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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : „Richtig gutes Deutsch“



Hate
02.12.2001, 20:08
In einem langen Fernsehinterview auf Phoenix schimpfte Heinrich Breloer, Regisseur der neuen Thomas Mann-Fernsehserie, gleich zweimal über Comics.
Schön, dass heute überhaupt noch jemand Comics zur Kenntnis nimmt.
Aber dass Breloer die Sprache der Comics zum großen Widersacher der Sprache Thomas Manns hochstilisiert, ist doch etwas zuviel der Ehre.
:p
Erste Zuschauer der Serie (mit Armin Mueller-Stahl als Thomas Mann) meinten zu Breloer, es sei eine Wohltat, einmal drei Stunden lang richtig gutes Deutsch zu hören.
:lehrer:
„Richtig gutes Deutsch“

Jetzt interessiert mich, in welchen Comics das beste Deutsch gesprochen wird.
:lesen:
Meine Vorschläge:
Die Donald Duck-Übersetzungen von Erika Fuchs.
Max Goldts Texte zu Stephan Katz’ Comics.
Loriot.
Robert Gernhardt.
Bernd Pfarr.
Walter Moers.
Haimo Kinzler („Wüttner“).
Ulf Keyenburg.

Es ist ziemlich anmaßend von mir, so zu tun, als könnte ich bewerten, was „richtig gutes Deutsch“ ist, daher erwarte ich heftigen Widerspruch.

Andreas Alt
02.12.2001, 20:20
Natürlich ist die Behauptung, die Sprache in Comics sei schlecht oder minderwertig, Quatsch - wie jedes Pauschalurteil. In Comics - selbst in solchen von Alan Moore - gibt's natürlich weniger Sprache als in einem Thomas-Mann-Roman. Das Besondere an dem Medium ist ja aber, daß eine Aussage erst in Kombination der verwendeten Sprache - in Dialogen und beschreibenden Texten, vielleicht auch Soundwords - und der Bilder entsteht. Das unterscheidet einen Comic von einem Roman grundlegend, und deshalb verbietet sich eigentlich jeder Vergleich.

Zum Vorwurf zurück: Ich denke schon, daß es Comics mit schlechtem Deutsch gibt. Warum auch nicht? Es gibt auch genug Belletristik mit schlechtem Deutsch. Es gibt auch Comics mit sehr gutem Deutsch. Im Durchschnitt ergibt sich sicherlich ein durchschnittliches Sprachniveau. Ich würde nichts anderes erwarten, und es gibt, glaube ich, sogar Untersuchungen darüber.

Wir haben es jedenfalls nicht nötig, eine so unsinnige Behauptung mit Gegenbeispielen zu entkräften. Schlechtes Deutsch - das ist bei Comics einfach nicht der Punkt.

Geier
03.12.2001, 12:10
@andreas
Zustimmung meinerseitige !

Da vergleicht man Äpfel mit Birnen. Comics funktionieren gänzlich anderst als Romane und sind auch eher mit Filmen vergleichbar da Wort/Bild Kombinationen und nicht nur Wort. Man hat in Comics auch gar nicht den Platz für seitenlanges Geschwafel, Monologe, Dialoge etc , sprich langatmiges Getexte.
Die eigentliche Kunst beim Comictexten ist ja, das man in relativ kurzen Sätzen möglichst viel Informationen unterbringt und dabei verständlich bleibt. Außerdem sind es zum größten Teil Dialoge da Beschreibungen der Szenerie und Emotionen durch die Bilder vermittelt werden. Was die Verfechter von "gutem Deutsch" auch gerne übersehen, ist, das die gesprochene Sprache nicht dem Schriftdeutsch entspricht, folglich können gut formulierte Dialoge nur in "schlechtem Deutsch" geschrieben werden.
Allerdings bezweifele ich das sich solche Leute mit Comics ernsthaft und ohne Scheuklappen beschäftigt haben.

Helrunar
03.12.2001, 17:19
Und es ist auch sehr die Frage, ob das gekünstelte, geschraubte und ziselierte Großbürger-Deutsch von Thomas Mann wirklich das Nonplusultra an deutschem Stil ist!
Leute wie Hermann Broch, Alfred Döblin, Hans Henny Jahnn oder Arno Schmidt sind mindestens genau so gut wie Th. Mann, manchmal sogar besser und moderner!
Leuten wie Breloer böse zu sein hat keinen Zweck, sie haben einfach keine Ahnung von Comics, in ihrem Universum gibt es das nicht.

Madd
03.12.2001, 20:25
Gibt es überhaupt so etwas wie "richtig gutes Deutsch" ?

Collector
03.12.2001, 20:35
Naja das was solche Leute als "richtiges Deutsch" bezeichnen ist irgendwann mal von "oben" verordnet worden. Richtiges deutsch ist eigentlich Dialekt :D

hangover
04.12.2001, 17:27
Im "richtigen" Deutsch gibt es keine eingedeutschten Fremdwörter mehr (laut irgendwelcher Politiker) :D. Wie sollen wir uns da noch eigentlich verständigen? Ich meine.... immerhin hat sich unsere Sprache nun mal so entwickelt. Wer wird denn schon zu Kino "bewegte Bilder" sagen? :rolleyes:

Helrunar
04.12.2001, 21:29
Original geschrieben von hangover
Im "richtigen" Deutsch gibt es keine eingedeutschten Fremdwörter mehr (laut irgendwelcher Politiker)
Genau, wir sollten endlich solche undeutschen Unworte aus unserer Sprache ausmerzen wie:
Fenster: von lateinisch "fenestra" - bei den alten Germanen gab's keine Glasfenster!
Brezel: von lateinisch "bracellum" (kleiner Arm)
Pfister (bayerisch für "Bäcker"): von lateinisch "pistor" = Bäcker
oval: von lateinisch "ovum" (Ei), lasst uns in Zukunft nur noch "eirund" sagen!
Zelle: von lateinisch "cella"
Münster: von lateinisch "monasterium" (alle Städte, die Münster heißen, müssen umbenannt werden!)
München: von lateinisch "monachus" - wird umbenannt in "Einsiedeln"
keusch: von lateinisch "conscius"
Regel: von lateinisch "regula"
Schule: von lateinisch "schola"
Tinte: von lateinisch "tincta", in Zukunft: "Schreibsaft"
Brief: von lateinisch "breve", in Zukunft: "Sendschreiben"
sowie Pflanzennamen wie Rose, Lilie, Petersilie (petrosilium), Salbei (salvegia), Zwiebel (cipolla) - alles undeutsches Unkrauft, das ausgereutet werden muss!
:mad:

hangover
08.12.2001, 22:56
Ganz meine Meinung :D!!!!

ZAQ
10.12.2001, 00:01
...aber -latürnich- gibbet gutem Deutsch in Comics:
Wer könnte komplizierteste Zusammenhänge treffender in zwei Worte ("Was denn!?") fassen als Gaston? Da kann Thomas Mann doch Seiten füllen, bis er n Schreibkrampf kriegt, das kriegt er nimmer so treffend auf den Punkt gebracht :D

Oder wie bemerkte Moers' kleines A****loch so schön zu Pepi: 'Was lernen wir daraus? Finger weg von harten Drogen. Da liegt kein Segen drauf.' - Thomas Mann? Was kann der dem schon entgegensetzen???

Gruss!,oliver

Ambroggio
10.12.2001, 09:31
Mal abgesehen davon langt ein gewisser Herr Schweizer in diversen Marvel-Lizenz-Publikationen ordentlich die Stilmittel-Keule.

Was da an, vor allem Inversionen, in Sprechblasen den Weg sich findet, ist eine Erstaunlichkeit.

Der Her Brechrei...Breloer muss als Referenzmaterial wohl alte Condor-Comics genommen haben, die aufgrund perfiden Platzmangels und schlechtem Lettering leider sprachlich verstümmelt wurden...

Die Hirnbretzeln, die eine Verrohung der deutschen Sprache und damit verbundenen Kulturverfall propagieren, sind nicht anderes als elitäre Dumpfbratzen, deren Elitärität sich über die Sprache definiert.

Was das heisst?
Sie wollen eine zweiklassige Sprachengesellschaft. Nur so können sie sich ihr Selbstbewusstsein sichern! Arme Ketschup-würste!


Nieder mit der Lingokratie!

LOKInst
10.01.2003, 02:52
den besten deutsch spricht immernoch den hartmut!

(juhu, ich hab den preis "wer gräbt den ältesten thread aus gewonnen")


:ninja:

ZAQ
10.01.2003, 03:11
...ich weiss sowieso nich, was der käse soll: die deutsche sprache geht halt eh und überall den bach runter: die internet-kiddies gewöhnen sich komplett die regeln zur gross/kleinschreibung ab, die tageszeitungen wimmeln von (technisch bedingten satz- druck- trennungs-, aber auch grammatik-)fehlern, dass es einen wie mich graust, der hefte mit derartigen texten als penäler ummie oarn gehaun gekriecht hätte, selbst in ard-nachrichtensendungen wird 'brauchen ohne zu gebraucht'... kurzum: das niveau wird höher, aber keiner ist mehr drauf!

und die, wo sich mühe geben, noch einigermassen anschdändieges doitsch zu sprechen und zu schraiben, sind auf verlorenem posten...

gruss!,:lehrer:liver

Krustowsky
11.01.2003, 15:17
Ach, der Breleor ist doch nur sauer, weil in einem Walter Moers - Comic mal zwei Fische festgehalten haben, dass Thomas Mann schwul wie Winntou (der populäre Indianerhäuptling) sei.

Crazy Quokka
11.01.2003, 18:18
Also, ich finde Ralf König schaut seinen Figuren sehr schön auf den Mund und gibt die Alltagssprache ergo besonders gut wieder.
Dann gefallen mir auch die oft ungewöhnlichen und altmodisch anmutenden Formulierungen im Mosaik, obwohl sie praktisch das Gegenteil zu König darstellen.
Es wundet mich, dass bislang niemand die Asterix-Übersetzungen der Frau Penndorf genannt hat.

Der Letter-Man
20.01.2003, 19:43
Original geschrieben von LOKInst
...(juhu, ich hab den preis "wer gräbt den ältesten thread aus gewonnen")...


:ninja:

Hm, scheint ja wirklich der Älteste zu sein. Aber das Problem ist zeitlos. Ladet doch Hajo mal ein, was dazu zu sagen, dann wird auch dieser Thread in kürzester Zeit überquellen vor Beiträgen und klugen Reden... ;) ;)

Hajo F. Breuer
20.01.2003, 20:26
Aber nicht von Dir. ;):p:D

Sascha Thau
20.01.2003, 22:19
Pffft, Sprache zu messen ist zwecklos da sie sich ständig verändert und davon dann etwas als richtig oder falsch abzuqualifizieren ist völliger Unsinn. Was jetzt richtig ist war früher falsch und wird in Zukunft wieder falsch sein, also wo setzt man an?

Es gibt kein richtiges Deutsch.

bye Sascha

Clint Barton
20.01.2003, 22:36
Ja, die müssen doch wenigstens "anständig Deutsch" sprechen können.
"Anständig Deutsch"... waren sie das schon mal? Die Hälfte von denen, die das fordern wissen ja noch nicht einmal, ob man das mit "sch" oder "ch" schreibt.

Volker Pispers; Kabarettist

Clint Barton
20.01.2003, 23:00
:shy: