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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [15.07.2003] HPVs vs. StVO



Blechreder
15.07.2003, 10:13
Die Sonne scheint, verfuehrt Hinz und Kunz zum Radfahren und damit brennt mir ein "ewiges Thema" mal wieder auf der Seele.
In meiner stuermischen Jugend (ein paar Jahre her) war ich noch bestrebt, die Welt zu retten und hatte mir als erstes Etappenziel die Verbesserung der innerstaedtischen Lebensqualitaet durch Foerderung des Fahrradverkehrs gesetzt. Mit einigen Gleichgesinnten versuchte ich, die Radverkehrsbedingungen in meiner Heimatstadt zu verbessern, wobei wir uns auch etablierter Strukturen (ADFC, Fahrradbeauftragter u.ae.) bedienen wollten. Leider stiessen unsere Bemuehungen in der Oeffentlichkeit nicht auf das erhoffte Echo. Im Gegenteil: Mit dem Hinweis auf die oftmals freie Interpretation der StVO durch einige Radfahrer wurden unsere Vorschlaege als "von der Mehrheit nicht gewuenscht" abgelehnt bzw. uns nahegelegt, erst einmal fuer eine Akzeptanz der bestehenden Regeln zu sorgen, bevor wir Aenderungen verlangten.
(Nicht erst) Seitdem quaelt mich die Frage: Weshalb faellt es offensichtlich vielen Radfahrern so schwer, sich im Strassenverkehr regelkonform zu verhalten?
Wie haltet ihr es damit? Mimt ihr den Outlaw, der "ja sonst gar nicht mehr ankommt"? Geht ihr pragmatisch vor und interpretiert die Vorschriften situationsabhaengig? Oder haltet ihr euch jederzeit an das kodifizierte (Strassenverkehrs-)Recht? Gehoert ihr zum Uebervorsichtigen Typ, der lieber auf Nummer sicher geht?
Falls ihr nicht selber Rad, aber andere Individualverkehrsmittel fahrt: Kennt ihr euch mit den Radfahrern betreffenden Regelungen aus und beachtet diese immer?
Welche Erfahrungen habt ihr mit verkehrspolitischem Engagement gemacht?

Persoenlich wuerde ich mich zum gesetzestreuen Radfahrer zaehlen. Ich verlange alle meine Rechte, erfuelle dafuer aber auch alle meine Pflichten. Einzige Ausnahme sind offensichtlich sinnfreie Regelungen der StVZO, die Klingeln und Reflektoren betreffen.

PS: HPV (http://www.hpv.org/)=Human Powered Vehicles, also Fahrraeder, Handybikes, i.w.S. auch Ruder- und Paddelboote und sogar Flugzeuge.

Little Jade
15.07.2003, 11:32
Ich fahre viel Rad (wohne in einer "Fahrradstadt") und muss leider gestehen, dass ich auf die Regeln für Fahrradfahrer nicht viel gebe. Die sind zwar eigentlich recht gut und würden mich auch gar nicht so sehr behindern, aber ich habe doch den Hang zum Rambo, was das angeht. Natürlich nicht, wenn viel los ist, dann fahre ich sogar selten auf der falschen Straßenseite. Aber sobald ich die Lage einigermaßen überblicken kann, fahre ich links, rechts, quer über die Kreuzung, gegen den Verkehr, ohne Licht, über rote Ampeln ,mit drei Leuten nebeneinander. Ist halt alles recht situationsbedingt. Dabei haben mir dann auch schon so einige Menschen "nette" Dinge hintergerufen. :^^:
Stört mich auch nicht, ist schließlich ihr gutes Recht, ich handele ja falsch. Was mich nur wirklich ärgert, sind die Leute, die im Auto über regelwidrige Radfahrer meckern, aber selbst als Radfahrer auch nicht besser sind.
Dazu noch eine kleiner Dialog zwischen meiner Schwägerin und dem Freund meiner Schwester:
Sie: Ich hasse es, wenn zwei Radfahrer auf der Straße nebeneinander fahren und ich als Autofahrer nicht dran vorbeikomme. Die sollen gefälligst hintereinanderfahren. Ist schließlich vorgeschrieben. Dann kann ich auch überholen!
Er: Die Verkehrsregeln besagen auch, dass Du beim Überholen 1 1/2 Meter Abstand zum Radfahrer halten musst. Die Straßen sind hier so eng, dass Du gar nicht überholen darfst, wenn sie hintereinander fahren.
Sehr schön getroffen, fand ich :)

Der größte Erfolg in Sachen Radverkehr ist für mich sowieso die Regelung, dass ich endlich als Fahradfahrer auch gegen die Einbahnstraße fahren darf. Und die Fahrradstraßen. Ziemlich cool :)

Blechreder
15.07.2003, 13:08
Original geschrieben von Little Jade
Der größte Erfolg in Sachen Radverkehr ist für mich sowieso die Regelung, dass ich endlich als Fahradfahrer auch gegen die Einbahnstraße fahren darf.
Wenn freigegeben. Sind aber die meisten.

Original geschrieben von Little Jade
Und die Fahrradstraßen.
Wir haben nur eine. Die wurde vor Jahren als grosser Erfolg des ADFC gefeiert. Fuehrt nur leider von nirgendwo nach nirgendwo. :rolleyes:

Schon mal jemand versucht, einen Radweg entschildern zu lassen? Das kann sehr spassig sein, v.a. wenn ein Offizieller dir ins Gesicht sagt, dass die Stadt in der Beziehung auf Vorschriften und Gestze pfeift.
Man koenne ja klagen...

Do'Mors
15.07.2003, 13:18
Ich hab nichs gegen Radfahrer aber warum müssen viele von ihnen auf der unübersichtlichen Schnellstraße fahren, wenn der Radweg gleich daneben liegt? Es gab schon öfters Situationen, wo ich gewisse Verkehrsteilnehmer am liebsten von ihren Sitzen holen wollte.

Blechreder
15.07.2003, 13:38
Original geschrieben von Do'Mors
[...] warum müssen viele von ihnen auf der unübersichtlichen Schnellstraße fahren, wenn der Radweg gleich daneben liegt?
Such dir was aus. (http://www.swb.de/personal/elch/50-gruende.html) :D

Do'Mors
15.07.2003, 14:18
Netter Link :D

Aber ich rede von den Straßen in unserem Bezirk, und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es möglich ist überall hinzukommen, und dabei den Radweg zu Benutzen, bei uns sind die Verkehrswege gut genug ausgebaut, dass ist es ja was mich stört.

Blechreder
15.07.2003, 14:41
Grundsaetzlich ist natuerlich schon mal die Grundidee der Trennung von Radverkehr vom uebrigen Fahrverkehr abolut schwachsinnig, weil sie einen Bruch mit den Grundlagen der Verkehrsfuehrung bedeutet. Fliessender Verkehr wird bekanntlich in erster Linie nach Fahrtrichtung und nachrangig nach Geschwindigkeit sortiert. Im Falle des Radverkehrs macht man von diesem bewaehrten Prinzip eine Ausnahme und schiebt eine stark differierende Gruppe von Verkehrsteilnehmern aufgrund des Antriebs an den Rand des normalen Verkehrs ab. Da sich die Aufmerksamkeit von Verkehrsteilnehmern zwangslaeufig auf einen (mit der Fahrgeschwindigkeit zunehmend kleineren) Bereich vor dem eigenen Fahrzeug konzentriert, hat das zur Folge, dass die ausserhalb dieses Aufmerksamkeitsbereiches verbannten Verkehrsteilnehmer einem erhoehten Risiko ausgesetzt sind (ca. 1/3 der registrierten Unfaelle mit Fahrradfahrern durch Konflikte beim Abbiegen).
Vielleicht haben die Radfahrer bei euch im Bezirk da keinen Bock mehr drauf?

Do'Mors
15.07.2003, 16:57
In den Kremsereien, ist es sogar fast schon Selbstmord mit dem Auto zu fahren, wenn dann noch die Radfahrer nicht den Radweg benutzen kann es ziemlich gefährlich werden, ausserdem rede ich nur von Durchfahrtsstraßen, da gibt es garnichts wo man abbiegen könnte.
Noch schlimmer wirds dann wenn sie nebeneinander fahren, (ist meines Wissens auch verboten), dann kann man nichtmal überholen.
Bei uns die Radwege zu benutzen dient vor allem der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, ich weiß leider nicht wie es bei euch aussieht, aber bei uns wäre es absolut nicht notwendig.

Fachwerk
15.07.2003, 23:17
Original geschrieben von Do'Mors
Bei uns die Radwege zu benutzen dient vor allem der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, ich weiß leider nicht wie es bei euch aussieht, aber bei uns wäre es absolut nicht notwendig.
In Berlin werden 75% aller schweren und tödlichen Unfälle auf Radwegen registriert, obwohl nur 10% aller Berliner Straßen einen Radweg besitzen.

Blechreder
16.07.2003, 08:02
Original geschrieben von Do'Mors
In den Kremsereien [...]
Was sind "Kremsereien"?

Original geschrieben von Do'Mors
[...] wenn dann noch die Radfahrer nicht den Radweg benutzen kann es ziemlich gefährlich werden.
Fuer wen? Gefahren kann man i.d.R. abstellen...

Original geschrieben von Do'Mors
Noch schlimmer wirds dann wenn sie nebeneinander fahren, (ist meines Wissens auch verboten)
In D nur, wenn dadurch andere Verkehrsteilnehmer behindert werden. Aeusserst selten also. In Oesterreich allerdings wohl generell (http://www-2.informatik.umu.se/hs/local/faq/radrecht-at.html). Vielsagend finde ich die Ausnahme auf Radwegen - Verkehrsflaechen zweiter Klasse halt.

Original geschrieben von Do'Mors
Bei uns die Radwege zu benutzen dient vor allem der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer
Die Zahlen sagen da aber etwas anderes aus. Mal wieder ein Zitat aus de.rec.fahrrad: "Rad weg, der wahre Sinn von Radwegen!"

@Fachi: Von wann sind deine Zahlen. Ich habe die von '91, ist es seitdem soviel schlimmer geworden?

Hajo F. Breuer
16.07.2003, 10:31
Fahrrad fahre ich mit meinem Hund im Feld. In der Stadt ist es mir schlichtweg zu gefährlich. Hinzu kommt, daß ein Fahrrad zwar ein nettes Vehikel ist, um Freizeitsport damit zu betreiben, aber kein wirklich vernünftiges oder gar komfortables Verkehrsmittel. Wer sich mit dem Fahrrad in den öffentlichen Straßenverkehr begibt, kommt früher oder später darin um.

Fachwerk
16.07.2003, 11:06
Original geschrieben von Blechreder
@Fachi: Von wann sind deine Zahlen. Ich habe die von '91, ist es seitdem soviel schlimmer geworden?

Aus der Radzeit 1/2003.

Blechreder
16.07.2003, 11:47
Original geschrieben von Hajo F. Breuer
In der Stadt ist es mir schlichtweg zu gefährlich. [...] Wer sich mit dem Fahrrad in den öffentlichen Straßenverkehr begibt, kommt früher oder später darin um.
Wie kommst du auf das schmale Brett?

Sic!
16.07.2003, 12:00
Bei uns gibts auch ganz lustige Situationen durch Radwege.

Hauptverkehrstraße, beidseitig Radwege, Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h angehoben. Parken ist beidseitig erlaubt.

Das führt dazu, daß man als Radfahrer eine eigene Gasse zwischen den Fußweg und den parkenden Autos hat. Schlimm wirds, wenn mittendrin einer falsch parkt, und auf dem Radweg steht. Ist aber abgeflaut, weil die regelmäßig von den recht schnell fahrenden Radfahrern angefahren wurden (ist eine langgezogene Kurve, abschüssige Straße dazu).

Aus meiner Erfahrung her verhalten sich Radfahrer kaum anders als Autofahrer, machen ebenso häufig Fehler. Nur fällt es bei einem Radfahrer mehr auf, er ist nunmal schlechter geschützt und langsamer.

Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, werd ich meistens geschnitten, an der Kreuzung fast auf den Fußweg gedrängt oder mit 30 cm Abstand durch LKWs überholt.
Bin ich mit dem Auto unterwegs, wechseln die Fahradfahrer auf die linke Spur ohne Zeichen zu geben, nutzen vorhandene Radwege nicht oder in die falsche Richtung.

In großen Städten übrigens auffallend schlimmer als auf dem Land, da gehts oft sehr gesittet zu. Mit mehr Verkehr scheint auch mehr Merkbefreitheit zu entstehen.

Sanjihan
16.07.2003, 15:47
Als Auto-/Rad- und Motorradfahrer kann ich nur sagen, dass fast alle gleich schlimm sind und leider die Autofahrer (da mehr Masse) herausstechen. Wer den Frankfurter Innenstadtverkehr kennt kann das bestätigen.
Als Motorradfahrer wird man auf dem Weg zur Zeil und nach Hause mind. einmal abgedrängt, fünf- bis achtmal übersehen und den Sicherheitsabstand hält eh keiner ein. Insbesondere das Abdrängen ist anscheinend Volkssport hier geworden :-( Das einzig positive ist, dass wenn man als Motorradfahrer bei der roten Ampel absteigt und in Komplettmontur an das Fenster klopft die meisten Leute auf einmal sehr sehr freundlich sind und sogar im Winter anfangen zu schwitzen, auch wenn man ihnen nur freundlich sagt, daß sie nun wegen Nötigung angezeigt und demnächst mind. einen Monat keinen Führerschein haben werden :)
Als Fahrradfahrer hat man da die selben Probleme, nur, dass da viele Autofahrer denken sie hätten sowieso Vorfahrt vor Fahrrädern, da die ja niemals so schnell anfahren, als dass nicht noch der vierte an der Ampel vor diesen abbiegen könnte.
Natürlich fahren den Autofahrern auch viele Radfahrer bei Übergängen einfach vor die Haube oder die Motorradfahrer schlängeln sich durch (wobei das bei stehendem Verkehr inzwischen ja z.T. erlaubt ist), aber was sich die Autofahrer leisten (und leider insbesondere die mit dicken Autos) ist unter aller Kanone. Morgends sieht man welche sich im Auto rasieren bzw. schminken, werfen die Zeitung/Kippen aus dem Auto, ... und das bei Tempo 90 auf der Schnellstrasse :-(
Hab auch schonmal eine Zeitung (FAZ) gegen den Helm bekommen und zwei Seiten hatten sich durch den Fahrtwind drangepresst -> ein paar Sekunden blindfahrt.
Zigarettenkippen können auch im Helm landen ...

Und die Taxifahrer bestätigen hier leider auch sämtliche Stereotypen.

Ich halte mich auch nicht immer 100% an die StVO, aber im großen und ganzen schon.
Sollte ich oder ein anderer Motorrad-/Fahrradfahrer allerdings wirklich Aufgrund von Abdrängen oder Zeitung aus dem Fenster etc. mal hinfallen sollte der Fahrer hoffen, dass ich nicht wieder aufstehen bzw. die Verfolgung aufnehmen kann .... *grrrr*

Do'Mors
16.07.2003, 16:41
@Blechredner als Kremsereien bezeichnet man bei uns die Straße zwischen den Orten Gaisfeld und Krems, eine sehr gefährliche und unübersichtliche Straße wo noch hinzukommt, dass es Glitschig ist und viele Autofahrer mit über 100 Sachen durchbrettern, ich bin dort einmal mi dem Rad gefahren, und nie mehr, ich war echt dankbar, dass dort der Radweg gebaut wurde!
Du sollt mich nicht Falsch verstehen, ich bin früher selbst oft mit dem Rad durch den gesamten Bezirk gefahren, und weiß wie Gefährlich das sein kann, ausserdem Denke ich du meinst den Innerstädtischen Verkehr, ich weiß leider nicht wie es dort aussieht, ich kann nur die Situation bei uns beschreiben. Und die sieht in der Tat gefährlich aus!