fassung im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Die Tarife sind nur verbindlich für die Rechtevergabe durch die VG BILD-KUNST im Hinblick auf die ihr übertragenen Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte. Sie sind grundsätzlich nicht bindend für die Vereinbarungen, die von Urhebern und sonstigen Berechtigten selbst unmittelbar vorgenommen werden.

Die Erteilung der Reproduktionsgenehmigung bzw. die Rechnungsstellung erfolgt durch die

VG BILD-KUNST, Weberstraße 61, 53113 Bonn, Tel. 0228 / 91534-0, Fax 0228 / 91534-59, e-mail: info@bildkunst.de



Wäre mir völlig neu, daß die VG BILDKUNST Reproduktiondsrechte für meine Werke erteilen dürfte.

Martin Jurgeit
22.11.2006, 08:10
Leute, jetzt wird es aber langsam peinlich. Wir wollen uns hier jetzt doch nicht noch gegenseitig solche Selbstverständlichkeiten wie GEMA, VG Wort oder VG Bild-Kunst erklären. Und dass der Vorsitzende des ICOM scheinbar nicht mit den Abrechnungsmodalitäten der VG Bild-Kunst vertraut ist, macht mich doch schon mehr als stutzig.
Ich habe langsam das Gefühl, dass viele Leute, die hier (oder an anderer Stelle zu ähnlichen Themen) diskutieren, nicht einmal mit den allergrundsätzlichsten Dingen des "künstlerischen Wirtschaftslebens" vertraut sind. Wie soll man dann aber überhaupt so etwas wie Internet noch in den Griff bekommen, wo völlig unbedarfte Leute ohne jede Anleitung (geschweige denn Kontrolle) "ihre" Websites basteln und online stellen dürfen? :heul:

Martin Jurgeit
22.11.2006, 08:46
Betreiber von kleinen privaten Homepages oder Blogger
Streng genommen gibt es eigentlich so etwas wie "private" Homepages gar nicht. Sobald man etwas online stellt, nimmt man eine Veröffentlichung vor. Und etwas öffentlich zu machen, ist das genaue Gegenteil von privat. Ich verstehe auch überhaupt nicht, warum z.B. schon die kleinste Schülerzeitung, die vielleicht sogar weniger als 100 Leser erreicht, allen Finessen des Urheberrechts unterliegt, bei Websites das alles aber überhaupt keine Rolle mehr spielen soll.

Bernd Glasstetter
22.11.2006, 09:00
Ach ja, ich habe gestern mit Bulls telefoniert, wir werden in den kommenden Tagen ein Interview führen. Nur kurz also Info zwischendurch.

Mick Baxter
22.11.2006, 09:15
Leute, jetzt wird es aber langsam peinlich. Wir wollen uns hier jetzt doch nicht noch gegenseitig solche Selbstverständlichkeiten wie GEMA, VG Wort oder VG Bild-Kunst erklären. Und dass der Vorsitzende des ICOM scheinbar nicht mit den Abrechnungsmodalitäten der VG Bild-Kunst vertraut ist, macht mich doch schon mehr als stutzig.
Das wäre doch ein Grund, uns diese Selbstverständlichkeit zu erklären.
Im übrigen fällt die Vergabe von Abdrucksrechten (die die Verwertungsgesellschaften nach meinem Wissen nicht haben) nicht einfach unter Abrechnungsmodalitäten.

Martin Jurgeit
22.11.2006, 09:48
Im übrigen fällt die Vergabe von Abdrucksrechten (die die Verwertungsgesellschaften nach meinem Wissen nicht haben) nicht einfach unter Abrechnungsmodalitäten.
Das ist bei den bildenden Künstlern gerade die Hauptaufgabe der VG Bild-Kunst. Das ist halt alles davon abhängig, welcher Berufsgruppe sich ein Künstler zugehörig fühlt, was wiederum bedingt, welche Rechte genau er der VG Bild-Kunst abtritt.

Ich hab jetzt übrigens extra noch einmal auf der Website der VG Bild-Kunst nachgesehen. Bei der "Berufsgruppe I" vertreten sie ausdrücklich auch Online-Rechte. Das ist für uns hier aber weniger relevant, da fast alle Künstler aus dem Comic-Umfeld automatisch der zweiten Berufsgruppe (Illustratoren etc.) zuzuordnen sind.

MAQZ
23.11.2006, 14:43
*Ähäm* Äääh, kurzer unqualifizierter Zwischenruf! *räusper*
Nach meinen wirklich positiven Erfahrungen mit dem Lappan-Verlag habe ich (mit deren Erlaubnis) insgesamt weit über 300 Cartoons von Thomas Siemensen, (c) TOM, Tikwa und Hans J. Nissen von meiner Seite aus verlinkt.
Als Fan von Cartoons und Comics bekomme ich sogar täglich/wöchentlich was neues (eben bei mir und nicht bei Lappan) angezeigt. Und wenn ich noch was brauche kann ich bei denen massig Bilder(via Drive-In-Cartoons) von Sperzel, Bonski oder Karsten Weyershausen anschauen.
Gleichzeitig kann ich für den Verlag und seine Produkte noch Werbung machen und alle sind glücklich. Warum Bulls Press so mit dem Kosten-Hammer draufschlagen muss in Zeiten von solchen Möglichkeiten ist mir ein Rätsel.
Ich denke solche Angebote (auch wenn sie auf sogenannten Fansites zu finden sind) machen Lust mehr Cartoons/Comics in Papierform zu kaufen und zu lesen. So haben mir z.B. auch die Online-Comics auf Flix und Mawils Seiten Lust auf Ihre gedruckten Comics gemacht.

Martin Jurgeit
24.11.2006, 07:29
@MAQZ:
Hätten sich die Fansite-Betreiber genau so verhalten, wie du es in deinem Posting bei deiner Vorgehensweise beschreibst, wäre ihnen natürlich überhaupt nichts passiert.

Darüber hinaus kannst du die Rolle eines Verlages wie Lappan nicht mit der einer Agentur wie Bulls vergleichen ("und alle sind glücklich"). Wenn es zu einem Werbeeffekt für den Künstlern kommt, dann haben da möglicherweise auch die Verlage etwas über den Mehrverkauf von dessen Büchern davon.
Eine Agentur wie Bulls lebt aber explizit von den Gebühren, die sie für Abdruckrechte in Medien wie Zeitungen und Zeitschriften erhebt. Jetzt könnte im Einzelfall ja mal ein Chefredakteur einer Tageszeitung aufgrund der Veröffentlichung von Cartoons auf einer Website auf einen Künstler XY aufmerksam werden und deshalb dessen Arbeiten für seine Zeitung bei der Agentur einkaufen. Das alles hört sich für mich aber arg konstruiert und an der Realität vorbei an.

MAQZ
24.11.2006, 09:38
Warum Künstler schließlich und endlich mal mit Ihre Kunst Geld im Zeitungsbereich verdienen hängt natürlich sehr von solchen Agentunren wie Bulls Press ab. Und als Künstler ist man schließlich und endlich dann auch froh, wenn die sich um alles (also auch um die Wahrung der Urheberrechte) kümmern (In dieser Perscheid-Rezi http://www.comicradioshow.com/Article2240.html hab ich sicherheitshalber im (c) alle genannt, die mich evtl. verklagen könnten, wenn sie nicht dort stehen ;-)). Doch Martin Perscheid hängt da nun als Buhmann wohl oder übel mit drin. Ich glaube nicht, dann es Bulls um diese zwanzigtausend Euro gehen kann, die der arme Kerl in Raten von vielleicht 100 Euro in knapp 20 Jahren abgezahlt hat. Das will doch keiner, Urheberrecht hin oder her.
Letztendlich gefährden diese Abmahn-Aktionen ein angstfreies Arbeiten in der Fanzine-Redaktion und ich glaube nicht,dass sie in ihrer ursprünglichen Intention etwas ausrichten werden.

Jähling
25.11.2006, 17:55
Jetzt könnte im Einzelfall ja mal ein Chefredakteur einer Tageszeitung aufgrund der Veröffentlichung von Cartoons auf einer Website auf einen Künstler XY aufmerksam werden und deshalb dessen Arbeiten für seine Zeitung bei der Agentur einkaufen. Das alles hört sich für mich aber arg konstruiert und an der Realität vorbei an.

Einerseits eine gute und wichtige Unterscheidung. Nur versuche ich gerade, mir den Zeitungsredakteur vorzustellen, der die Cartoons im Internet sieht und sich denkt: "Ach nee, wenn da Fans die Cartoons im Netz bringen, warum soll ich das dann veröffentlichen?" Was ja eigentlich, abgesehen vom allgemeinen Nicht-Dürfen die Grundlage für eine Klage, vor allem für die Benennung eines Schadens wäre.

Dies nur am Rande. Ich gehe natürlich nicht davon aus, das die Klage auf solchen Überlegungen beruht. Schade eigentlich.

Hate
14.01.2007, 08:15
Nun steht bei Heise ein neuer Artikel, der so ziemlich das Gegenteil des alten Heise-Artikels aussagt:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24313/1.html

Bernd Glasstetter
14.01.2007, 08:39
Das sehe ich aber nicht so, dass der Artikel das Gegenteil aussagt. Es ist eher so, dass er sehr gut beide Positionen aufzeigt und auch zeigt, wie extrem Fans in ihrer Position sind - etwas, was ich auch schon oft mitbekommen habe. Und der Artikel ist auch leicht in einem Glossenstil geschrieben. Ließ ihn besser noch einmal durch @Hate.

Jähling
14.01.2007, 18:37
Naja, schon die eine Position mehr als die andere. Die Fans werden ja doch ziemlich als gierige, selbstgerechte Idioten dargestellt. Dann kommt noch kurz ein Abriss darüber, dass es auch nichts bringt, die Fans als gierige, selbstgerechte Idioten darzustellen. Und zum Schluss das Lippenbekenntnis, dass man sich doch einigen solle.

Klar, da gibt es eine Menge gierige, selbstgerechte Idioten - aber die findest Du immer. Das sind die, die bei Konzerten immer die Titel der alten Hits brüllen, während leiser Stücke laut palavern und am Ende allen in Hörweite erzählen, wie schlecht die Band geworden ist. Will sagen: Man braucht kein Internet, um sich wie ein Idiot zu benehmen. Fällt nur mehr Leuten auf.

Kann gut sein, dass ich durch vergangene Diffamierungsversuche etwas überreizt bin und auf diese Art von Darstellungen inzwischen überreagiere. Was mich daran stört, ist dass da immer wieder ein Zwei-Fronten-Konflikt dargestellt wird, dabei gibt es viel mehr als zwei Positionen, und nur wenige davon sind wirklich unvereinbar.

@Bernd: hat sich eigentlich noch was wegen des Interviews ergeben? Oder habe ich es einfach übersehen?

Bernd Glasstetter
14.01.2007, 21:54
Bulls hat sich nicht mehr gemeldet, auch Perscheid schweigt sich aus. Schade eigentlich. Vielleicht will man da jeweils nicht zu viel Publicity haben. Obwohl es ja gerade interessant gewesen wäre entsprechende Stellungnahmen zu hören bzw. zu lesen.

Jähling
15.01.2007, 18:21
Wer wiß, vielleicht denken sie jetzt bei allen Medien, die sich melden, die wollen sie in die Pfanne hauen... obwohl, inzwischen...

Bernd Glasstetter
15.01.2007, 21:03
Dabei hatte ich ihnen extra am Telefon gesagt, dass ich sie NICHT in die Pfanne hauen will. Nuja...