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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : McCloud's Definition falsch???



Isi
08.12.2001, 09:33
Hallo,
Das hab' ich schon woanders gepostet, wollte nur mal wissen was ihr hier so denkt:
Ich hab die etwas ältere Ausgabe von "Comic richtig lesen" von Scott McCloud und da steht drin, die Comicdefinition wäre: "Zu räumlichen Sequenzen angeordnete bildliche oder andere Zeichen" Ist das nicht falsch oder undeutlich übersetzt?
Denn wenn man's genaunimmt könnte man auch sagen: Zu räumlichen Sequenzen angeordnete Buchstaben (Symbole - andere Zeichen). Das wären dann Wortreihen. Muss es nicht eher heißen: Zu räumlichen Sequenzen angeodnete bildliche (und [ggf.]andere) Zeichen.

Vieleicht bin ich auch auf dem Holzweg, dann wär's mal ganz nett, wenn man mich belehren könnte. Ich muss nämlcih ein Referat über Comics halten.

Tschö bis denne, Isi

Andreas Alt
08.12.2001, 16:57
Ich habe sdas Buch von McCloud jetzt leider nicht zur Hand. Aber soweit ich mich erinnere, erklärt er vor der Definition, wie er auf die Definition gekommen ist. Eine Sequenz von Buchstaben wäre sicher kein Comic, sondern im Glücksfall ein Wort oder ein Text. Ich glaube aber, McCloud hat die Definition deshalb so weit gefaßt, weil er auch Comics einbeziehen wollte, die nur aus Bildern bestehen, oder Comics, in denen Bild und Text streng getrennt sind (wie zum Beispiel "Prinz Eisenherz"). Es kommt aber auf jeden Fall auf die Sequenz an - ein einzelnes Bild kann kein Comic sein. Da bezieht er sich wohl auch auf den von Will Eisner geprägten Begriff der "Sequential Art".

Naja, ich weiß nicht, ob Du mit diesen Bemerkungen was anfangen kannst. Es hat mich jedenfalls gereizt, etwas dazu zu schreiben. Welchen Titel hat denn Dein Referat? Und in welchem Fach mußt Du es halten?

Sorry übrigens für die alte Rechtschreibung. Aber ich habe keine Lust, mich umzustellen - und bin glücklicherweise auch kein Schüler mehr.

Aeonra
08.12.2001, 17:01
Naja ich denke nicht dass die übersetzung zu ungenau ist, schliesslich werden in Comics auch manchmal mit Buchstaben und wörtern Bilder geformt (z.B David Mack der Zeichner von Kabuki)... ausserdem steht da ja "räumlich" Ich hab bis jetzt noch keine räumliche anordnung von Buchstaben gesehen, die nicht etwas von Bildern hatten.

Sascha Thau
09.12.2001, 14:04
Also räumlich ist auf einem Blatt Papier gar nichts. Es gibt höchstens die Illusion von "räumlich".

Cest nes pas une pipe oder so (war in Französisch ne Flasche).

PS: Wie ich schon an anderer Stelle sagte, es gibt keine Definition von Comics.

bye Sascha

sansblanc
09.12.2001, 14:36
Ceci n'est pas une pipe, um genau zu sein ;)

Michael Vogt
09.12.2001, 14:52
Wir hatten über diese Definition schon mal eine längere Diskussion im Carlsen-Forum. Ich denke, das das in der Carlsen-Ausgabe einfach unpräzise übersetzt ist.

Hier der Link:
http://www.comicforum.de/comicforum/showthread.php?s=&threadid=14084&perpage=25&pagenumber=2

Gruß
Michael

Aeonra
10.12.2001, 09:59
Naja ich bezog mich da auch auf die "räumliche" Darstellung nicht dass es räumlich ist. :rolleyes:

Ambroggio
10.12.2001, 10:52
McCloud meint mit "räumlich" dass Comics PLATZ verbrauchen um Zeit zu simulieren.

Im Grunde ist das eine Gemeinsamkeit mit Schrift. Filme hingegen benutzen beim Endrezipienten betrachtet immer die gleiche Fläche.

Sehr wichtig dazu ist die Sequenz aus Bildern, wobei besagte Bilder ebenso Schriftzeichen sein können. (siehe ägyptische Hieroglyphen - die werden als Schrift bezeichnet, sind aber Comics...).

Der Unterschied zur Schrift besteht darin, dass jeder einzelne Buchstabe in Kombination mit anderen einen Sinn erhält. Bei Comic ist jede Sequenz in sich sinnig.

Beispiel:
H A U S - die Buchstaben alleine bringen einen nicht weiter.
Im "Comic" wird ein Haus abgebildet.

setzt man jetzt einen Typen vor das Haus, der gerade die Tür öffnet, ist das im Comic immer noch EIN Bild.
Bei Schrift würde dies nicht mehr ausreichen und wir erweitern es noch: "Ein Mann betritt ein Haus."

Zusätzliche Informationen resultieren in Comics in mehr Bildern oder mehr Details. In Schrift resultieren sie in mehr Buchstaben.



Das momentan einzige mit dem ich bei Scott McCloud nicht übereinstimme ist seine Definition von Kunst...

Isi
10.12.2001, 12:49
@Ambroggio: Du denkst irgendwie genau andersrum wie ich, ich find' die Comicdefinition is' falsch und das mit der Kunst stimmt.
Muss nochmal über deine Sachen nachdenken, weiß nicht, irgendwas ist ja dran.
Aber besonders interessant find' ich das mit den ägyptischen Schriftzeichen. Als Schriftzeichen sind sie eigentlich keine Comics, aber wenn man ihre Geschichte zurückverfolgt (die Abstraktheitsebene verlässt (?)) sind sie Comics ähnlich.
Naja, mal'n bisschen mehr Zeit zum Nachdenken bräucht' ich noch.
das Referat ist übrigens über Online-Comics, muss aber noch'n bisschen dran arbeiten. Vielleicht tu ich das ja mal hierrein.

Dieses Common Interest-Forum ist irgendwie geil, nurmal so nebenbei!

Tschö, Isi:p

Ambroggio
10.12.2001, 14:22
@ Isi:

Folgendes Problem mit McClouds Kunstdefinition:
Er bringt ja das Beispiel der Steinzeitmenschen. Nach ihm ist alles was nicht mit der Erhaltung der eigenen Art (Fortpflanzungstrieb) oder dem Überleben (Selbsterhaltungstrieb) zu tun hat.... Kunst.

Mein Problem mit dieser Definition ist, dass Kunst meiner Meinung nach erst im Auge des Betrachters entsteht. Und für gewöhnlich wird sie im Auge des Betrachters aus bestimmten Gründen zur Kunst ( z.B. ein Mann lehnt moderne Kunst ab, und bevorzugt klassische, gegenständliche Darstellung).

In diesem Fall bestätigt das Kunstwerk das Selbstbild des Reziepienten und bestätigt ihn in seiner Persönlichkeit. Was wiederum sein Selbstbewusstsein steigert. Und ein gesundes Selbstbewusstsein ist ein weiterer positiver Faktor um besser zu überleben. Und das zählt für mich eindeutig zur Selbsterhaltung.

Demnach ist Kunst nicht durch den Ausschluss der menschlichen Grundbedürfnisse zu erklären.

Helrunar
10.12.2001, 17:12
Original geschrieben von Ambroggio

Mein Problem mit dieser Definition ist, dass Kunst meiner Meinung nach erst im Auge des Betrachters entsteht. Und für gewöhnlich wird sie im Auge des Betrachters aus bestimmten Gründen zur Kunst ( z.B. ein Mann lehnt moderne Kunst ab, und bevorzugt klassische, gegenständliche Darstellung).

Das ist eigentlich eine ungenaue Redeweise, wie oft in der Umgangssprache. Auch jemand, der moderne Kunst hasst, wird nicht in Abrede stellen, dass es sich um ein Kunstprodukt handelt, ein ästhetisches Objekt, das eine ästhetische Wirkung erzeugen soll. Nur wird er sagen, dass das Kunstprodukt diesen Anspruch nicht gut genug erfüllt, also ein schlechtes Kunstwerk ist, während er andere Kunstwerke für gelungener hält.
Das Problem ist, dass Urteile über Kunst subjektiv sind, aber gleichwohl Anspruch auf Verallgemeinerbarkeit erhben: d.h. was ich schön finde, soll der andere auch schön finden.
Näheres bei I. Kant: Kritik der Urteilskraft!
:lehrer:

Ambroggio
10.12.2001, 18:48
Auch jemand, der moderne Kunst hasst, wird nicht in Abrede stellen, dass es sich um ein Kunstprodukt handelt, ein ästhetisches Objekt, das eine ästhetische Wirkung erzeugen soll.

Vielleicht ist es so bei jemanden der sich mit Kunst beschäftigt, aber wenn mein Vater einen Haufen Kacke im Museum sind, dann ist das für ihn Verarsche und keine Kunst. Und bei Verarsche geht es nicht mehr ästethische Wirkung.

Nur wird er sagen, dass das Kunstprodukt diesen Anspruch nicht gut genug erfüllt, also ein schlechtes Kunstwerk ist, während er andere Kunstwerke für gelungener hält.

Oben angeführtes Beispiel. Natürlich alles ist relativ. Aber irgendwann werden die Grenzen der persönlichen Begriffsdeklaration überschritten und es fällt aus dem Rahmen. Wenn ein Massenmörder seine mit Blut und Körperteilen gemalten Bilder macht... dann ist es ein schlechtes Kunstwerk für die meisten Leute... aber ein Kunstwerk für den Mörder selbst.

Das Problem ist, dass Urteile über Kunst subjektiv sind, aber gleichwohl Anspruch auf Verallgemeinerbarkeit erhben: d.h. was ich schön finde, soll der andere auch schön finden.

Ja, schon. Aber das ist auch die einzigste Verallgemeinerung die man da ziehen kann. Und somit sind wir wieder beim Selbsterhaltungstrieb, der durch die positive Äußerung anderer zur eigenen Kunst und einer Selbstbewusstseinsstärkung Auftrieb erhält.

Sascha Thau
10.12.2001, 20:15
Original geschrieben von Michael Vogt
Wir hatten über diese Definition schon mal eine längere Diskussion im Carlsen-Forum. Ich denke, das das in der Carlsen-Ausgabe einfach unpräzise übersetzt ist.
Gruß
Michael

Auch dann wird kein Schuh draus. Ich weiß leider nicht ob die Diskussion auf dem COMICS JOURNAL message board noch vorhanden ist, aber da haben sich einige Leute den Kopf zerbrochen über eine "richtige" Definition die verdammt viel mehr über Comcis wissen als ich wahrscheinlich jemals wissen werde (inkl. McCloud). Am Ende gab es kein brauchbares Ergebnis.

Ägyptische Schriftzeichen sind definitv keine Comics.

Na ja und über die Definition von Kunst lass ich mich besser nicht aus... da dreht man sich am Ende eh nur im Kreis.

bye Sascha

ICOM
10.12.2001, 21:30
Tja, Pech gehabt, Isi: Online-Comics gibt es gar nicht, wenn man der Defintion des Carlsen-Comics-Chefs Glauben schenkt:

In seiner Inauguraldissertation zur Erlangung eines Doktors der Philosophie "Das Spiel mit der Realität - Erwachsenen-Comics in der Bundesrepublik Deutschland" schrieb Joachim Kaps 1990:

"Comics sind eine printmedial verbreitete visuelle Textform, die aus mindestens zwei Bildern besteht. In aller Regel findet zumindest in einem Teil der Bilder Schrift Verwendung, die dann in das Bild integriert ist. Unabhängig von der Verwendung von Schrift sind die Bilder eines Comics mit grafischen und/oder malerischen Mitteln gestaltet."

L.N. Muhr
11.12.2001, 10:16
@icom: ich hab den smiley in deiner anführung vermisst? das internet als populäres medium war im jahr 1990 (und den vorausgehenden recherchejahren) wohl nicht so weit verbreitet, oder? ;)

ansonsten gibt mccloud in reinventing comics zu, daß die grenzen zwischen comic und anderen genres im medium internet fließend werden - ein synergistishcer effekt, der aber auch alle anderen genres betrifft.

@ambro: nein, kunst entsteht NICHT im auge des betrachters, kunst wird gemacht. andernfalls hast du das problem, daß du "kunst" nicht mehr von "alltagswelt" unterscheiden kannst, da im zweifelsfall über rein subjektive betrachtung jeder gegensatnd unabhängig von seinem ort, seiner entstehung und seiner intention. der satz, den du meinst, ist eigentlich eine unzulässige verkürzung von "kunst ist etwas, was ich als künstlerisch empfinde, weshalb nur ich mir eine meinung dazu bilden kann, was kunst ist". subjektiv gesehen völlig korrekt, da jeder das recht auf seine meinung hat, im objektiven sinne leider überhaupt nicht operabel.

Ambroggio
11.12.2001, 10:36
Original geschrieben von L.N. Muhr
@ambro: nein, kunst entsteht NICHT im auge des betrachters, kunst wird gemacht.

Das kommt sich gleich. Wenn ich nun Kunst mache, und der Betrachter sagt sich: es ist keine Kunst. Dann ist es für ihn keine Kunst. Natürlich kann ich versuchen ihn zu überzeugen, aber damit ändere ich seine Sichtweise. Also doch im Auge des Betrachters.

andernfalls hast du das problem, daß du "kunst" nicht mehr von "alltagswelt" unterscheiden kannst, da im zweifelsfall über rein subjektive betrachtung jeder gegensatnd unabhängig von seinem ort, seiner entstehung und seiner intention.

Wieso Problem?
Genau das ist es doch. Ich mache ne Zeichnung, just for fun, OHNE eine künstlerische Intention. Und dann kommt irgendein Spinner, der das Ding toll findet, kauft es mir ab, stellt es aus und deklariert es als Kunst. Ein Alltagsgegenstand der zum Kunstobjekt wird... durch den Betrachter.

Einen Wert erhalten Dinge immer nur den Betrachter. Ein altes, großes Haus aus dem 19. Jahrhundert IST ein großes, altes Haus. Und selbst DAS ist relativ.

Wenn jetzt jemand sagt, dass es ein Wunderwerk der Architektur ist und der Architekt ein wahrer Künstler war... wo sind wir dann?
Für einen anderen ist die Bude nur hässlich und ein Schandfleck für das Gesicht der Stadt.

der satz, den du meinst, ist eigentlich eine unzulässige verkürzung von "kunst ist etwas, was ich als künstlerisch empfinde, weshalb nur ich mir eine meinung dazu bilden kann, was kunst ist". subjektiv gesehen völlig korrekt, da jeder das recht auf seine meinung hat, im objektiven sinne leider überhaupt nicht operabel.

Unzulässige Verkürzung? Schnalle ich nicht.
Ich habe exakt das gleiche ausgesagt und habe es weniger verdreht.

Und objektiv operabel ist prinzipiell alles und nichts. Wenn ich noch nicht mal einen Beweis für meine Wahrnehmung der Existenz an sich erbringen kann, wie kann ich da allgemeingültige, objektive Regeln aufstellen?

Ich weiss, dass ich nichts weiss.
Alles was ich tun kann ist glauben...

The Obsidian
11.12.2001, 12:55
Original geschrieben von Ambroggio
@ Isi:
Folgendes Problem mit McClouds Kunstdefinition:In diesem Fall bestätigt das Kunstwerk das Selbstbild des Reziepienten und bestätigt ihn in seiner Persönlichkeit. Was wiederum sein Selbstbewusstsein steigert. Und ein gesundes Selbstbewusstsein ist ein weiterer positiver Faktor um besser zu überleben. Und das zählt für mich eindeutig zur Selbsterhaltung.

Demnach ist Kunst nicht durch den Ausschluss der menschlichen Grundbedürfnisse zu erklären.
Hmm - will mich jetzt nicht mit dir anlegen, aber dieses Argument finde ich zu komplex herausgezogen. Es ist nicht ein klarer Fall, vor allem weil Kuenstler oft kein gesundes Selbstbewusstsein hatten.

Der Kuenstler selbst macht sein Werk nicht um sein Selbstbild zu bestaetigen, sondern weil er ein innerlichen Drang hat was zu Schoepfen, oder aber er will evtl. sein Weltbild darzustellen. Dieser Drang geht oft gegen das Selbsterhaltungstrieb hinaus - dieses ist bestaetigt in dem viele der grossen Kuenstler in Armut lebten und kein einziges Bild verkaufen konnten. Sie wurden auch nie in ihrer Lebenszeit annerkannt - eher verspoettet. Das alles spricht eindeutig gegen den Selbsterhaltungstrieb - (welches in Englisch besser rueberkommt: Survival Instinct - der Ueberlebungsinstinkt - Selbstbewusstsein ist im direktem Sinne keine Voraussetzung fuers ueberleben, sondern eher eine Folge davon).

So habe ich McCloud's definition verstanden. Es ist was Unerklaerliches welches auch in der Definition der Philosophie erwaehnt wird.

L.N. Muhr
11.12.2001, 13:06
@ambro: dein beispiel mit dem haus trifft die sache auf den kopf. natürlich kann irgendwer daherkommen und irgendwas als kunst definieren. trotzdem ist auch dieses "kunstwerk" produziert worden. von jemand. mit einer bestimmten absicht. und sollte ein haus als kunstwerk angesehen werden (und es gibt viele bauwerke, die als künstlerisch wertvoll gelten), dann kann man imho davon ausgehen, daß hier nicht nur irgendein superpraktischer ddr-wohnsilo in die gegend gerotzt wurde, sondern daß der architekt ästhetische bedürfnisse - und seien es nur seine eigenen oder die seiner auftraggeber - ins spiel gebracht hat. er hat also mehr getan, als einen auftrag zu erfüllen....

was ich mit dem von erweiterten satz der kunst-auge-betrachtung sagen wollte: kunst erscheint dir in deinem auge als kunst, egal, was es ist. es sollte jedoch imho im auge des künstlers liegen, ob er da wirklich kunst erschaffen hat. so gesehen kannst du unsere komplette alltagswelt als künstlerisch (bzw. nicht-künstlerisch) erfassen, der künstler jedoch, der einer idee bzw. einem inneren drang folgte, hat immer noch das recht auf seine eigene meinung.

verzeih mir, wenn das jetzt etwas wirr war, aber ich habe hunger....

Isi
11.12.2001, 13:12
Will jetzt auch mal meinen Senf zur Kunst abgeben:
Ich denke, McCloud hat vollkommen Recht. Anders könnte man sagen, dass alles das, was uns "im Prinzip" von den Tieren unterscheidet Kunst ist.
Ein schöner Fisch (oder so) ist zwar eventuell künstlerisch, aber er ist keine Kunst. Natürlich muss man hier ein wenig aufpassen, an Leute die an Gott glauben, da dann ja doch ein Künstler am Werk wäre.
Und so'ne Toilettenschüssel ist keine Kunst, wenn sie normal genutzt wird, sondern sie muss in anderen Zusammenhang gerückt werden. Der Typ, der das gemcht hat (weiß jetzt gerad net wer) versuchte die Leute zu provozieren, indem er dieses "Scheißobjekt" in ein Museum stellte. Heutzutage ist die Idee nur mittlerweile nicht mehr anstößig.

Und der Herr Jo Kaps ... grrr! Blödsinn,( tschuldigung)! Obwohl ich glaub', der meint das anders als das so klingt.

Tschö bis denne, Isi:rolleyes:

Ambroggio
11.12.2001, 13:38
Original geschrieben von The Obsidian
Der Kuenstler selbst macht sein Werk nicht um sein Selbstbild zu bestaetigen, sondern weil er ein innerlichen Drang hat was zu Schoepfen, oder aber er will evtl. sein Weltbild darzustellen.

Sorry, wenn es so rüberkam. Aber ich wollte künstlerische Aktivität NICHT nur auf Selbstbestätigung reduzieren. Aber auch der Drang zu Schöpfen oder die Darstellung seines Weltbildes (Mitteilungsbedürfnis --> Kommunikation) sind für mich Mittel und Wege besser zu überleben. Denk mal an all sie Leute, die das nicht tun können... die finden vielleicht Obsession in einem Hobby wie Autos oder glotzen den ganzen Tag zombiehaft TV. Der Mensch braucht eine Aufgabe.

Dieser Drang geht oft gegen das Selbsterhaltungstrieb hinaus - dieses ist bestaetigt in dem viele der grossen Kuenstler in Armut lebten und kein einziges Bild verkaufen konnten. Sie wurden auch nie in ihrer Lebenszeit annerkannt - eher verspoettet. Das alles spricht eindeutig gegen den Selbsterhaltungstrieb.

das sehe ich anders :)
Warum ging es den Leuten so scheisse? Weil sie niemanden gefunden haben, der sie verstanden hat. Van Goghs Bilder z.B. waren äußerst unbeliebt und als hässlich angesehen, seltenst konnte er welche verkaufen, ohne seinen Bruder hätte er wahrscheinlich nicht mal malen können.

Hätte van Gogh Leute gefunden, die ihn und seine Kunst bewundern und akzeptieren, hätte er sich IMO auch niemals sein Ohr abgesäbelt. Weil er damit nämlich jemanden gefunden hätte, der mit ihm auf einer Wellenlänge liegt. Und damit hätte er sein "Rudel" gefunden, und damit Selbstbestätigung, und damit eine hohere Überlebenswahrscheinlichkeit.

Selbstbewusstsein ist im direktem Sinne keine Voraussetzung fuers ueberleben, sondern eher eine Folge davon).

Selbstbewusstsein ist eine Grundvoraussetzung lebensfähig zu sein, weil Selbstbewusstsein die Identität des Einzelnen definiert.
Kaspar Hauser ist z.B. deswegen krepiert, weil sich bei ihm aufgrund der Isolation keine Identität und kein Bewusstsein bilden konnte. Aber ich gebe dir auch Recht. Je besser du im Leben klar kommst, desto mehr Bestätigung bekommst du für das, was du tust. und das stärkt das Selbstbewusstsein, weil du das Gefühl hast, dass alles mit dir "richtig" ist.

<b>So habe ich McCloud's definition verstanden. Es ist was Unerklaerliches welches auch in der Definition der Philosophie erwaehnt wird.[/B]

Für mich ist es eher etwas Variables. Genauso wie so lustige Dinge wie Liebe und Hass... ich denke, dass muss jeder für sich selbst definieren, basierend auf der eigenen Identität, wo eigentlich jeder Mensch und jedes Ereignis der persönlichen Vergangenheit Wirkungen hinterlässt...

Hey, gerade läuft Alanis Morisette mit "Thank You" im Radio... das passt :)

Ambroggio
11.12.2001, 13:45
Original geschrieben von L.N. Muhr
@ambro: dein beispiel mit dem haus trifft die sache auf den kopf. natürlich kann irgendwer daherkommen und irgendwas als kunst definieren. trotzdem ist auch dieses "kunstwerk" produziert worden. von jemand. mit einer bestimmten absicht. und sollte ein haus als kunstwerk angesehen werden (und es gibt viele bauwerke, die als künstlerisch wertvoll gelten), dann kann man imho davon ausgehen, daß hier nicht nur irgendein superpraktischer ddr-wohnsilo in die gegend gerotzt wurde, sondern daß der architekt ästhetische bedürfnisse - und seien es nur seine eigenen oder die seiner auftraggeber - ins spiel gebracht hat. er hat also mehr getan, als einen auftrag zu erfüllen....


betrachten wir den Künstler (der mit der Intention) auch mal als Rezipienten (weil er ja auch sein Werk wahrnimmt), dann entsteht doch immer noch die Kunst in seinem Auge, oder?

"Kunst entsteht im Auge des Betrachters" schließt den Künstler nicht aus. Im Gegenteil: Selbst wenn der Künstler der einzige ist, der sein Werk als Kunst betrachtet (davon gibt's einige, seien wir ehrlich) so ist das schon Kunst... und wir können nichts dagegen tun.

Also ergänzen wir uns in unserer Meinung eher, oder?

Anyway,
ich z.B. betrachte die Arbeiten, die ich mache nicht als Kunst, sondern Handwerk. Oder Glücksfälle, wenn sie mal gut werden.
Und wenn sie jemanden gefallen, freut's mich natürlich :)

Ambroggio
11.12.2001, 13:48
Original geschrieben von Sascha Thau
Ich weiß leider nicht ob die Diskussion auf dem COMICS JOURNAL message board noch vorhanden ist, aber da haben sich einige Leute den Kopf zerbrochen über eine "richtige" Definition die verdammt viel mehr über Comcis wissen als ich wahrscheinlich jemals wissen werde (inkl. McCloud). Am Ende gab es kein brauchbares Ergebnis.

Na ja und über die Definition von Kunst lass ich mich besser nicht aus... da dreht man sich am Ende eh nur im Kreis.


Ist das ein Grund es bleiben zu lassen? Hört sich an als würdest du nicht nur dir, sondern auch uns die Kompetenz absprechen, weil sich ja schon andere "große Geister" den Kopf drüber zerbrochen haben...

und selbst, wenn wir zu keinem Ergebnis kommen, so habe ich doch mit den Leuten hier gerade eine wunderbare und interessante Diskussion :)

The Obsidian
11.12.2001, 14:07
Original geschrieben von Ambroggio
Für mich ist es eher etwas Variables. Genauso wie so lustige Dinge wie Liebe und Hass... ich denke, dass muss jeder für sich selbst definieren, basierend auf der eigenen Identität, wo eigentlich jeder Mensch und jedes Ereignis der persönlichen Vergangenheit Wirkungen hinterlässt...

Hey, gerade läuft Alanis Morisette mit "Thank You" im Radio... das passt :)

Damit kann ich leben :D Letztendlich muss jeder Kunst fuer sich definieren.
-- de gustibus non est disputandum --

(Apropos Alanis, da waere "All I really want" vielleicht zutreffender... ;) )

ICOM
11.12.2001, 15:48
@Ellen Muh, @isi:
In der Tat war das Internet 1989/90 noch kein Thema. Kaps' Definition scheitert ja schon daran, daß erst der reproduzierte Comic ein Comic sein soll (was natürlich Unfug ist, schon das Original ist entweder ein Comic oder eben nicht, unabhängig von seiner Reproduktion oder Reproduzierbarkeit). Trotzdem stellt der Versuch des jetzigen Carlsen-Verlagsleiters einen Fortschritt gegenüber früheren Definitionen dar, die zum Teil so abgefaßt waren, daß die These der Erfindung der Comics zu Ende des 18. Jahrhunderts mit aller Gewalt bestätigt wurde ("ständig wiederkehrende Figuren, massenhafte Verbreitung"), ohne daß die Forschenden erkannten, daß mit einer falschen Prämisse nur falsche Ergebnisse herauskommen können (der angeblich erste Comic, "Hogan's Alley" bzw. "The Yellow Kid" war eben gar kein Comic, weitaus früher entstandene Werke aber wohl).

@ Ambroggio: In der Wahl Deiner Beispiele warst Du ja äußerst unglücklich. Van Gogh fand durchaus Bestätigung, nämlich durch Gauguin, der dann seinem Freund nach neuester Forschung im Suff das Ohr abschnitt. Und Kaspar Hauser "krepierte" ja nun in erster Linie daran, daß er ermordet wurde.

Ambroggio
11.12.2001, 15:59
@ Ambroggio: In der Wahl Deiner Beispiele warst Du ja äußerst unglücklich. Van Gogh fand durchaus Bestätigung, nämlich durch Gauguin, der dann seinem Freund nach neuester Forschung im Suff das Ohr abschnitt. Und Kaspar Hauser ³krepierte" ja nun in erster Linie daran, daß er ermordet wurde.

Ups.
Wieder was gelernt.

Das gibt ja allem ne ganz neue Sichtweise :D
Van Gogh und Gauguin waren Partysäue... und haben sich ordentlich zugeknallt. ;)

Sascha Thau
11.12.2001, 16:19
Original geschrieben von Ambroggio


Ist das ein Grund es bleiben zu lassen? Hört sich an als würdest du nicht nur dir, sondern auch uns die Kompetenz absprechen, weil sich ja schon andere "große Geister" den Kopf drüber zerbrochen haben...

und selbst, wenn wir zu keinem Ergebnis kommen, so habe ich doch mit den Leuten hier gerade eine wunderbare und interessante Diskussion :)

Yupp. Diese Diskussion habe ich (immer wiederkehrend) mit einem Freund seit über 3 Jahren. Wobei ich eine recht offene Definition von Kunst vertrete und er eine enger gefaßte. Bisher ist es keinem von uns gelungen auch nur einen Schritt wieter zu kommen. Ich bin einfach nur müde geworden mir darüber Gedanken zu machen.

Mir reicht's zu wissen was ich scheisse finde und was gut und ich finde es okay, wenn andere scheisse finden was ich gut finde und umgekehrt. Das reicht für mich um weiterzuleben. Ansonsten wartet jetzt nämlich erstmal die nächste Comicseite auf mich.

Im übrigen ist jeder hier kompetent genug seine Meinung zu sagen und sich an der Definition von Kunst oder Comics zu versuchen.

Und zur Definition von Comics sage ich nur: Mir reicht es erstmal das es sie gibt, ob definiert oder nicht. Bin eben eher einfach gestrickt.

bye Sascha

Jähling
11.12.2001, 23:58
Puh, ich habe gerade einen sehr langen, aber sehr schön geschriebenen Kommentar gelöscht... durch irgendeine versehentliche Tastenkombination, die ich noch gar nicht kannte...

Egal. Ich hätte mich sicher früher eingemischt, aber mein Computer ist getsern abgeschmiert, aber so richtig, und mit Comics drauf und allem. Aber jetzt geht's wieder (bis jetzt).

Was mir beim Drüberlesen aufgefallen ist, sind verschiedene Begriffe von Kunst, die durcheinanderwirbeln, die sich nicht unbedingt ausschließen, aber verschiedene Aspekte von Kunst bezeichnen und deshalb nicht gegeneinandergehalten werden können:
- Kunst als überflüssige Handlung (McCloud, mit den Worten von Brecht)
- Kunst als Erhabenes (Ambros Vater)
- Kunst als Selbsterhaltung.

Brecht hat das Theater mal als überflüssig bezeichnet. Dmit meinte er nicht, daß es abgeschafft gehört, sondern daß es von den Notwendigkeiten des Lebens abgekoppelt zu sein habe, damit es sein kulturelle Potential ausschöpfen kann. So verstehe ich McCloud: eine Handlung, die nicht UNMITTELBAR auf Überleben oder Fortpflanzung ausgerichtet ist. Die auf den ersten Blick zwecklos ist, außer als Selbstzweck.
Ich stimme Ambro zu, daß Kunst etwas lebensnotwendiges ist, aber nicht ganz so, wie er es meint. Es geht darum, gut zu leben, menschenwürdig zu leben, aber nicht: überhaupt zu leben. Dazu brauchen wir die Kunst nicht. Tiere schaffen das ja auch ohne.
Aber das Leben als Mensch erfordert eben mehr als das Überleben des Köroers (essen, schlafen, kämpfen, rennen) oder der Spezies (Fortpflanzung). Dazu gehört eben auch das Überleben des Geistes. Und dazu braucht's Kunst. In der Definition von McCloud.
McCloud benutzt extra einen weiten Begriff von Kunst. Im allgemeinen (deutschen) Sprachgebrauch hat sich der Begriff "Kultur" für das meiste davon eingebürgert. Aber das ist falsch. "Kultur" ist latein und bezeichnet eigentlich Ackerbau, und das ist nun wirklich eine Geste im Dienste des Überlebens. Der UNterschied, den Kultur markiert. besteht darin, dem Überleben und dann eigentlich allem, feste, vom M´nschen entwickelte Formen zu geben. Damit umfaßt es irgendwie auch Kunst, trifft sie aber nciht sehr genau.
Im Englischen gibt es da die Unterscheidung zwischen "art" und "high art". McCloud redet von "art", was "High art" einschließt, aber nicht bedeutet.
Und damit kommen wir zu Ambros Vater. Wenn dieser nämlich über ein Stück Scheiße (ich denke mal, in einem Museum?) sagt, daß sei keine Kunst, meint er damit nicht: das ist kein Ausdruck eines über das Lebensnotwendige hinausgehenden Bedürfnisses", sondern, "dieses Werk verdient es nicht, in einem Atemzug oder auch nur einem Gebäude mit den Werken Rembrandts oder Da Vincis vorzukommen." Er sagt: Dies ist keine "High Art". Mehr nicht.
Kein Diskurs über Kunst spricht dem Werk die Zugehörigkeit zu "art" ab. Die Diskurse drehen sich eher darum, ob es sich um wertvolle Kunst thandelt, also Kunst im Sinne von Ambros Dad, oder nicht, dann wäre es, weil der Kunstbegriff in Deutschland inzwischen von der High Art okkupiert ist, Kunsthandwerk, Kitsch, Schund, aber das alles ist trotzdem "art". Die Besetzung des Kunstbegriffs mit Erhabenem ist übrigens ziemlich neu, sie geht nicht weiter zurück als ca. drehundert Jahre. Davor war Kunst Kunst, und hohe Kunst war halt angesehenere Kunst. Äh, und Schund war auch Kunst, nur halt schlechte.

Eigentlich fallen mir nur zwei Diskurse über Kunstwerke ein, die den Werken den Status als Kunst wirklich abgesprochen haben: in einem lustigen Taschenbuch hängt Goofy aus Versehen seine Jacke an eine Statue. Und: natürlich die legendäre Putzfrau, die Beuys' Fettbadewanne saubergemacht hat. Bei beiden liegt ein Mißverständnis über die Aussage des Werks vor: sie sind nicht eingeweiht in die Kunstwelt und kennen daher den Wert nicht, den dieser den Werken zuspricht, und der Wert transportiert sich nicht von selber.

Kunst liegt im Auge des Betrachters, oder besser: in den Augen der Betrachter, denn dazu gehört nicht einer, sondern irgendwie alle, die sich auf verschiedene Weise zu einem Werk verhalten, aber immer so, als ob es Kunst - etwas überflüssiges, das einem nicht überlebensnotwendigen Bedürfnis entspricht - sei. Duchamp erklärt ein Klo zur Kunst? Da kam er nur durch ,weil er bereits als Künstler galt, uns weil Leute bereit waren, diese Meinung ernst zu nehmen. Tatsächlich besteht die eigentlcihe Kunst bei Duchamps Pissoir nicht im Pissoir, sondern im Diskurs, den Duchamp darüber angezettelt hat, beziehungsweise in Duchamps Leistung, dafür zu sorgen, daß es diesen Diskurs überhaupt gibt.

Fazit: Keiner der Einwände widerspricht wirklich der Definition, die McCloud von Kunst gegeben hat, weil keiner denselben Gegenstand trifft.

Was seine Definition von Comics angeht: die ist ein bißchen zu weit. Nicht seine Kurzfassung, die finde ich in Ordnung, aber:
um sinnvoll von Comics als einer Kunstform sprechen zu können, genügt es nciht, vom Erzählen in räumlich angeordneten Bildern zu reden. Voraussetzung ist meiner Meinung nach, daß es eine gültige Trennung zwischen Bildern und Texten gibt, die vom Comic dann wieder zusammengeführt werden. So leid es mir tut, aber Bilderschriften sind Schriften und keine Comics. Zwar erzählen sie mit Bild-und Textelementen, aber die werden nicht zusammengeführt, sondern gelten von vornherein als untrennbar. Das ist was völlig anderes.

So, ob ich's jetzt gleich wieder lösche?

Ambroggio
12.12.2001, 00:23
@ Jähling:

Yeah. Geiler Beitrag. :)

Kenwilliams
12.12.2001, 13:22
Ist es nicht an sich Schwachsinn alles definieren zu wollen, alles in Schubladen stecken zu wollen?
Daß diese Definitionen dann zumindest wiedersprüchlich oder schwer- bis unverständlich werden verwundert doch nicht wirklich.

Sascha Thau
12.12.2001, 15:29
Also ganz so unsinnig ist es nicht. Immerhin sind solche Definitionen grundlegend, wenn man etwas wissenschaftlich untersuchen will. Muss sich ja nicht jeder für Kunstwissenschaften interessieren.

Grundsätzlich muß man sich eben auf etwas einigen, damit man über etwas sprechen kann, dafür sind Defintionen zwingend notwendig oder man redet aneinander vorbei.

Ich sag's mal so: Ich kann ein Auto fahren ohne zu wissen wie es technisch funktioniert. Schaden kann's allerdings nicht, wenn ich es weiss.

bye Sascha