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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zensur, Indizierung usw.



Manx cat
02.06.2011, 06:52
In Bezug auf die Erscheinungsweise und Preis würd ich mich dem Wunsch anschliessen. Aber auf Bundeswehr-Werbung, unchronologische Veröffentlichung von Serien, Kürzungen, Retuschen, Fehlinformationen, 'Journal-Berichte', die mit Comics nix zu tun haben (ZACK 2000 fand ich immer nur dann akzeptabel, wenn der Beitrag im Zusammenhang zu den abgedruckten Comics stand, das spätere 'ZACK-Magazin' als Nachfolger der ZACK 2000-Seiten ging gar nicht...), Maschienenschrift in den Sprechblasen... - auf all das kann ich gut verzichten.


Kürzungen und Retuschen waren im Golden Age von Zack 1972 bis 74 ja wohl die Ausnahme. Ich finde aber auch, dass diese "Mängel", die du ansprichst, Gegenstand von Artikeln und tiefergehender Betrachtung sein sollten, denn sie spiegeln ja auch die LEserschaft wieder bzw. wie sie wahrgenommen wurde. Was zensiert wurde und warum, das sind hochspannende Fragen, die über eine reine Analyse von Originaltext und ORiginalwerk weit hinausgehen. Übersetzungsanalysen sind ebenfalls ergiebig. Was ist besser: Schmissige Neuübersetzung oder Hängen am Original. Warum warb gerade die Bundeswehr im Zack? Weil "Krieg das letzte Abenteuer unserer Zeit" ist, wie Zack bissig, ironisch von anderer Seite kommentiert wurde?

BobCramer
02.06.2011, 07:11
Kürzungen und Retuschen waren im Golden Age von Zack 1972 bis 74 ja wohl die Ausnahme. Ich finde aber auch, dass diese "Mängel", die du ansprichst, Gegenstand von Artikeln und tiefergehender Betrachtung sein sollten, denn sie spiegeln ja auch die LEserschaft wieder bzw. wie sie wahrgenommen wurde.

Die Verleger und Redakteure hatten damals ja ein ganz anderes Verständnis ihrer Arbeit. Die Comics wurde als Rohmaterial betrachtet, das man in eine publikationsgerechte Form bringen konnte - inklusive Retuschen, Kürzungen, Textänderungen. Niemand, auch nicht die Koralle-Leute, hatte den Anspruch, das Material so authentisch wie möglich zu präsentieren. Es gab da meines Erachtens weder ein "Unrechtsbewusstsein" noch so etwas wie Respekt vor der Arbeit der Künstler.

Heutzutage wäre es im neuen ZACK undenkbar, dass Panels eliminiert werden, um eine Kurzzusammenfassung der Handlung unterbringen zu können - ganz zu schweigen von den Pubklikationsstandards bei den Alben und Gesamtausgaben. Wenn da gekürzt, retuschiert oder textlich geändert würde, würde der Verantwortliche einen Kopf kürzer gemacht. Aber dieses Qualitätsbewusstsein - und der Respekt vor der Arbeit der Künstler - hat sich ja erst im Lauf der Jahrzehnte voll entwickelt.

Klassikfreund
02.06.2011, 08:21
Die Comics wurde als Rohmaterial betrachtet, das man in eine publikationsgerechte Form bringen konnte - inklusive Retuschen, Kürzungen, Textänderungen. Niemand, auch nicht die Koralle-Leute, hatte den Anspruch, das Material so authentisch wie möglich zu präsentieren. Es gab da meines Erachtens weder ein "Unrechtsbewusstsein" noch so etwas wie Respekt vor der Arbeit der Künstler.

Ganz genau ! Dazu hat Peter Wiechmann mal gesagt, daß das Zauberwort der damaligen Zeit "Produktionssicherheit" hieß. Die Sachen mussten termingerecht fertig werden.
Heute sieht man ja, daß die oftmals höhere Qualität schnell zu Verschiebungen führen kann. Sowas wäre damals, als Comics ein Massenmedium waren, der Tod gewesen.

BobCramer
02.06.2011, 08:34
Ganz genau ! Dazu hat Peter Wiechmann mal gesagt, daß das Zauberwort der damaligen Zeit "Produktionssicherheit" hieß. Die Sachen mussten termingerecht fertig werden.

Man darf dabei ja zweierlei nie vergessen: Comics wurden damals 1) für Kinder und Jugendliche gemacht und waren 2) als Wegwerfliteratur konzipiert. Damals gab es keine erwachsenen Comicleser mit Backgroundwissen, die sich hochwertige bibliophile Ausgaben ins Regal gestellt haben. Die Sachen wurden am Bahnhofskiosk an 10-16jährige verkauft und von vielen Lesern nach der Lektüre in den Papierkorb entsorgt.

Ist doch klar, dass die Redakteure da ein ganz anderes Verständnis ihrer Arbeit hatten - wobei man bei Koralle ja noch ganz akzeptabel mit dem Material umgegangen ist. Sowas wie die Siggi-und-Barabas-Katastrophe bei "Onkel Kauka" wäre dort sicherlich nicht passiert, und Michel Vaillant wurde auch nicht in Michael Voss transformiert. Mit Leuten wie Gigi Spina und Gisela Prüfer waren da Leute beschäftigt, die schon mit Sachverstand und Geschmack an die Sache herangingen. Und Retuschen wie bei Comanche waren wohl unumgänglich, weil es wegen der Gewaltdarstellungen sonst richtigen Ärger hätte geben können.

ZAQ
02.06.2011, 12:44
(...) Und Retuschen wie bei Comanche waren wohl unumgänglich, weil es wegen der Gewaltdarstellungen sonst richtigen Ärger hätte geben können.

Nö. Das wird zwar immer wieder gern behauptet, glaub ich aber nach wie vor nicht. Weil die Tatsachen einfach dagegen stehen:

Tatsache: Das zweite Comanche-Album wurde in ZACK retuschiert und im Edelwestern-Band nicht. Mir ist nicht bekannt, dass es bei dem Edelwestern-Band je Ärger gegeben hätte.
Tatsache: Die Comanche-Alben drei und vier erschienen bei Koralle unretuschiert und sogar unter dem Siegel des 'Code Moral Europress Junior'. Auch da ist mir nicht bekannt, dass das je Anstoss erreget hätte. Obwohl das also bereits mal anstandslos erschienen war, meinte man bei der Edelwestern-Ausgabe, retuschieren zu müssen.
Tatsache: Comanche-Album fünf erschien in ZACK gekürzt. Dabei wurden aber nicht die 'gröbsten Gewaltdarstellungen', sondern ganz im Gegenteil die 'actionärmeren' Passagen raus geschmissen. Auch dabei hab ich nie was mitbekommen, dass es da Ärger gegeben hätte. Trotzdem war der Band Ehapa zu 'heiss', so dass er bei den Edelwestern komplett ausgelassen wurde.
Tatsache: Sämtliche Comanche-Bände erschienen schliesslich bei Carlsen in originalgetreuer Form. Auch da ist mir nicht bekannt, dass es je irgendwelchen Ärger gegeben hätte.

Zusammengefasst kann man also feststellen, dass es NIE Ärger gab. Insofern scheint mir naheliegend anzunehmen, dass es immer nur unbegründete Befürchtungen waren, die zu Eingriffen, Retuschen, Kürzungen und Auslassungen geführt haben. Oder einfach nur das 'Gestaltungsbedürfnis' einzelner Redakteure, denen es vielleicht schlicht zu langweilig war, Material einfach nur zu übersetzen oder die meinten, ihre Graphik-Abteilung müsste auch was zu tun bekommen oder was weiss ich aus welchen Beweggründen die eingegriffen haben.

Gerhard Förster
02.06.2011, 14:41
Also spaßeshalber oder um die Leser zu ärgern wurden die Zensurmaßnahmen von den früheren Verlagen sicher nicht vorgenommen. Denkt nur an den Gehenkten bei Comanche, der in den Edelwestern mit einer Sprechblase verdeckt wurde. Warum macht man sowas? Natürlich schwebte über dem Verlag das Damoklesschwert der Indizierung. Wenn eine Comanche-Story bei Zack unzensiert erschien und Jahre später in den Edelwestern nicht, dann erklärt sich das damit, dass der Edelwestern-Redakteur eben weniger riskieren wollte, ängstlicher war (und vielleicht um seinen Job bangte, falls sich die Zeitschrift eine Indizierung einhandeln würde).

Ich gebe Bob Cramer recht, dass dem Selbstverständnis eines früheren Redakteurs im Regelfall das "Unrechtsbewusstsein" völlig fehlte, wenn er in einen Comic eingriff und Panels strich etc., wobei es da sicher auch Auffassungsunterschiede gab. Bastei oder Kauka gingen hier wesentlich bedenkenloser vor, als Koralle. Als Kauka dann kurzzeitig bei Zack einstieg, nahm das Grauen ja auch bezeichnenderweise seinen Lauf. Wahrscheinlich ging Koralle deshalb viel respektvoller mit dem Material um, weil Chefredakteur Gigi Spina Comicfan war. Im frankobelgischen Raum war es übrigens schon viel früher als bei uns üblich, dass Kreative (z.B. Greg oder Charlier) Chefredakteure einer Comiczeitschrift wurden. Aber nicht nur dort. Man denke nur an das liebevoll gestaltete Micky Maus-Heft aus Holland (?), das Daan Jippes betreute.

Aus welcher Ecke kam der typische Comicredakteur von früher? Weiß da jemand Bescheid? Sicher habe ich das schon in Artikeln und Interviews mit Kauka- oder Bastei-Leuten gelesen, aber leider wieder vergessen.

Und dann gab´s sowas wie eine Verlagsphilosophie. Bei Bastei ging sie wohl auf den alten Lübbe zurück. Man glaubte zu wissen, was das deutsche Kind wollte und fühlte sich hier als Experte. Und so wurde alles auf Bastei-Linie getrimmt: bei Jerry Spring wurde z.B. der Held nach Texas versetzt, bekam 08/15-Cover und neue Sprechblasen mit ganz anderen Texten. Oder nehmen wir Buffalo Bill: Die Cover hatten möglichst ähnlich zu sein, der Held sollte viel in der Gegend rumreiten, Geschichten die in nur in der Stadt spielen, wurden nicht gern gesehen. Mir scheint es, als ob dahinter eine Art Gehirnwäsche-Konzept stand. Ich glaube, man setzte darauf, dass der potentielle Käufer beim Erblicken eines typischen Bastei-Comics einen wohligen Wiedererkennungseffekt bekommt und dadurch die Geldbörse zückt. Natürlich musste das Erwartete auch erfüllt werden, damit er die Börse auch beim nächsten mal zückt, und so wurde bei den eingekauften Comics Ecken und Kanten, alles was aus der Reihe tanzt, möglichst eliminiert.

Doch zurück zum Thema. Heutzutage, wo primär für Erwachsene produziert wird, ist Originaltreue in der Übersetzung und bei der Wiedergabe des Artworks eigentlich eine eine Selbstverständlichkeit. Das ist für uns natürlich positiv. Allerdings hat alles zwei Seiten. Die Chance, dass heute eine zweite Erika Fuchs entsteht, ist gleich null. Ich erinnere mich auch an Lucky Luke-Storys, bei denen ich die Kauka-Übersetzung viel witziger fand, als die spätere originalgetreue Fassung von Ehapa. Für einen kreativen, schriftstellerisch begabten Übersetzer waren die früheren Comiczeiten eindeutig besser. Ich würde es gut finden, wenn der heutige Comickonsument mehr Verständnis hätte für eine gewisse Kreativität beim Übersetzen, wobei ich mir bewusst bin, wie gefährlich diese Aussage ist. Wahrscheinlich würde dieses Verständnis auch für manche untalentierte, unsensible Übersetzer, die sich jedoch zu Höherem berufen fühlen, der Freibrief sein, um künstlerisch wertvolle Comics mit ihren Texten zu verschandeln.

ZAQ
02.06.2011, 15:13
(...) Natürlich schwebte über dem Verlag das Damoklesschwert der Indizierung. Wenn eine Comanche-Story bei Zack unzensiert erschien und Jahre später in den Edelwestern nicht, dann erklärt sich das damit, dass der Edelwestern-Redakteur eben weniger riskieren wollte, ängstlicher war (und vielleicht um seinen Job bangte, falls sich die Zeitschrift eine Indizierung einhandeln würde). (...)
Unsinn. Das erklärt sich damit überhaupt nicht. Es ist doch völliger Schwachsinn anzunehmen, dass etwas 'riskant' wäre, was früher schon mal gemacht wurde, ohne dass irgendetwas passiert wäre.
Im Fall der Edelwestern mein ich mich dunkel zu erinnern, mal was gelesen zu haben, von nem Ex-Ehapa-Mitarbeiter, der die Retuschenwut bei den Edelwestern damit erklärte, dass da bei Ehapa ein Mann an entsprechender Stelle sass, der einfach selber entsprechende Moralvorstellungen in Bezug auf Gewaltszenen hatte und diesen gemäss vorging. Mit Angst vor Indizierung hatte das somit nichts zu tun. Und begründet wäre diese Angst schon mal gar nicht, denn wenn etwas bereits unzensiert erschienen ist und unbeanstandet blieb, ist ja wohl davon auszugehen, dass es auch in ner neuen Veröffentlichung nicht beanstandet würde. Und selbst wenn: Es wird ja nicht einfach zensiert, sondern der Verlag dazu gehört*. Da wäre es dann ein Leichtes, mit der früheren, unbeanstandeten und nichtindizierten Veröffentlichung zu argumentieren.

*Auch hier nur dunkle Erinnerung an früher Gelesenes, aber irgendwo hat -glaub ich- Knigge mal geschrieben, dass -zumindest bis zum Zeitpunkt des Geschriebenen- kein einziges Carlsen-Album indiziert worden wäre, weil es zwar ein paar Indizierungsanträge gegeben hätte (u.A. wohl Schultheiss' Haie von Lagos), die aber alle mithilfe von Gutachten, Rechtsanwälten o.Ä. von Carlsen 'abgewehrt' werden konnten.

ZAQ
02.06.2011, 15:21
(...) Allerdings hat alles zwei Seiten. Die Chance, dass heute eine zweite Erika Fuchs entsteht, ist gleich null. Ich erinnere mich auch an Lucky Luke-Storys, bei denen ich die Kauka-Übersetzung viel witziger fand, als die spätere originalgetreue Fassung von Ehapa. Für einen kreativen, schriftstellerisch begabten Übersetzer waren die früheren Comiczeiten eindeutig besser. Ich würde es gut finden, wenn der heutige Comickonsument mehr Verständnis hätte für eine gewisse Kreativität beim Übersetzen, wobei ich mir bewusst bin, wie gefährlich diese Aussage ist. Wahrscheinlich würde dieses Verständnis auch für manche untalentierte, unsensible Übersetzer, die sich jedoch zu Höherem berufen fühlen, der Freibrief sein, um künstlerisch wertvolle Comics mit ihren Texten zu verschandeln.

Hier geb ich Dir Recht. Grade bei Lucky Luke waren Kauka- und Koralle-Texte oft witziger als die am Original klebende Übersetzung von Ehapa. Allerdings schoss man grade bei Kauka dabei ja auch gern mal übers Ziel hinaus... - Allerdings würde ich nicht übereinstimmen, dass heutzutage bei Übersetzungen keine 'Kreativität' mehr eingebracht würde. Ich bin ja bei Andy Morgan ein bissl involviert und da geben wir uns schon Mühe, das ein- oder andere Detail aus früheren Übersetzungen oder manchmal sogar im Original bestehende zu verbessern. Was freilich nicht immer gelingt: Bei Band 18 war zuweilen derart Hopfen und Malz verloren (auch Yves H. selbst ist ja rückblickend mit seiner Geschichte nicht mehr glücklich), dass da auch über 'Übersetzungskorrekturen' nichts mehr zu retten war...

Gerhard Förster
02.06.2011, 15:38
Ich kann Zacktuell nicht zustimmen, was den Umgang mit der Zensur betrifft. Die Bundesprüfstelle hat auch viel durchgehen lassen, weil ihnen die Hefte nicht bekannt waren, bzw. niemand einen Indizierungsantrag gestellt hatte. Wenn der Gehenkte bei Zack durchging, heißt das nicht, dass er bei den Edelwestern keine Beanstandung hervorrief. Auf der sicheren Seite konnte man erst sein, als ein gesellschaftlicher Wertewandel einsetzte und die Comics als harmlos im Vergleich zu den bösen Videos und anderem empfunden wurden.

Außerdem: Wer sagt, dass der Edelwestern-Redakteur überhaupt über die Zack-Veröffentlichung bescheid wusste? Vielleicht war ihm bekannt, dass die Serie in Zack gelaufen ist, aber dass er das betreffende Heft zur Verfügung hatte, ist eher unwahrscheinlich. Redakteure waren und sind oft erstaunlich uninformiert.

Aber selbstverständlich kannst Du recht haben, dass bei den Edelwestern ein Redakteur mit besonderen Moralvorstellungen am Werk war!!! Eine interessante Info. Darüber würde ich gern mehr erfahren.

Dass bei Carlsen nichts retuschiert wurde, hat sicher damit zu tun, dass mit diesem Verlag ja das neue Selbstverständnis einsetzte. Hier wurde bereits für eine Sammlerklientel produziert, der Kinderkioskmarkt, den der Jugendschutz am Kiecker hatte, spielte keine Rolle mehr. Mit Carlsen war so ziemlich erstmals Originaltreue angesagt, denke ich (ohne das jetzt genau nachgeprüft zu haben).

Gerhard Förster
02.06.2011, 15:41
Allerdings würde ich nicht übereinstimmen, dass heutzutage bei Übersetzungen keine 'Kreativität' mehr eingebracht würde. Ich bin ja bei Andy Morgan ein bissl involviert und da geben wir uns schon Mühe, das ein- oder andere Detail aus früheren Übersetzungen oder manchmal sogar im Original bestehende zu verbessern.

Freut mich wirklich, das zu hören!!!

ZAQ
02.06.2011, 16:08
Ich kann Zacktuell da nicht zustimmen. Die Bundesprüfstelle hat auch viel durchgehen lassen, weil ihnen die Hefte nicht bekannt waren, bzw. niemand einen Indizierungsantrag gestellt hatte. Wenn der Gehenkte bei Zack durchging, heißt das nicht, dass er bei den Edelwestern keine Beanstandung hervorrief.Schon recht. Aber wenn er bei den Edelwestern beanstandet worden wäre, hätte man seitens Ehapa eben locker sagen können: Schaut her, das wurde so schon mal in ZACK veröffentlicht und trug dabei sogar das Europäische Jugendschutz-Moral-Siegel.
Auf der sicheren Seite konnte man erst sein, als ein gesellschaftlicher Wertewandel einsetzte und die Comics als harmlos im Vergleich zu den bösen Videos und anderem empfunden wurden. Bei den Edelwestern reden wir von den 80er Jahren. Da gab es längst die 'bösen Videos' (und die noch böseren Ärzte-Platten ;) ). Mittlerweile ist das ja bereits von den bösen Computerspielen abgelöst worden :D


Außerdem: Wer sagt, dass der Edelwestern-Redakteur überhaupt über die Zack-Veröffentlichung bescheid wusste? Vielleicht war ihm bekannt, dass die Serie in Zack gelaufen ist, aber dass er das betreffende Heft zur Verfügung hatte, ist eher unwahrscheinlich. Redakteure waren und sind oft erstaunlich uninformiert.Na, mindestens Markus Tschernegg wusste um die ZACK-Veröffentlichung und hätte als Edelwestern-Übersetzer sicherlich entsprechende Informationslücken des Redakteurs schliessen können...


Aber selbstverständlich kannst Du recht haben, dass bei den Edelwestern ein Redakteur mit besonderen Moralvorstellungen am Werk war!!! Eine interessante Info. Darüber würde ich gern mehr erfahren.
Leider hab ich keinen Zugang mehr zu dem, wo ich mich dunkel erinner, das gelesen zu haben...

Dass bei Carlsen nichts retuschiert wurde, hat sicher damit zu tun, dass mit diesem Verlag ja das neue Selbstverständnis einsetzte.Nicht nur nicht retuschiert, eben auch nichts indiziert. Weil man dort eben nen Indizierungsantrag nicht einfach zur Kenntnis genommen hat, sondern sich gekümmert hat und 'gegengehalten.
Hier wurde bereits für eine Sammlerklientel produziert, der Kinderkioskmarkt, den der Jugendschutz am Kiecker hatte, spielte keine Rolle mehr.Stimmt so nur bedingt: Zunächst wurde durchaus (Petzi, Tim und Struppi...) bei Carlsen für Kinder/Jugendliche produziert. Aber eben nicht über den 'Schmuddelkiosk', sondern im Buchhandel. Das 'Sammlerklientel' (bzw. der 'erwachsene Leser' wurde dann mit den 'Carlsen Spezial Comics', später in edition comicART umgelabelt bedient. Auch da reden wir wieder von den beginnenden 80ern, also zeitgleich mit den Edelwestern(!). Und zeitgleich mit den Kiosk-Schritten des Volksverlags (Schwermetall, U-Comix,...). Und da schliesst sich der Kreis zur Indizierung: In Schwermetall wurde gern mal 'gebalkt'. Das hatte aber mehrere Hintergründe:

1.) WENN das Magazin (mehrfach) indiziert worden wäre, wär das mit ner Dauerindizierung gleichbedeutend, die ein Kiosk-Periodikum aufgrund der mit Indizierung verbundenen Vertriebsbeschränkungen natürlich härter getroffen hätte.

2.) Konnte man aber auch quasi doppelt damit werben: Erstens mit den Balken im Heft (Seht her, wir haben hier so harten Stoff, dass wir ihn nicht unzensiert bringen können, was sicherlich nicht immer so der Fall gewesen sein dürfte, sondern manchmal auch eben 'Kokettieren mit dem Anrüchigen' (getreu Brecht: Was verboten ist, macht uns grade scharf). Zweitens konnte man dann bei der Alben-Zweitverwertung mit 'unzensiert' werben, damit dem Album einen gewissen 'Mehrwert' verleihen und zudem wäre da eine Indizierung risikoloser gewesen, weil es eben keine Dauerindizierung nach sich gezogen hätte und die Alben über n anderen Vertriebsweg sowieso nicht so stark von Indizierung betroffen worden wären (die Comic-Shops hatten ja in der Regel auch indizierte Titel vorrätig, man musste halt nur danach fragen. - Bei Kiosken war das ja nicht unbedingt so einfach).

Gerhard Förster
02.06.2011, 17:04
Schon richtig, dass es zur Zeit der Edelwestern bereits die bösen Videos gab und auch Carlsen bereits unzensierte Comics für den Sammlermarkt produzierte. Ich erinnere mich ja selbst noch gut an die Zeit. Aber dennoch war die Macht der Bundesprüfstelle auch am Comicsektor noch durchaus spürbar, wie das Beispiel Schwermetall ja gut zeigt. Die Gefahr einer Indizierung war auch bei den Edelwestern noch vorhanden.

Aber ein bisschen anachronistisch war die übermäßige Retuschierarbeit damals schon, das geb ich gern zu. Deshalb würde es auch gut passen, dass bei den Edelwestern ein überzeugter Moralapostel am Werk war. Doch wer sollte das gewesen sein? Der Redakteur der Serie war Hansjürgen Meyer. Den abgebrühten Burschen kann ich mir kaum als Tugendbold vorstellen, der ständig die Kinder vor Üblem bewahren will.

Zum Abschluss noch eine Anekdote: Ich war mit Markus Tschernegg beim Ehapa Verlag, als Markus von Meyer den ersten Übersetzungsauftrag bekam. Dafür brauchte er natürlich das Originalalbum. Aus irgendeinem Grund war es für Ehapa ganz wichtig, dass Markus es ohne Umschlag bekam (wahrscheinlich weil sie den Umschlag noch als Beleg für die Story brauchten). Mit dem ihm eigenen Humor sagte Meier: "Herr Tschernegg, bitte wegschauen!" Markus tat wie ihm geheißen, und Meyer riss den Umschlag von diesem geheiligten Blueberry-Band runter.

Manx cat
02.06.2011, 19:36
Das mit Comanche und den Edelwestern hat wohl mit der damaligen Corporate Identity von Ehapa zu tun, der sich als familientauglicher Verlag sah. Das schloss die Karl May-Dramaturgie der meisten Westerncomics nicht aus, fand seine Grenzen aber in der expliziten Darstellung von Gewalteinwirkung. Nicht unerwähnt sollte auch die textliche Zensur bleiben, in der Red Dusts Rache an Dobbs zum Akt in Notwehr umgeschrieben wurde.

ZAQ
02.06.2011, 20:03
(...) Ich erinnere mich ja selbst noch gut an die Zeit. Aber dennoch war die Macht der Bundesprüfstelle auch am Comicsektor noch durchaus spürbar, wie das Beispiel Schwermetall ja gut zeigt. Die Gefahr einer Indizierung war auch bei den Edelwestern noch vorhanden. (...) Wenn Du dich so gut an die Zeit erinnerst, dann wirst Du auch noch wissen, dass Indizierungsproblematiken damals hauptsächlich mit Sex zu tun hatte (Schwermetall, Manara, Serpieri,...) und n bissl wegen Nazi-Symbolen (Heilmann,...). Gewaltdarstellungen in Comics waren längst kein Thema mehr (so sie nicht in Zusammenhang mit Sex standen) für die BPfjS.

Neenee, Retuschen bei den Edelwestern waren schlicht unbegründet. Alles andere ist Fortstricken an Legendenbildung.

Mick Baxter
02.06.2011, 20:36
Zwischen dem Ende der Lehning-Ära und dem Beginn der ZACK-Ära liegen übrigens nur läppische vier Jahre. Man wird aus biologischen Gründen die komplette Leserschaft austauschen müssen. :kratz:
Milchmädchenrechnung. Entweder rechnet man den Beginn der Ären oder deren Ende. Die meisten ZACK-Leser waren zu Beginn der Lehning-Ära noch gar nicht geboren (sogar weit davon entfernt, geboren zu werden).


(getreu Brecht: Was verboten ist, macht uns grade scharf).
Das ist nicht von Brecht, sondern von Wolf Biermann.

Im übrigen biegst du dir die Geschichte mal wieder passend zu deinen Thesen hin.
Die argumentierst ständig aus der Rückbetrachtung unter dem Moto: Ist nichts passiert, also bestand keine Gefahr.
Die Verantwortlichen mußten damals aber das Risiko einer tatsächlich existenten Gefahr (möglicherweise subjektiv hoher eingeschätzt als sie tatsächlich war) abschätzen und danach handeln. Auch ein abgelehnter Indizierungsantrag bedeutet Kosten, die nicht jeder bereits ist, billigend einzukalkulieren. Andreas C. Knigge war es wichtig, die Comics originalgetreu abzudrucken und ging das Risiko der Indizierung bzw. höheren Kosten ein, anderen Verlagen war das schlicht egal und sie handelten danach.

ZAQ
02.06.2011, 23:57
(...) Das ist nicht von Brecht, sondern von Wolf Biermann.Hast Recht. Ich habs von Klaus Lage, der das in 'Eins, Zwei, Drei' benutzt und auch Biermann angibt. Habbich wohl durcheinander gebracht. Aber Brecht und Biermann sind ja nun nicht SO weit voneinander entfernt... ;)
(...)
Die Verantwortlichen mußten damals aber das Risiko einer tatsächlich existenten Gefahr (möglicherweise subjektiv hoher eingeschätzt als sie tatsächlich war) abschätzen und danach handeln.Ah, jetzt kommen wir uns langsam näher: 'subjektiv höher eingeschätzt'. Ich hab weiter oben Tatsachen gelistet. Ich geb noch eine drauf: Dass Akims Messer wegen 'Gewaltverherrlichung' wegretuschiert wurde war in den 50ern, wenn ich mich recht erinner. Schau Dir die Liste der indizierten Comics (und der dazu gehörigen Jahre) mal an. Wann war da zuletzt was indiziert, was wegen Gewaltdarstellung (wohlgemerkt ohne Kombination mit sex!) beanstandet wurde? Eben. Nein, da war bei den Edelwestern keine 'tatsächlich existierende Gefahr'. Und wenn Du das weiterhin behaupten willst, dann fänd ich super, wenn Du dann auch mal Deine Behauptungen mit Tatsachen stützen würdest.

Auch ein abgelehnter Indizierungsantrag bedeutet Kosten, die nicht jeder bereits ist, billigend einzukalkulieren. Andreas C. Knigge war es wichtig, die Comics originalgetreu abzudrucken und ging das Risiko der Indizierung bzw. höheren Kosten ein, anderen Verlagen war das schlicht egal und sie handelten danach. Kosten ist nicht unbedingt ein taugliches Argument: Retuschen sind ja Extra-Arbeit, kosten also auch extra...

Aber nochmal zurück zum 'subjektiv höher eingeschätzten Risiko'. Letztlich würde ich lieber glauben, dass da ein (moralischer) Überzeugungstäter sass als zu glauben, dass es ein uninformierter, überängstlicher Redakteur war. Aber das ist spekulativ, was ihn umtrieb. Es bleibt ein 'subjektiver Faktor'. Der aber in den objektiven Tatsachen keine Entsprechung hat (und das nicht nur retrospektiv aus heutiger Sicht). Letztlich ist dieser subjektive Faktor nichts anderes als 'die Schere im Kopf'.

Und objektive Gefahren zu behaupten, die in den Tatsachen keine Entsprechung haben, begünstigt bereits oben erwähntes 'Fortstricken von Legendenbildung'. Schürt unbegründete Ängste, die zu Scheren in weiteren Köpfen führen. Ich halte das für bedenkliche Desinformation, die nur zu weiteren Überreaktionen, vorauseilendem Gehorsam und zu Feigheiten führt, die aufgrund der Faktenlage unbegründet sind.

Und ich fänd irgendwie mal gut, wenn man schon in derartige Richtungen argumentiert, dass man das dann auch mit Belegen täte und nicht nur mit Behauptungen.

Also, mal beispielhaft Butter bei die Fische:
Wann wurde zuletzt ein Comic wegen 'Gewaltdarstellung' indiziert?
Wurde überhaupt je ein Comic indiziert, der den 'Code Moral Europress Junior' aufwies? Wäre das nicht sehr seltsam, wenn etwas als 'jugendgefährdend' indiziert würde, was ein solches Siegel trägt?

Zyklotrop
03.06.2011, 01:21
Es ist zwar makaber, aber ich muß Mick Baxter beipflichten, zumindest was die Indizierungsgefahr angeht. Darüber hinaus folgt die Praxis der BPjM keiner nachvollziehbaren, kalkulierbaren Logik (es kann jeden erwischen - siehe Sailor Moon-Indizierung). Und: das System funktioniert wie beim Vorläufer Reichsschrifttumskammer vorwiegend durch Denunziantentum, da die BPjM nicht von sich aus tätig wird, sondern ihre "Arbeit" nur dann aufnimmt, wenn ein Indizierungsantrag durch eine dazu berechtigte Behörde gestellt wurde. Den ersten Gehenkten hat ganz einfach niemand angezeigt, was bei der "Zweitauflage" trotzdem leicht möglich gewesen wäre. Diese Detaildiskussionen sind ohnehin sinnlos, das Grundproblem ist, daß eine Zensurbehörde wie die BPjM überhaupt existiert.

Manx cat
03.06.2011, 13:55
Es ist doch völliger Schwachsinn anzunehmen, dass etwas 'riskant' wäre, was früher schon mal gemacht wurde, ohne dass irgendetwas passiert wäre.


Tätig wird die BpjM dann, wenn ein Jugendamt oder eine andere berechtigte Körperschaft einen Antrag stellt. Der Zeitpunkt des Antragstellens kann völlig willkürlich sein. Generell ist es sogar wahrscheinlicher, dass ein Medium erst relativ spät beanstandet wird, wenn also sein "schädigender" Einfluss auch erkannt werden konnte.

Ehapa hatte seine Alben in ständiger Auflage, während das Zack-Heft nach 7 bzw. 14 Tagen wieder weg war vom Kiosk. Welche Ausgabe läuft also wohl eher Gefahr, irgendwann entdeckt zu werden?

Außerdem war man wohl der Meinung, dass eine Sprechblase vor einem Gehenkten der Story keinen Abbruch tut und hatte trotzdem noch ein gutes Gefühl wegen der familienfreundlichen Veröffentlichung. Sender wie Pro 7 brüsten sich ja ebenfalls wegen solcherlei fragwürdiger Schnittphilosophie.

Manx cat
03.06.2011, 14:05
Und das waren die 80er, nicht vergessen. Eine völlig andere Zeit, in der Comics noch ein echtes Massenmedium waren.

Wir werden wohl nur deshalb nicht öfter gegängelt, weil wir Sammler inzwischen als harmlose, schützenswerte Minderheit gesehen werden.:p

Klassikfreund
03.06.2011, 16:05
Ich bin ja bei Andy Morgan ein bissl involviert und da geben wir uns schon Mühe, das ein- oder andere Detail aus früheren Übersetzungen oder manchmal sogar im Original bestehende zu verbessern.

Dafür wimmeln die Bände von Rechtschreibfehlern, die es bei Carlsen früher nicht gab. (Bei Koralle und Ehapa sowieso nicht.) O tempora, o mores ! Es ist eben heute auch nicht alles besser als früher.

Klassikfreund
03.06.2011, 16:45
Leider hab ich keinen Zugang mehr zu dem, wo ich mich dunkel erinner, das gelesen zu haben...

Das ist sehr schade und disqualifiziert das Argument.
Der Grundgedanke ist dennoch ein guter: Verantwortliche bearbeiten oft gemäß ihren eigenen Vorlieben und Wertvorstellungen.
Bei einem großen Verlag wie Ehapa hätte ich eher damit gerechnet, daß s dort einen Handlungskatalog für alles gab. Aber seit dem Erika Fuchs Interview im gleichnamigen Buch vom 313 Verlag wissen wir, daß vieles frei weg gemacht wurde.

Klassikfreund
03.06.2011, 17:10
Jetzt muss ich aber doch noch was zu dem ageblich so tollen Abwehren von Indizierungsanträgen durch Carlsen und vor allem Alpha sagen: Das hat bestimmt dem Prestige ganz gut getan, aber es hat Unsummen Geld gekostet und Alpha haben solche Streitigkeiten später schließlich das Genick gebrochen. Die Rechtsanwaltskosten kriegte man nicht von der BPS ersetzt ! Und wer weiß, ob nicht auch Knigge gefeuert wurde, weil die Verlagsverantwortlichen irgendwann mal nachgerechnet haben, was sie sein Kampf für den guten Comic völlig unabhängig von kaufmännischem Denken gekostet hat.

Manx cat
03.06.2011, 18:04
Wann wurde zuletzt ein Comic wegen 'Gewaltdarstellung' indiziert?


Wegen Gewaltdarstellung kann ich nicht sagen, aber wegen dem leidigen Thema Nationalsozialismus gab es etliche Zensurmaßnahmen. Mehr darüber kann man im Aufsatz "(Ohn-)Macht und Hakenkreuz" von Ralf Palandt nachlesen, der sich in der Aufsatzsammlung "Struktur und Geschichte der Comics" befindet.

Indiziert wurde unter anderem "Danger Girl 6" (2002), obwohl Hakenkreuze in Fensterkreuze umgewandelt worden sind. Hauptargument waren "Abbildungen Adolf Hitlers, wobei diese das bedeutentste Propagandamittel der Nationalsozialisten war. [...] Ebenso werden auf diesen Seiten Thesen verbreitet, die auch zur Zeit des Nationalsozialismus verwendet werden." Originalzitate und Bemühen um Authentizität können als immer auch gegen den Comic verwendet werden.

Dem MAnga Hellsing attestierte die BpjM 2004, "dass das Buch den Ideen und den Ansichten der Nazis eine so breite Plattform bietet, dass die Absicht, sie als "Böse" hinzustellen, in manchen Passagen des Comics ins Hintertreffen gerät." Die Indizierung wurde 2005 auch nach Überprüfung auf Wunsch von Panini bestätigt. Unter diesen Gesichtspunkten war es eine weise Entscheidung von Eckart Sackmann, die Nazi-Episode von Wayne Shelton nicht ins Programm zu nehmen.

Osamu Tezukas "Adolf", ein Spitzencomic, wurde auf Antrag des OB der Stadt Krefeld ebenfalls von der BpJM überprüft. Das 3-er Gremium der BpJM konnte sich nicht einigen, die Spezialisten waren also zumindest teilweise der MEinung, dass eine Indizierung angebracht wäre. Als Argument wurden wiederum dokumentarische Elemente genannt, in denen der Inhalt der Reichsparteitage unkommentiert zitiert wurde (Straftatsbestand der Volksverhetzung erfüllt.) Aufgrund einer engagierten Stellungnahme des Carlsen-Verlags und zahlreicher positiver Rezensionen wurde der Antrag zurückgenommen. Sieht man sich die Argumentationen im einzelnen genauer an, wird sehr schnell klar, dass das auch anders hätte ausgehen können.

Nun sind Nazi-Symbole natürlich ein besonders heikles Thema, aber ich kann mich sehr an die Diskussion bei comicplus erinnern, indem einige Fans vehement einen Abdruck der oben genannten Wayne Shelton Episode forderten. Das ist - auch 2011 - aber verdammt dünnes Eis. Sieht man sich Comics wie "The Boys", "The Punisher" oder ähnliches an, was derzeit im MAinstream so rumgeistert, so kann ich mir gut vorstellen, dass auch eine Gewaltindizierung über kurz oder lang wieder stattfindet. (Muss ja nicht gleich eine Kampagne sein.)

Klassikfreund
03.06.2011, 18:13
Von (Marvel) Max wurde ja schon was indiziert.

ZAQ
03.06.2011, 19:07
Es ist zwar makaber, aber ich muß Mick Baxter beipflichten, zumindest was die Indizierungsgefahr angeht. (...)
Schön für Dich und ihn. Aber ohne Belege ist diese Beipflichtung auch nix wert.

(...) Ehapa hatte seine Alben in ständiger Auflage, während das Zack-Heft nach 7 bzw. 14 Tagen wieder weg war vom Kiosk. Welche Ausgabe läuft also wohl eher Gefahr, irgendwann entdeckt zu werden?Unerheblich. In den 70ern mit Jugend-Moral-Siegel erschienen. Gesellschaftliche Entwicklung tolerierte zunehmend Gewalt. Da wird 10 Jahre später kein Indizierungsantrag für dasselbe Zeug durchgehen.
Außerdem war man wohl der Meinung, dass eine Sprechblase vor einem Gehenkten der Story keinen Abbruch tut und hatte trotzdem noch ein gutes Gefühl wegen der familienfreundlichen Veröffentlichung. (...) Mag sein. Aber dann ist es ne verlegerische Entscheidung für 'Familienfreundlichkeit' und nicht Reaktion auf ne tatsächlich existente Gefahr der Indizierung.

Dafür wimmeln die Bände von Rechtschreibfehlern, die es bei Carlsen früher nicht gab. (Bei Koralle und Ehapa sowieso nicht.) O tempora, o mores ! Es ist eben heute auch nicht alles besser als früher. 'Wimmeln' find ich jetzt auch ne übertreibende Formulierung. Und es wird von Band zu Band besser. Und ich find inhaltlich/sachliche Fehler nach wie vor schlimmer als Tipp- und Rechtschreibfehler.


Das ist sehr schade und disqualifiziert das Argument. (...) Schade ja, liegt aber nicht in meiner Kompetenz. Und es kann das Argument nicht disqualifizieren, weil es gar kein Argument war. Es ist ja ne Tatsache, dass Ehapa retuschiert hat. WARUM sie das getan haben, kann man nur vermuten, ist letztlich aber für die Diskussion auch relativ unwichtig. Denn bei der dreht es sich ja um die strittige Frage, ob es eine tatsächlich existierende Indizierungsgefahr bei den Edelwestern gab. Ich behaupte nach wie vor: Nein, weil alle Tatsachen, die als Indizien taugen dagegen sprechen. Andere behaupten ja, bleiben indizientaugliche Tatsachen aber schuldig.


(...) Alpha haben solche Streitigkeiten später schließlich das Genick gebrochen. (...)
Eh Du auch hier wieder solchen Unsinn verbreitetest und zu weiterer Fehlinformation und Legendenbildung beiträgst: Schau in meinen Blog, da ist ALLES zu der Thematik im Forum Gesagte verlinkt. Wenn Du dazu tatsächlich noch was NEUES beitragen kannst, dann tu das bitte in den dort verlinkten Threads.

Gleiches gilt für die Hakenkreuz-Thematik bei Wayne Shelton und anderswo: Auch dazu sind alle Threads in meinem Blog verlinkt. Und NEUE Argumente bitte dann auch in einem von denen.

All diese Links findet man in diesem Blog-Beitrag (http://www.comicforum.de/blog.php?b=127).

Und bitte: Nicht weiterstricken an desinformierender Legendenbildung. Ängste sind sowieso oft genug irrational, da muss man nicht noch einen draufsetzen, indem man unbegründete Ängste schürt, indem man Halbwahrheiten verbreitet. Oder Viertelwahrheiten. Oder kompletten Unsinn.

Manx cat
03.06.2011, 19:28
Unerheblich. In den 70ern mit Jugend-Moral-Siegel erschienen. Gesellschaftliche Entwicklung tolerierte zunehmend Gewalt.

Gewalt wird toleriert? Ich weiß was du meinst, aber es klingt hart. Aber bei Gewaltdarstellungen ist man toleranter geworden, das ist Fakt.


Da wird 10 Jahre später kein Indizierungsantrag für dasselbe Zeug durchgehen.

Zweifelhaft. Aus oben genannten Gründen. Es muss immer erst ein Antrag gestellt werden.


WARUM sie das getan haben, kann man nur vermuten, ist letztlich aber für die Diskussion auch relativ unwichtig. Denn bei der dreht es sich ja um die strittige Frage, ob es eine tatsächlich existierende Indizierungsgefahr bei den Edelwestern gab.

Ich glaube auch nicht, dass man eine konkrete Indizierungsgefahr sah. Man wollte einfach von vorneherein als "sauberer" Verlag dastehen. Ich vermute, mit Retuschen hat man das familienfreundliche Profil geschärft.


Gleiches gilt für die Hakenkreuz-Thematik bei Wayne Shelton und anderswo: Auch dazu sind alle Threads in meinem Blog verlinkt. Und NEUE Argumente bitte dann auch in einem von denen.

Ja, das Wayne Shelton-Fass sollte man nicht noch mal aufmachen. Ich wollte vor allem darauf hinweisen, dass die Spruchpraxis der BpjM unberechenbar wie eh und je ist.


Und bitte: Nicht weiterstricken an desinformierender Legendenbildung.

Aus dem Grund argumentiere ich bei heiklen Themen mit Zitaten.

Deinen Blog nehme ich mir als nächstes vor, aber manche threads sind, fürchte ich, schon etwas abgewirtschaftet bzw. totdiskutiert. (Aber ich kann mich täuschen.)
Grüße,
Ch.

ELDORADO
03.06.2011, 19:33
Also, mal beispielhaft Butter bei die Fische:
Wann wurde zuletzt ein Comic wegen 'Gewaltdarstellung' indiziert?


Meines Wissens war das tatsächlich im September 2008
Band 23 der Reihe Marvel Max Comics "Terror Inc."

Woraufhin Panini umgehend alle Händler entsprechend informierte.

Klassikfreund
03.06.2011, 20:58
Eh Du auch hier wieder solchen Unsinn verbreitetest und zu weiterer Fehlinformation und Legendenbildung beiträgst: Schau in meinen Blog, da ist ALLES zu der Thematik im Forum Gesagte verlinkt. Wenn Du dazu tatsächlich noch was NEUES beitragen kannst, dann tu das bitte in den dort verlinkten Threads.


Der "Fall Sonneberg" belegt doch genau meine Position. Sie waren als "böser" Verlag bekannt und berüchtigt und entsprechend beliebtes Objekt so manchen Staatsanwaltes. Daß da auch Euer Rechtsstaat nicht immer fair spielte, nützte Alpha vielleicht moralisch, aber wirtschaftlich nicht-.
Im Gegensatz zu Deiner Meinung, daß man doch gut mutig mit möglichen Indizierungsanträgen umgehen hätte können.
Daß ich Recht hate mit der Marvel Max Indizierung, die es ja Deiner Auffassung gar nicht hätte geben dürfen, hat ja Eldorado gerade bestätigt.
Für mich bist Du derjenige der Halbwahrheiten und Gerüchte verbreitet. Zitierst aus der Erinnerung und kannst es nicht belegen. Pfui !

ZAQ
04.06.2011, 00:31
Terror Inc. kenn ich nich. Was ich auf die Schnelle ergoogeln konnte, war, dass es sich dabei wohl um Splatter handelt, ein Genre, das eine neue Dimension der Gewaltdarstellung bietet, die es in der für die Edelwestern fragliche Zeit in Comics nicht gab (bzw. höchstens im 'Underground', siehe Menschenblut, welches zwar auch indiziert wurde, aber die 'Blutkru' hat es ja seinerzeit auch quasi drauf angelegt...). Auch wenn das Genre im Film schon deutlich älter ist.


Der "Fall Sonneberg" belegt doch genau meine Position. 'Deine Position' wird weitestgehend auch von Mick Baxter vertreten und selbst der gibt zu, dass Alpha letztendlich an der Pleite von Riedel + Krebs eingegangen ist. (http://www.comicforum.de/showthread.php?p=2788828#post2788828) Insofern IST es eine 'Halbwahrheit', wenn Du behauptest:

(...) Alpha haben solche Streitigkeiten später schließlich das Genick gebrochen. (...)

Und auch
(...) Die Rechtsanwaltskosten kriegte man nicht von der BPS ersetzt ! (...) ist mindestens ne Halbwahrheit. Denn:


§ 249 BGB: Art und Umfang des Schadensersatzes
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.Das gilt selbstverständlich auch für den Staat und seine Institutionen. D.h.: Wenn unrechtmässige Beschlagnahme höchstrichterlich festgestellt wird, dann muss der Staat natürlich sämtliche 'Schäden' ersetzen, auch die bis zur höchstrichterlichen Entscheidung angefallenen Rechtsanwaltskosten.
Das gilt aber natürlich nur dann, wenn der Fall auch (zu Gunsten des durch die Beschlagnahme Geschädigten) entschieden wird und das Verfahren nicht gegen Zahlung ohne abschliessendes Urteil eingestellt wird, wie bei Alpha/Edition Kunst der Comics geschehen.

Im Übrigen hat 'der Fall Sonnenberg' aber auch gar nichts mit BPS und Indizierung zu tun, denn da ging es um Straftatbestände (Pornographie, Nazi-Propaganda), bei Indizierung geht es um Jugendschutz. Aber auch das ist typisch für die 'Fortstrickung der Legendenbildung': Dass nicht nur mit Halbwahrheiten gearbeitet wird, sondern auch mal eben grob alles in eine Topf geworfen wird: Zensur und Indizierung gleichgesetzt, Nazi-Propaganda mit Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole durcheinander geschmissen, Verlagsretuschen mit Beschlagnahme wegen Straftatbeständen gerechtfertigt...

Rousseau, Du wirst immer noch gebraucht. Vielleicht mehr denn je...

BobCramer
04.06.2011, 00:49
Zusammengefasst kann man also feststellen, dass es NIE Ärger gab. Insofern scheint mir naheliegend anzunehmen, dass es immer nur unbegründete Befürchtungen waren, die zu Eingriffen, Retuschen, Kürzungen und Auslassungen geführt haben.

Mag sein. Auf jeden Fall ist es aus meiner Sicht durchaus nachvollziehbar, dass die Redakteure damals zum Beispiel Bedenken hatten, in einem Jugendmagazin das Bild eines Gelynchten zu präsentieren. Kein anderer ZACK-Comic ging in der direkten Darstellung von Gewalt so weit wie Comanche - bis dann später David Walker kam, wo Hermann nochmal heftig zulangte.

Mit "Roter Himmel über Laramie" haben Greg und Hermann damals, was die Darstellung von Gewaltszenen betrifft, eine Grenze überschritten. Sowas gab es vorher in keiner anderen der braven Tintin-Serien zu sehen, und ich bin mir sicher, dass diese Art der Darstellung auch beim Lombard-Verlag durchaus kontrovers diskutiert wurde. Bei Springer, wo man ja wegen ZACK eh schon in der Kritik stand (siehe SPIEGEL-Artikel), hat man da halt kalte Füße bekommen. In der Rückschau lässt sich sowas natürlich leicht kritisieren.

Allerdings frage ich mich, ob wohl ein heutiges Jugendmagazin Lynch- und Gewaltdarstellungen dieser Intensität drucken würde. Auch heute ist das kaum der Stoff, den Redakteure, Verleger, Pädagogen, Politiker für 10-14jährige für geeignet halten würden.

Klassikfreund
04.06.2011, 01:00
Im Übrigen hat 'der Fall Sonnenberg' aber auch gar nichts mit BPS und Indizierung zu tun, denn da ging es um Straftatbestände (Pornographie, Nazi-Propaganda), bei Indizierung geht es um Jugendschutz. Aber auch das ist typisch für die 'Fortstrickung der Legendenbildung': Dass nicht nur mit Halbwahrheiten gearbeitet wird, sondern auch mal eben grob alles in eine Topf geworfen wird: Zensur und Indizierung gleichgesetzt, Nazi-Propaganda mit Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole durcheinander geschmissen, Verlagsretuschen mit Beschlagnahme wegen Straftatbeständen gerechtfertigt......

Für mich wirken Deine abstrakten Trennungen lebensfremd. Solche Positionen kann man nur aus dem stillen Kämmerlein, vor allem aber aus der historischen Distanz vertreten.



Rousseau, Du wirst immer noch gebraucht. Vielleicht mehr denn je...

Für jemanden, der Brecht aus einem Popsong zitiert und sich dann korrigieren lassen muss, dass es sich um Biermann handelt, ist das eine gewagte Aussage.
Man könnte glauben, Du kennst die Carmina Burana auch nur aus der Schokoladenwerbung, schmückst Dich aber mit scheinheiligem, falschem Intellekt.

ZAQ
04.06.2011, 01:03
(...) Auf jeden Fall ist es aus meiner Sicht durchaus nachvollziehbar, dass die Redakteure damals zum Beispiel Bedenken hatten, in einem Jugendmagazin das Bild eines Gelynchten zu präsentieren. Kein anderer ZACK-Comic ging in der direkten Darstellung von Gewalt wohl so weit wie Comanche (...)
??? - Bedenken? Vielleicht. Aber sie HABEN der Jugend ja den Gelynchten gezeigt. Im Ggs. zu Ehapa, ca. zehn Jahre später, wo er 'versteckt' wurde (ich nehm jedenfalls an, dass Du mit 'Gelynchtem' den von Dobbs/Wetchin gehänkten Sheriff meinst... 'lynchen' ist da eigentlich nicht wirklich der passende Begriff). :weissnix:

Mick Baxter
04.06.2011, 01:05
Wurde überhaupt je ein Comic indiziert, der den 'Code Moral Europress Junior' aufwies? Wäre das nicht sehr seltsam, wenn etwas als 'jugendgefährdend' indiziert würde, was ein solches Siegel trägt?
Du verdrehst mal wieder alles. Erstens hat der Code mit der Indizierung nicht das geringste zu tun, weil dort völlig andere Leute über die Unbedenklichkeit der Comics befinden und keiner sich auf den anderen beruft. Und vielleicht wurden die Comics mit dem Code nicht indiziert, weil die Verlage in Erfüllung ihrer Selbstverpflichtung die Gewaltszenen zuvor retuschiert haben.

ZAQ
04.06.2011, 01:09
Für mich wirken Deine abstrakten Trennungen lebensfremd. Solche Positionen kann man nur aus dem stillen Kämmerlein, vor allem aber aus der historischen Distanz vertreten.

Deine Meinung über meine Lebensnähe oder -fremde in allen Ehren. Aber die gehört nun wirklich nicht hierher, sondern in DEIN stilles Kämmerlein. Und hat mit sachlicher Diskussion ebensowenig zu tun, wie der sich anschliessende Versuch einer Beleidigung:


Für jemanden, der Brecht aus einem Popsong zitiert und sich dann korrigieren lassen muss, dass es sich um Biermann handelt, ist das eine gewagte Aussage.
Man könnte glauben, Du kennst die Carmina Burana auch nur aus der Schokoladenwerbung, schmückst Dich aber mit scheinheiligem, falschem Intellekt.
Ich hab mich bei der Zuordnung eines Zitats geirrt. Kann vorkommen. Ist vorgekommen. Zugestanden. Fertig. Und? Grund da jetzt noch drauf rumzureiten? - Wohl nur, wenn man keine sachlichen Argumente zum eigentlichen Thema mehr hat.

Sei's drum.

Klassikfreund
04.06.2011, 01:12
Nachdem Du versucht hast, alle die Deine Meinung nicht teilen zu diffamieren, habe ich nur Deine Methoden angeprangert. Es liegt mir fern, Dich zu beleidigen.

Mick Baxter
04.06.2011, 01:13
'Deine Position' wird weitestgehend auch von Mick Baxter vertreten und selbst der gibt zu, dass Alpha letztendlich an der Pleite von Riedel + Krebs eingegangen ist. (http://www.comicforum.de/showthread.php?p=2788828#post2788828)
Beruf dich bei deinen Spiegelfechtereien gefälligst nicht auf mich. Fakt ist: Der Schaden durch die Sonneberger Staatsanwaltschaft war wesentlich größer als der durch die Insolvenz der cbm riedel gmbh. Sonst hätte letztere noch einigen anderen Verlagen das Genick gebrochen.
Im übrigen ist die Formulierung eine Frechheit. Ich gebe nichts zu, sondern war der erste hier im Forum, der auf den kleinen Unterschied zwischen dem Millionenschaden und dem tatsächlichen Zeitpunkt und letztendlichen Auslöser der Alpha-Pleite hingewiesen hat.


Im Übrigen hat 'der Fall Sonnenberg' aber auch gar nichts mit BPS und Indizierung zu tun, denn da ging es um Straftatbestände (Pornographie, Nazi-Propaganda), bei Indizierung geht es um Jugendschutz.
Pornographie ist in Singapur ein Straftatbestand, aber nicht in Deutschland. Strafbar ist nur, Pornographie an Minderjährige zu vertreiben. Und da sind wir wieder beim Jugendschutz.

BobCramer
04.06.2011, 01:16
Im frankobelgischen Raum war es übrigens schon viel früher als bei uns üblich, dass Kreative (z.B. Greg oder Charlier) Chefredakteure einer Comiczeitschrift wurden.

In der Tat ein interessanter Punkt. Schwer vorstellbar, dass Leute vom Format eines Greg, Goscinny oder Charlier so wenig Respekt vor der Arbeit eines Kollegen hatten, dass sie durch Retuschen oder Kürzungen in seine Arbeit eingegriffen hätten.

Wobei Peter Wiechmann ja quasi auch Kreativer war und bei ZACK trotzdem zum Hackmesser griff. Ob er damals wohl so etwas wie ein "Unrechtsbewusstsein" hatte?

Klassikfreund
04.06.2011, 01:22
'Wimmeln' find ich jetzt auch ne übertreibende Formulierung. Und es wird von Band zu Band besser. Und ich find inhaltlich/sachliche Fehler nach wie vor schlimmer als Tipp- und Rechtschreibfehler.


Ich finde es schlimmer, daß Jahrzehnte alte deutsche Übersetzungen plötzlich mit Tipp- und Rechtschreibfehlern versehen werden. Und das Ganze dann auch noch unter "Luxus" im festen Einband um einen hohen €-Preis läuft.

BobCramer
04.06.2011, 01:23
??? - Bedenken? Vielleicht. Aber sie HABEN der Jugend ja den Gelynchten gezeigt. Im Ggs. zu Ehapa, ca. zehn Jahre später, wo er 'versteckt' wurde

Da kam ich durcheinander. Ich hatte in der Erinnerung, Koralle hätte den gehängten Sheriff hinter den Sprechblasen verborgen. War aber Ehapa.

ZAQ
04.06.2011, 01:37
Erstens hat der Code mit der Indizierung nicht das geringste zu tun, weil dort völlig andere Leute über die Unbedenklichkeit der Comics befinden und keiner sich auf den anderen beruft. Natürlich sind das unterschiedliche Institutionen. Trotzdem wäre es ein Armutszeugnis für die eine, wenn die andere ein gesiegeltes Produkt beanstanden würde. Und umgekehrt.

Und vielleicht wurden die Comics mit dem Code nicht indiziert, weil die Verlage in Erfüllung ihrer Selbstverpflichtung die Gewaltszenen zuvor retuschiert haben.Koralle hat 'Der Revolvermann' eben NICHT retuschiert.
Aber wir können den Siegel-Aspekt sowieso zu den Akten legen. Hab nämlich grad zur Sicherheit nochmal nachgeschaut: Die fraglichen ZACK-Hefte trugen das Siegel gar nicht: Bis ZACK 14/73 prangte der Hinweis '...erscheint unter der Kontrolle...' auf Seite 2. Die wurde dann aber ab ZACK 15/73 anders gestaltet, wobei der Siegel-Hinweis wegfiel (vielleicht wurde es trotzdem weiter 'kontrolliert', aber da ein entsprechender Hinweis fehlt, weiss mans nicht). Die fraglichen Comanche-Episoden erschienen aber bekanntlich Ende 73, Anfang 74. Und daher ohne das Siegel. Womit diese 'Argumentationshilfe' für Ehapa im Falle einer Nicht-Retuschierung und folgendem Indizierungsantrag natürlich wegfällt.

Trotzdem hätte aufgrund der 'Werteentwicklung' Koralle eher Grund gehabt, aus Indizierungsangst zu retuschieren als Ehapa 10 Jahre später. Zumal man nicht vergessen sollte: Im Original (und in der ZACK-Veröffentlichung) verübt Red Dust Selbstjustiz. Ein Thema das kurz nach Gregs Verarbeitung hohe Wellen in der öffentlichen Diskussion schlug, ausgelöst von dem Film 'Ein Mann sieht rot' mit Charles Bronson.

ZAQ
04.06.2011, 01:43
(...) Strafbar ist nur, Pornographie an Minderjährige zu vertreiben. Und da sind wir wieder beim Jugendschutz.Jugendschutz wird aber nicht mit Beschlagnahme durchgesetzt (beschlagnahmt wird nur, was -mutmasslich- mit Straftat zu tun hat, der Besitz von Jugendgefährdenden Medien ist aber für Erwachsene nicht strafbar) sondern mit Indizierung und damit eihergehend Vertriebsbeschränkung. Und harte Pornographie ist in Deutschland sehr wohl verboten und damit Besitz strafbar.

Klassikfreund
04.06.2011, 01:50
wenn vermeintlich jugendgefährdende Medien an Jugendliche angeboten werden, wird auch beschlagnahmt.

BobCramer
04.06.2011, 02:05
Und harte Pornographie ist in Deutschland sehr wohl verboten und damit Besitz strafbar.

Aber Mick Baxter hat nur von Pornographie gesprochen, und deren Herstellung, Verbreitung, Besitz ist in Deutschland eben tatsächlich kein Straftatbestand. Der Hinweis auf "harte Pornographie" (Darstellung von Sex mit Kindern oder Tieren), von der überhaupt nicht die Rede war, ist insofern wirklich fehl am Platze.

Mick Baxter
04.06.2011, 03:45
Im übrigen wurden die Beschlagnahmungen auf der Suche nach Ralf-König-Comics vorgenommen, Alpha war zunächst nur ein Kollateralschaden (denn natürlich hätte es dann eigentlich vor allem Rowohlt treffen müssen). Die Beschlagnahmung in den Buchläden (wobei ja der größte Schaden entstand) hatte mit dem Verfahren nichts mehr zu tun (da war König längst aus der Anklageschrift verschwunden). Von harter Pornographie war also beim Erlaß der Durchsuchung nicht die Rede (oder wenn, dann fälschlich).


Die fraglichen Comanche-Episoden erschienen aber bekanntlich Ende 73, Anfang 74. Und daher ohne das Siegel. Womit diese 'Argumentationshilfe' für Ehapa im Falle einer Nicht-Retuschierung und folgendem Indizierungsantrag natürlich wegfällt.
Und sie ist sowieso Quatsch. Der Code Moral war eine Selbstverpflichtung, keine TÜV-Plakette.

Manx cat
04.06.2011, 06:27
Terror Inc. kenn ich nich. Was ich auf die Schnelle ergoogeln konnte, war, dass es sich dabei wohl um Splatter handelt, ein Genre, das eine neue Dimension der Gewaltdarstellung bietet, die es in der für die Edelwestern fragliche Zeit in Comics nicht gab (bzw. höchstens im 'Underground', siehe Menschenblut, welches zwar auch indiziert wurde, aber die 'Blutkru' hat es ja seinerzeit auch quasi drauf angelegt...).

Splatter ist nicht nur genre, sondern auch Stilmittel. Viele amerikanische Comics arbeiten mit Splatterelementen, würden aber auch ohne funktionieren.


Im Übrigen hat 'der Fall Sonnenberg' aber auch gar nichts mit BPS und Indizierung zu tun, denn da ging es um Straftatbestände (Pornographie, Nazi-Propaganda), bei Indizierung geht es um Jugendschutz. Aber auch das ist typisch für die 'Fortstrickung der Legendenbildung': Dass nicht nur mit Halbwahrheiten gearbeitet wird, sondern auch mal eben grob alles in eine Topf geworfen wird: Zensur und Indizierung gleichgesetzt, Nazi-Propaganda mit Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole durcheinander geschmissen, Verlagsretuschen mit Beschlagnahme wegen Straftatbeständen gerechtfertigt...


Lies noch mal meinen Post 169. Es reicht bereits, eine dokumentarische Darstellung des Nationalsozialismus im Comic einfließen zu lassen, um in den Dunstkreis von Propaganda zu kommen. Mit Argumenten und Dialektik kommt man in solchen Fällen nicht weit.

Zensur und Indizierung kann man übrigens gar nicht gleichsetzen, denn eine Zensur findet nicht statt. Es ist eine Frage der Betrachtung: Was für den einen Jugendschutz ist, ist für den anderen Zensur.


Rousseau, Du wirst immer noch gebraucht. Vielleicht mehr denn je...

Utopist! ;)

Manx cat
04.06.2011, 06:30
Im übrigen wurden die Beschlagnahmungen auf der Suche nach Ralf-König-Comics vorgenommen, Alpha war zunächst nur ein Kollateralschaden (denn natürlich hätte es dann eigentlich vor allem Rowohlt treffen müssen).

Der Entscheid zur Entlastung von Ralf Königs "Bullenklöten" ist bekannt oder? Ein Handstand ohnegleichen.
(ICh such mal meine Literatur über Zensur wieder raus.)

Wie sind wir eigentlich nochmal auf das Thema gekommen?

Gerhard Förster
04.06.2011, 11:11
Leute, schlagt Euch doch nicht die Köpfe ein! Da freut man sich, dass was los ist im Forum, und schon wird wieder gestritten was das Zeug hält.

Wenn ich Eure Postings lese, bin ich beeindruckt von Eurem Fachwissen! Ganz ehrlich, ich gratuliere!!

Aber warum dieses unnötige rumgiften? In den meisten Fällen haben sowieso beide Seiten recht. Man kann eine Sache eben von mehreren Standpunkten aus betrachten.

Überlegt Euch doch, WIE Ihr etwas formuliert! Sagt das selbe mit anderen Worten und der andere wird sich nicht provoziert fühlen!

Und diejenigen, die sich provoziert fühlen, bitte ich, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Das bringt doch nichts. JEDER sagt Dinge, aus denen man ihm einen Strick drehen kann, wenn man es drauf anlegt!

Und nehmt vom anderen nicht immer gleich das Schlechteste an! Leben und leben lassen. Es ist SCHÖN, dass wir unterschiedliche Meinungen vetreten! Wie die meisten von Euch wissen, war ich vor langer Zeit mal in einer Sekte. Ich WEISS was es heißt, gleichgeschalten zu werden. Danke, das genügt.

Meine Bitte: Respektiert einander und profitiert vom Wissen anderer Posting-Schreiber!

Zauberland
04.06.2011, 11:32
Wenn ich mich recht errinnere (und da werde ich gestützt durch "Ab 18" von Roland Seim) war das Hauptproblem für Alpha damals, dass der (übereifrige) Staatsanwalt bundesweit Beschlagnahmungen in Buchhandlungen durchführen lies. Daraufhin weigerten sich viele Buchhändler Alpha Comics weiter anzubieten, weil sie befürchteten erneut Besuch von der Staatsmacht zu erhalten. Somit fiel ein wichtiger Vertriebsweg weg.

Gerhard Förster
04.06.2011, 13:38
In der Tat ein interessanter Punkt. Schwer vorstellbar, dass Leute vom Format eines Greg, Goscinny oder Charlier so wenig Respekt vor der Arbeit eines Kollegen hatten, dass sie durch Retuschen oder Kürzungen in seine Arbeit eingegriffen hätten.

Wobei Peter Wiechmann ja quasi auch Kreativer war und bei ZACK trotzdem zum Hackmesser griff. Ob er damals wohl so etwas wie ein "Unrechtsbewusstsein" hatte?

Also damals sicher nicht. Und heute vermutlich auch nicht. Zu dem Thema wurde Wiechmann doch vor einem Jahr oder so in ZACK interviewt. Weiß wer, in welchem Heft das drin war? Würde das gern mal nachlesen.

Lola65
04.06.2011, 13:41
in Zack 129 ist ein Interview drin

ZAQ
04.06.2011, 17:59
Eigentlich wollte ich das Thema ja nicht neu aufbrühen. Schon gar nicht hier. Aber in einem Forum hat mans ja nicht wirklich in der Hand, wie sich Sachen entwickeln. Um nun aber den 221er-Thread nicht weiter damit zu belasten (vielleicht verschiebt ja auch noch jemand die diesbezüglichen Beiträge von da nach hier!?), hier nun als eigener Thread.

Wie gesagt: Eigentlich war ich damit durch. hab dann aber doch mal gedacht: Was ist eigentlich aus Staatsanwalt Hönniger und M.U.T. e.V.-Mann Michael Brenner geworden? Entsprechend gegoogelt und dabei sind -wie ich finde- interessante Dinge zu Tage getreten, die ich denn doch noch mal erwähnenswert finde.

Zunächst mal: Über Hönniger hab ich nicht viel gefunden. Der scheint mit 58 in Pension gegangen zu sein.

M.U.T. scheint es immer noch zu geben. Aber -und das find ich zB interessant- obwohl der Verein eine eigene Domain hat (www.mutev.de (http://www.mutev.de)) taucht diese bei einer Google-Suche nicht auf den vorderen Treffer-Plätzen auf.

Die web-site selbst ist für meinen Geschmack recht unübersichtlich und es finden sich dort einige Seiten, die journalistischen Ansprüchen in keiner Weise genügen (so fehlt oft ein Datum, eine Quellenangabe u.Ä.)

Aber wenn man sich dort ein bissl umsieht, findet man auch zum 'Fall Sonnenberg' noch ein paar Seiten.

Interessant dort dann zB dieses (leider undatierte) Interview (http://mutev.de/htmldocs/Recht_auf_Perversion.html) in dem sich Brenner wie folgt über Ralf König äussert:

Brenner: (...) Es geht mir um Menschenverachtung in Comicheften, und das haben wir dem Staatsanwalt auch klargemacht, haben Sachen eingeschickt, und wenn jetzt Ralf König mit einbezogen wird, dann ist das eine Sache, die liegt nicht in erster Linie an mir. Beim Ralf König kann man drüber streiten, was er macht. Ich finde es geschmacklos, ich würde das auf keinen Fall unterstützen, aber ich finde es auch nicht so schlimm, daß ich es mit aller Macht verbieten wollte, es ist nicht mein Angriffsziel.

ruprecht: Sie distanzieren sich also von den Punkten, für die Sie jetzt vor allem angegriffen wurden?

Brenner: Ja, davon würde ich mich klar distanzieren.Auch interessant find ich diese Seite (http://mutev.de/htmldocs/Stimmen_gegen_MUTeV.html). Es scheint, als ob dort der/die Artikel aus dem/n Comic Jahrbuch/büchern (2001/2003) zusammengefasst wird - erstaunlicherweise aber weitgehend ohne Kommentar 'in eigener Sache'...

Und noch ne Seite (http://mutev.de/htmldocs/Comic%20und%20Zensur.htm), relativ zeitnah zum Prozess.

Gerhard Förster
04.06.2011, 18:18
Das gefällt mir, dass Zaktuell jetzt einen eigenen Thread aus dem Zensur-Thema gemacht hat (und gleich auch spannende Infos liefert). Besten Dank!! Ich denke, das könnte auch die Antwort auf meine Frage an Euch in Sachen Übersichtlichkeit sein:

Wenn im aktuellen Haupt-Thread zur laufenden SB abzusehen ist, dass ein Sonderthema ausufert, dann macht jemand einen neuen Thread daraus. Zaktuell ist dafür zweifellos der richtige Mann, doch wenn er mal keine Lust hat (was natürlich sein gutes Recht ist), dann muss das eben einer von uns übernehmen.

Manx cat
04.06.2011, 18:47
Au weia.
Im Interview kommt der Brenner ja noch ganz sympathisch rüber, aber die MUTeV-Website, die spricht schon eine andere Sprache. Ich kenne diese Weltsicht selbst von einem Bekannten.

Einerseits totales Gutmenschen-Getue, andererseits eine völlig negative Sichtweise auf derzeitige Politik, Medien, Schulbildung. Alle Verantwortlichen sind verantwortungslos, korrummpiert, korrumpierend oder böse.
Nervig.

ZAQ
04.06.2011, 18:53
Der Entscheid zur Entlastung von Ralf Königs "Bullenklöten" ist bekannt oder?Öh. Nein. Mir jedenfalls nicht...
Ein Handstand ohnegleichen.
(ICh such mal meine Literatur über Zensur wieder raus.)
Ja, mach mal.

Wie sind wir eigentlich nochmal auf das Thema gekommen?Es ging um die Frage, ob es eine berechtigte Befürchtung war, dass die Edelwestern, wenn unretuschiert erschienen, indiziert worden wären. Und dahin sind wir gekommen als es um die Frage ging, ob das heutige ZACK noch das der 70er sein sollte. Und auf die Frage kamen wir, weil ich festgestellt hatte, dass es für die Sprechblase noch ein weiter Weg wäre, die potenzielle Kundschaft zu überzeugen, dass die 'neue' Sprechblase anders ist als die der Hethke-Ära... - Das war so im Groben der Diskussionsweg ;)

DER LETZTE APACHE
04.06.2011, 19:52
An zaktuell stelle würde ich hier gar nicht so viel preisgeben, sondern einfach über dieses Thema in der SB berichten, oder? ;)

Mick Baxter
04.06.2011, 20:24
Es scheint, als ob dort der/die Artikel aus dem/n Comic Jahrbuch/büchern (2001/2003) zusammengefasst wird
Dagegen spricht das Datum (Mai 2001 – das Jahrbuch 2001 erschien erst im Oktober). Ob ich umgekehrt Informationen aus dem Artikel übernommen habe, weiß ich nicht mehr.

ZAQ
04.06.2011, 20:35
Ahja. Ausnahmsweise sind da ja mal jede Menge Quellen angegeben. U.A. eben auch web-Adressen von Edition Kunst der Comics und von comic-zensiert.de (inzwischen beide nicht mehr existent), wo ja wohl auch Alpha/Schnurrer hintersteckte. Ggf. basieren Jahrbuch und die M.U.T.-seite auf denselben Quellen...

Jedenfalls hatte ich erst im Zuge des Neuaufbranden des Themas die alten Jahrbücher nochmal vorgekramt und die Artikel von Dir und Schnurrer dort nochmal gelesen. Und als ich danach die Mut-Seite entdeckte, kam mir das doch alles sehr wie 'frisch gelesen' vor.

ZAQ
04.06.2011, 20:45
An zaktuell stelle würde ich hier gar nicht so viel preisgeben, sondern einfach über dieses Thema in der SB berichten, oder? ;)Mal abgesehen davon, dass ich da weder Zeit noch Lust zu hätte: Ich bin ja auch insofern 'befangen' als ich zu der Problematik ne relativ feste Position habe. Insofern fänd ich tatsächlich besser, wenn jemand, dem der ganze Komplex noch 'neu' ist, mal die ganzen Quellen sichten und dann aus 'neutraler Sicht' drüber schreiben würde. Und wenn ich (und andere) durch entsprechende Links, Linksammlungen, Forenbeiträge und Print-Quellen-Angaben die Quellen-Recherche vereinfachen, find ich das der Sache und Wahrheitsfindung zuträglicher.

Denn letztlich hab ich zwar zu (fast) allem ne Meinung, aber -auch wenn mir das zuweilen unterstellt wird- keinen 'missionarischen Eifer', andere von dieser Meinung zu überzeugen. Tatsachen und Infos und Überlegungen etc. zusammentragen ist eher 'meine Mission', damit sich dann jeder aufgrund dessen seine eigene Meinung bilden kann. Denn schliesslich bin ich seit Jahrzehnten Anhänger der These: 'Selber denken macht schlau.'
Und der Ansicht, dass man sich eine eigene Meinung bilden kann und sollte. Wer das tut und dabei zu anderen Positionen kommt als ich, ist mir allemal lieber, als jemand, der (m)eine Meinung unhinterfragt einfach übernimmt...

Gerhard Förster
05.06.2011, 02:42
in Zack 129 ist ein Interview drin

Danke für die Info. Ich hab nachgesehen. Wiechmann geht in dem Interview kaum auf die Zack-Ära ein, sondern verweist auf seine Artikelserie in der SB. Dort erschien der ausführliche Zack-Beitrag in Nr. 195.

BobCramer
05.06.2011, 08:31
Ich bin mit dem Fall und seinen Hintergründen nicht so vertraut. Waren die Drahtzieher dieser komischen Beschlagnahme-Aktion christliche Fundamentalisten, die die "Moral" retten wollten? Darauf deutet doch zumindest diese komische Nachtlaterne-Seite hin.

Clint Barton
05.06.2011, 11:21
Au weia.
Im Interview kommt der Brenner ja noch ganz sympathisch rüber, aber die MUTeV-Website, die spricht schon eine andere Sprache. Ich kenne diese Weltsicht selbst von einem Bekannten.

Einerseits totales Gutmenschen-Getue, andererseits eine völlig negative Sichtweise auf derzeitige Politik, Medien, Schulbildung. Alle Verantwortlichen sind verantwortungslos, korrummpiert, korrumpierend oder böse.
Nervig.

Ich hab den mal in Sat1 gesehen (bei "Akte" oder so), als der IIRC über das gerade frisch erschienene "Adolf" von Walter Moers abgeledert hat und dabei immer hysterischer wurde.


U.A. eben auch web-Adressen von Edition Kunst der Comics und von comic-zensiert.de (inzwischen beide nicht mehr existent), wo ja wohl auch Alpha/Schnurrer hintersteckte.

Da die Seite so hiess, wie das entsprechende, äusserst informative Buch, würde ich davon ausgehen.

http://www.comicbookdb.com/graphics/comic_graphics/1/393/197633_20100425122435_large.jpg

Edith:
http://web.archive.org/web/20010308223546/http://www.comic-zensiert.de/

Manx cat
05.06.2011, 13:25
Ja, mach mal.

Also gut, dann tippe ich den Text mal eben ab. Redundanzen lasse ich weg. Das wesentliche dürfte deutlich bleiben:

"Das Buch ist Kunst im Sinne des Art. 5 GG 1 Abs.2 [...]
Nach der Rechtsrechung des ... ist Kunst das Ergebnis freier schöpferischer Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Phantasien des Künstlers zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden.
Nach dieser Rechtsprechung ist das vorliegende Werk unzweifelhaft als Kunst einzustufen. In exzellenter Zeichnung pointiert der Künstler Alltagssituationen aus dem Homosexuellen-Milieu. Seine ... "Knollenmännchen" zeichnen sich durch ihre jeweiligen Charaktere aus ... auf der einen Seite der feingeistige Konrad ... auf der anderen Seite der sexbesessene Paul.
...
Dabei macht der Künstler auch auf heutzutage immer wieder vorzufindende Vorurteile gegenüber Homosexuellen aufmerksam. Gerade Konrad, der sich Gewissensbisse darüber macht, dass er sich in den 17jährigen Klavierschüler Mathias verliebt hat, wird vorgeworfen, einen fünfjährigen Jungen sexuell missbraucht zu haben. Er wird von dem Vater des Jungen brutal misshandelt, ohne dass dieser sich eine Minute lang die Mühe macht, die Vorgänge aufzuklären. Das Comic-Buch enthält viele Varianten menschlichen Lebens, die alle durch selbstironische Überzeichnung Einfühlungsvermögen in den homosexuellen Alltag vermitteln.

Das 12-er Gremium verkennt nicht, dass es ihm ... aufgegeben ist, zwischen Kunstschutz und Jugendschutz abzuwägen.
Denn nach der Entscheidung des BVG vom ... ist nicht nur die künstlerische Aussage, sondern auch seine reale Wirkung zu berücksichtigen.
...
Das Gremium ist der Auffassung, dass es sich keineswegs um Pornographie handelt.
...
Isoliert betrachtet sind sicherlich manche Zeichnungen sicherlich so gestaltet, dass man sie als pornographisch bezeichnen könnte. Doch es ist bei einem Werk stets der Gesamteindruck zu berücksichtigen und dieser ... lässt die Beisitzer zu der Überzeugung gelangen, dass hier keine Pornographie vorliegt.

Sofern Paul drastisch sexuelle Vorgänge beschreibt, hält ihm Konrad vor, dass er 'alles durch die Pornobrille sehe'.
...
Das 12-er Gremium verkennt nicht, dass einige Textstellen und auch Abbildungen in dem Buch als äußerst vulgär und drastisch zu bezeichnen sind. Es verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Entscheidung zugunsten des Kunstschutzes nicht bedeutet, dass das Gremium das Buch für Kinder als geeignet ansieht.
...
In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass es sich dem äußeren Anschein nach nicht um ein Comic-Buch handelt, zu dem Kinder in erster Linie greifen werden. Jugendliche ... werden zweifelsohne den Satirecharakter dieses Werkes erkennen. Satire ist dadurch gekennzeichnet, dass sie in überzeichnender, wenngleich auch manchmal geschmackloser Weise Dinge ins Clowneske verzerrt. Bei der Prüfung, ob die karikative oder satirische Form eine solche darstellt, ist zu berücksichtigen, dass es zum Wesen von Karikatur und Satire gehört, mit Mitteln zu arbeiten, die übertrieben und in grotesker oder verzerrender Weise pointieren oder verfremden, weshalb hier ein größeres Maß an Gestaltungsfreiheit zugestanden werden muß [...]. So wie eben Satire alles verfremdet oder überspitzt darstellt, so sind eben auch die Beziehungen zwischen Paul, Konrad, Ramon, Mathias usw. in grotesker Weise pointiert.

Abschließend betont das 12-er Gremium der Bundesprüfstelle noch einmal, dass ... eine Abwägung zwischen Kunstschutz und Jugendschutz stattfinden muss. Hat der Kunstschutz den Vorrang, dann muss ein Werk ohne Vertriebsbeschränkung auf dem MArkt erscheinen können. Eine Entscheidung, ob es in die Hände von Kindern oder Jugendlichen gelangen soll, obliegt dann ausschließlich den Eltern.
[...]" (Zitat Ende, aus: Schnurrer, Spiegel, Seim, Hiebing, Comic: Zensiert)

Eigentlich ein gutes Urteil. Da waren keine Idioten oder Eiferer am Werk. Denen hat das Buch gefallen und die wollten die Qualität des Werks mit ihrem Urteil würdigen.

Einen schalen Beigeschmack hat lediglich die Willkür. Das Urteil ist auch von den Vorlieben des Gremiums abhängig und höchst subjektiv.

L.N. Muhr
06.06.2011, 17:27
Denn letztlich hab ich zwar zu (fast) allem ne Meinung, aber -auch wenn mir das zuweilen unterstellt wird- keinen 'missionarischen Eifer', andere von dieser Meinung zu überzeugen. Tatsachen und Infos und Überlegungen etc. zusammentragen ist eher 'meine Mission', damit sich dann jeder aufgrund dessen seine eigene Meinung bilden kann. Denn schliesslich bin ich seit Jahrzehnten Anhänger der These: 'Selber denken macht schlau.'


Was nützt das beste Selberdenken, wenn es auf falschen Prämissen beruht?

Ein "Sonnenberg" gibt es mWn in Deutschland nicht. Mal von wegen "Tatsachen zusammentragen".

ZAQ
06.06.2011, 18:37
(...) Ein "Sonnenberg" gibt es mWn in Deutschland nicht. (...)
Oha, der Rächer der einsamen Tippfehler ist wieder unterwegs, hat sich hierher verirrt und -wie üblich- zur Sache selbst nichts beizutragen. - Ach, käm er doch mal bei mir zuhaus vorbei, ich hätte da noch n paar Erbsen im Schrank, die dringend gezählt werden müssten...

@Manx cat: Danke für die Mühe. :top:

Manx cat
06.06.2011, 18:41
Gern geschehen.
Anmerkungen? :)

FilthyAssistant
06.06.2011, 18:51
Ein "Sonnenberg" gibt es mWn in Deutschland nicht.

gibt es. mehr als ein/en:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sonnenberg

DER LETZTE APACHE
06.06.2011, 19:10
Was nützt das beste Selberdenken, wenn es auf falschen Prämissen beruht?


Auf der Jagd nach dem 30.000 Beitrag? Mach es bitte nicht hier. Und sonst nichts zu tun? Bitte auch nicht hier. :D

L.N. Muhr
06.06.2011, 19:29
Ich soll also hier nicht Nichts tun?

Okay, das kann ich lassen. :D

ZAQ
06.06.2011, 21:46
Den fand ich jetzt ausnahmsweise mal tatsächlich witzig. Trotzdem würd ich begrüssen, wenn die Spammerei jetzt mal wieder beendet würde...

Back to topic:
@Manx cat: Nein, im Moment grad mal keine weiteren Anmerkungen. Aber Dein Posting hat mich erinnert, dass ich ja AUCH das Buch hab, aus dem Du das zitiert hast. Werd ich mir die Tage mal wieder raussuchen... - vielleicht dann wieder Anmerkungen.