Erfolgschancen von deutschen Superheldencomics? [Archiv] - Comicforum

Loki

13.01.2001, 09:56

Nochwas zum Spekulieren:

Nehmen wir mal an,ein Verlag würde versuchen Superheldencomics von deutschen Autoren und Zeichnern hierzulande zu veröffentlichen.
Und zwar im Großen Stile (soll heißen Marvel/DC/Image...-Niveau und Bandbreite)

Was schätzt ihr wie groß die Erfolgschancen wären?
Wären sie höher anzusiedeln als amerikanische Lizenzen,da es die hießige Kultur und Thematik eher anspricht oder wären die Erfolgschanzen geringer,da es ein Nonameprodukt von Nonamekünstlern wäre?

mausman

13.01.2001, 10:53

Ich denke fuer mich waeren Superhelden, die sich durch die Strassen von Hamburg schwingen sehr ungewohnt. Aber wer weiss, wenn die Autoren und Zeichner gut sind, koennte es mir nach einer gewissen Eingewoehnungzeit vielleicht gefallen. Ich frag mich nur, wie die Helden heissen sollten: Der Blitz? Schwertmeister? Wolfsmensch?
Klingt irgendwie ein bisschen komisch, finde ich, aber ich hab mir ja auch nicht viel Muehe beim Ausdenken der Namen gemacht ;)

Mad Mike

13.01.2001, 10:56

zuallererst würden sie wohl nur eine kleine leserschaft haben. immerhin sind z.b. batman und spider-man fast jedem ein begriff und daher dürften die vorher den weg zum leser finden.
wenn die stories und die charaktere aber gut und ausführlich ausgearbeitet sind kann durch mundpropaganda in kombination mit werbung was draus werden.
zu einem giganten wie dc oder marvel ist es aber ein recht langer beschwerlicher weg und wohl eher eine aufgabe für ethan hunt von imf (von wegen walk in the park und mission: difficult und so)

Dragonking

13.01.2001, 20:37

Hallo Loki,
in diesem Jahr starten die deutschen Superhelden-Serien "XXX" von IPP (produziert und verlegt selbst) und "Windkönig" vom GCT (wird von Meyer´s Comic-Verlag verlegt). Die Auflagen schätze ich bei XXX auf knapp 10.000 Ex. und Windkönig wird mit ein paar hundert Ex. starten.
Schöne Grüße
Dragonking

Foxx

13.01.2001, 23:34

Du träumst nicht zufällig von einem Faith-Comics Großkonzern? ;)

Hm, ich denke wenn mal Einstiegsschwierigkeiten überwunden hat, und die Geschichten GUT sind, hat man gute Chancen. Schließlich könnte es viele deutsche Comicleser ansprechen, auch mal Superhelden aus IHREM land zu sehen, und net immer nur Geschichten von jenseits des Ozeans.

FENRIS

16.01.2001, 19:42

Original erstellt von Loki:

Und zwar im Großen Stile (soll heißen Marvel/DC/Image...-Niveau und Bandbreite)

Was schätzt ihr wie groß die Erfolgschancen wären?
Wären sie höher anzusiedeln <...>

Naja, eine "große" Leserschaft wird man wohl in D. mit Comics auch in diesem Jahrtausend nimmer erreichen...*g*

Aber mit ordentlichen Zeichnungen, einer guten, vor Sexappeal nur so strotzenden Story, gepart mit etwas Action und wahnwitzigem Humor...:D

Gaunt

17.01.2001, 14:33

Ich denke wenn man das Ganze im großen Stil macht könnte es durchaus- und auch viel- Erfolg haben... z.B. so:

Marvel Deutschland macht einen Zeichen- und Schreibwettbewerb, wobei es um die gute alte "Helden-Liga" (siehe alte Cap-Comics) geht, und die besten machen dann zusammen den Comic. Und das ganze noch in Italien, Spanien, Frankreich usw... wär doch ne geile Sache!

Hate

30.01.2001, 13:06

Und sollte mal ein prominentes deutsches X-Men-Mitglied sein Team verlassen, könnte man ihn auch in Deutschland verwenden...

TomQuarz

31.01.2001, 09:32

Das hat doch noch nie geklappt. Nightcrawler war genau so gedacht, als Claremont ihn zu den X-Men holte. Und nix war's.
"Hauptmann Deutschland", der "Freiheitskämpfer", war genau so ein Schuß in den Ofen. Excalibur von Marvel UK ist eine rühmliche Ausnahme eines internationalen Spin-Offs.
Was hierzulande einen deutschen Superheldencomic verhindern wird, ist, daß deutsche Leser sich erwarten, daß die Handlung woanders spielt, in fernen, amerikanischen Großstädten. Während die Amerikaner stolz darauf sind, inmitten ihrer Helden zu leben (man nehem z.B. die Stadt Metropolis, die sich rümt, Supermans Heimat zu sein), sind wir es gewohnt, die Helden in der Ferne zu haben. Wir halten uns für zu erwachsen, um hier Helden zu haben. Zumal Verehrung von Übermenschen mit unserer NS-Vergangenheit schon schwierig ist.
Schon jetzt werfen mir Leute vor, Superheldencomics seien nationalsozialistisch, und das, wo ich aussehe wie der letzte Alt-Hippie! Also, leider keine Chance, auch wenn ich's mir wünschen würde.

FilthyAssistant

31.01.2001, 22:50

vielleicht wär das das passende konzept, um vor allem kleinverlage nicht zusehr dem finanziellen risiko auszusetzen und trotzdem ne leserschaft zu finden:

zuerst sollten einzelhefte a la marvelknights rauskommen. die leser entscheiden dann, welches fortgesetzt wird. dadurch ergibt sich eine viel grössere palette an möglichen figuren, handlungssträngen usw. und xovers wären auch möglich... und man könnte ausprobieren, wieweit sich das soap-element aus den sh-comics hier einbauen lassen würde, wie es ankäme. (obwohl ich ja dagegen wär...)

und zum thema superhelden in wallau-massenheim: man müsste halt die helden dem schauplatz anpassen, und wenn ein bisschen deutsche/europäische tradition mit einfliesst, kriegen wir das schon hin. die amis kochen auch nur mit wasser! und die haben auch net den einzig möglichen weg vorbestimmt! lasst doch mal eure fantasie spielen, und seht net zu schwarz!

[Dieser Beitrag wurde von Studnix am 31. Januar 2001 editiert.]

Sebastian Oehler

31.01.2001, 23:12

Ich glaube nicht, das das so toll werden würde und ich frage mich auch ...WARUM???...
1.Superhelden sind einfach rieseig mit übermenschlichen Kräften usw. da braucht man eben auch eine entsprechende Kulisse dazu, oder will irgendjemand sehen wie Captain Deutschland Wallau-Massenheim rettet???
(Ich fände das schon lustig, aber die Masse bestimmt nicht, bzw. würde es nicht kaufen)
2. Warum sollen wir was kopieren, in dem die Amis seit 60 Jahren erfahren und absolut übermächtig sind. Ich glaube nicht, daß das der Weg für Comics in Deutschland sein kann/wird.

TomQuarz

01.02.2001, 09:26

Aber dann käme ein "Unbreakable"-Klon heraus, der "realistische" Superheld eben. Und der hätte es schwer auf dem Comic-Markt. Gefallen täte mir die Idee auch, aber ich gebe Ihr wenig Chancen.
Dann eher Schwarz-weiß in der Underground-Szene!

Hate

01.02.2001, 10:57

Ich habe da eine nette Origin Tale zu verschenken:
In den 70er und 80er Jahren wurden DDR-Spitzensportler ohne ihr Wissen mit einem neu entwickelten Dopingmittel behandelt. Nun entdeckt man, daß die Kinder dieser Sportler ungewöhnliche Kräfte entwickeln...
(Ist doch glaubwürdiger als der Biß einer radioaktiven Spinne.)
Wenn jemand was daraus machen will, ich habe nichts dagegen.

Sebastian Oehler

01.02.2001, 12:30

Aber das schöne an den Superheldencomics ist doch das, Spiderman kann schlecht und lieblos gezeichnet sein wie sonstnochwas, von den Geschichten will ich gar nicht reden, aber die Leute kaufen es trotzdem. Soviel Geduld haben die Leute bei anderen Sachen nicht und die sache mit dem DDR Doping, das hört sich in meinen Ohren realistischer an, als der Biss einer radioaktiven Spinne(was sind überhaupt die PROPORTIONALEN Kräfte einer Spinne???), aber auch da glaube ich nicht, daß das die Leute vom Hocker hauen würde. Es sollen nun mal Marvel Helden sein. Da wo Marvel draufsteht ist auch Marvel drin. (von der Qualität will ich gar nicht reden...)
Ich glaub eben nicht so richtig dran, ich bin auch eher für andere Geschichten in Deutschland.

Vampire Hunter D

01.02.2001, 12:56

Ich seh den Hauptgrund des Problems in der Amerikanisierung unserer Gesellschaft. Ich fand es beispielsweise als junger Spund auch tausendmal interessanter "Miami Vice" und Co. zu gucken als "SOKO 5113". Mich hat immer diese miefige Biederkeit in deutschen Serien angekotzt und da hat sich doch auch bis heute nicht allzuviel geändert. Bei Spielfilmen ist es doch genauso: Ich sehe mir lieber einen amerikanischen Film an, als diesen ganzen deutschen Filmmüll, der auf mich immer so diesen "Gewollt-aber-nicht-gekonnt"-Eindruck macht.

Es ist zwar irgendwie traurig, aber ich könnte wetten, so ziemlich jeder von uns hegt das Vorurteil, daß deutsche Unterhaltung sich immer auf dem unseligen Langeweile-Level bewegt.

TomQuarz

01.02.2001, 13:08

Die SOKO aus den 70ern und frühen 80ern spießig?
Naja, ich weiß ja nicht, WIE jung Du damals warst. Aber im Prinzip gebe ich Dir recht. Der Reiz des Amerikanischen, ausländischen, ist schon ein wesentlicher Faktor des Problems.

[Dieser Beitrag wurde von Klausi am 01. Februar 2001 editiert.]

Sebastian Oehler

01.02.2001, 13:28

Ich weiß nicht wie das bei den anderen aussieht, aber ich bin niocht der Meinung, daß deutsche Unterhaltung grundsätzlich langweilig ist. Langweilig wird es dann, wenn man versucht, die Amerikaner bloß zu kopieren. Man kann keinen deutschen Actionfilm machen, der unter 20 Millionen kostet und dafür aber besser aussieht als ein amerikanischer Blockbuster für 150 Mio.
Aber wer Lola rennt gesehen hat oder auch Zugvögel, kann nicht sagen, daß deutsche Sachen schlecht wären. Es geht darum eigene Sachen zu machen und nicht irgendwas zu kopieren, dann kann das auch klappen. Bei Comics ist es das gleiche, ich glaube nicht, das sich kopieren auszahlt. Eigene Sachen rausbringen und die Leute langsam aufbauen.(Natürlich müssen die sachen dann auch gekauft werden...)

Vampire Hunter D

01.02.2001, 13:42

@ Sobek

Darauf wollte ich eigentlich auch hinaus. Grundsätzlich würde ich einer deutschen Comicserie durchaus Chancen einräumen (jedenfalls bei mir), aber ich denke, daß hierfür die Superhelden-Thematik gänzlich ungeeignet ist. Es müsste etwas jenseits der regulären Comic-Thematik sein, eine Geschichte mit wirklichem Tiefgang und nicht so auf die typisch amerikanischen Pop-Comichelden ausgerichtet (die ich sehr mag, daß wir uns hier nicht mißverstehen).

Sebastian Oehler

01.02.2001, 19:16

Das mit der Miefigkeit kann aber auch lustig sein. Die Musterknaben(wenigstens der 1. Teil) fand ich wirklich lustig, gerade weil man sonst nur die Superamicops im Fernsehen sieht. Außerdem, wenn man das kleine ********* zu den Comics rechnet, haben wir ja auch wirklich schon gute Sachen. Leute wie Walter Moers sind genial, aber die findet man nicht an jeder Ecke bzw. die werden sich nicht entwickeln, wenn man anfängt irgendwelche Leute zu kopieren. Eigentlich wundert es mich, daß Walter Moers so einen Erfolg hat(hatte??). Wer schon Garth Ennis political correctnes abspricht, was soll der dann bei dem kA oder Adolf sagen?? Man muß den Leuten einfach nur Zeit geben, dann wird das schon.

Santo

02.02.2001, 17:43

@Hate: Eine ganz ähnliche Idee hatte ich auch! Hättest Du Lust mit mir ein Fanprojekt zu starten? Mein Vorschlag: Die Gruppe könnte ZORN ACHT heißen, Handlungsort: Neo-Berlin, 4 Frauen, 4 Männer, Antihelden.

Eine deutsche Superheldengruppe muß keineswegs knödelig daherkommen. Früher hat man das gleiche über deutsche Pop- Musik gesagt: ``Ist nich möglich, geht nur in Englisch`!`` Heute geht von Hip Hop bis Metal aber , oh Wunder!, alles, auch in Deutsch.
Egal, ich mach einfach unter FANPROJEKTE einen Threat auf und wir sehen weiter...

n.c.

[Dieser Beitrag wurde von nc-langenin am 02. Februar 2001 editiert.]

Pats Reiseabenteuer

13.04.2002, 13:30

Ach, das sollte man ganz relaxed sehen. Warum sollte es nicht klappen?

Klausi, ich denke nicht, dass die meisten Leute wollen, das die Geschichten ganz weit weg spielen. Nee, das Gegenteil ist der Fall. Wenn man den deutschen Fernsehmarkt anschaut, dann sieht man, dass ein Großteil der Menschen Geschichten von hier durchaus schätzen.

Helrunar

13.04.2002, 20:32

Original geschrieben von Sobek
Es geht darum eigene Sachen zu machen und nicht irgendwas zu kopieren, dann kann das auch klappen. Bei Comics ist es das gleiche, ich glaube nicht, das sich kopieren auszahlt. Eigene Sachen rausbringen und die Leute langsam aufbauen.(Natürlich müssen die sachen dann auch gekauft werden...)

Ganz genau. Ich glaube auch nicht, dass deutsche Superhelden funktionieren würden. Warum? Warum kaufen die Leute Spiderman, auch wenn die Zeichnungen schlecht sind und die Geschichten schlecht erzählt sind?
Weil es mythische Gestalten. Ein Mythos spricht eine kollektive Phantasie an, bei der es egal ist, wie gut die künstlerische Vermittlung ist. Die meisten Erstfassungen von mythischen Stoffen sind künstlerisch sehr dürftig, lassen aber jede Menge Spielraum für eigene Phantasien.
Die Superhelden sind kollektive Phantasien der Amerikaner, nicht der Deutschen.
Wir haben aber in Deutschland eine Menge großartiger Mythen, Bücher und historische Ereignisse, die man wunderbar zu Comics verarbeiten könnte:
Faust
Parzival (von Wolfram von Eschenbach)
Dr. Mabuse
Tristan und Isolde
Das Nibelungenlied
Die Gregorius-Legende (von Hartmann von Aue, nacherzählt von Thomas Mann in "Der Erwählte": Sex, Inzest, Gewalt, Läuterung)
Der große Bauernkrieg
Wilhelm Tell
Die weißen Götter (von Eduard Stucken, ein unglaublicher Roman über den Untergang des Aztekenreiches)
usw.

Pats Reiseabenteuer

13.04.2002, 22:02

Superhelden sind urbane Figuren, also passen sie auch in bundesdeutsche Großstädte, zwar mit etwas Modikifation.

Und was mich wirklich erschaudern lässt, dass bei dir die Geschichte irgendwann im Mittelalter/ in der frühen Neuzeit aufhört. Auch danach gab es Geschichten, die man zu guten Geschichten verarbeiten kann.

Helrunar

14.04.2002, 17:01

Original geschrieben von Pats Reiseabenteuer

Und was mich wirklich erschaudern lässt, dass bei dir die Geschichte irgendwann im Mittelalter/ in der frühen Neuzeit aufhört.
Vielleicht liegt das daran, dass ich Lateinlehrer bin...
Würde ich auch gar nicht bestreiten, dass es bis heute gute Geschichten gibt, man braucht nur aufmerksam Zeitung zu lesen, um jede Menge Stoffe zu finden. Aber es gibt immer einen besonderen Reiz, wenn man einen alten Stoff in die Gegenwart versetzt und zeitgemäß interpretiert, Alan Moore arbeitet z.B. ständig mit dieser Technik.
Einen guten Versuch fand ich "Black Metal" von Timmo Würz, nur ist das anscheinend ziemlich untergegangen, obwohl da mal ein brisantes Thema aufgeriffen wurde und die zeichnerische Umsetzung sehr gut war.