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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Comic und Kunst



C.St.
30.08.2006, 15:10
was denkt ihr darüber, dass der Comic von vielen nur als "Kritzelei" abgetan wird. Es steckt mindestens so viel Arbeit in einem Comic wie in anderer "Kunst"...

ICOM
31.08.2006, 06:19
Das kommt auf die "andere" Kunst an. Comiczeichnen geht schneller als Bildhauern.
Aber wer Comics als "Kritzelei" bezeichnet, hat wirklich keine Ahnung. Gerade Mainstream-Comics (wie "Biene Maja") sind alles andere als gekritzelt (ohne dadurch besser zu sein als skizzenhafte Comickunst).

SchlechtFürDieAugen
31.08.2006, 08:02
Es steckt mindestens so viel Arbeit in einem Comic wie in anderer "Kunst"...

Naja, Arbeit ist das eine: Ein röhrender Hirsch in Öl macht dem Maler ja auch Arbeit. Also - der Faktor "handwerklicher Aufwand" allein ist noch kein Maßstab dafür, ob das Ergebnis als Kunst ernstzunehmen ist...

Aber wenn ich mir Deine Frage mal so umformuliere: "Es kann mindestens soviel ANSPRUCH in einem Comic stecken wie in anderer Kunst", dann bin ich genau an dem Punkt, wo mich comic-ignorante Bekannte oft zur Verzweiflung treiben.
Die würden jederzeit den Film pauschal als "Kunst" anerkennen, trotz Emmanuelle etc. Die Literatur sowieso, trotz Konsalik. Und auch die Musik, trotz Florian Silbereisen.
Aber kaum sag´ ich "Comic", schon ernte ich ein mildes Schmunzeln nach dem Motto "Na, du wirst eines Tages schon auch noch erwachsen..."
Das liegt halt daran, dass die meisten ihren letzten Comic mit zwölf Jahren gelesen haben und von nichts Kenntnis nehmen, was sich an Ältere wendet...
:kotz:
Ich bin ja sonst ganz gut im Klugscheißen, aber gegen dieses verdammte milde Lächeln hilft gar nix, man hat ja auch selten grad zufällig einen Band Dave McKean oder Mattotti dabei, um zu demonstrieren, was man meint...
:sauerei:

Der_Sammler
31.08.2006, 14:05
Der Comic is Kunst!

SchlechtFürDieAugen
31.08.2006, 14:08
Klar, wir als Nerds sind uns da einig... mich interessiert bloß, wie man das der Welt da draußen klarmachen kann...

C.St.
15.09.2006, 14:00
hab mich lang nicht blicken lassen, lag daran dass ich n' Ar... voll Arbeit hatte! Wobei wir wieder beim Thema währen.

Manchmal hab ich dass Gefühl, dass der Tag nicht lang genug sein könnte.
Man hat soviel anderes zu tun, dass man kaum zum Zeichnen kommt.

...Tja wie könnte man das jemandem klarmachen! Man sollte meinen, wenn jemand sich bloß Gedanken darüber macht was ein Comiczeichner alles macht, um ein Comic zu zeichnen, müsste ihm bereits die Haare zu Berge stehen. Informationen sammeln, Kunstbücher wälzen, evtl. digitale Bildbearbeitung.

aber ich will nicht so klingen als würde ich jammern! Es war das beste was mir passiren konnte.:D Ich liebe meinen Job und würde ihn freiwillig nicht mehr hergeben!

L.N. Muhr
15.09.2006, 14:32
...Tja wie könnte man das jemandem klarmachen! Man sollte meinen, wenn jemand sich bloß Gedanken darüber macht was ein Comiczeichner alles macht, um ein Comic zu zeichnen, müsste ihm bereits die Haare zu Berge stehen. Informationen sammeln, Kunstbücher wälzen, evtl. digitale Bildbearbeitung.

echt? wau, das sieht man z.b. "knax" aber gar nicht an. :D (und, hey, nix gegen ulf graupner, der mann ist grandios!)

"den comic" und "den comiczeichner" gibt es nicht. und es gibt nun mal niveaulos zusammengestümperte comics.

SchlechtFürDieAugen
16.09.2006, 11:20
Nochmals: Ich weiß, dass das Comiczeichnen Arbeit macht (oder, @L.N. Muhr: machen kann). Aber großer Fleißaufwand alleine ist noch kein Kunst-Kriterium, sonst wären ein ordentlicher Frühjahrsputz, eine ordentliche Steuererklärung oder der Irakkrieg auch Kunst.
Also, ich würd´s der "Welt da draußen" eher so erklären: Die Arbeit (Arbeit!) in jedem Medium KANN Kunst sein (Beethoven, Goethe), MUSS aber nicht (Heino, Hera Lind). Das Problem ist bloß, dass die Beethovens und Goethes des Comic in Deutschland nur unter Nerds bekannt sind...

mßfldt
16.09.2006, 23:03
also ich würde das so sagen:
kunst ist nur der oberbegriff für einen diskurs, den verscheidene leute (künstler, vermittler und das publikum) benutzen, um ihre idee (jeder hat eine eigene) einer "höheren" kulturellen leistung zu kommunizieren.
das kann, je nach eigenem standpunkt, auch comics, cartoons und illustrationen umfassen. für die meisten beteiligten des kunst-diskurses ist das jedoch nebensächlich, weil sie von comics und co. keine ahnung haben.

ich würde aber sagen, dass es ziemlich irrelevant ist, ob es kunst ist. außer, man benötigt diese kategorisierung zum eigenen kommerziellen nutzen. dann würde ich auch behaupten, es ist kunst...
grüße, martin

SchlechtFürDieAugen
17.09.2006, 11:43
Gut gesagt und absolut unterschreibbar, Martin. Aber das Ringen um eine intersubjektive Einigung darüber, "was Kunst ist", ist doch trotzdem nicht unberechtigt, oder? Zumal im Kontext dieses Threads mit der Frage: Kann man etwas ändern an der verbreiteten Geringschätzung des Mediums Comic?

Was ich mir wünsche, das ist ein breiterer, lebendigerer, von viel mehr "ganz normalen" Leuten getragener Comic-Diskurs in Deutschland, als es ihn derzeit gibt. Das darf von mir aus gerne (und muss wohl auch) mit mehr und breiter gestreuten kommerziellen Erfolgen für Zeichner einhergehen. Und, um im Kommerzjargon zu bleiben: Dazu muss man dem Medium bislang unerschlossene Zielgruppen zuführen. Und zwar die (ich bin mir sicher: sehr vielen) Leute, die von - ichsachjetztmal - Mattotti oder so hellauf begeistert wären, wenn sie nur wüssten, dass es sowas gibt.
Und da kommt halt die diskursive Macht der Labels ins Spiel: Selbst solch reflexionsfähige Leute, wie ich sie meine, glauben oft daran, dass es "die Kunst" gibt und dass "der Comic" mit ihr keine Schnittmenge hat. Weshalb sie ihn nicht wahrnehmen.
Und wenn man das ändern kann, indem man ihnen vordefiniert, dass es diese Schnittmenge gibt, dann ist das doch berechtigt... oder? Nur so als goldenen Brücke. Wenn sie die überschritten haben, dann können sie ichsachjetztmalMattotti auch aus "intrinsischen" Gründen hochschätzen, ohne das Hochschätzungs-Zuschreibungs-Wort "Kunst" dafür noch nötig zu haben...