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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Österreich: Gerhard Haderers Jesus-Skandal



Hate
08.04.2002, 08:33
Frankfurter Rundschau (http://www.fr-aktuell.de/fr/140/t140002.htm), 8.4.2002, Stephan Hilpold

Menschenspötter
08.04.2002, 08:48
In welchem Land lebe ich eigentlich?
Ich habe von einem Skandal nicht viel mit bekommen, es wurde zwar in den Nachrichten über das Hadererbuch berichtet und es sollen sich mehrere Gläubige daran gestört haben, daß das Buch gerade in der Osterzeit auf den Markt geworfen wird, ein strategisch einwandreier Werbeschachzug übrigens, aber wenn man das Hausmeisterblatt Kronenzeitung nicht liest, tangiert einen das Ganze auch nur am Rande.
Zumindest wurde Gerhard Haderer noch nicht so ein ähnliches Schicksal wie Salman Rushdie beschieden, da ist das erzkonservative-katholische Hinterwaldösterreich dann doch ein wenig toleranter als so manch einer glauben möchte.;)

Menschenspötter
08.04.2002, 08:56
Ach übrigens, Jörgi, der Drachentöter ist ebenfalls zu empfehlen.
Auch beim Ueberreuter Verlag erschienen.

MrSinister
08.04.2002, 11:37
Original geschrieben von Menschenspötter
...aber wenn man das Hausmeisterblatt Kronenzeitung nicht liest, tangiert einen das Ganze auch nur am Rande.

Sagen wir so: Solang man das ganze Dichand-Medienkonglomerat meidet wie die Pest... die Kronen-Zeitung ist da ja nicht das einzige Käseblatt auf Bild-Niveau in unserem Ländchen (News & Co?)

Aber von dem angesprochenen Skandal aus dem Artikel hab' ich auch nichts mitgekriegt... dass der Laun ein Depp ist hat er ja schon des öfteren bewiesen, für den Haderer ist es die beste Werbung die er sich vorstellen kann, und wenn der Klerus glaubt, sich wegen jeder Lappalie aufpudeln zu müssen, soll er doch. Wenn die Kirche keine größeren Probleme hat... :rolleyes:

Sinister

Mick Baxter
08.04.2002, 12:23
Kulturzeit in 3SAT hat ja schon darüber berichtet, jetzt wird auch "Report aus München" (heute abend um 21 Uhr und 04 Uhr 45) unter dem Titel "Hassattacken gegen Jesus: Christenbeleidigung als Bestseller" das Thema aufgreifen.
Klingt nicht danach, als würde der CSU-Sender die Partei von Haderer ergreifen.

Gruß vom Mick

eric-dee
08.04.2002, 20:47
Habe gerade den REPORT-Bericht gesehen, und ich muss sagen, das war das krasseste was ich seit langem gesehen habe. EINE UNVERSCHÄMTHEIT!!!!!
Das schärfste war der Moderator am Ende. Der letzte Satz lautete ungefähr so:" Es ist traurig das man mit dem Namen Jesus in unserer heutigen Gesellschaft so umgehen kann. Was würde man sagen wenn der Zeichner über Mohammed herziehen würde? Aber bei uns nennt man das Meinungsfreiheit ..." Ein Aufruf zur Verfolgung. Erinnert mich an Rushdie. Schade das ich es nicht aufgenommen habe. Muss sehen wann es wiederholt wird.

Unglaublich, der ganze Bericht war so ausgelegt, als würde Haderer die ganze Christenheit beschmutzt und er eigentlich dafür an den Pranger gestellt werden soll. Und das im 21 jahrhundert im "zivilisierten " Deutschland. Ich fasse es immer noch nicht.
Eric

L.N. Muhr
09.04.2002, 00:09
schon seltsam... bei moers war damals nicht halb so viel los...

Menschenspötter
09.04.2002, 06:31
Also , ich habe mir diesen REPORT erst gar nicht angesehen, weil das Ganze wieder einmal nur furchtbar aufgebauscht wird, darum kann ich zu dem Moderatorenkommentar nicht allzu viel sagen, vom stoiberischen Anstrich der möglicherweise ferngesteuerten Belangsendung für die CSU mag ich auch nicht allzu viel sagen, ist innerdeutsches Politikwahlballyhoo, geht mich als Österreicher nichts an.
Trotzdem verstehe ich den Satz so nicht als Aufruf zur Verfolgung, da muß man dann schon sehr viel hinein interpretieren. Ich finde es eher befremdlich, wenn gläubige Christen immer öfter lächerlich gemacht werden und ihre Religion überall in das Satirische und das Witzische gezogen werden darf und sobald Unmutsäußerungen von diesen kommen, schreien die liberalen Toleranten sofort und gleich wieder nach Recht auf Meinungsfreiheit. Das sollte dann doch auch im Umkehrschluß Gültigkeit haben. Also, wenn jetzt jemand Haderer und sein Machwerk absolut Scheiße findet, dann darf er das meiner Meinung auch sagen.;)
Der Moderator hat sich da ja noch fein geäußert.

Lupo_Wien
09.04.2002, 07:57
Original geschrieben von Menschenspötter
Trotzdem verstehe ich den Satz so nicht als Aufruf zur Verfolgung, da muß man dann schon sehr viel hinein interpretieren. Ich finde es eher befremdlich, wenn gläubige Christen immer öfter lächerlich gemacht werden und ihre Religion überall in das Satirische und das Witzische gezogen werden darf und sobald Unmutsäußerungen von diesen kommen, schreien die liberalen Toleranten sofort und gleich wieder nach Recht auf Meinungsfreiheit. Das sollte dann doch auch im Umkehrschluß Gültigkeit haben. Also, wenn jetzt jemand Haderer und sein Machwerk absolut Scheiße findet, dann darf er das meiner Meinung auch sagen.;)

Punkt 1) Satire darf und soll vor keinem gesellschaftlichen Bereich Halt machen, weil dieser aus irgendwelchen Gründen quasi unter der Käseglocke eines Tabus steht. Fällt auch unter die Kategorie "Freiheit der Kunst".
Punkt 2) Wenn Haderers Werk "jemand Scheiße findet", darf er das natürlich sagen, es bleibt allerdings eine dumpfe Gefühlsäußerung und hat nichts zu tun mit einer auf Argumenten basierenden (literarischen) Wertung. Erstere kann man nachbeten (oder auch nicht), von zweiterer kann man sich überzeugen lassen (oder auch nicht). Wer den Unterschied nicht begreift, sollte sich über Literatur - und dazu zählen Comics und Cartoons - erst gar nicht anfangen kritisch zu äußern.

L-W

Menschenspötter
09.04.2002, 08:19
Original geschrieben von Lupo_Wien


Punkt 1) Satire darf und soll vor keinem gesellschaftlichen Bereich Halt machen, weil dieser aus irgendwelchen Gründen quasi unter der Käseglocke eines Tabus steht. Fällt auch unter die Kategorie "Freiheit der Kunst".

@Lupo_Wien
Das klingt ja alles so schön einleuchtend. Ich frage mich nur, wer sofort Zeter und Mordio schreien würde, käme jemand auf die Idee, jetzt nur als Beispiel die Homosexuellen und die Drogenkonsumenten in gleicher Art und Weise einer satirischen Persiflage auszusetzen?
Oder es hätte jemand das Bedürfnis zum Beispiel gläubige Mohammedaner als Turbantonis und Zickelbärte zu bezeichnen. Welche Tugendwächter wären da sofort zur Stelle und würden dieses als Tabubruch gleichermaßen anprangern?
Oder es fände ein Künstler lustig, die Schrecken des zweiten Weltkrieges als witzig und cool darzustellen, wäre das auch noch Freiheit der Kunst?
Über dumpfe Gefühlsäußerungen kann man natürlich diskutieren, schafft es mein Gesprächspartner nicht vernünftig zu argumentieren und kann er seine eigene Meinung nur mit Fäkalausdrücken rüberbringen, muß ich ihn auch nicht ernst nehmen. Das Recht auf Kritik kann ich ihm trotzdem nicht absprechen, es sei denn, ich zähle mich zum elitären Kreis, der sich das alleinige Recht vorbehält, Kunst und Nichtkunst zu definieren.
Nur weil einer schreiben oder zeichnen kann, ist er noch kein Künstler.

eric-dee
09.04.2002, 11:25
Zitat
Menschenspötter
"Das klingt ja alles so schön einleuchtend. Ich frage mich nur, wer sofort Zeter und Mordio schreien würde, käme jemand auf die Idee, jetzt nur als Beispiel die Homosexuellen und die Drogenkonsumenten in gleicher Art und Weise einer satirischen Persiflage auszusetzen?
Oder es hätte jemand das Bedürfnis zum Beispiel gläubige Mohammedaner als Turbantonis und Zickelbärte zu bezeichnen. Welche Tugendwächter wären da sofort zur Stelle und würden dieses als Tabubruch gleichermaßen anprangern?"
All das gab es schon, bei Salman Rushdie hat man sofort gesehen in welche Richtung das gehen kann, zu einem Aufruf zum Mord. Obwohl er nur die Aässerungen des Korans nur in Frage gestellt hat.Allein an diesem Beispiel zeigt sich das wir um so mehr an unser Toleranzgefühl arbeiten müssen, und gerade wir, die in der so "aufgeklärten " Welt leben, sollten als gutes Beispiel voran gehen. Jesus zu verarrschen verträgt jeder Christ, das bedeutet nicht das er dafür gleich in der Hölle kommt.

Eric

Menschenspötter
09.04.2002, 11:44
Original geschrieben von eric-dee
Jesus zu verarrschen verträgt jeder Christ, das bedeutet nicht das er dafür gleich in der Hölle kommt.

Das ist eine Verallgemeinerung. Viele gläubige Christen vertragen es eben nicht, wenn ihre Religion verarscht wird. Weiters kann ich mir aber nicht vorstellen, daß hier jemand im erzkatholischen :rolleyes: Österreich Haderer der heiligen Inquisition vorführen, an den Pranger stellen oder ihn gar ermorden will.
Nur mit der Kritik und den lauten Buhrufen hat er rechnen müssen, da habe ich jetzt auch kein Mitleid mit ihm, das wird er schon aushalten.
Ich andererseits kann die Unmutsäußerungen der Gläubigen durchaus verstehen, weil ich tagtäglich an meinem Toleranzgefühl heftig arbeite.
Ich persönlich kann es ja hin nehmen, daß der katholische Glauben, in dem ich erzogen wurde, aber an den ich selbst schon lange nicht mehr bedingungslos glaube, mittlerweile Spielball von lustigen Gesellschaftskritikern geworden ist, andererseits bemerke ich aber meistens die eingeforderte Toleranztugend gerade bei diesen ach so liberalen Herrschaften herzlichst wenig, wenn mal Kritik an ihnen und ihren satirischen Wortspielen laut wird.
Im Gegenteil, da fühlen sie sich gleich verfolgt und pochen auf ihr Recht auf Meinungsfreiheit.
Gerade wenn ich mir den obigen Artikel aus der Frankfurter Rundschau ein bißchen genauer durchlese, scheint da für mich überall das Klischee des Dumpfbackenösterreichers durchzukommen. Soll ich mich jetzt deshalb aufregen oder lieber den Autor dieses Artikels und seine Unwissenheit über das tatsächliche Tagesgeschehen hier im Alpenland tolerieren?;)

Torsten B. Abel
09.04.2002, 15:51
Der stern brachte übrigens schon in seiner Ausgabe vom 27. 3. ein Interview (http://suche.stern.de/?branch=art&art_action=show&q=Haderer%2dSatire&art_id=150265&cobrand=) mit Haderer zu diesem Thema. Damals hätte ich schon darauf gewettet, daß Hate die Geschichte hier früher oder später zum Thema macht.

Und hier (http://www.stern.de/kultur/lounge/kulturwelt/artikel/?id=141947) noch eine Meldung von der Stern-Homepage vom 21. 3. :transmet:

- Torsten

ICOM
10.04.2002, 10:16
Auf 3SAT läuft gerade die Wiederholung der Übernahme der ORF-Talkshow "Die beleidigte Kirche".

Dabei auch Haderer himself (der allerdings verständlicherweise wenig Interesse bekundet, sein Werk zu erklären. Und ein trauriger Auftritt von Günther Nenning, früher ein streitbarer Solzialist (Club 2), heute ein jammernder Katholik, der zur ganzen Diskussion nur in ständiger Wiederholung betragen konnte, daß die Kirche ständig von den Intellektuellen angegriffen werde. Nona! Sie werden schon einen Grund haben...

Lupo_Wien
10.04.2002, 10:47
Original geschrieben von Menschenspötter
Ich frage mich nur, wer sofort Zeter und Mordio schreien würde, käme jemand auf die Idee, jetzt nur als Beispiel die Homosexuellen und die Drogenkonsumenten in gleicher Art und Weise einer satirischen Persiflage auszusetzen? Oder es hätte jemand das Bedürfnis zum Beispiel gläubige Mohammedaner als Turbantonis und Zickelbärte zu bezeichnen.

Dann schau Dir mal die Karikaturen von Manfred Deix an. Turbanheinis, Homos und abgemagerte Junkies gibt's da zuhauf. Aufregen tut sich keiner mehr, weil man weiß, Deix schert sich eine Dreck drum.


Oder es fände ein Künstler lustig, die Schrecken des zweiten Weltkrieges als witzig und cool darzustellen, wäre das auch noch Freiheit der Kunst?

Dir ist bekannt, daß Juden in KZs selbst teilweise satirisches Theater machten...?


Über dumpfe Gefühlsäußerungen kann man natürlich diskutieren, schafft es mein Gesprächspartner nicht vernünftig zu argumentieren und kann er seine eigene Meinung nur mit Fäkalausdrücken rüberbringen, muß ich ihn auch nicht ernst nehmen. Das Recht auf Kritik kann ich ihm trotzdem nicht absprechen, es sei denn, ich zähle mich zum elitären Kreis, der sich das alleinige Recht vorbehält, Kunst und Nichtkunst zu definieren.

Jeder soll sagen, was er an dem Jesus-"Comic" aus welchen Gründen schlecht findet. - Und muß sich als Kritiker selber Kritik gefallen lassen. Es geht nicht darum zu definieren, was Kunst ist und was nicht, sondern was gute Kunst ist und was schlechte.


Nur weil einer schreiben oder zeichnen kann, ist er noch kein Künstler.

Jedenfalls ist er Schriftsteller bzw. Zeichner, einfach vom Selbstverständnis her. Und ob er gut oder schlecht zeichnet/schreibt, ist Gegenstand der Diskussion. Den Kunstbegriff brauch ich dazu gar nicht strapazieren.

Gruß, L-W

Abulafia
10.04.2002, 11:07
Der Spiegel hat in seiner aktuellen Ausgabe (15/2002) auf S. 175 ein kurzes Interview mit dem Wiener "Theologen und Publizisten Adolf Holl" zu den Jesus-Darstellungen.
Zitat:
[...] Sind Haderers Bilder Gotteslästerung?
Nein.
Warum nicht?
Weil sie des Glaubensernstes entbehren. Man kann nur Gott lästern, wenn man an ihn glaubt. Aber die Sache ist eben auch ein Signal für das veränderte Klima im so negannten katholischen Österreich, wo in Wien innerhalb der letzten 30 Jahre der Anteil der Katholiken von 80 auf 50 Prozent gerutscht ist. Um ein Bibelzitat anzuwenden: "Wo ein Aas ist, da sammeln sich die Geier". [...]

MrSinister
10.04.2002, 11:33
Original geschrieben von Menschenspötter

Oder es fände ein Künstler lustig, die Schrecken des zweiten Weltkrieges als witzig und cool darzustellen, wäre das auch noch Freiheit der Kunst?

Ich erinnere hier an Walter Moers' Kleinen Adolf und auch an Deix' "missverstandenen Hitler" (war in irgendeinem Deixbuch, die Geschichte vom kleinen Dolphi und seinem verletzten Finger). Klare Satire in beiden Fällen, dennoch im Endeffekt eine "witzige" Darstellung von A. H. Gibt sicher noch mehr...

Sinister

Menschenspötter
10.04.2002, 11:51
Original geschrieben von Lupo_Wien


Dann schau Dir mal die Karikaturen von Manfred Deix an. Turbanheinis, Homos und abgemagerte Junkies gibt's da zuhauf. Aufregen tut sich keiner mehr, weil man weiß, Deix schert sich eine Dreck drum.
Nur hat der Deix jahrelang mit Kritik zu kämpfen gehabt, da haben etliche Gutbürgerliche ständig aufbegehrt und Zeter und Mordio gerufen, andere wiederum waren seit jeher vom Beach Boys- und Katzenfankarikaturisten begeistert , wenn Haderer so weiter macht wie bisher, wird sich vielleicht auch einmal niemand mehr über ihn aufregen. Jetzt muß er halt damit klar kommen.




Dir ist bekannt, daß Juden in KZs selbst teilweise satirisches Theater machten...?
Ja, ich habe auch ein bißchen was in der Schule gelernt und eine Exkursion in das ehemalige KZ-Lager Mauthausen unternommen, unter anderem wurde auch dieses berichtet. Auch Begnini hatte in seinem preisgekrönten Film Ist das Leben nicht schön? diese Zeitgeschehnisse satirisch bearbeitet. Aber wie schon im obigen Leitartikel bemerkt, bei Haderer reicht es gerade zur Studententoilettenlektüre. Einmal kommt Kritik der Gesellschft bei Gesellschaftskritik, einmal nicht, mir ging es vorwiegend um die Darstellung der Satire vom Künstler. Das ist ja momentan Diskussionspunkt.




Jeder soll sagen, was er an dem Jesus-"Comic" aus welchen Gründen schlecht findet. - Und muß sich als Kritiker selber Kritik gefallen lassen. Es geht nicht darum zu definieren, was Kunst ist und was nicht, sondern was gute Kunst ist und was schlechte.

Darüber brauchen wir nicht diskutieren, da sind wir einer Meinung.
Ich verstehe kritisierende Katholiken und Nichtkatholiken und kritisierte Katholiken und Nichtkatholiken. Und ich nehme doch wohl an, daß sich Herr Haderer als Kritiker an der katholischen Kirche jetzt auch Kritik der katholischen Kirche gefallen zu lassen hat, oder?;)
Trotzdem, wenn man sich hinter dem Deckmantel der künstlerischen Meinungsfreiheit versteckt, muß man auch definieren, ob Haderer Künstler ist oder nicht. Darum geht es ja jetzt eigentlich.



Jedenfalls ist er Schriftsteller bzw. Zeichner, einfach vom Selbstverständnis her. Und ob er gut oder schlecht zeichnet/schreibt, ist Gegenstand der Diskussion. Den Kunstbegriff brauch ich dazu gar nicht strapazieren.


Nun dann, bin ich jetzt vom Selbstverständnis her auch Schriftsteller und Zeichner, weil ich beides mal probiert habe? Oder bin ich es nicht, weil ich meine Brötchen nicht damit verdiene? Insofern hat jeder, der sich mit Zeichnungen oder Texten der Blasphemie schuldig macht, das Recht auf künstlerische Freiheit zu pochen? Heikles Thema.
Für mich ist Haderer momentan ein gewiefter, weinerlicher Selbstdarsteller, der sich im Hintergrund über den Kontoauszügen freudestrahlend die Hände reibt, weil sein Machwerk durch den Medienrummel momentan weggeht wie die warmen Semmeln. Die katholische Kirche hat ihm eigentlich keinen größeren Gefallen tun können.

Lupo_Wien
10.04.2002, 13:40
Original geschrieben von Menschenspötter
Nun dann, bin ich jetzt vom Selbstverständnis her auch Schriftsteller und Zeichner, weil ich beides mal probiert habe? Oder bin ich es nicht, weil ich meine Brötchen nicht damit verdiene?
"Selbstverständnis" sagt alles: Sobald Du Dich selbst als solcher verstehst, bist Du es. Sonst wären all die Schriftsteller, die die bemerkenswertesten Texte verfassen, die aber - aus 1000 vermaledeiten Gründen keinen Verlag finden, der sie druckt - keine Schriftsteller. Das kann's nicht sein, oder?


Insofern hat jeder, der sich mit Zeichnungen oder Texten der Blasphemie schuldig macht, das Recht auf künstlerische Freiheit zu pochen? Heikles Thema.

Ich verstehe, worauf Du hinauswillst. Aber das Problem sollte Dir dabei bewußt sein: Wenn ein Schaffender sich erst das Prädikat "Künstler" erwerben/verdienen/andienen muß, ehe er das Recht hat, künstlerische Freiheit zu beanspruchen, ist das eine Vorzensur, mit der man gerade jene kritischen Geister mundtot machen würde, die am meisten dieses Rechtes bedürfen.


Für mich ist Haderer momentan ein gewiefter, weinerlicher Selbstdarsteller, der sich im Hintergrund über den Kontoauszügen freudestrahlend die Hände reibt...

Weißt Du, für mich waren beim Nachdenken über Literatur und Kunst allgemein die Intentionen und Stimmungslagen vor, während und nach dem Schaffensprozeß schon immer sehr sekundär. Was für mich zählt, ist das Werk, der Comic, das Theaterstück. Welche Hühneraugen den Dichter, Zeichner... drücken und ob er sich die Hände reibt oder nicht, interessiert mich nur am Rande. :D Das erleichtert Werkinterpretationen ungemein. Und Werke, die nicht für sich selbst sprechen (können), sind ohnehin nicht die gerade die gelungensten.

L-W

Menschenspötter
10.04.2002, 20:25
Ich bin mir ziemlich sicher, so weit ich halt mit den katholischen Lehren vertraut bin, Jesus hätte Herrn Haderer seine Sünde mildtätig lächelnd vergeben, nur die katholische Kirche und viele ihrer irdischen Stellvertreter können das nicht, da liegt das eigentliche Problem.

Balu
14.04.2002, 09:25
das hier schon mal erwähnt wurde, hat ja auch nix konkret mit dem Geschrei um Harderers Jesus-Illustration zu tun, aber für Harderer-fans zu empfehlen:

Harderer
Die ersten zehn Jahre im Stern
SternBuch
Lappan-Verlag
ISBN 3-8303-3024-3

Preis weiß ich nicht mehr!
Darin sind sämtliche Illustrationen Harderers die im Stern zw. 1991 und 2001 veröffentlicht wurden, enthalten. Der Band ist schon mitte/ende letzten Jahres rausgekommen, ich hab's mir zu weihnachten gekauft und kann immer wieder drüber lachen :)

Menschenspötter
27.02.2003, 11:55
"Das Leben des Jesus", das Buch des oberösterreichischen Zeichners und Karikaturisten Gerhard Haderer, das sich in Österreich und Deutschland bisher rund 100.000 Mal verkauft hat, wurde am Dienstag (25.2.) in griechischen Buchhandlungen von der Polizei beschlagnahmt. Es soll nun zu einem Prozess wegen Religionsbeleidigung kommen.

Ermittelt wird gegen den griechischen Verlag Oxy, der die Lizenz erworben hatte, gegen den Übersetzer sowie gegen Haderer selbst. Das bestätigte der Ueberreuter Verlag, bei dem das Buch erschienen ist, am Donnerstag.

Lizenzausgaben des Buches seien bisher ohne Probleme in Korea, Frankreich, Tschechien und Ungarn erschienen, hieß es bei Ueberreuter. In Österreich hatte es nach Erscheinen des Buches vor einem Jahr einige Anzeigen gegeben, die Staatsanwaltschaft Wien stellte jedoch das Verfahren wegen Herabwürdigung religiöser Lehren auf Grund "mangelnder Tatbestandsmäßigkeit" ein.


Bei der nun erfolgten Beschlagnahme soll es sich in Griechenland um die erste diesbezügliche Maßnahme seit über zwanzig Jahren handeln.

Quelle: utanet.at

Der Letter-Man
28.03.2003, 06:44
Jetzt muss ich mir das Teil doch endlich mal bestellen, also bitte: her mit Exemplar 100.001! :D

Santo
28.03.2003, 07:25
Klar dass Haderers Jesus-Satire in Österreich einen Skandal auslöste. Elfriede Jelinek hat sicher gelacht, aber sonst wohl kaum einer. Homos und Drogenkonsumenten, in einen Topf geworfen und hier zum Vergleich gestellt: Auch schon wieder Satire, irgendwie... ;) Humor ist eben, wenn man trotzdem lacht. Lachen kann man über alles. Oder auch nicht.

MrSinister
28.03.2003, 09:40
Huh? :confused: