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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hannes Hegen und Karl May



Scheuch
30.01.2011, 11:21
Zu Lothar Drägers Verhältnis zu Karl May ist ja schon einiges geschrieben worden. Bzgl. Hegen fällt mir aber nur Hörsensagen ein: "Das hatte ich gar nicht nötig, den zu lesen". Gibt es Sekundärliteratur (einschließlich Fanzines oder Radio- bzw. TV-Interviews) in denen Hegens Verhältnis zu May thematisiert wurde?

gbg
30.01.2011, 21:35
Nein! Thomas Kramer fragen, denn er müsste ja nach MMM zu urteilen alle Verweise dazu haben ;)

thowiLEIPZIG
30.01.2011, 22:21
BEWEISE wird man auch nicht finden. Es sei denn, wie bereits an anderer Stelle erwähnt, in seiner Privarbibliothek, die ja, wie ebenfalls erwähnt, dem ZGF zukommen (zugekommen sein) soll. Ansonsten ist alles Spekulatius. Denn DARÜBER wird man nicht mal in irgendwelchen Archiven etwas finden. Und, wie gerade Mark Lehmstedt im Radio gesagt hat, Zeitzeugen sind unzuverlässige Quellen.

Bhur
31.01.2011, 08:48
Und, wie gerade Mark Lehmstedt im Radio gesagt hat, Zeitzeugen sind unzuverlässige Quellen.

Der Zeitzeuge ist der Feind des Historikers – ein altes und immer noch wahres Bonmot.

Scheuch
31.01.2011, 08:52
Also ist nicht mal das "Das hatte ich gar nicht nötig, den zu lesen" in der Sekundärliteratur belegt?

Mich interessiert momentan weniger "Karl May als Quelle für das Mosaik". Mir geht es explizit darum, ob es zitierfähige Äußerungen von oder über Hegen gibt, die May betreffen.

Tilberg
31.01.2011, 08:55
Das ist - wenn ich mich recht erinnere - eine seiner Randglossen auf dem Fanbuchmanuskript. Müßte im Anhang des 2. Fanbuchs zu sehen sein.

Scheuch
31.01.2011, 08:59
Der Anhang enthält nur die Exposés und zwei Gerichtsurteile.

Predantus
31.01.2011, 11:03
Das ist - wenn ich mich recht erinnere - eine seiner Randglossen auf dem Fanbuchmanuskript. Müßte im Anhang des 2. Fanbuchs zu sehen sein.

Nein, ich glaube das war mal in einer Ausgabe des Mosaiker abgebildet. Aber ich weiß jetzt aus dem Stegreif natürlich nicht die Nummer. War aber glaube ich noch eine von den großformatigen Ausgaben.

Jetzt zum Thema selbst: Im Prinzip war es doch damals wohl so; wer als Junge seinen Karl May nicht gelesen hatte, der war doch bei den anderen vielfach unten durch und durfte nicht mitspielen. Irgendwo gibt es doch auch eine diesbezügliche Aussage von Liselotte Welskopf-Henrich, die erst dann bei den Jungs Indianer mitspielen durfte, nachdem sie Karl May gelesen hatte. Ich weiß jetzt aber nicht, ob es schriftlich fixiert ist oder ob sie das nicht in einem Radio-Interview sagte. Ich meine, es war letzteres, bin mir aber da nicht hundertprozentig sicher.

War wohl so ein bisschen wie heute; wer keine Markenkleidung trägt, ist nach der Meinung einiger Anderer doof. Und damals war es wohl beim Thema Karl May recht ähnlich. Es ist also anzunehmen, wenn dies auch in Gegend so war, in der Hegen seine Kindheit verbrachte, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass er zumindest etwas von May gelesen hat. Dies bedeutet aber nicht, dass es ihm gefallen hat oder irgendeinen Einfluss auf seine späteren Arbeiten hatte. Und selbst wenn, nicht jeder gibt gerne zu, dass er oder sie sich von einer Jugendlektüre im eigenen Schaffen irgendwie beeinflussen ließ. Auch Liselotte Welskopf-Henrich ist öffentlich vehement gegen May aufgetreten, doch schaut man sich »Die Söhne der großen Bärin« mal genau an, dann wird man dort wohl so die eine oder andere Sache entdecken, die man ganz ähnlich schon bei May findet, seien es nun einzelne Indianernamen, einige der Spitznamen der auftretenden Westmänner – ich denke da nur an den Hahnenkampf-Bill oder so ähnlich – diedurchaus auch maywürdig wären, und natürlich vor allem die Person des Red Fox, der doch eigentlich die ganze Zeit wie eine Kopie des roten Cornels aus dem »Schatz im Silbersee« erscheint.

Das wird wohl bei Hegen recht ähnlich sein. Ich denke, es ist wahrscheinlicher, dass er zumindest irgendetwas von May gelesen hat als nicht; aber ob es einen Einfluss auf sein eigenes Schaffen hat, wird man wohl nie wirklich erfahren. Zumindest kann ich bisher keinerlei direkte Einflüsse erkennen, die über Hegen als Person in die Hefte gelangt sind. Und ich kenne auch keine Literatur, die das Thema May und seinen direkten Einfluss auf Hegen selbst in irgendeiner Form behandelt. Eine Ausnahme ist vielleicht das erste Fanbuch von Kramer, dass dieser aber bekanntermaßen ganz ins Blaue hineingeschrieben hat. Da hatte er noch keine Ahnung von dem, was das MOSAIK von Hannes Hegen Dräger verdankt. Allerdings, wenn man sich dann mit der Materie selbst mal auseinandersetzt, dann wird man recht schnell feststellen, dass auch die später über Dräger eingebrachten möglichen May-Einflüsse ja wohl nicht ganz so groß, wie man nach den Kramer-Schriften vermuten könnte.

Es werden wohl am Ende – so meine persönliche Meinung – auch immer nur Vermutungen bleiben, die man zum Thema May-Hegen aufstellen kann und wird.

Möhrenfelder
31.01.2011, 14:55
Diese Aussagen bezüglich Karl May kann ich für die 60er und 70er für mich nicht bestätigen. Ein Mitschüler hatte die Westbände von Karl May. Ich hab sie mir nach und nach ausgeborgt (praktisch jeden Tag einen, denn die hab ich "eingeatmet"). Ich kann aber nicht bestätigen, dass andere Mitschüler bei dem anstanden. Ich war der einzige Leiher.
Unsere Indianerspiele lehnten sich doch sehr an die DEFA-Filme an. Karl May war da kein Thema. Ich hab auch Lederstrumpf noch vor den Winnetou-Geschichten gelesen. Konnte daher auch die Qualität ganz gut einordnen. May war natürlich deutlich kurzweiliger aber eben auch viel weniger authentisch. So blieb Cooper viel intensiver in meiner Erinnerung.

Predantus
31.01.2011, 18:13
Diese Aussagen bezüglich Karl May kann ich für die 60er und 70er für mich nicht bestätigen.

Nun ja, die Aussage bezog sich natürlich auf jene Jungs, die in den 20er und 30er Jahre groß geworden sind, die, das nehme ich jetzt mal einfach an, du nicht miterlebt hast. :D Ich übrigens auch nicht, aber wenn man mal Zeitzeugen befragt, bekommt man so etwas immer wieder zu hören. :)

Möhrenfelder
01.02.2011, 16:09
Nun ja, die Aussage bezog sich natürlich auf jene Jungs, die in den 20er und 30er Jahre groß geworden sind, die, das nehme ich jetzt mal einfach an, du nicht miterlebt hast. :D Ich übrigens auch nicht, aber wenn man mal Zeitzeugen befragt, bekommt man so etwas immer wieder zu hören. :)

Ach so, das habe ich irgendwie falsch verstanden. Hegen war auch mal Kind, hätte ich ja drauf kommen können.:D

thowiLEIPZIG
01.02.2011, 17:28
Meine Leidenschaft für May hält sich auch in SEHR ENGEN Grenzen. Als Kind hatte mein Vater eine alte Ausgabe, "durch's wilde Kurdistan". Hab ich nur von außen angesehen. Ich kannt auch KEINEN unter meinen Schulfreunden, die MAy gelesen haben. Später dann, aber schon in Nachwendezeiten, hab ich mich durch den Winnetou gequält, wirklich gequält. Ich weiß nicht, wieso, aber Spannung o.Ä. kam da nicht auf. Hab auch 2X, einmal sogar mit Thomas Kramer, Radebeul besucht, aber da fasziniert mich eher so das "Universum", so, wie mich auch Perry Rhodan interessiert, den ich auch überhaupt nicht "allumfassend" kenne.

Und überhaupt! ICH HATTE ES GAR NICHT NÖTIG! :D

CHOUETTE
03.02.2011, 19:12
Ich kannt auch KEINEN unter meinen Schulfreunden, die MAy gelesen haben.
Wie auch, kam ja erst in der DDR raus, als ich ins Lesealter kam. Du bist zu alt. :p
Und dann musste man schon echt gute Beziehungen haben - oder in der Hauptstadt wohnen.
Ich hab damals die Filme geliebt, die Bücher gelesen, bis ich so 12 oder 13 Jahre alt war. Dann kam die Wende, die Dinger standen überall rum - und ich fand sie langweilig. Habe damals noch mehrere geschenkt bekommen, doch nur ganz selten reichte mein Interesse über die ersten hundert Seiten hinaus. Chingachgook war der viel, viel bessere Winnetou.

Möhrenfelder
03.02.2011, 21:47
Wie auch, kam ja erst in der DDR raus, als ich ins Lesealter kam. Du bist zu alt. :p.

Du unterschätzt die Menge der in der DDR kursierenden Westausgaben. Überhaupt unterschätzt du den Versorgungsgrad der 60er-Jahre Jugend. Wir hatten praktisch ALLES.;)

Nafi Dhu Asrar
03.02.2011, 21:50
Ich hab so an die 25 May-Bände gelesen, damals voller Begeisterung und in einem irren Tempo. Als ich mit 18 wieder einen der Bände rein schaute, traute ich meinen Augen nicht: soviel Selbstbeweihräucherung und latenten Rassismus hatte ich nicht in meiner Erinnerung.

Capitano Spavento
17.09.2018, 16:06
Schaue mir gerade diese wunderbar gemachte NDR/arte-Doku an, das Karl May von den Berichten Maximilian Alexander Philipp Prinz zu Wied-Neuwied ( https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_zu_Wied-Neuwied )profitierte, war mir bisher nicht bewußt.
Tolle Landschaftsaufnahmen und passende Sprecher und Musik, die amerikanischen Reenactors mit dem Boot.
Vielleicht ist das ja auch etwas für Euch!

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/unsere_geschichte/Winnetou-und-der-Prinz-aus-Deutschland-,doku1184.html

CHOUETTE
17.09.2018, 17:10
das Karl May von den Berichten Maximilian Alexander Philipp Prinz zu Wied-Neuwied ( https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_zu_Wied-Neuwied )profitierte, war mir bisher nicht bewußt.
Die Karl-May-Forschung bestreitet das auch. In einer der letzten P.M. History war ein Artikel über den Prinzen drin, wo auf die Inspiration auf KM eingegangen wurde. Zwei Ausgaben später widersprach ein Karl-May-Forscher in einem Leserbrief, auf den wiederum der Verfasser des Artikels antwortete und bei seiner Meinung blieb.

Capitano Spavento
17.09.2018, 20:48
Womit wurde bewiesen, das es nicht so war?
Kannst Du Dich vielleicht daran erinnern, vielleicht in Kurzform?

Zumindest war das Filmchen gut gemacht, es wird sich eh jeder seinen eigenen Reim darauf machen, die jeweiligen Befürworter ihrer Thesen werden ja immer versuchen, ihre Sachen durchsetzen zu wollen.
Schön fand ich, das die Bisons wieder dort angesiedelt wurden, würde mir so etwas gerne mal in natura ansehen.
Sogar diese kleine Herde (zu früheren Zeiten) sieht gewaltig aus.

......und davor dann die Digedags im Fluchtmodus. :bolt:

kiro
18.09.2018, 07:48
Vielen Dank für den Tipp mit dem Prinzen. War mir bisher gar nicht bekannt. Jetzt möchte ich gleich seine Berichte lesen.

CHOUETTE
18.09.2018, 08:56
Womit wurde bewiesen, das es nicht so war?
Kannst Du Dich vielleicht daran erinnern, vielleicht in Kurzform?
Bewiesen gar nicht. Wie auch? ;)
Aus dem Gedächtnis: Der Leserbriefschreiber wies darauf hin, dass keine Ausgabe des Herrn Wied in Mays Bibliothek zu finden war und wohl auch keine Textstellen als Quellen zweifelsfrei identifiziert werden konnten. Zudem seien die Wied'schen Bücher sehr teuer gewesen und May zum Zeitpunkt der Entstehung der Winnetou-Geschichten finanziell nicht in der Lage, sich diese Bücher zu leisten.

Das Gegenargument in der Antwort des Artikel-Verfassers bestand darin, dass man aus dem Nichtvorhandensein dieser Bücher in Mays Besitz nicht schlussfolgern dürfe, er habe sie nicht gekannt. Es wurde auf die Möglichkeit verwiesen, dass May diese in öffentlichen Bibliotheken eingesehen haben könnte.

Capitano Spavento
18.09.2018, 17:23
Danke für die kurze Info!
Wenn die Doku jetzt auf Tatsachen zurückgreift, zieht er das Buch ja aus dem Regal in den eigenen vier Wänden.
Die Bücher könnten aber auch noch eine Schenkung sein.

Die Fotos in der Doku wurden vermutlich erst später in seiner Villa aufgenommen, da sind die Regale ja gut bestückt.