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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Danaergeschenke der Phonoindustrie



scribble
19.06.2004, 20:22
So kann man sich auch aus der Affäre ziehen...

Im Jahre 2000 begann das Verfahren gegen die damaligen fünf Marktführer der Plattenindustrie, Sony, Universal, BMG, EMI und Time Warner. Hauptstreitpunkt war der sogenannte "Minimum Advertised Price". Bei diesem Programm konnten Einzelhändler finanzielle Hilfe bei Werbung und Marketing bekommen, wenn sie sich im Gegenzug dazu verpflichteten, die CDs nicht unter einem bestimmten, vom Label vorgegebenen Preis zu verkaufen. Laut Anklage habe dieses Programm dafür gesorgt, daß CDs in den USA im damaligen Zeitraum etwa 2 Dollar mehr als "eigentlich richtig" gekostet hätten (Quelle (http://www.heise.de/newsticker/meldung/11173)).

Zwei Jahre später wurden die fünf Firmen tatsächlich wegen illegaler Preisabsprache verurteilt. Neben Zahlungen in Höhe von 67,4 Millionen Dollar erklärten sie sich bereit, zusätzlich CDs im Wert von 75,7 Millionen Dollar für gemeinnützige Institutionen, Bibliotheken, etc. zu spenden (Quelle (http://www.heise.de/newsticker/meldung/31132)).

Jetzt, wiederum zwei Jahre später, sind die ersten dieser "Geschenkpackungen" eingetroffen, und sorgen nicht unbedingt für ungeteilte Begeisterung. Denn es drängt sich der Eindruck auf, daß die Label bei dieser Aktion die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und ihre Lager von einigen Altlasten befreit haben. Die Pakete enthielten oft ausgesprochene Ladenhüter, die vorher wie Blei in den Regalen gelegen hatten. Eine Stadtbibliothek in Iowa beispielsweise erhielt CDs mit der Nationalhymne, gesungen von Witney Houston - und das gleich in mehr als vierhundertfacher Ausfertigung. Auf das Problem angesprochen erklärten die Firmen, ein Computerfehler bei der mit der Durchführung beauftragten Agentur sei schuld an der falschen Zusammenstellung der Pakete. Die "beglückten" Bibliotheken müssen sich jetzt wohl selbst darum kümmern, wie sie die Danaergeschenke entweder über Fördervereine verkaufen oder mit anderen Bibliotheken tauschen können (Quelle (http://www.heise.de/newsticker/meldung/48410))).

Bis dann,

scribble

Abulafia
20.06.2004, 10:55
Ich hab ziemlich grinsen müssen als ich es gelesen habe - aber mal ehrlich: Wer hätte das nicht auch so gemacht? :engel: :twist:

Mick Baxter
21.06.2004, 23:48
Ein "Danaergeschenk" sind unnütze CD eigentlich nicht (oder haben sich da viele gefährliche kleine Griechen versteckt?).

scribble
22.06.2004, 08:32
Wer weiß, vielleicht waren ja auch Nana Mouskouri-CDs dabei :D

Ich meinte eigentlich ein Geschenk, mit dem der Schenkende dem Beschenkten keine Freude machen will, und das für den Beschenkten auch mehr Nachteile als Vorteile bringt. Schließlich haben die Bibliotheken jetzt den Aufwand, die CDs verkaufen oder tauschen zu müssen, um etwas vernünftiges dafür zu bekommen. Und mehrere Hundert CDs, die du nicht in den normalen Bibliotheksbetrieb aufnehmen kannst/willst, mußt du auch erst mal irgendwo lagern.

Bis dann,

scribble