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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Auf Splashcomics: ZACK 138 (Nr. 12/2010) [Splashcomics - Rezensionen]



Bernd Glasstetter
29.11.2010, 23:30
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Heiliges Kanonenrohr! (http://www.stupidedia.org/stupi/Heiliges_Kanonenrohr) Ja, ist denn schon Weihnachten?

Das ZACK-Magazin macht seinen Lesern zum Jahresabschluss ein ganz besonderes Geschenk: und zwar sich selbst. Aber nicht als 08/15-Ausgabe, sondern mit einer richtig guten Mischung. Besonders die Sekundärbeiträge sind im Dezember wirklich gut geraten. Aber der Reihe nach ...

Auf der Comic-Seite geht Atomium-Express, der erste Band der Science Fiction-Serie Nico, an den Start. Wie so oft, kann man anhand der ersten Seiten noch kein wirklich treffendes Urteil über die Qualität der Geschichte fällen. Aber wenn da nicht der einleitende Artikel zur Serie gewesen wäre, würde der gemeine Leser ziemlich alt aussehen. In besagtem Artikel wird ziemlich viel erklärt, was für das allgemeine Verständnis der Story unabdingbar ist. Wer diesen nicht liest, wird nur Bahnhof verstehen.

Das Covermotiv riecht nach Retro-Futurismus. Die ersten elf Seiten sind eine Melange aus Spionage-Thriller, Enid Blytons Fünf Freunde, 50er Jahre Ambiente und Old-School-SciFi. Abwarten und Tee trinken, heißt jetzt die Devise. Und für die üble, viel zu fette Schrift, die zum Einsatz kommt, gehört derjenige, der diesen Font ausgewählt hat, für mindestens fünf Minuten in einen fiesen Schwitzkasten genommen.

Sieht man einmal vom diffusen Eindruck, den der erste Teil der Nico-Story hinterlässt, ab, ist das Niveau der Comics in der Nr. 12/2010 angenehm hoch. Dino Battaglias Der Mann von Neuengland ist, obwohl eigentlich Marke Asbach-Uralt, spürbar eine Bereicherung und dürfte so den Horizont eines typischen ZACK-Lesers der franco-belgischen Schule mit seiner andersartigen Grafik erweitern. Serien wie Dantès und Damocles, wenngleich sie nicht als Top-Titel angesehen werden können, bieten gute, zeichnerisch sicher umgesetzte Unterhaltung. Und Es war einmal in Frankreich bestätigt seine Ausnahmestellung bis zur allerletzten Seite und endet mit einem spannenden Cliffhanger, der den empfindsamen Leser durchaus emotional berühren dürfte.

Wurde im November bereits eine gute Funny-Serie schmerzlich vermisst, so ist der Mangel im aktuellen Heft noch deutlicher spürbar. Die allseits verschmähten One-Pager Die Verdammten der Strasse und Dein Freund & Helfer glänzen beide durch Abwesenheit. Nur der kleine Épictetus hält am Ende des Hefts einsam die Fahne hoch.

Die Mischung der Interviews und Artikel in diesem Heft gehören zu den ausgewogensten und interessantesten der letzten Monate. Hier könnte ein Stärke eines monatlichen Magazins wie ZACK liegen, um weitere Leserschichten zu gewinnen. Das Gespräch mit Bodo Birk ist wirklich am Puls der Zeit. In den letzten Monaten mäanderte diese furchtbare und anregende Diskussion über den Sinn und Zweck und vor allem die Aufpolierung des Erlanger Comic-Salons für die dringend benötigten Besuchermassen durchs Internet. Georg Tempel höchstselbst hatte sie mit einem seiner Editorials losgetreten. Viel wurde über den Comic Salon spekuliert. Sind die Besucherzahlen wirklich zurückgegangen? Wie sieht die Zukunft aus? Birk steht hier Rede und Antwort und beleuchtet die Problematik von seiner Seite aus.

Ebenfalls höchst interessant ist der Artikel über Haarmann. In seinem Beitrag beschränkt sich Volker Hamann nicht nur auf die just bei Carlsen erschienene Graphic Novel, sondern bindet den ersten Versuch, die Geschichte des Massenmörders aus Hannover in Comicform zu pressen, in seine Analyse mit ein. Peer Meter hatte sich bereits 1990 mit dem Stoff beschäftigt und zusammen mit dem Zeichner Christian Gorny eine Trilogie geplant. Doch nach dem ersten Band war aus mannigfaltigen Gründen Schluss. Die beiden enorm verschiedenen Interpretationen von Kreitz und Gorny zu vergleichen, ist ein interessantes Unterfangen.

Über den eigenen Beitrag zu schreiben verbittet logischerweise die Ehre, aber es sei an dieser Stelle erwähnt, dass es eine Freude war, einen interessanten Zeichner wie Jean-Denis Pendanx persönlich zu treffen. Eine Serie wie Jeronimus geht schnell mal in der monatlichen Flut an Neuerscheinungen unter (besonders wenn es Wochen gibt, in denen Panini eine gefühlte Novitäten-Tsunami von 20 neuen Comics in die Comicläden spült), und da ist es umso wichtiger, dass solche Perlen auf einer Print-Plattform wie ZACK einem kundigen und interessierten Publikum vorgestellt werden.




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