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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : CG Welt am Draht: Fake-Rezensionen bei "The Pulse"



LeGuy
28.07.2003, 14:06
Sascha hat in seinem Newsblog auf Comicgate über den Fake-Rezensenten "Jess Lemon" geschrieben, der bei The Pulse respektlose Comic-Besprechungen ableifert und damit für Aufregung sorgt. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, sorgt sich Sascha um die Seriösität und Glaubwürdigkeit der Seite, wenn sie sowas bringt.

Ich bin nicht dieser Meinung. Kolumnen und Rezensionen sind sowieso schon mal subjektiv und auch ein krasserer Stil muss da nicht sofort auf die übrige redaktionelle Umgebung abfärben. Ob da jetzt jemand unter Pseudonym schreibt oder nicht - so what?
Entscheidend ist, dass der Leser, wenn er öfter den AUtorennamen gelesen hat, diesen irgendwie einordnet.
Als deutsches Beispiel fällt mir hier die Titanic ein (okay, da gibt es keinen Ruf der "Seriösität" zu verlieren). Hier erscheint in jedem Heft die Humorkritik von "Hans Mentz", den es aber auch nicht gibt. Erstaunlicherweise ist das meistens der seriöseste Artikel im Heft.

Solange diese Verrisse sich halbwegs gleichmäßig über die Verlage verteilen, kann man das ja auch durchaus positiv als Merkmal für die Unabhängigkeit einer solchen News-Site sehen, die ja oft genug als unkritisches PR-Sprachrohr der Verlage glänzt.
Und die ganze Aufregung ist ja auch ein Beweis dafür, dass The Pulse mit dieser Aktion einen Nerv getroffen hat.

Ich hab jetzt 2 davon gelesen und fand sie erfrischend witzig. Comics, die einen Verriss wert sind, gibt's ja nun wirklich genug.

Sascha Thau
28.07.2003, 19:38
Es geht auch nicht darum das THE PULSE nicht Satire machen darf bzw. die Reviws an sich, sondern das man wochenlang vergaukelt hat das "Jess" jemand wäre der nichts mit Comcis zu tun hat und darum ganz befreit berichten kann.

Heidi MacDonald und Jen Contino haben die letzten vier Wochen beteuert das Jess Lemon echt ist und nicht wenige beide haben auf ihre Aussagen vertraut.

Ich weiß nicht ob das jemals jemand bestritten hat das Herr mentz ein Pseudonym ist. Ich jedenfalls dachte lange Jahre der wäre echt. Find ich jetzt nicht dramatisch, schließlich hat die Redaktion nicht jahrelang darauf bestanden in persönlich zu kennen und am Ende ist die TITANIC auch kein seriöses Nachrichtenblatt.

Es geht darum das der Scherz zu weit getrieben wurd. Wer wird nächstes mal wenn etwas auf den ersten Blick dubios erscheint noch glauben was die beiden sagen?

Und in punkto Satire: Scheiß Comics scheiße bewerten ist nun auch keine herausragende Leistung, das gibt's auf jeder zweiten Fanwebsite.

bye Sascha

L.N. Muhr
28.07.2003, 23:12
Original geschrieben von Sascha Thau
Ich weiß nicht ob das jemals jemand bestritten hat das Herr mentz ein Pseudonym ist. Ich jedenfalls dachte lange Jahre der wäre echt. [/B]


Der ehemalige verantwortliche Redakteur der „Humor-Kritik“ Robert Gernhardt berichtet von einer Begegnung auf der Frankfurter Buchmesse 1980, bei der ihn der Grafiker Willy Fleckhaus tadelte: „Aber das, was dieser alte, griesgrämige Herr, dieser Hans Mentz, da in seiner ‘Humor-Kritik’ von sich gebe - unmöglich. Weshalb wir einen solch aufgeblasenen Humor-Papst überhaupt in unserem Blatte duldeten?“
Hans Mentz ist eine Fiktion, wie Robert Gernhardt weiter ausführt, „die humorkritischen Texte aber stammten vorwiegend von drei ‘Titanic’-Mitarbeitern der ersten Stunde, von Bernd Eilert, Eckard Henscheid und mir. Der „Humorkritiker“ Hans Mentz war stets als Sprachrohr gedacht, aus welchem viele, auch einander ins Wort fallende Stimmen ertönen konnten und sollten. Die drei Obengenannten waren die beständigsten Sprecher, doch von Anfang an kamen auch Gaststimmen zu Wort. "
(Robert Gernhardt: Wer? Wo? Was? Wann? Warum?, in: Robert Gernhardt: Was gibt’s denn da zu lachen?, Haffmans Verlag, Zürich 2000, S.10)

Sascha Thau
29.07.2003, 10:55
Yo. Und jetzt?

LeGuy
29.07.2003, 11:23
Ich muss zugeben, dass ich das ganze erst entdeckt habe, als klar war, dass Jess Lemon nicht echt ist. Und daher war's für mich auch kein Problem mehr, ob und wie lange die Pulse-Damen nun auf seiner Echtheit beharrt haben.
Inzwischen ist es ja bekannt, und damit weiß der Leser, womit er es zu tun hat. Und wenn dubioses von Lesern künftig misstrauisch betrachtet wird, muss das auch nicht unbednigt schlecht sein. Deswegen ist noch nicht die ganze Glaubwürdigkeit im Eimer. Da müssen schon andere Kaliber kommen. Den Stern gibt's trotz Hitler-Tagebüchern immer noch.

(ich geh mal schnell ne Krücke für diesen hinkenden Vergleich kaufen ;) )

L.N. Muhr
30.07.2003, 11:44
nicht zu vergessen die süddeutsche und die new york times... ;)