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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Auf Splashcomics: Die Toten [18.10. – 28.10.2009] [Splashcomics - Rezensionen]



Bernd Glasstetter
12.01.2011, 00:20
http://www.splashpages.de/php/images/rezensionen/rezension_mittel_13101.jpg

Die Post ist da. Das Cover der zweiten Sammlung aus der Serie Die Toten stammt wieder vom begnadeten Ingo Römling. Nach Band 1, wo ein Repräsentant der Polizei das Titelmotiv zierte, mimt diesmal eine zähnefletschende Postbeamtin das Covergirl.

Nachdem der Debütband durchaus zu gefallen wusste und Lust auf mehr machte, breitet sich bereits bei Band 2 ein gemischtes Gefühl aus. Zombies aus deutschem Blickwinkel, Lokalitäten, die jeder kennt, drei bis vier abgeschlossene Geschichten pro Band, wechselnde Charaktere, schnelle Spotlights. Das Grundkonzept bietet so viele Möglichkeiten, die leider nur zum Teil genutzt werden.

Ähnlich wie bei Band 1 ist die erste Story erzählerisch die beste. Andreas Völlinger trifft mit seinen Texten den Ton eines Endzeit-Szenarios sehr gut. Eine Gruppe Senioren gegen fleischfressende Zombies ins Rennen zu schicken ist schon für sich eine tolle Idee, doch sie wird noch aufgewertet durch diesen nüchternen, trockenen Humor und sanfte Sozialkritik. Herr Olpert ist 85 Jahre alt. Er hat die Nazis und den Zweiten Weltkrieg überlebt. Im Seniorenhotel fühlt er sich wie tot. Als es gegen Zombies geht, blüht er richtig auf. Die Zeichnungen von Till Felix erinnern leicht an den Stil eines Guy Davis, sind nicht ganz sicher in der Strichführung, wissen aber durchaus zu gefallen. Er nutzt die gesamte Palette an Perspektiven und filmischen Bildfolgen, die nötig sind, um auch ruhige Momente, wie die Gespräche im Altenheim, interessant darzustellen. Ein bemerkenswerter Zeichner, auf den man aufpassen muss, denn man bekommt bei ihm das Gefühl, dass er mit jedem weiteren Comic seinen Stil mehr verfeinert und eines nicht allzu fernen Tages richtig gut wird.

Die Stuttgarter Episode ist schnell gelesen. Die Zeichnungen wirken mehr wie eine Fingerübung. Proportionen und Mimik der Personen sind gefällig. Hintergründe sind karg bis gar nicht vorhanden. Ein routinierter Inker hätte dem flüchtigen, fast schon zarten Bleistiftton der Panels gut getan. Zombies sind hier eher lästige Staffage, was dem eingefleischten Fan von Untoten nicht so gefallen dürfte.

Die letzte Geschichte ist bis auf ein paar Rottöne wie die zweite Episode in schwarzweiß gehalten. Grafisch ist Römling erneut der Beste. Diesmal setzt er die Story gänzlich ohne Worte um. Da es um ein vertracktes Spiel mit echten Bildern und Fotos einer Digitalkamera geht, kein leichtes Unterfangen. Er meistert dies gekonnt mit intelligenten Bildwechseln und seinem dynamischen Markenzeichen-Stil. Bei ihm sehen Zombies auch so aus, wie man sie aus Film und Fernsehen kennt: wahnsinnig, furchterregend, eklig, ferngesteuert. Leider hat er auch diesmal den dünnsten Plot vorgesetzt bekommen.

Wenngleich die Episoden dieses Bandes alle unterhaltsam und solide umgesetzt sind, ist keine Steigerung zum Debüt zu verzeichnen. Das ist insofern enttäuschend, weil das Konzept viel mehr Potential hat. Die Charaktere bleiben bis auf wenige Ausnahmen sehr blass. Die deutschen Elemente kann man an ein paar Fingern abzählen. Es reicht nicht, beispielsweise eine Geschichte in Stuttgart anzusiedeln und dann sieht man an den Hintergründen, dass dies in jeder Stadt sein könnte. Es sind viele gute Ansätze spürbar, doch es wird zu wenig daraus gemacht. Die Vision ist zu unklar, als dass sie wirklich fasziniert. Wenn man nicht aufpasst, wird aus Die Toten doch nur der x-te Aufguss einer Zombiewelle, die durch ein Land wütet. Vielleicht kann man die Dichte einer Serie wie Robert Kirkmans und Charlie Adlards The Walking Dead gar nicht erreichen, weil es jedes Mal andere Personen sind, auf die sich der Leser einstellen muss? Momentan ist die Serie eher ein Showcase deutscher Talente - und das wiederum sehr gelungen. Viele Stilarten, viele Texter und Zeichner wurden bislang aufgeboten. Ein wirklich unnötiger oder schlechter Beitrag war nicht dabei.

Soll es das schon gewesen sein? Nein, hoffentlich nicht. Hey, ihr Macher von Die Toten. Wir wollen, dass das Konzept bis ins Letzte ausreizt wird. Lasst endlich die Handbremse los. Her mit den durch geknallten Charakteren. Zeigt uns ungewöhnliche Spielorte und abgefahrene Handlungen. Bislang war es unterhaltsam, aber ihr könnt es noch besser.





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