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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Methodik: Wenn der Groschen fällt!



Karl Nagel
10.09.2004, 08:50
Ihr wißt vielleicht mittlerweile, daß ich mich gerne mit methodischen Problemen beschäftige: Wie schafft man es ein Problem zu knacken? Was geht dabei im Kopf ab?
Ich habe dabei festgestellt, daß die Tips derjenigen, die die richtige Lösung eines Problems kennen, oft überhaupt nicht hilfreich sind. Deshalb sind auch viele graphische Lehrbücher echter Schrott. Sie zeigen einem zwar oft sehr detailliert und Schritt-für-Schritt, wie man's richtig macht, aber man merkt doch, daß die Autoren sich eigentlich gar nicht mehr die undurchdringlichen Mauern vorstellen können, vor denen man als blutiger Amateur meist völlig hilflos steht.
Viel interessanter wäre es doch, z.B. von einem Henrik Fetz SEINE in blutigen Anfängertagen mal als undurchdringlich empfundenden Mauern geschildert zu bekommen - und wie es dann geschah, daß wider Erwarten DOCH der Groschen fiel!
Es sind derartige Erfahrungen, die mich interessieren... nicht nur Henriks, sondern von jedem, der gerne zeichnet und schon die gröbsten Niederungen überwunden hat.
Ich steh übrigens auch schon recht lange vor ner Mauer, die ich einfach nicht kleinkriege. Da sind nämlich zwei Meinungen in mir, die sich bis aufs Messer bekämpfen: Einerseits weiß ich, daß ich zeichnerisch noch ziemlich am Anfang stehe. 95% meiner Fehler sehe ich selbst... ich finde sie oft grausig und stelle die Bilder deshalb auch nicht ins Präsentationsforum, weil mir Kritik a la "Perspektive falsch, Schwächen in der Anatomie, der Kopf ist zu klein" etc nicht weiterhelfen würde. Sehe ich ja alles selbst. Also übe ich wie ein Bekloppter Anatomie, zeichne die Bilder irgendwelcher Cracks ab uswusf. Dafür geht dann ein Großteil meiner Zeichen-Zeit drauf.
Soweit Position A.
Position B allerdings ist der Ansicht, daß man in erster Linie durch eigene Bilder lernt. Daß man Bilder einfach mal anfängt, aber es nicht bei rohen Skizzen beläßt, sondern sie möglichst häufig auch bis zum Ende durcharbeitet. Egal wie technisch grausam oder auch platt einem das Ergebnis am Ende erscheinen mag. Durch das Tal der Tränen durch!
Das Ergebnis ist, daß ich mich beim Zeichnen nach Position A mehr und mehr gelangweilt (WOZU DAS ALLES?) fühle, beim Zeichnen nach Position B dagegen eher depressiv (ICH PACKE ES NIE!). Zumal ich es nicht schaffe, beim letzteren mal die Meßlatte ein wenig niedriger zu hängen und mich die Frage verrückt macht, ob es jetzt besser ist, das Bild zwei Wochen lang immer wieder zu überarbeiten, bis es stimmt, oder dann doch lieber was neues anzufangen.
Veröffentlichen will ich natürlich weder das eine (weil abgezeichnet), noch das andere (zu viele Fehler, die ich selbst sehe)...
Wart Ihr schon einmal in einer derartigen Situation? Wie habt Ihr es geschafft, diesem Teufelskreis zu entkommen?
Ich habe ja als Versuch einer Lösung mal eine Weile versucht, Leute zu finden, mit denen ich zusammen zeichnen kann, weil so ein lustiger Zeichenabend einen oft aus der Verkrampfung rausholt, aber leider war mein Suchen erfolglos...
Also denn : WIE GEHT MAN MIT DER EIGENEN UNFÄHIGKEIT UM?
(Wobei ich mich gar nicht mal per se für unfähig halte... ist ganz klar ein Brett vorm Kopf!)
Euer K. Senilo

Mick Baxter
10.09.2004, 09:12
Strizz empfiehlt: RESIGNIEREN!

horst
10.09.2004, 09:13
Was willst Du denn "packen"?
Ein Starzeichner wirst Du eh
nie! ... ich übrigens auch nicht*!

Stecke Deine Ziele innerhalb des
"Dorfvereins" und nicht in der
"Olympiade". So einfach ist das!


Grüsse

horst



* Damit Du diesen vorherigen
Satz nicht falsch verstehst!

Karl Nagel
10.09.2004, 09:29
@mick
resignieren war noch nie meine Stärke. Ich laufe ganz gerne mal mit dem Kopf gegen die Wand... der Schmerz beweist, daß man noch nicht tot ist... vielleicht führe ich auch ganze gerne "Kriege", die man nicht gewinnen kann...

@horst
"packen" will ich eigentlich nur, Bilder hinzukriegen, die mir persönlich gefallen. Das ist durchaus "Dorfolympiade".

Falls ich allerdings der einzige sein sollte, der von derartigen Dämonen geritten wird und es der Zeichner-Normalzustand sein sollte, daß man einfach zeichnet und sich dabei kontinuierlich weiterentwickelt, ohne manchmal der Verzweiflung nahe zu sein, dann ist dieser Thread wirklich überflüssig...

servuss
10.09.2004, 10:44
Also du bist nicht der einzige :D
Ich hab auch so ein Brett vorm Kopf aber ich habs weiter zur Wand hingeschoben (um dein Beispiel mit dem Brett und der Mauer aufzugreifen die mir gefällt).
Bei mir ging das ganze ohne übermäßiges Üben. Klar bekomm ich mit jeder weiter gezeichneten Figur Ideen für neue Augen und neue Mundarten und probiere das ganze dann aus. Aber all zu viel hat mir das auch nicht gebracht wiel ich die dann wieder vergessen hab.
Bei mir ist die sache etwas ganz komisches. Mit 10 hab ich angefangen Disneyfiguren abzuzeichnen. Dann kamen Asterixfiguren und dann zeichnete ich meine eigenen. Mit ca. 12 Jahren stieg ich auf Reale ZEichnungen um wie etwa Portraits und so. Die sehen übrigends heut für mich noch sau guzt aus und ich frag mich wie ich das hinbekommen hab.
Dann kam eine große Lücke in der ich nur ein bischen mit neuen Materialien rumspielte.
Dann zeichnete ich eine lange weile nicht mehr. Plötzlich hauts dann hin mit besseren Köpfen und so weiter. Dann zeichne ich etwa ein Jahr im selben Stil und Probiereeinen anderen aus wie etwas diesen aus den Marvel Comics also mit Starken Armen und so. Ich bin sehr überrascht wie gut das geht. Bei mir kommt das also mit dem Alter oder so. Aber mir fehlt noch der geniale Strich der meine Zeichnungen fertig aussehen lässt.

Hoffe du wolltest das hören :trampo:

navigator
10.09.2004, 11:36
Besorg dir einen guten Zeichenlehrer und lass dir alles genau zeigen.
Dann heißt es dies selber zu wiederholen bis du es draufhast.
Am besten lernt man, wenn man sieht, wie es andere machen und dieser dir dann
auch noch hilft die Dinge richtig zu machen.

Sam Smiley
10.09.2004, 11:44
Tja . . . also . . . man muss halt dranbleiben.
Kann immer nur besser werden.

Oder auch einfach mal sagen können: Sch.... die Wand an. Jetzt fahr ich erst mal n Monat Rad . . . oder so . . . Und dann mach ich mal weiter . . .

Musste mir das auch alles selber beibringen . . . Hat lange gedauert . . . Ist manchmal frustierend gewesen. Hatte sogar mal 7 Jahre garnichts gezeichnet (und fast alle alten Sachen weggeschmissen . . . Gnagnah . . .).

Aber irgendwann fängt man dann immer wieder an und schaut, was man denn noch so lernen kann.

Technikkram kann ich übrigens überhaupt nicht.

Winterhall
10.09.2004, 12:16
@ servuss: dein bespiel läßt sich am besten mit schule vergleichen. es waren dinge im lehrplan damals, bei denen ich mich gequält habe, weil ich sie nicht richtig verinnerlichen und begreifen konnte. es hat eigentlich alles etwas mit reifegrad zu tun, mit dem verständnis. nicht anders ist es beim zeichnen. irgendwann kommt der knackpunkt, an dem man für sich selbst sagen kann "ja, irgendwie ists einleuchtend auf einmal!".

@ rentner: wenn ich mir die zeichnungen von anderen ("besseren") leuten ansehe, dann muß ich mir immer sagen "hey, es sind nur striche! was ist daran so schwer? ich muß es nur schaffen, meine striche auf mir gefällige weise anzuordnen auf dem blatt". man muß sich wirklich davon lösen, sich mit anderen zu vergleichen. es gibt so massig viele stile und zeichenarten. das ist der fatalste fehler, den man machen kann! denk dir beim zeichnen, daß du deinen eigenen stil hast, du zeichnest es halt so und andere so. wenn du permanent druck im rücken aufbaust, indem du es vergleichst, dann wird das nie ein erfolgserlebnis.
wenn dann monate und vieleicht jahre um sind, wirst du langsam merken, wie sich dein stil ändert, wie du dinge unmerklich annimmst, die du dir vormals reinpochen wolltest mit gewalt. ja, es ist ein geduldsspiel, nichts anderes.
als einzigen und wichtigesten tip gebe ich dir lediglich, daß du den durchhaltewillen bewahren mußt und noch etwas wichtiges: gehe nicht ohne spaß an die sache. zwang ist etwas schreckliches...
geh nicht mit geschlossenen augen durch die welt. sauge alles in dich auf, was es gibt an formen. beispiel anatomie des menschen. wenn du auf der straße gehst, schau dir die menschen an. zieh die frauen und die männer in gedanken aus und baue sie anatomisch nach. ich wage zu behaupten, daß talentierte zeichner auf hohem level keine nackten menschen mehr benötigen, um zu wissen, wie sie figürlich unter der kleidung aussehen (röntgenblick läßt grüßen ;) ). alles folgt mehr oder minder regeln in der anatomie. es kann auch nichts schaden, im gegenteil, es ist wichtig, wenn du dir anatomiebücher statt einen groschenroman als lektüre anschaffst. verbanne den fernseher weitestgehend aus deinem leben und nimm dir diese gewonnene zeit, um zu zeichnen. neue masche von mir ist beispielsweise versandhauskataloge durchzublättern. es ist ungemein interessant in anatomischer weise ranzugehen. da hat man nun schon hunderte posen auf einen haufen, also warum nicht nutzen?
irgendwann sagst auch du dir dann "hey, die linien gefallen mir" :)

Karl Nagel
10.09.2004, 13:24
dank für Anregungen, Trost und auch Kopfnüsse an alle, aber es war wahrscheinlich ein Fehler von mir, hier speziell ein Beispiel einer Nuss zu geben, die MICH beschäftigt und die ich NICHT knacken kann.
Jetzt beschäftigt Ihr Euch nur noch damit... was zwar sehr nett ist, aber eigentlich für mich nicht der Grund des Threads war. Ich wollte doch eher dazu anregen, daß IHR mal von EUREN Lösungstrategien erzählt, von Situtationen, bei denen mächtig der Groschen fiel.
Oder gibt es das gar nicht? Ist es alles in erster Linie eine Frage der Zeit? - "Steter Tropfen höhlt den Stein"...
Ich kann Euch auch sagen, wie ich auf diese Fragestellung gekommen bin. Da gibt es jemanden aus alten FANTASTRIPS-Tagen, der sich damals mit ca. 18 Jahren ganz plötzlich enorm entwickelt hat. Ich frage ihn also vor einigen Jahren:
"Ich würde wirklich gerne herauskriegen, weshalb damals in so kurzer Zeit Deine Bilder sich so stark verbessert haben."
Er: "Ach, damals hatte ich doch noch gar keine Ahnung. Schau Dir doch nur die vielen Fehler an. HEUTE erst weiß ich halbwegs, wie's geht. Paß auf, Du macht das folgendermaßen..." (es folgt ein Stapel Tips)
Ich: "Eigentlich möchte ich viel lieber wissen, wie Du es damals geschafft hast, TROTZ Deiner Unwissenheit plötzlich Bilder zu produzieren, die mich bis heute faszinieren. Klar, ich sehe die Fehler darin, aber ich möchte wissen, wie es plötzlich zu diesem Qualitätssprung gekommen ist".
"Das weiß ich nach so lange Zeit nicht mehr".
Ich habe bis heute nie herausbekommen, wie es ihm gelungen ist, sich aus dem Urschlamm seiner eigenen Stümpferhaftigkeit freizuschwimmen.
Sage mir keiner, das wäre alles nur eine Frage des Talents. Ich glaube eher, daß das was mit Erkenntnissen und mit Lösunggstrategien zu tun hat.

Michael Vogt
10.09.2004, 13:38
@rentman:
Ich kann auch nicht sagen, woher diese Sprünge kamen. Ich weiß nur, dass ich ab und zu welche hatte und noch immer habe. Oft ging es mir so, dass ich Zeichenpausen von mehreren Monaten oder gar einem Jahr eingelegt habe. Danach ging es plötzlich besser. Manchmal ergab sich das, dass eine Zeichnung deutlich aus meinen anderen unvermögenden Sachen herausragte, und ich dann einige Monate Übung brauchte, um dieses Level als "Standard" halten zu können.

Vieles kam bei mir tatsächlich durch üben - meist aber unterbewußt. Das ist einer der Gründe, warum ich gerne "fremder" Leute Zeichnungen tusche. Nach den drei Jahren MAD habe ich einen deutlichen Sprung in meinen eigenen Zeichnungen festgestellt - jetzt nach "Versus" gehen mir einige Sachen auch deutlich besser von der Hand.

Gruß
Michael

Ghosa
10.09.2004, 13:48
Meiner Meinung nach ist es auch sehr von Vorteil wenn man verschiedene Medien ausprobiert. Man lernt dadurch viele verschiedene Herangehensweisen (Scribbeln, colorblocking, konstruieren, modellieren, etc.). Mir ging es zumindest so, ich dachte ich würde niemals rein digital arbeiten können, so ohne Vorzeichnung ohne einen Stift in Händen gehalten zu haben. Dann habe ich mich an ein Portrait mit Photoshop gemacht einfach von groben Flächen bis ins Detail. Hat mir erstens unglaublich viel Spaß gemacht, und zweitens ist ein Ergebnis dabei rausgekommen was ich im Augenblick nich für möglich gehalten hätte. Zu sehen in diesem thread (http://www.comicforum.de/showthread.php?t=66078) .

Mal schauen wohin mich meine Reise führt also.
Schönen Gruß
Oliver.

absucher
10.09.2004, 13:53
Ihr wißt vielleicht mittlerweile, daß ich mich gerne mit methodischen Problemen beschäftige: Wie schafft man es ein Problem zu knacken? Was geht dabei im Kopf ab?
Also denn : WIE GEHT MAN MIT DER EIGENEN UNFÄHIGKEIT UM?
(Wobei ich mich gar nicht mal per se für unfähig halte... ist ganz klar ein Brett vorm Kopf!)
Euer K. SeniloHallo Rentner



Mit so viele und schöne Worte möchte ich auch mal ein Problem beschreiben können wollen.
Wie du siehst, tendiert das Groß der Antwortschreiber auf das Phänomen „B“ Hin, nur nicht zugeben; Dass „mann“ es auch nicht so Perfekt kann wie –die lehrmeinung - es möchte.
Und jeder sucht sich S/einen Weg seinem Zeichnen Zufrieden zu sein. in den Bücher steht schließlich dass es geht.
Ich denke für „A“ soll jeder so machen soll wie er denkt.
Ich studiere gerade, zur Orientiereung, an den Zeichnungen George Grosz – den Erfinder des DADA-ismus. 1920

Alles ist richtig. Richtige Perspektive und Anatomie, und einem Perfektionisten doch wieder alles Falsch, zu Dicke, oder zu kleine Brüste, Hüften oder Ärsche. Kleine Figur gegen Große, ohne das das Ganze der falschen Geometrie als Zwerg und Riese wirkt.
hier zeigt sich Zeichnen als wahre Kunst?



Klar wird jeder Ergeiz zum Zeichnen von einer Vorweg-Meinung und Trend gesteuert oder geprägt.
aber Grosz zeigt mir das nicht die Vorherschende die Szene bestimmt sondern auch die Wut gegen den Inneren Schweinehund. ’: „…Ich werde es euch schon zeigen,“ die Lokomotive heitzt.
Die Erste und Einzige öffentliche Meinung -1979 – waren bereits Kunstprofessoren zu einer Ausstellung meiner Bilder, geteilter Meinung:

P1: „…Ein Meister des kleinen Format.“
P2: „…Quatsch, hier versucht nur einer auf den Trend der Naiven Malerei aufzuspringen.“
P3: Unsinn, das sieht nur beim ersten Hinsehen Naiv aus, aber….!“
-----------------------------------------------------------------
Jeder hat was anderes gesagt aber alle das selbe gemeint.
also ande4re Leute Meinung nicht mit Frußt bezahlen.
Darauf bilde ich mir Heute noch was drauf ein, obwohl ich zu meinem neuen Hobby und nicht Zeichnen können, auch wieder so ein gespaltenes Verhältnis habe, rein technisch vor einer Mauer stehe.
Frau/Mann, muß sich nur zu helfen wissen.

Aber Resignieren gilt nicht. Nicht wahr du Frührentner.
Gruß vom Altrentner 70
alias
Absucher

Jenny
10.09.2004, 13:59
wenn ich mir die zeichnungen von anderen ("besseren") leuten ansehe, dann muß ich mir immer sagen "hey, es sind nur striche! was ist daran so schwer? ich muß es nur schaffen, meine striche auf mir gefällige weise anzuordnen auf dem blatt".

Cool, Winterhall--du hast mir die Vorlage geliefert für das, was ich seit ner Stunde im Kopf rumwälze ;)

Denn genau das, was du sagst, kann ich nicht bestätigen. Wenn der da seine Sachen so toll auf dem Blatt anordnen kann und ich nicht, dann hat der was begriffen, was ich noch nicht begriffen habe.

Es gibt eine Sache, die mich an meinen Bildern am meisten nutst (ganz abgesehen von Kontrasten, Designs oder sonstwas, wo ich bei andern schon mal neidisch werde): Dreidimensionalität. Ich kann selber nicht räumlich sehen und tue mich unwahrscheinlich schwer, interessante Perspektiven und Raumaufteilungen in meine Bilder zu bringen, weil ich sie vor meinem inneren Auge nicht sehen kann. Und wenn ich dann wieder Sachen von jemandem sehe, der sowas einfach drauf hat, dann werde ich schon neidisch, weil mir das auch mit viel Übung bislang nicht gelungen ist...

Ambroggio
10.09.2004, 14:48
Hmm... okay.

Den ersten großen Sprung hatte ich ungefähr mit 16-17 und ich weiß auch noch ziemlich genau wie der ausgelöst wurde. Es war so um die Zeit, als Dino sich entschloß die Marvel vs. DC-Comics hier in Deutschland zu veröffentlichen. Natürlich hatte ich vorher schon viel Comics gelesen, allen voran das Condor-Zeug, aber als ich Claudio Castellinins Zeichnungen in den Comics sah... ich war weggeblasen. Janson (oder wie der hieß), der immer die andere Hälte zeichnete, verblasste neben Castellini total.
Eines Abends habe ich mich dann hingesetzt und gezeichnet. An diesem Abend war einfach dieser Drang da und ich hab einfach nicht aufgehört immer wieder von neuem das Bild anzufangen, bis ich plötzlich nen guten Anfang hatte. Ich hab`s zu Ende gebracht und das Bild, dass am Ende rauskam, war besser als alles, was ich vorher jemals zustande gebracht hatte.
Im Nachhinein wurde mir dann bewusst, was ich zu vorher anders gemacht hatte.

So ähnlich ist das bei mir immer. Ich schaue mir irgendetwas an und bin davon DERMASSEN eingenommen und fasziniert, dass es mich nicht mehr loslässt. Und dann kommt dieses Verlangen etwas ähnliches zu produzieren zu wollen. Im Nachhinein weiss ich meistens was ich dann anders gemacht habe oder was das besondere war, manchmal fällt es mir auch sofort auf.

Aber generell ist da immer die Faszination daran, wie jemand etwas so anders darstellen konnte, ohne dass ich je darüber nachgedacht habe es so zu tun.
Manchmal kommt mir aber auch der Zufall zu Hilfe... Ich sitze an etwas und es macht Klick. Dafür hab ich aber keine Methodik, das passiert einfach.

Alles in allem erkenne ich einfach den Platz an, wo ich stehe. Ich schau mir an, was mir gefällt, überlege wo ich hinmöchte und zeichne dann wenn ich möchte. Bisher hat das "Zeichne 24/7!" für mich nie genutzt, weil ich Spaß dran haben muss. Natürlich höre ich oft, dass ich besser sein könnte, aber ich bin exakt so gut, wie ich es bei meinem Arbeitsaufwand erwarten darf.

Mit Zeit kommt Erkenntnis. so ne Art innere Ruhe. Sehr entspannendes Gefühl. :)

Gruß
Ambro

Winterhall
10.09.2004, 15:12
@ rentner: mehr kann man da nicht zu schreiben, als ich schon gemacht habe. ich bin der meinung, daß es einfach ein geduldiges warten ist. man sollte sich fleißig damit beschäftigen und das tun, was man immer macht. viel beobachten und angucken.

@ jenny: dann fehlt das verständnis, ein schema für eine herangehensweise. eben das kapieren. ich habs bei der knie-sache gemerkt, was ich in meinem anatomie-thread beschrieben habe. ich hab zwar in den büchern viele grafiken drin, die das darstellen, aber wenn ich es für mich selbst in einer anderen perspektive zeichnen will, dann fehlt der baustein in meinem kopf. es geht nicht oder es mißlingt.
verständnis kommt einfach vom betrachten meine ich. deswegen beharre ich auch so auf das beobachten und ausenandersetzen bis aufs kleinste detail. irgendwo ist der fehlende puzzlestein, der für das level-up benötigt wird. das kann ein winziger satz oder eine schlampige skizze sein. s.o. geduldiges warten.

Jenny
10.09.2004, 15:15
Japp, da stimme ich dir zu!

Sam Smiley
10.09.2004, 15:54
Och . . . so analytisch und kopflastig sollte man da nicht unbedingt rangehen.
Gibt auch viele, die genau wissen, warum ein Buch gut ist, wie man eins schreibt usw. aber selber schreiben können sie keins. Das sind dann die Kritiker, hehe . . .
Der ganze zeichentechnische Hintergrund ist nur soweit wichtig, das es hinterher quasi automatisch im Hintergrund abläuft, ohne dass man es selber merkt. Dann kann man anfangen "zu Zeichnen", oder es bleibt halt beim Wissen um die Technik, aber das Zeichnen klappt immer noch nicht.

Ups, jetzt bin ich auch analytisch geworden . . .

War da nicht mal sowas mit dem Zaunstreichen in "Karate-Kid"?

Zeichnen ist doch ganz einfach. Man muss nur mit der Tusche alle die Stellen abdecken, die nicht weiß sein sollen . . .

(Kann es sein, dass, wenn man Java-Script im Browser abschaltet, man keine Smilies mehr einfügen kann . . . ? Öh . . .?)

Karl Nagel
10.09.2004, 16:07
Och . . . so analytisch und kopflastig sollte man da nicht unbedingt rangehen.Auf keinen Fall! Jedenfalls nicht BEIM Zeichnen! Das ist bei allen Sachen, die mit motorischen und unterbewußten Dingen zu tun haben (Musik, Sport etc.) der Tod.
Trotzdem gibt es immer Leute, die sehr neugierig sind, etwas über Zusammenhänge und das eigentliche "Wesen der Dinge" zu erfahren. Die einen suchen nach der Weltformel, die anderen erforschen den Urknall oder den Beginn des Lebens, wieder andere werden Verhaltenspsychologen. Und sowas wie Sport- und Musikwissenschaftler gibt's ja auch. So eine Tonleiter ist ja auch nicht bauchgesteuert.
Ich erinnere hier nur noch einmal an Betty Edwards geniales "Drawing With The Right Side Of The Brain". Die will auch wissen, weshalb manche Leute zeichnen können und andere nicht. Sie könnt's natürlich auch lassen... aber anscheinend eben nicht!
"I just want to know what's gonna make me tick" würde ein Ami vielleicht dazu sagen...
Ist doch nichts ehrenrühriges, oder?
Ach ja... werde übrigens am Samstag ein wenig beim HEFTICH-Festival in Hamburg rumlungern... falls sich jemand lieber über son Brainfood unterhält als darüber zu schreiben...!

absucher
10.09.2004, 18:58
Ein Schatten, eine Autlinie das ist meine Art zu sehen und zu zeichnen.
Ich wollte schon lange nicht mehr malen und zeichnen, mit einblick in die ernshaftigkeit dieses Forum, will ich es noch mal wissen und selbstverständlich mich, an heutige sehweise an -SF- ranzutasten.

der Absucher

http://home.arcor.de/kunstmacher/graf/vor.jpg

Joachim_Horn
11.09.2004, 11:16
Hi, das Thema betrifft wohl jeden Kunstschaffenden.
Man ist nie gut genug. Wenn es so leicht wie Holzhacken wäre, dann würden einige vor Langeweile den Griffel zur Seite legen.

Erkenntnisse: Das ich mich verbessere, merke ich daran, daß ich meine und andere Werke besser und genauer beurteilen kann als noch vor Jahren. Zum einen helfen wertvolle Tips von Mitstreitern z.B. hier aus dem Forum, und natürlich die Praxis.
Zeichnungen, die in den Müll wandern, sind immer noch Lernschritte und keine Rückschritte. Dir wird doch mehr und mehr bewußt, wo es mangelt, hoffe ich. Also kannst Du jetzt gezielt an den Problemzonen arbeiten.

Vieles ist einfach nur Übung, die in Fleisch und Blut übergehen muß wie Radfahren oder Barregriffe auf der Gitarre, die sich nach ewiger Quälerei ganz von selbst einstellen.

Vieleicht hast Du schon einige meiner Zeichnungen gesehen. Alles Blendwerk. Ich versuche meine Fehler durch die Gesamtwirkung zu kaschieren. Wenn man genau hinschaut, Kreist der Rotstift. Auch bin nicht fähig, einen Kreis wirklich mit ruhiger Hand auch rund zu ziehen, deshalb muß ich mich wohl oder übel mit schnell durchgerissenen Linien zum Ziel bewegen. Fast schon Blindflug der Linie. Ohne Radiergummi würde ich nie und nimmer auskommen. Die Ergennisse sind auch nie so richtig vorhersehbar, aber das macht es meiner Meinung nach etwas interessanter.

Es geht langsam voran, aber es geht voran, auch wenn man es nicht direkt realisiert.

Grüße, Joachim

LastOtakuSalina
15.09.2004, 11:35
Hi ihr - interessantes thema, denn meine freunde können es auch nicht so recht verstehen wenn ich mal inner Zeichenkrise stecke-_-
Aber was ich dann tue?!

1 nochmal versuchen
2 resignieren
3 raus gehen und was anderes sehen
4 Zeichnungen anderer Zeichner abchecken -
5 merken das ich besser/schlechter bin (im letzteren falle erneut resignieren)
6 schauen, wie das gemacht wurde, was ich evtl besser machen kann
7 weiter zeichnen (dann meistens bis ichs kann -also seeeehr lange :D )

Nu ja am wichtigsten ist - da stimme ich euch zu - sich auf seinen eigenen Zeichenstil zu konzentrieren, - denn das ist meisstens, was die Verlage auch sehen wollen, denn: Repro kann (fast) jeder...

Ich zeichne auch alles mögliche (wird auch mal langsam zeit, dass ich mal was sehen lasse ^^° >>>hp is inner mache)
Am schwierigsten ist es etwas neues zu lernen, ich lerne durch input und autodidaktisch - d.h. ich hol mir Zeichenbücher und fange dann an.
Erst abzeichnen, dann mit umrissen dann im eigenen Stil.
Der groschen fällt erst dann, wenn man (wie bereits gesagt) langwierig daran arbeitet
- und am besten jeden Tag, damit man nicht aus´m fluss kommt (hört sich dumm an, is aber so)
Die wichtigste Erfahrung, welche ich gemacht habe, war ein Betriebspraktikum bei einem Illustrator: Jeden Tag etwas neues Zeichnen, zwischendurch kommen neue Aufträge rein (dann versucht man noch nebenbei seinen eigenen Comic weiterzuzeichnen) und stößt dabei relativ schnell an seine Grenzen...
Dann hatman schnell einen Hangover...Das Beste was man dann machen kann, Freunde zu besuchen (oder befreundete Zeichner) die einem dann wieder sagen, wo´s langgeht und dich malwider gehörg i d A treten.. um dich so anzustacheln weiter zu machen.

Macht was eigenes
gönnt euch mal ne pause
und: Konzentriert euch darauf, es nicht allen zeigen zu wollen
uuuunddd: arbeitet einfach weiter und weiter......nur so lernt man
((mit kursen,Büchern und autodidaktisch mit "Eigenhirn" :D

Viel spass dabei (trotz vollem Papierkorb...)
Sal, die Mangaverrückte ^^

Mick Baxter
15.09.2004, 12:42
War da nicht mal sowas mit dem Zaunstreichen in "Karate-Kid"?)
Kenn nur das in "Tom Sawyer".

Bendrix
15.09.2004, 14:37
Kenn nur das in "Tom Sawyer".

Sowohl bei Karate Kid als auch bei Tom Sawyer wird ein Zaun gestrichen.

jabba
15.09.2004, 15:16
hmmm, haut der nich nur Nägel in den Zaun? :D


Zum Thema : Ich kenn keinen Zeichner der mit sich ganz zufrieden ist. Jeder versucht doch irgendwie besser zu werden, oder sich weiterzuentwickeln...für mich gibts nix frustrierenderes als ein neues Bild zu zeichnen das nicht alle vorigen übertrumpft. Aber das gehört einfach dazu denke ich mal... ;)

JoKlo
15.09.2004, 17:28
irgendwie tut ihr alle so als wäre es möglich nicht im eigenen stil zu zeichnen .
selbst beim abzeichnen ist es immer noch die eigene hand die ihr werk vollführt...und es sind eure augen die die linien der vorlage erfassen und euer gehirn wertet diese aus...

außerdem kann man diese erleuchtungen nicht pauschalisieren ! je nach art und weise des problems(der mauer) sieht auch die lösung unterschiedlich aus.

@rentner: vielleicht wäre es ja schon ein erster schritt richtung glück wenn du versuchen würdest deine blockaden genau zu erfassen ?

Mick Baxter
15.09.2004, 19:45
Eigener Stil ist nur eine Ausrede für nicht gelungen. Oft eine verdammt gute Ausrede.

Joachim_Horn
15.09.2004, 21:52
Mick: Die Aussage ist super und trifft in vielen Fällen zu. Ein vernichtendes Urteil für alle, die ihre Leinwand mit Butter beschmieren oder ihr Popobrötchen als Stempelkissen mißbrauchen.

Joachim

LastOtakuSalina
27.09.2004, 17:10
@JoKlo: Klar ist das die eigne hand wenn man was abzeichnet, aber es wurde halt das bild was du kopierst nicht in deinem eigenen stil verfasst...
wenn man es nämlich nicht kann und dann- wie mick behauptet- einfach als seinen zeichenstil ausgibt, ist das dann nicht mehr akzeptabel...
da stimm ich zu
aber ich stimme nicht mit der aussage überein dass es eigener stil und eigene kreativität sind, wenn man ein bild perfekt kopiert.
Gut es gehört auch viel arbeit dazu, aber es ist vielleicht nicht ganz die eigene kreativität!

Man nehme doch einfach mal Picasso. Der hat gezeigt das er super zeichnen kann, wenn man das gemacht hat, kann man auch im eigenen Stil zeichnen, weil die Leute es dann akzeptieren dass es der eigene Stil ist, weil man sich bewiesen hat...

JoKlo
27.09.2004, 18:26
japp, mit kreativität hat es meiner meinung nach wirklich nicht zu tun ...

Jähling
29.09.2004, 12:08
Hm, ist zwar auch schon gesagt worden, aber was soll's...
was bei mir immer wieder geholfen hat:

Ruhen lassen.
Was anderes machen.
Auch was anderes zeichnen.
Aber nicht zu lange, sonst gerät das alte Problem aus dem Blick.

Auch wichtig: viel Comics lesen, auch mal nicht-analytisch.

Andere Zeichner tuschen, wie Michael vorgeschlagen hat, ist auch sehr hilfreich. Ich hatte unlängst die Gelegenheit (unter anderem bei einem Bild von Michael, wie mir gerade auffällt) und war selber erstaunt, wie faszinierend das war, mal in den Fußstapfen von jemand anderem zu stapfen.

Anderer Tip:
Ich versuche immer, Sachen in verschiedenen Stadien bereit liegen zu haben, so daß ich je nach Neigung mal tuschen, mal vorzeichnen, mal layouten, mal auch nur schreiben kann, aber immer irgendwas davon zu tun habe. Dann kann ich erfrischt ("ausgetobt") an die alte Aufgabe zurück.

@Jenny: Ich habe ein Auge, das weit schlechter sieht als das andere, deshalb habe ich lange Zeit, ohne es zu wissen, nicht wirtklich dreidimensional gesehen. Das Gehirn gleicht solche Defizite aus und rekonstruiert das dreidimensionale Bild, zumindest wenn durchs zweite Auge noch irgendwas kommt. Das ist anstrengender als normales Gucken, weshalb ich jetzt doch eine Brille trage, aber was ich sagen wollte: hinterher ging mir auf, daß ich vielleicht gerade deshalb ganz gut mit dreidimensionalen Darstellungen war: weil ich diese Übersetzung zwischen zwei- und dreidimensionalen Bildern eh ständig vollzogen habe. Ganz naive Frage: Machst Du das nicht? Also zum Beispiel bei verschieden weiten Gegenständen trotzdem die Entfernung schätzen?

Spong
29.09.2004, 13:35
Eigener Stil ist nur eine Ausrede für nicht gelungen. Oft eine verdammt gute Ausrede.

Absolute Zustimmung!