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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Auf Splashcomics: Pluto: Urasawa X Tezuka 1 [Splashcomics - Rezensionen]



Bernd Glasstetter
15.12.2010, 00:31
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Die achtteilige Manga-Serie Pluto basiert auf Osamu Tezukas populärem Klassiker Astro Boy (Shonen Kobuncha, 1952 - 1968, 23 Tankobons; in Deutschland publiziert von Carlsen). Sie bedient sich der gleichnamigen Nebenfigur - Pluto - und einiger weiterer Charaktere aus jener Reihe. Pluto erschien von 2003 - 2009 in Big Comic Original und wird nun von Carlsen den deutschen Lesern zugänglich gemacht. Umgesetzt wurde die Geschichte von Naoki Urasawa, bestens bekannt durch Monster und 20th Century Boys, seinem Co-Autor Takashi Nagasaki und Makoto Tezuka, Osamu Tazukas Sohn, als Supervisor. Zu der preisgekrönten Serie ist ein Real-Film in Planung. Wer mehr über Osamu Tezuka und Naoki Urasawa erfahren möchte, kann sich auf den Websites der Künstler umsehen: tezukaosamu.net (http://tezukaosamu.net/) und flying-dc.com (http://www.comicforum.de/www.flying-dc.com/nu/nu-pc_index.html).

Liest man den Manga, fallen die augenscheinlichen Parallelen zu den Roboter-Storys von Isaac Asimov ins Auge. Schon früh, aber vor allem ab den 1940er Jahren verfasste der russisch-amerikanische (Science Fiction-) Autor zahlreiche Kurzgeschichten, die ab den 1950er Jahren in Sammelbänden zusammengefasst wurden. Nicht nur formulierte er die drei Roboter-Gesetze (Ich, der Robot: 1. "Ein Roboter darf kein menschliches Wesen [wissentlich] verletzen oder durch Untätigkeit gestatten, dass einem menschlichen Wesen [wissentlich] Schaden zugefügt wird." 2. "Ein Roboter muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen - es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel eins kollidieren." 3. "Ein Roboter muss seine Existenz beschützen, solange dieser Schutz nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert."), er befasste sich außerdem mit der Frage, wie menschlich ein Roboter sein kann (zum Beispiel in Der Zweihundertjährige). Leider ist nicht bekannt, ob Astro Boy von Asimov inspiriert wurde, zumal der Manga nur wenige Jahre nach den Roboter-Storys gestartet wurde.

Sowohl in Astro Boy als auch in dem Spin-Off Pluto leben Menschen und sehr menschliche Roboter in Harmonie. Freilich haben die Maschinenwesen Gegner, doch die Mehrheit akzeptiert sie als einen Bestandteil der Gesellschaft mit Pflichten, Rechten und sogar Träumen (Träumen Roboter von elektrischen Schafen?, Philip K. Dick, 1968, verfilmt von Ridley Scott unter dem Titel Blade Runner mit Harrison Ford). Beispielsweise wird der Kampfroboter North Nr. 2 von seinen Erinnerungen an den Krieg gepeinigt, in dem er viele seiner Art töten musste, und sucht Vergessen in der Musik, auch Gesicht kennt Albträume, und Brando, ein Wrestling-Roboter, hat eine Familie mit Robot-Frau und menschlichen (!) Kindern gegründet, in denen er im übertragenen Sinn seine Zukunft sieht.

Die Frage nach der Menschlichkeit der immer perfekter werdenden Maschinen ist eingebettet in eine spannende, dramatische Krimi-Handlung, die den Leser sofort in ihren Bann zieht. Durch Einzelschicksale erfährt man Näheres über das Gesellschaftssystem, das Denken und Handeln von Mensch und Roboter. Gleichzeitig darf man rätseln, welcher Platz den ersten Puzzlestücken zukommt, und Spekulationen anstellen, wer hinter den Morden steckt, was die Anspielungen auf den römischen Todesgott bedeuten und welche Motivation den Täter antreibt, dessen Terror-Aktionen Menschen und Roboter gleichermaßen erschrecken.

Pluto ist keine leichte Kost für junge Leser, sondern wendet sich an ein reifes Publikum, das die Antworten nicht auf einem Silbertablett serviert bekommen möchte, sondern gern mit- und über das Gelesen nachdenkt. Auch die Illustrationen entsprechen nicht dem, was man allgemein in Mangas vorfindet. Naoki Urasawas Stil ist realistisch und beschönigt nichts. Seine Werke fallen unter die Rubriken Gekiga und Seinen, worunter man sich komplexe, atmosphärisch dichte und detailliert gezeichnete Mangas für erwachsene Leser - Titel die sich bewusst von Kinder-Serien abgrenzen wollen - vorstellen muss. Weitere Vertreter dieser Gattung sind beispielsweise Jiro Taniguchi (Vertraute Fremde), Kazuo Kamimura und Kazuo Koike (Lady Snowblood) und Hisashi Sagaguchi (Ikkyu).




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