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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zensur. Warum die Nazis Tarzan verboten...



Hate
24.01.2002, 10:50
Nachdem die Nazis in Deutschland an die Macht gekommen waren, wurde am 2. März 1934 unter anderem auch der Tarzan-Film mit Johnny Weissmuller verboten.
Ich zitiere die wichtigsten Stellen aus dem Zensurgutachten der Film-Oberprüfstelle:
Der Film gehöre zu der Klasse jener Afrikafilme, die durch bewusste und raffinierte Hervorhebung der Grausamkeiten im Kampf des Menschen mit den wilden Tieren und dieser untereinander den Kitzel sadistischer Instinkte der Zuschauer zu erregen geeignet seien. Die entsittlichende und verrohende Wirkung des Bildstreifens werde dadurch beleuchtet, dass das Publikum an der Stelle, wo ein sympathischer kleiner Affe unter entsetzlichen Todesschreien ungelenk vor einem brüllenden Panther davoneilt, angesichts dieser Todesnot der Kreatur gelacht und weiterhin vor Vergnügen gequietscht habe, als beim Einbruch einer Elefantenherde in ein Negerdorf, dessen Hütten durch die mächtigen Tiere umgeworfen und zertrampelt werden, ein Elefant einen Zwerg in hohem Bogen auf die Erde schleudert, wo der Unglückliche in erbarmenswerten Todeszuckungen und Schreien zappelnd verendet.

Die tierquälerische Verwendung von Tieren bei der Herstellung von Filmen sei eine Kulturschande, der im neuen Deutschland durch das Verbot in § 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes vom 24.11.1933 ein Riegel vorgeschoben sei. Bei Auslandsfilmen dieser Art, deren Hersteller sich über die grundsätzlichen Gebote der Menschlichkeit aus reiner Gewinnsucht hinwegsetzen, sollte kein Mittel, das das Lichtspielgesetz bietet, unversucht bleiben, um die Vorführung in Deutschland zu unterbinden.

Die Oberprüfstelle hat Beweis erhoben über die Frage, ob der Film geeignet sei, das Rassenempfinden zu verletzen und damit lebenswichtige Interessen des Staates zu gefährden, durch Vernehmung eines Sachverständigen des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda. Der Sachverständige hat sich wie folgt geäußert:

Nachdem der Sinn des Volkes durch eine monatelang dauernde intensive Propaganda für alle Fragen der Erbbiologie geschärft worden sei, erachte er den Film für gefährlich. Im nationalsozialistischen Staate werde mit allen Kräften daran gearbeitet, in der öffentlichen Meinung Verständnis für eine Gattenwahl unter höchsten Anforderungen an das Verantwortungsbewusstsein zu wecken. Auch die Begriffe von Ehe, Weibtum und Mutterschaft würden wieder zu Ehren gebracht und von der oberflächlichen, ganz auf das Sexuelle abgestellten Verzerrung durch die vergangene Epoche mit vieler Mühe befreit. Ein Film, der das rein Triebhafte in den Vordergrund stelle, in seiner Tendenz darauf hinauslaufe, dass ein Urwaldmensch, ja selbst ein Affe, edelster Seelenregungen fähig und als Ehepartner würdig sei, laufe den bevölkerungspolitischen Tendenzen des Nationalsozialismus entgegen.

Im Hinblick auf die gesteigerte Empfindlichkeit in weiten Volkskreisen diesen Fragen der Würde des Weibes und der Vererbungslehre gegenüber sei der Film abzulehnen, weil er stark propagierten Grundanschauungen des Nationalsozialismus widerspreche und der auf diesem Gebiet betriebenen offiziellen Propaganda und Aufklärung in seiner Wirkung entgegenarbeite, selbst wenn der unbefangene Beschauer dies nicht sofort und deutlich merke.

Die Oberprüfstelle hat sich dem Gutachten des beamteten Sachverständigen angeschlossen:

Die Nationale Regierung ist bemüht, im deutschen Volke ein gesundes Rassenempfinden wachzuhalten und das Verantwortungsbewusstsein auf diesem Gebiet nach Möglichkeit zu stärken. Diesen Bestrebungen würde es zuwiderlaufen, wenn im Film gezeigt würde, wie ein Urwaldtier, ein affen-ähnliches Wesen, von einer Frau umworben, gehegt und geliebt wird. Durch Schnitte würde an der Tendenz des Films nichts geändert. Der Film ist vielmehr seinem gesamten Inhalt nach geeignet, das Rassenempfinden zu verletzen und damit den Aufklärungsbestrebungen der Regierung entgegenzuwirken. Die Erhaltung eines gesunden Rassenempfindens ist lebenswichtig für den Staat. Ein den Bestrebungen des Staates auf diesem Gebiet entgegengerichteter Film ist geeignet, lebenswichtige Interessen des Staates zu verletzen.

Der Film war daher bereits aus diesem Grunde vom ferneren Umlauf im Deutschen Reich auszuschließen, so dass die Oberprüfstelle es sich versagen konnte, ihn noch unter den Gesichtspunkten der entsittlichen oder verrohenden Wirkung zu werten.

Auf der Site Zensurgutachten der Film-Oberprüfstelle (http://www.deutsches-filminstitut.de/dt2jz01.htm) werden noch andere Beispiele von Film-Zensur der 20er und 30er Jahre behandelt, z.B. Phantom der Oper oder Alraune.

Daak
24.01.2002, 12:05
Okay, das ist mies...
...aba meiner Meinung nach ist (speziell in diesem Fall/generell) ein Verbot noch besser als die zahlreichen "Veränderungen", die Nazi-Deutschland, insbesondere an Büchern, ständig vorgenommen hat!

Du mußt dir zum Beispiel mal während der Nazi-Zeit gedruckte Karl-May-Bücher anschauen, das ist wirklich grausam...

Santo
24.01.2002, 12:41
Adolf Hitler soll ja gerne Micky Maus-Hefte gelesen haben.

Moe
24.01.2002, 14:41
Original geschrieben von Scarlet Epsilon
Adolf Hitler soll ja gerne Micky Maus-Hefte gelesen haben. Hast du auch einen Beleg für diese Aussage?
--
Moe

Tom-san
24.01.2002, 14:44
@ Scarlet Epsilon:
Jetzt im Ernst????

Also ich muß schon sagen, daß ich jetzt ganz schön erstaunt bin, was für eine hohe Sensibilität die Nazis der Behandlung von Tieren in Filmen entgegen bringe! Das die Nationalsozialisten sogar Tiertschutzgesetze erlassen haben und Filme kritisieren, in denen wilde Tiere getötet werden ist noch erstaunlicher...

Santo
24.01.2002, 15:03
Original geschrieben von Moe
Hast du auch einen Beleg für diese Aussage?
--
Moe

Doch doch, das stimmt! "Belege" kann ich jetzt nicht rauskramen, da ich Umzugskartons packe und mein Umzug bevorsteht. Aber Adolf war in vielem ein wiedersprüchlicher Mensch. So gibt es auch ein Buch, dass seine Homosexualität beweisst. Und außerdem war er Österreicher! Naja, das faschistisch Bigotte und Scheinheilige hat sich auf jeden Fall bis heute in Deutschland gehalten, ob man da jetzt Tarzan, Micky Maus oder Edmund Stoiber zum Beispiel nimmt ist völlig wurscht!:D

Klopfer
24.01.2002, 15:09
Ob der Führer tatsächlich Micky-Maus-Hefte gelesen hat, weiß ich nicht, allerdings hatte ihm Goebbels öfters Micky-Maus-Filme geschenkt, worüber sich Hitler sehr gefreut hatte (nachzulesen in Goebbels Tagebüchern). Hitler forderte dann auch, dass der deutsche Zeichentrick diesen Standard erreichen müsse. Das Ergebnis war die Gründung der Deutschen Zeichenfilm GmbH.

@Scarlet: In dem Buch werden keine stichhaltigen Beweise für seine Homosexualität geliefert, deswegen ist das Buch auch so umstritten. Dass Hitler Österreicher war, ist allgemein bekannt.

Santo
24.01.2002, 16:16
Naja, Klopfer, ich denk ich hab trotzdem deutlich gemacht worum es geht. So, weiter geht´s mit den Umzugkartons!

L.N. Muhr
24.01.2002, 18:06
ja deutlich schon... aber klar ist, daß keiner nix weiß!

also: klar war, daß hitler gemeinsam mit goebbels eine vorliebe für micky-maus-filme hatte, weshalb er ja auch den aufbau einer reichseigenen trickfilm-ag als chefsache vorantreiben ließ. mit den comics dürfte es schwieriger egwesen sein, da hitler wohl keine englischen originale gelesen hat und es auf deutsch nur jene 13 ausgaben der micky-maus-zeitung gabe, die 1932 in österreich erschienen sind.

zu seiner homosexualität: ich gebe klopfer recht, da ist nichts beweisen... klar ist dagegen, daß er bis kurz vor seiner regentschaft eine affaire mit einer nichte (cousine?) hatte... ist grade bei dtv ein schönes, sachliches buch zum thema erschienen: sexualität im 3. reich (oder so). sehr knapp und präzise, bietet es inhaltlich nur jene fakten, die wirklich belegt sind. also bitte! ;)

Klopfer
24.01.2002, 21:16
War wohl seine Nichte, glaub ich. Die hat dann aber auch einen Suizidversuch hinter sich gebracht. Adi, dieser Herzensbrecher... :rolleyes: :D

Santo
25.01.2002, 07:17
Kurz und knapp (Umzug!): Zwischen Wunschdenken und Wirklichkeit war´s bei den Nazis ein himmelweiter Unterschied. NICHTS stimmte und nichts war in Ordnung, alles nur eine verlogene Inzenierung, die Millionen Menschen den Tod brachte. Hitler war ein verhaltensgestörter, kranker Mann. Wenn er sich nicht einstudiert in Szene setzte oder von Leni Riefenstahl gefilmt wurde, dann wackelte er oft verhaltensgestört mit dem Kopf hin und her. Ob er wirklich 100% schwul war bleibt ungeklärt, seine, auch sexuelle, Affäre mit einem anderen Soldaten ist aber zweifelsfrei (durch Liebesbriefe!) verbürgt. Goebbels, der einen Hinkefuß hatte, entsprach so gar nicht den arischen Idealen und sah eher wie einer der zum Feind erklärten Juden aus. Naja, u.s.w. und so fort: ALLES was die Nazis machten oder sagten war verdrehte Propaganda und Scheiße und ich mach hier zum Abschluß den Tarzanschrei:
Aoooooooooooiiiiiiiiuuuuuuuuuuaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa aaaoooooooooooooooooeeeeeeeooooooooooooooooooooooo oooooooooooaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaeeeeeeeeeeeeeeeeeee eeeee !!!!!!!!!

Hate
25.01.2002, 14:08
Es gab wohl in den 30er Jahren die Idee, Comics aus dem faschistischen Italien nach Deutschland zu importieren. Aber daraus wurde dann nichts.

Die Comixene vom April 1979 berichtete über ein Gespräch mit dem Mailänder Comic-Verleger Lotario Vecchi:
„Ich hatte nun in Lucca Gelegenheit zu einem Gespräch mit Lotario Vecchi, in dessen Verlauf er mir erzählte, wie er im Herbst 1937 in Berlin mit Joseph Goebbels zusammentraf. Goebbels, so erzählte Vecchi, sei mit der Übernahme einiger Serien für den deutschen Markt einverstanden gewesen. Man darf vermuten, dass die deutsche Reichsregierung diese Produkte sicher zu Propagandazwecken zu missbrauchen gedachte. Der Ausbruch des zweiten Weltkriegs verhinderte jedoch die Realisierung des Projekts.

Immerhin hatte Vecchi schon vor dem Gespräch mit Goebbels in einer Druckerei in Lahr/Schwarzwald einen großen Teil seiner Comics für Italien produzieren lassen.“