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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : independent?



s.dinter
29.07.2000, 13:41
in letzter zeit ist mir eine formulierung aufgefallen, die immer öfter mit zwerchfell in verbindung gebracht wird: daß der verlag nämlich dem status als independent nicht mehr so ganz zuzurechnen sei, oder worte in diesem sinne. das gab’s durchaus über die jahre schon mal, mir ist es dieses jahr besonders aufgefallen. ich habe zwerchfell immer als indie gesehen, schlicht und einfach weil wir so agieren: ohne budget, aber mit ziel; ohne vorgabe, aber mit anspruch. aber wenn jochen enterprises zum jahresende dicht macht, sind wir der einzige indie in diesem forum - nun könnte ich sicher auch ipp teils dazurechnen, aber die haben sich selbst nie als indie verkauft. vielleicht soll das alles ja auch ein kompliment sein, aber ich glaube, keiner der z-autoren möchte etwas anderes als independent sein. deswegen - und weil es in der deutschen szene anscheinend keine feste definition des begriffes gibt - würde ich gerne mal darüber reden, was denn nun genau einen independent-verlag ausmacht.

ist man indie nur bis zu einer bestimmten verlagsgrösse/auflagenstärke/verkaufszahl? oder ist das finanzielle backing entscheidend - schließlich arbeiten die meisten der »großen« aus geschäftsformen wie ags, gmbhs oder stiftungen heraus, oder gehören ausländischen verlagsgruppen - sind also »nur« profit-points.
ist der indiestatus davon abhängig, wie der verlag agiert? d.h. hat er angestellte und wenn wieviele; wie frei oder gebunden sind die autoren? können einzelne projekte indie sein, andere nicht? was macht das aus dem verlag?
werden wir durch unsere coproduktion mabuse mit carlsen dependent, oder gewinnt carlsen independence? oder ist das einfach nur cool? (die frage hatten wir allerdings vor mabuse schon ausgiebig diskutiert)
wird indie über thematik definiert? independent vs. mainstream? würde das nicht eher heissen underground vs. mainstream? ist independent underground? ist independent fanzine? ist independent unprofessionell (im besten sinne)?

das sind so die fragen, die sich für mich in letzter zeit zu der thematik gestellt haben. vielleicht ist das auch alles gar nicht so wichtig, vielleicht aber doch. na, ihr werdet da sicher eure meinung zu haben. ich freu mich schon drauf von euch zu hören.

Morn
29.07.2000, 16:30
Da würde ich gerne Dirk Baraneks Meinung zu hören. Ich habe gerade seinen Forumsbeitrag (bei Jochen) gelesen. Von wegen, das hat alles keinen Taug mit dem Indie-kram.
Das gibt zu denken und Jochens Untergang ist auch ein ziemlicher Schuss vor den Bug.
Um beim Thema zu bleiben: independent heisst erst mal, dass man keinem grossen Konzern angehört. Ein grosser Konzern wäre auf dem deutschen Markt bereits Carlsen. (Von Dino und Egmont ganz zu schweigen.)
Independent ist aber auch inhaltsgebunden: ein Independent Verlag bedient ein bestimmte kleine Nische, die von den grossen Verlagen nicht ausreichend bedient wird.
Da ist aber noch mehr.. irgendwas mit Image und Cool. Oder?

Sascha Thau
29.07.2000, 19:08
Indie ist ein ziemlich schwammiger Begriffe wenn man sich das mal so genau überlegt. Indie gehört für mich im allgemeinen zum Underground. Muß aber nicht.

Meine Definition hängt wohl am ehesten vom ursprünglichen Wortsinn ab "unabhängig". Für mich ist Zwerchfell auf jeden Fall Indie/Underground.

Was ich echt lahm finde sind diese Mainstreamstreitereien. Ich höre die meiste Zeit Harcore/Punk/Metal und bin auch in der "Szene" unterwegs gewesen. Was mich dort ankotzt sind diese intoleranten Sichtweisen über Mainstream und Underground. Wenn man so wie die denken würde dann hättet ihr eure Seele an Carlsen gerade verkauft und wärt zum hassenswerten Verlag aufgestiegen. Kleine Verfehlunge bestraft die Szene sofort.

So eng sehe ich das nicht. Für mich ist immer entscheidend wie sich ein Künstler benimmt und was für Sachen er macht. Wieder als Beispiel Musik: Ich höre keine Musik von MOBY, finde aber gut was er so treibt. Als vor einige Jahren alle eine neue Technoplatte erwarteten, hat er einfach ein Punkalbum aufgenommen. Das nenne ich Chuzpe und hat für mich Indie Charakteristik. Andere "Künstler" wie Britney Spears etc. hingegen sind für mich nur Konzern-Marionetten ohne Wert - also Mainstream.

Im Endeffekt könnt ihr so groß werden wie Bertelsmann, wenn ihr dabei euren usrprünglichen Charakter als Verlag beibehaltet, werdet ihr für mich immer irgendwie Indie sein. Ich meine Fantagraphics ist ja auch Indie obwohl es weitaus kleinere Verlage gibt.

Wow, jetzt hab' ich mich ganz heiser geschrieben. :eek:

bye Sascha

Karsten
29.07.2000, 21:03
meine zwei Pfennig:

Wo ist denn das Problem, wenn man irgendwo nicht mehr als "independent" bezeichnet wird? Bekommt der Verlag und/oder die Zeichner/Autoren ein schlechtes Gewissen, weil man ein größeres Publikum und evt. eine größere Akzeptanz erreicht? Ist's dann vorbei mit dem "elitären Avantgarde"-Bonus und der gesunden Arroganz gegenüber den "Großen", weil man plötzlich - eh' man sich's versieht - ebenfalls in derselben Liga mitmischt?

Ich will mal ehrlich sein: zu "HitComics"-sprich: Fanzine-Zeiten hatte alles mehr das "anrüchige" des Undergrounds und ich musste einige Anstrengungen unternehem, um an ein paar Exemplare heranzukommen. Heute steht "Mabuse" neben dem neuem Superman bei meinem Comichändler und Euer Erlangen-Stand war so groß wie der von Epidermophytie & Weissblech zusammen! ;)

Es ist so: mir wär's letztenendes sowas von Wurst wer wo Zwerchfell als "independent" bezeichnet oder nicht - das ist irgend'ne Schublade mit vielen Unterfächern. Ein Verlag ist ein Verlag! Trotzdem kann ich mir sehr gut vorstellen, dass Ihr mittlerweile nicht mehr alles veröffentlichen oder produzieren könnt was ihr wollt. So manches Fanzine hat sich da doch etwas mehr Narrenfreiheit bewahrt und kann sich ein paar Ausrutscher bzw. Unverschämtheiten bei einer hunderter-Auflage eher erlauben, als ein etablierter Verlag (...hups... ;)...), der inzwischen ein gewisses Niveau hat und einen Status geniesst, den er nicht auf's Spiel setzen möchte...oder?
"Kombat Babes", "Grimm", "Wanda" ect. ist professionell publiziert und muss sich nicht hinter mancher Ami-Produktion verstecken, aber schlechte Qualität rechtfertigt nicht gleich "independent". Deshalb glaube ich kaum, dass sich Zwerchfell dazu "herablassen" würde, mal wieder etwas wirklich trashiges a'la "Koma-Comics" oder etwas weniger "Gares" wie die "NAC" im großen Umfang zu veröffentlichen. Ich erinnere mich da nur an meinen Vorgänger in Erlangen bei der Mappen-Präsentation, der direkt an "Achterbahn" weitergeleitet wurde, weil Zwerchfell - Zitat S.Dinter: "Keine Cartoons mehr rausbringt, sondern mehr realistische Sachen machen möchte..." Ob's 'ne Ausrede war weiss' ich nicht, aber mit dem, was ich beim über-die-Schulter-gucken gesehen habe hätte "Plop", "Gringo-Comics" ect. vielleicht weniger Probleme gehabt - die haben ja "nix zu verlieren" ;) (...jagut...Gringo war'n schlechtes Beispiel, aber für jemanden wie mich ist's sowieso egal welcher Verlag welches "Gütesiegel" besitzt - ein guter (Independent) Verlag macht ein schlechtes Heft nicht besser und umgekehrt...

Viele Grüße...

s.dinter
30.07.2000, 12:30
@ karsten: ein problem für den verlag ist das erstmal nicht, ich denke eher, daß es ein problem für die comicszene allgemein ist. fakt ist nun mal, daß es zwar so etwas wie einen independent comic preis gibt (und nochmals schönen dank an die leute von der icom), daß es berichte über independent comics gibt, aber daß es keine auch noch so vage definition des begriffs gibt. fakt ist auch, daß man seinen verlag in irgendeine schublade stecken muss, sonst tun’s nämlich andere leute, und da kriegt man nichts als schwierigkeiten… fakt ist auch, daß wir teils eh in der selben liga mitmischen, wenn ich mir die verkaufszahlen einiger alben der »großen« ansehe. ich z.b. denke mal, andreas »ego« dierßens album bei zwerchfell wird nicht viel weniger verkaufen, als das bei carlsen… :-)
wir bringen übrigens wirklich keine cartoons mehr raus, zumindest fürs nächste, das lohnt sich wirklich nicht, weder für uns, noch für die zeichner, weil wir unsere comics nicht in den buchhandlungen plaziert kriegn. da verkaufen sich cartoons, in comicläden nicht. ich war allerdings angesichts der qualität der zeichnungen recht froh, daß ich das sagen konnte… :-))
christians übergang von »sich was leisten« und dem jetzigen auswählen empfand ich für zwerchfell als den übergang vom fan-verlag zum indie. und du hast recht, alles würden wir nicht mehr rausbringen (obwohl ich grade koma sehr gut find…)
@sascha: so groß wie bertelsmann? na, ich werd solange nicht die luft anhalten… ich glaub’, so groß wie die comicabteilung von dino würde reichen… was für romantische gedanken! bei »mabuse« hab ich bis jetzt noch nichts davon gehört, daß leute sagen würden, wir wären sell outs oder so… aber ich hatte mir da schon meine gedanken drum gemacht. aber moby ist ein ziemlich gutes beispiel - dieses freie agieren, daß man heute das macht und morgen das, und zwar immer deshalb, weil man gerade DARAN glaubt, das ist für mich sehr independent. und wenn ich, sagen wir mal, knurf bei ehapa rausbringen würde (träum weiter, aller), und das teil wäre ein erfolg, dann würden die mir sicher davon abraten, als nächstes projekt bei ihnen einen autobiographischen, melancholischen real-comic zu machen. oder doch zumindest zuraten, mit knurf weiterzumachen. wegen verkaufen und so…
@morn: so düster wie sternenkreuzer baranek seh ich die situation nicht - das liegt aber hauptsächlich daran, daß ich denke, daß der großteil der zwerchfell comics sehr viel näher am (jetzt wird’s brenzlig} mainstream-geschmack liegt als die sachen von jochen. das liegt nicht an der ausrichtung des verlags (christian hat ja auch schon in die, sagen wir mal, eher künstlerische ecke experimentiert, ich sage nur elektrische karotte), sondern an den dort verlegten und verlegenden autoren. und zwar bei uns wie bei jochen. das mit der nische sehe ich so ähnlich, denke aber auch, daß ein indie-verlag inzwischen zum talentpool für großverlage werden kann: da kann man schon mal sehen, wer sich wie gut verkauft. eine möglicherweise für die indies gefährliche situation. andererseits hat man gerade bei verlagen wie fantagraphics gesehen, daß das auch funktionieren kann: leute wie pete bagge, terry laban, jason lutes und ed brubaker haben fanta schon ein ganzes stück mit hochgezogen, bevor sie zu vertigo o.ä. gegangen sind…

s.dinter
30.07.2000, 12:30
äh, warum stand hier alles nochmal?

[Dieser Beitrag wurde von s.dinter am 30. Juli 2000 editiert.]

ICOM
30.07.2000, 23:57
Der ICOM vergibt den Independent Comic Preis seit 1994 (hier gleich ein Hinweis (http://www.comicforum.de/comicubb/Forum26/HTML/000002.html) auf unsereren Thread im ICOM-Forum), ich hab ihn also von meinen Vorgängern im Vorstand quasi geerbt und hab mich aus allen Versuchen von Definitionen weitgehend rausgehalten und einfach der Jury überlassen, was sie für independent hält (einzige Vorgabe des ICOM: es sollten keine Lizenz-Importe sein). Ich wäre aber dankbar, wenn dieses Forum hier Richtlinien zusammenträgt, die ich der Jury mit auf den Weg geben kann (zumal die Jury-Begründung "Mit dem Sonderpreis soll daher das langjährige Engagement auf dem Independent-Comic-Sektor gewürdigt werden, welchem der Verlag mittlerweile nicht mehr hundertprozentig zugerechnet werden kann" diese Diskussion in Gang gesetzt wurde.

Der ICOM Preis wird allerdings nicht wild in die Landschaft verteilt, sondern nur an eingereichte Comics und Beiträge. Edition 52 und Jochen Enterprise haben nie bzw. selten Titel eingereicht (einmal Peter Bagge). Ist deshalb Jochen schon im eigenen Verständnis kein Independent Verlag? Auf unserer Website Comic-Preise (http://www.comic-i.com/News.html) sind neben den aktuellen Preisträgern (Sonderpreis an den Zwerchfell Verlag) auch alle Preisträger und lobenden Erwähnungen seit 1994 aufgelistet.
Hat die Jury da immer richtig gelegen: sind die Comics preiswürdig und vor allem independent? Juroren wie Andreas Alt haben den Preis gerne an fotokopierte handverlesene klammergehefte A5-Heftchen verliehen. Das ist die Unabhängigkeit garantiert (auch, wenn der Fotokopierer bei Daimler steht?). Problematisch werden aber schon Kostenlos-Magazine, die ja durch Werbung finanziert werden – und Moga Mobo und Wieselflink sind vielleicht nicht auf dem absolut gleichen Level von Kommerzialität...
So, nun seid Ihr wieder dran.

Burkhard Ihme

[Dieser Beitrag wurde von ICOM am 01. August 2000 editiert.]

Irma Vep
31.07.2000, 20:13
Interessantes Thema - ich lese, denke nach, lese weiter, denke nach ... Das mit der Definition würde ich gerne mal näher wissen: Hat sich da denn schon mal jemand schlau gemacht, oder setzen einfach alle voraus, dass es keine Definition gibt? Ich weiss, jetzt geht mal wieder der Beruf mit mir durch (Beruf = Berufung??), aber es würde mich wundern, wenn es nicht vielleicht auch in anderem Zusammenhang (Musik, Film) irgendwo eine Art Begriffsklärung gibt. Morgen durchsuche ich mal unsere ganzen schlauen Nachschlagewerke.
Aus dem Bauch raus hängt für mich der Begriff Independent mit vielen der hier schon genannten Dinge zusammen (siehe Saschas Beitrag): keine Abhängigkeit von einem größeren Verlag/Konzern, freie Gestaltungsmöglichkeiten, Veröffentlichung eines Comics des Comics wegen (also unabhängig von einem Massengeschmack). Je größer und bekannter ein Verlag wird, desto größer werden aber die Abhängigkeitsfaktoren - je mehr Leute (auf Seiten des Verlags und auch auf der der Leser - sofern man sich dem Mainstream beugt) bei der Produktion eines Comics beteiligt sind, desto mehr Interdependenzen, und desto weniger Unabhängigkeit.
Inwieweit ihr Zwerchfell-Leute euch in Abhängigkeit von Carlsen begeben habt, könnte uns höchstens der Koop-Vertrag verraten. Dass Carlsen dabei Independence dazugewinnt, würde ich nicht so sehen. Irgendwie seid ihr da eher so etwas wie das exotische Haustier :) oder der Galliano zwischen den Chanel-Kostümen (blöder Vergleich ...). Ansonsten würde ich euch aber immer noch als Independent-Verlag bezeichnen, einfach weil ihr eure eigenen Vorstellungen von den Dingen habt, die ihr rausbringen wollt, und das auch durchzieht. Für mich ist Independent nicht gleichbedeutend mit mangelnder Qualität (von Form und Inhalt), eingeschränkten Vertriebswegen oder schlechten Verkaufszahlen, aber ganz eng damit verknüpft ist das verlegerische Risiko, das mit einer überwiegenden Zahl der Produkte eingegangen wird.
Soweit zu meinem Bauch ;) , falls ich morgen schlauer bin, gibt's einen neuen Beitrag.

Rossi
01.08.2000, 09:54
Independent...
Unabhängig auf gut deutsch bezieht sich ja wohl in erster Linie auf die wirtschaftliche Situation, Unabhängigkeit von größeren Firmen, Konzernen, u.ä., die die Entscheidungsprozesse zu Ungunsten der Kreativität und/oder Qualität beeinflussen.
Die Frage ist: kann man heutzutage in einer dermaßen vernetzten Welt noch wirklich unabhängig agieren? Wohl nur eingeschränkt, aber es ist möglich. Andererseits gibt es auch Indies, die von Großkonzernen quasi als Prestigeobjekt und kreative Quelle gehalten werden (z.B. Disney-Miramax beim Film). Ist das noch Indie?? Eine schwierige Frage ist die Zuordnung also in der Tat. Zwerchfell ist für mich schon Indie, wobei man bei den Comix schon Unterschiede feststellen kann. Aber: was Erfolg hat kann ja trotzdem Independent sein, allerdings wird es dann wohl zunehmends zur Massenkultur.
Rossi :crazy: hoffentlich versteht das jemand...

---
schrecklich Independent: http://www.assfredcomics.de

Irma Vep
01.08.2000, 13:53
Im "Handbuch der populären Musik" von Wicke/Ziegenrücker (3. Aufl. 1997) steht eine Definition für Indie, die sich m.E. sehr gut auf die Comics übertragen lässt:

INDIE
Bezeichnet in der Regel kleine, nicht selten im Einmann-Betrieb geführte Plattenfirmen [...]. Ihre Bezeichnung als "unabhängig" bürgerte sich ein, weil sie in ihrer Veröffentlichungspolitik den Musikvorstellungen ihrer Eigentümer und nicht den Trendentwicklungen der marktbeherrschenden Firmen folgten. Das ist freilich insofern etwas irreführend, als es diesen Kleinfirmen an den entsprechenden Vertriebsmöglichkeiten, -netzen und -organisationen fehlt, so daß sie auf die Zusammenarbeit mit den Großen angewiesen und häufig durch Vertriebsabkommen an sie gebunden sind, manchmal auch nach einiger Zeit als neues Label von diesen einverleibt werden. Dennoch sind sie durch ihre Flexibilität, die Entdeckung und Entwicklung neuer Talente und die Orientierung auf musikalisch-künstlerische statt auf kommerzielle Kriterien gekennzeichnet, was ihnen eine unersetzbare Funktion im Musikgeschäft gibt. Um so größer die Großen nämlich geworden sind, desto weniger sind sie aus finanziellen Rentabilitätsgründen in der Lage, Entwicklungsarbeit an der Basis zu übernehmen, ohne die es weder eine Weiterentwicklung in musikalischer Hinsicht noch die Erfüllung des ständigen Innovationszwanges gäbe. Somit sind die Indies genau genommen nichts anderers als eine Art Entwicklungslabor der Musikindustrie, nur auf eigenem kommerziellen Risiko. [...]

Das ist doch schon mal eine ganz gute Grundlage, oder?

eck@rt
01.08.2000, 21:10
Ist immer wieder 'ne lustige Diskussion, was "independent" ist und was nicht. Wir sind bei comicplus+ nur zwei Leute, keinem Konzern hörig, auch sonst keinem. Trotzdem würde wohl keiner auf die Idee kommren, comicplus+ als Independent Verlag zu bezeichnen. Um den Begriff zu definieren, muß man sowohl in die historische als auch in die inhaltliche Schublade gucken. Woher kommt der Begriff überhaupt?
(Und warum verdirbst sich ein kapitaler Mainstream-Verleger wie ich die Augen an diesem (rein optisch) völlig unleserlichen Independent-Forum? Hellgrau auf dunkelgrau - bah!
eck@rt

s.dinter
02.08.2000, 18:53
@eckart: ihr habt euch aber auch selber, glaube ich, nie als indie bezeichnet. zwerchfell seit jahren. und da liegt ja auch ein wenig die crux: wir haben das sicher mehr aus einem gefühl, als aus einer definition heraus gemacht. damit wir schlagworte haben: independent is a state of mind. oder so.
@irma: in meine arme, mylady! es ist doch immer wundervoll, wenn jemand auf eine gut gefüllte bibliothek zurückgreifen kann, und sich mit dem geschriebenen wort auskennt (und für den galliano darf ich alter 80er face-leser dich doch nochmal drücken, oder?). ich denke, die genannte definition ist wirklich zum großen teil auf die comics übertragbar - mit einer ausnahme: wir nutzen sehr wohl die gleichen vertriebswege - nur können wir sie sicher nicht so extensiv nutzen (kioskvertrieb fälllt wg. auflage weg, eine frohe schar vertreter können wir uns auch nicht leisten - weswegen wir zwar für buchhändler verfügbar, aber nicht im buchhandel plaziert sind).
im comicbereich kommt der begriff independent ja aus der zeit, als die undergrounds so langsam am sterben waren, aber ihre nachfolgeerscheinungen, z.b. daß sich head shops teilweise in comic shops umwandelten und damit der comicfachhandel als solcher erst geboren wurde, eine neue sorte comics ermöglichte. da gab es dann eben comics, die nicht underground waren, aber auch nicht den big two, dc und marvel, angehörten. und die schufen sich ein eigenes - jetzt kommt’s - unabhängiges vertriebssystem. worauf im endeffekt die leute von diamond, die quasi das vertriebsmonopol in den usa besitzen, aufgebaut haben. und bei den ersten independents zumindest war die frage nach dem inhalt sicher nicht ausschlaggebend für den begriff indie; da ging das spektrum über fantasyepen wie The First Kingdom von jack katz oder Elfquest von den pinis fröhlich über funnies wie Cutey Bunny von joshua quagmire, abenteuerstories wie Grendel von matt wagner, bis hin zu superheldenanthologien wie Megaton (in dem unter anderen auch erik larsen seine ersten sachen veröffentlichte). also sicherlich sehr ähnlich wie in der indie-definition aus dem musikbereich…

Morn
02.08.2000, 19:09
Original erstellt von eck@rt:

(Und warum verdirbst sich ein kapitaler Mainstream-Verleger wie ich die Augen an diesem (rein optisch) völlig unleserlichen Independent-Forum? Hellgrau auf dunkelgrau - bah!
eck@rt
Als Verantwortliche für diese Farbkombination muss ich Eckart warnen. Ich bin nämlich AUCH eine seiner 400 zahlenden Leser (Die Comicfachpresse).
Also Vorsischt mit den bahs, hier!!

Aber zum Thema (war ja ne gute Überleitung):
Independent ist neben all den lexikalischen Definitionen auch immer Image. Denn: ein wichtiger Bestandteil des Indie Selbstverständnisses ist die ENGE Bestimmung der Zielgruppe. Das drückt sich z.B. auch im Design aus: allzuleicht sollte sich das ganze nicht erschliessen. Es ist ja nicht für JEDERMANN. (no offence intended, of course Eckart)
Das finde ich auch immer wieder attraktiv daran.
Wie seht ihr das?
Lorraine

Irma Vep
02.08.2000, 19:54
I agree!!!!! :D :D :D :D :D

eck@rt
03.08.2000, 17:19
Okay, ein Verlag will sich ein bestimmtes Image dadurch geben, daß er sich "independent"nennt. Er ist aber nicht nur unabhängig von Konzernen (das ist comicplus+ auch), sondern von bestimmten Stilrichtungen, meinetwegen vom "mainstream", was ein genauso schwammiger Begriff ist wie "independent". Wie steht's eigentlich mit "independent" und "alternativ"? Ist das dasselbe? Ist die Edition Moderne in Euren Augen ein Independent Verlag? Obwohl sie Tardi machen? Seit wann ist der Begriff "independent" in der deutschen Comicszene gebräuchlich (graue Zellen, es gibt Arbeit!)? Welcher deutsche Verlag hat sich als erster "independent" genannt? Los, Antworten her!
eck@rt

Irma Vep
03.08.2000, 21:46
@ stefan d.: Ich fürchte, zu Eck@arts Fragen musst du dich wieder äussern - da gibt die Bibliothek nix her! Aber darauf


Original erstellt von s.dinter:
@irma: in meine arme, mylady! es ist doch immer wundervoll, wenn jemand auf eine gut gefüllte bibliothek zurückgreifen kann, und sich mit dem geschriebenen wort auskennt (und für den galliano darf ich alter 80er face-leser dich doch nochmal drücken, oder?).

komme ich dann in Frankfurt noch mal zurück ... :umarm:

s.dinter
04.08.2000, 16:30
edition moderne? ich glaube, zumindest meine brüder und ich haben die immer einen »kunstschlampenverlag« genannt ;-))… nein, aber ernst jetzt… ein appell an die grauen zellen hilft ja doch immer, diesen trüben nachmittagsennui zwischen arbeit und noch mehr arbeit zu verscheuchen.
@eck@rt: ich hatte eigentlich gehofft, jemand informiertes wie z.b. du könntest mich aufklären, wer denn der erste deutsche verlag war, der sich independent nannte - sonst hätt ich die diskussion ja nicht anfangen brauchen, sondern nur kurz das dinter’sche manifest des independentverlegens in bezug auf zwerchfell runterschreiben brauchen. truth is: ich habe keine ahnung, wer’s denn war. im zweifelsfalle sag ich mal christian heesch mit seinem zwerchfell verlag, und, wie oben schon erklärt, sicher mehr aus einem guten gefühl heraus als aus einem definitionszwang. alternativ ist sicherlich eine art, das indepedent-sein zu umschreiben, halte ich aber aus den offensichtlichen anderen existierenden besetzungen des begriffs für nicht besonders geeignet. wobei da der witz möglicherweise ist, daß die amerikanischen indies sich seit längerem häufig »alternative comics« nennen, da sich auch verlage wie image comics anfangs durchaus mit dem label independent schmückten.
ich denke eben nicht, daß man unbedingt abweichend vom mainstream sein muss, um independent zu sein - das würde mir spätestens bei der diskussion über autoren wie haimo kinzler schlechte punkte bringen. haimo macht ganz sicher SEINE comics (oder machte sie zumindest), und seine studentenstories fand ich doch eigentlich sehr mainstreamkompatibel, spätestens bei krigstein und seiner trondheim-phase komm ich dann in doppelte bredouille - bringt carlsen da in lizenz indies raus (was sie durchaus schon getan haben), oder haben wir einen autoren, der wie ein etablierter französischer autor zeichnet? deswegen finde ich die von irma gebrachte definition unter anderem so gut: weil sie keine vorgabe in der stilrichtung macht. und nochmal zu edition moderne: ich glaube nicht, daß die das geringste interesse haben, als indie dazustehen. die wollen kunst mit großem k machen, da bin ich von überzeugt. und das sollen sie gerne tun. wenn sie sich indie nennen wöllten - ebenso wie comicplus+ - dann ist das erstmal ihr problem. ich werde für mich dann natürlich schon hinschauen und auf tardi mit ausgestrecktem finger zeigen. nur: der blosse fakt, daß ein verlag die eine oder andere lizenz im programm hat, macht ihn sicher nicht vom indie zum… ja zum was denn? zum großen etablierten, sag ich jetzt mal, und umgekehrt (großer etablierter mit indie-titeln zwischen den lizenzen) wird da genauso ein schuh draus. muss ich den finger wieder einstecken. möglicherweise.
so eck@art, your mission, if you choose to accept it: du, wenn sonst keiner, musst doch haufenweise sekundärliteratur haben. wo kam denn nun zum ersten mal der begriff indie in der deutschen comicszene vor? ich würd’s wirklich gerne wissen. getreu dem motto: was ich nicht im kopf habe, musst du in den büchern haben ;-))

ICOM
04.08.2000, 21:53
Gibt es eine andere Defintion für deutsche Independent Comics als für amerikanische? Ist aus der Tatsache, daß die großen deutschen Comicverlage fast ausschließlich Lizenzen publizieren, abzuleiten, daß Independent Verlage das nicht tun dürfen (was war denn Wallu, Martial und Nordberg bei Zwerchfell).
Noch mal zum ICOM Independent Comic Preis: es war immer unausgesprochenes Gesetz, daß nur Originalausgaben für den Preis in Frage kamen (es sind allerdings auch wenige ausländische Beiträge eingereicht worden). Das wäre aber für einen Verlegerpreis durchaus denkbar.

eck@rt
04.08.2000, 21:58
Wohl wahr: Irgendwo in meinen tausend Büchern oder Zeitschriften wird's schon stehen. Fragt sich nur wo. Ich tippe auf die Speedline. Die waren früher immer so wild auf "unabhängig".

Irgendwie scheint das mit dem Etikett "independent" ja aber ein ziemlicher Hokuspokus zu sein. (Damit will Zwerchfell sicher nur Millionen von Lesern abzocken.) Ich fand "independent" immer ein bißchen affig und mindestens so elitärisch wie "NurunsereComicssindKunst". Plädiere deswegen für die Abschaffung aller Independent- und Alternativ-Verlage (oder wenigstens für die Abschaffung des Begriffs "independent"). Gleiches gilt für "mainstream", das in Deutschland auch nie den Nagel aufs Haupt getroffen hat.

eck@rt

eck@rt
04.08.2000, 22:05
Nachdem Burkhardt sich zwischen Frage und Antwort gemogelt hat, noch ein Nachschlag an einen, der's wissen muß: Warum heißt der ICOM Independent Preis so? Warum würden Zeichner wie Dieter Jüdt den nie kriegen?

eck@rt

ICOM
04.08.2000, 23:46
Ich hab in der Historie gekramt. Als 1993 in Hamburg im Rahmen des Max & Moritz-Preises ein Fanzine-Preis an Andreas Michalke für „Artige Zeiten“ verliehen wurde, wurde diese Kategorie im Programmheft nicht erwähnt. Niels Kolditz schrieb im COMIC INFO:
„Mit dem erwähnten Salon kündigt sich schließlich auch für Fanzine-Macher eine kleine Sensation an: erstmals soll auch ein Preis für das beste deutschsprachige Fanzine verliehen werden. Zu dieser Neuerung habe auch ich meinen kleinen Teil begetragen, da ich hoffe, daß auf diese Weise Fanzines als unverzichtbarer Nährboden junger Comic-Talente ein wenig Schützenhilfe bekommen, um nicht in der Flut der kunterbunten Alben unterzugehen.“ (Schützenhilfe gegen das Ertrinken? Ich hab schon bessere Metaphern gelesen.)

1994 wurde in Erlangen zum erstenmal der vom ICOM vergebene Preis verliehen. Dazu stand in COMIC! 7:
„Während des Comicsalons in Erlangen wird ein Fanzine-Preis (auch der Fanzine-Preis in Hamburg ging auf eine Initiative von ICOM-Mitgliedern zurück), dotiert mit 2000,– DM für das beste Fanzine oder Independent-Album, 250,– DM für den besten Fanzine-Beitrag (also eine Reportage über Comics, eine Comicgeschichte u.s.w. in einem Fanzine) und 150,– DM den zweitbesten Fanzine-Beitrag vergeben....Koordinieret wird dieses Projekt von ICOM-Projektleiter Holger Bommer.“
Das sind wahrscheinlich auch die Leute, die es wissen müssen.
Diter Jüdt wird selbstverständlich nie den ICOM Independent Comic Preis bekommen, wenn, wie bisher, keine Arbeiten von ihm eingereicht werden. Wenn Du das als Aufforderung siehst, nunmehr „Viriconium“ einzureichen, wirst Du die Jury in genau die hier geführte Diskussion stürzen. Du kannst stattdessen aber auch selber in der Jury sitzen...

eck@rt
05.08.2000, 08:00
>Dieter Jüdt wird selbstverständlich nie den ICOM Independent Comic Preis bekommen, wenn, wie bisher, keine Arbeiten von ihm eingereicht werden.

Heißt das, die Jury verschafft sich nicht selbst einen Überblick? Gut, das gehört vermutlich ins ICOM-Forum.

>Du kannst stattdessen aber auch selber in der Jury sitzen...

Damit ich wieder von irgendeinem Hansel als "wandelnder Interessenkonflikt" bezeichnet werde? Nein, danke.

Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Warauf laßt ihr (ihr alle) es nicht, euch als "independent" zu bezeichnen? Keiner weiß offenbar genau was das ist; es macht also nur den Sinn, sich wegen nix ganz super schlau vorzukommen.

eck@rt

s.dinter
05.08.2000, 09:00
na danke. damit die uninformierte - genau wie die halbinformierte - presse uns wieder als »kleinverlag« (in tateinheit mit »umtriebig«) in die hinteren reihen schreiben kann. wie schon in meiner antwort an karsten gesagt: in irgendeine schublade muss man sich stecken. geht nicht anders. und das hat dann, wie morn richtig bemerkt, sehr wohl etwas mit image, mit abgrenzung zu tun. schließlich wollen wir ja wohl alle nicht, daß comicplus+, edition moderne und zwerchfell miteinander verwechselt werden. sicher fragen am stand von zwerchfell mal leute nach nem album von thomas ott, und das ist auch immer ganz witzig, aber die wenigsten werden bei ed.moderne vorbeischauen, und nach den kleinen mutter****ern nachhaken - und anders will das wohl auch keiner haben. zu superschlau: naja, gähn. offensichtlich scheinen alle hier im forum jeweils eine relativ genaue vorstellung von independent zu haben, und mittlerweile haben wir den begriff doch ganz gut eingekreist (auch mit deiner hilfe) - oder findest du nicht? dadurch werden wir nicht schlauer, oder kommen uns so vor. wir WISSEN doch eh, daß wir’s sind ;-))
den vorschlag, eine bestehende begrifflichkeit zu löschen, finde ich dann allerdings doch sehr niedlich. ich glaube, die leute haben schon vor dürrenmatt (ha! gymasialstreber ahoi!) gewusst, daß man etwas einmal gedachtes (benanntes) nicht mehr ungedacht machen kann. sicher kann ich nicht sein.
und zu einer früheren frage: wenn wir irmas definition anerkennen (und bis jetzt hat ihr ja noch niemand widersprochen), dann ist die definition von independent in deutschland ziemlich genau die gleiche wie die amerikanische. daß sie aus zwei verschiedenen zusammenhängen entstanden ist, sollte aber auch klar sein. also wird der begriff in den beiden ländern sicherlich einen anderen klang haben. so wie wir unter »graphischer roman« (wenn ich graphic novel mal so grob übersetzen darf) so ziemlich einen alten dreck verstehen, und die freundlichen besatzer eben ein album. was bei ihnen halt wieder ne langspielplatte ist. su- per- schlau.

eck@rt
05.08.2000, 15:31
Nö, da machst du es dir zu leicht. Du kannst nämlich nicht sagen, von was ihr "independent", also unabhängig seid. Also bleibt nur eins: Das Ganze ist ein Werbegag und Beschiß am Leser.

Wie Burkhard schon andeutete, kommt der Begriff aus dem Amerikanischen, ehedem beherrscht von zwei superdicken Verlagen, die alle anderen in die Pfütze hauen konnten. Aber selbst da gilt der Begriff independent doch nicht mehr. Warum also bei euch? Nur weil ihr zu faul seid, euch ein Markenzeichen auszudenken? Überhaupt: Ist ein Independent Verlag denn besser als ein Kleinverlag?

eck@rt
last of the independents

Morn
07.08.2000, 14:26
Original erstellt von eck@rt:
Nö, da machst du es dir zu leicht. Du kannst nämlich nicht sagen, von was ihr "independent", also unabhängig seid.

Da kann ich helfen.
Bei Zwerchfell ist man bislang erstmal unabhängig vom finanziellen Gewinn. Und da das durchaus Absicht ist, ist das eine relativ entscheidene Unabhängigkeit. Es ist sozusagen die Grundlage allen anderen Unabhängig-seins.
Lorraine


[Dieser Beitrag wurde von Morn am 07. August 2000 editiert.]

s.dinter
07.08.2000, 16:25
na jetzt wird’s lustig. eck@rt, korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber lese ich da ein kleines bißchen aggression aus deinen postings heraus? nur so’n bisseken? oder ist das ganz normal, daß ich ein forumsthema erstelle, das sagt, daß ich gerne einen begriff klären würde, über den ich mir selbst nicht 100 pro sicher bin, und ich dann genau das (die unsicherheit) vorgeworfen bekomme?. ein werbegag und (jetzt muss ich doch luft holen) beschiss? dann bräuchte ich nur noch eine erklärung: wenn zwerchfell sich jetzt ein eigenes markenzeichen ausdenken würde (ein noch nicht etabliertes, ein von comics unbelastetes), wäre das dann weniger werbegag und beschiss? echt? oder genauer: was ist eigentlich dein problem? und zwar mit dieser diskussion? ich meine, was heisst ”wie burkhardt es andeutete“, liest du meine postings überhaupt? check etwas weiter oben, da erklär ich’s aber haarscharf, wo der begriff herkommt. also, wie wär’s mit etwas konstruktiverem als sich hinzustellen und mit dem fuss aufzustampfen? da hat man schon mal ’nen comicfachmann im forum, und alles, was er beiträgt ist ”ihr seid zu faul und bescheisst die kunden “… jesses, die welt ist dumm.

Morn
07.08.2000, 18:22
@stefan: ich denke mal, eck@rt ist ein Kind der 68er. Konfrontation und Provokation als Kommunikationsbasis und so. Man definierte sich dadurch dass man GEGEN etwas ist, nicht positiv, sondern negativ. Aber man muss dankbar sein: nur so konnte die Abtrennung von der Kriegsgeneration gelingen und nur deshalb können wir uns hier mit dem Begriff "independent" überhaupt auseinandersetzen.
Ich kenn da so einige von der Sorte, da dachte ich schon oft "was soll'n DAS JETZT WIEDER???" Zumal ich ja als Aussengeländer so ein Verhalten in der englischen Kultur nicht kenne. (die haben den Krieg ja gewonnen).
Aber genau deshalb ist es wichtig, dass man versteht, dass "independent" nicht nur eine Phrase ist, sondern ein Freiraum, der hart erkämpft wurde.
Lorraine

eck@rt
07.08.2000, 19:36
Sorry, ich prügel mich gern mit Worten und ecke manchmal bei Leuten an, die das nicht gewohnt sind. Wahrscheinlich haben mich meine Eltern deswegen vorsorglich Eckart genannt, hehe.

Ich sag jetzt noch mal meine Meinung auf die weiche Tour: Ich halte den Begriff "independent" für unglücklich, zum einen, weil er aus den USA übernommen wurde, ohne daß bei uns dieselben Verhältnisse herrschen wie ehedem dort, zum anderen, weil die Leute, die sich damit schmücken, gar nicht genau wissen, weshalb sie das tun (ich lad dich mal zum Kaffee ein, Lorraine). Diese Anglizismen sind zwar sehr trendy, aber nur selten angebracht.

So, und nun mache ich mal 'ne Pause in dieser Rubrik, damit ihr eure Ruhe habt.

eck@rt

Irma Vep
07.08.2000, 20:00
Oh Mann, was is'n hier los?? Kaum bin ich mal im langen Wochenende, schlagt ihr euch die Schädel ein! Wartet damit gefälligst, bis ich wieder da bin ;)


Original erstellt von eck@rt:
Ich halte den Begriff "independent" für unglücklich, zum einen, weil er aus den USA übernommen wurde, ohne daß bei uns dieselben Verhältnisse herrschen wie ehedem dort, zum anderen, weil die Leute, die sich damit schmücken, gar nicht genau wissen, weshalb sie das tun
Warum sollte man diesen Begriff nicht verwenden? Wir übernehmen ständig Wörter aus anderen Sprachen, wenn sie einen Sachverhalt treffend wiedergeben, für den es in der eigenen Sprache keinen gelungenen Ausdruck gibt. Hast du einen besseren Vorschlag, eck@art? Und warum sind die Verhältnisse in den USA so viel anders? Kann einer dummen Frau das mal jemand zufriedenstellend erklären? Ich finde nämlich immer noch, dass sich die von mir oben genannte Def. gut übertragen lässt, und du hast mich noch keines Besseren belehrt.
Und a propos:

Diese Anglizismen sind zwar sehr trendy
Ich verzichte auf jeden weiteren Kommentar (oder sollen wir jetzt mal über das Wort trendy diskutieren?)

ICOM
08.08.2000, 06:47
Im ICOM-Forum hat Eckart vorgeschlagen, den ICOM Independent Comic Preis in ICOM-Preis umzubenennen. Für uns ist die Bezeichnung „Independent“ aber kein „Modegag“, sondern, so schwammig der Begriff auch sein mag, eine Beschreibung dessen, um was es geht, und auch Abgrenzung gegen andere Preise wie den Max & Moritz-Preis oder den Deutschen Comic-Preis (Ihr erinnert Euch: der wurde 1997 in Hamburg verliehen). Daß die in Frage kommenden Titel eingereicht werden müssen, ist schon organisatorisch unvermeidlich (ist beim Max & Moritz-Preis im Prinzip nicht anders, nur daß dort die größeren Chancen bestehen, daß die Juroren die preiswürdigen Comics eh kennen), und es verlagert die Abgrenzung „Independent-nicht Independent“ auf die Autoren und Verleger (clever von uns!).

Ganz eng gefaßt trifft „Independent“ nur auf selbstverlegte Comics zu (also unabhängig von jedem Verlag). Wie weit man das ausdehnen will („unabhängig von jedem profit-orientierten Verlag“, „unabhängig von jedem größeren Verlag“, „unabhängig von Ehapa, Carlsen und Dino“) ist dann schon eine Diskussion, die letztendlich nicht endgültig zu klären ist. Wenn Zwerchfell Comics der Dinter Bros. verlegt, ist das zumindest doch schon ganz dicht an Definition 1.

Hier noch ein aktuelles Fundstück:
„Der Internet-TV-Sender webfreetv.com hat mit Anfang August sein Programm um einen Independentfilm-Kanal erweitert. Der „Indie Channel“ untergliedert sich in drei Sparten: „Indie Film Channel“ bietet eine Kurzfilmselektion, die das weltweite Filmschaffen individueller Künstler, Festivals, Events und Labels zeigt. „Enter: Cinema“ bringt Hintergrundberichte und Personenporträts zum Independentkino. „Dark Asylum TV“ schließlich sendet Berichte und Porträts „aus den Schattenzonen der Kunstszene“, berichtete der gratis benutzbare Internet-TV-Sender in einer Aussendung.“
Also nicht nur die Musik- und Comic-Szene kennt den Begriff „Indie“. Und da beim Filmemachen die Kosten bis zum millionenfachen der beim Comiczeichnen erforderlichen Beträge gehen (zumindest was die Produktion, aber auch was die Vervielfältigung und den Vertrieb betrifft), ist eine Definition über das Geld nicht von der Hand zu weisen (Abhängigkeiten bestehen auch bei den großen Firmen, die großen Bankkonsortien oder Medien-Multis gehören).

Morn macht den guten Eckart übrigens ein bißchen älter, als er ist. Die 68er Generation ist doch 5-10 Jahre älter. Aber solange keiner fragt, was Eckart denn im Krieg gemacht hat...

Irma Vep
16.08.2000, 10:03
Schade, dass sich in diesem Thread hier nichts mehr tut. Eckt Eck@rt jetzt in anderen Foren an oder spart er seine ganzen Argumente (??) für die Diskussion des Comic-Quartetts auf der Buchmesse?

eck@rt
16.08.2000, 19:17
@ Irma Vep

Aaaalso, ich mach mich jetzt erst mal independent von dem ganzen Streß in meinem Verlag und geh auf Urlaub. Danach kann man weitersehen. Ich weiß allerdings nicht, ob diese Runde noch irgend etwas bringt...

eck@rt

Loki
27.08.2000, 03:07
Was ist Independent?
Mann,das ist ne sehr gute Frage.
Ich definiers mal so,wie ich es sehe:
Independant heißt demnach unabhängig von aktuellen Trends sein.
Das heißt z.B. in der Musik das zu machen,was man machen will und nicht das,was gerade gut läuft.
Auch kann es heißen einen Bereich abzudecken,der sonst weniger gut genutzt wird.
D.H. im Beispiel Musik wieder Musik zu machen,die so niemals von größeren Labels produziert würden,da sie nicht oder zumindest derzeit nicht massentauglich ist.

Da beide Definitionsversuche sehr abhängig davon sind,was gerade Mainstream ist (in Musik:was gerade in den Charts ist,bei Comics die Trends Superhelden bis vor kurzem jetzt Mangas...),ist der Begriff Independent auch sehr abhängig.
So wären z.B. Pearl Jam gleichzeitig independent und dependent,da sie eine recht alternative Musik machen und dennoch ein breites Spektrum ansprechen.

Da die Definition recht unterschiedlich ist will ich kurz sagen,woran man Independant erkennen kann:
Zum einen natürlich,wenn es absolut nicht zum aktuellen Trend passt.
Nach der obigen Definition kann es jedoch auch passieren,das Independant auch den Mainstream trifft.
Daher erkennt man es an der Liebe zum Detail.
Da nach obiger Definition hier weniger das Publikum angesprochen werden soll,sondern mehr das zu verwirklichen,was rauskommt aus einem,ist es ganz natürlich,das hier sorgfältiger Grundarbeit geleistet wird.
Als Beispiel diene wiederum die Musik:
Unter die Rubrik Popmusik zähle ich z.B. auch die Gruppe Blondie.
Bei deren letztem Album merkte man,das sich vieles musikalische Verarbeitung angesammelt hat.(insbesondere bei den Jazzstücken)
Vergleiche ich das nun mit einer beliebigen Boygroup,dann stelle ich fest,das das zwar melodiös klingt,aber nichts ernsthaft dahintersteht.

Das ist meine Meinung zur Frage was ist Independant

Comicer
16.09.2000, 18:16
Juhu, endlich habe ich den Independent-Thread mal gelesen! Kurze Einwürfe von der Seite:

1. Der Begriff hilft einfach als »Schublade« im positiven wie negativen Sinne, wird deshalb verwendet und kann ruhich weiter verwendet werden, finde ich.

2. @Eckart: Das mit dem »Beschiss« war wohl als lustige Triezerei an die Zwerchfeller gedacht, damit die sich aufregen. Hat zwar geklappt, aber ist trotzdem schon etwas peinlich. Macht nix - jeder hat mal 'nen schlechten Tag!

3. Comicplus+ ist m.E. von der Organisation her »Independent«, von den Produkten her (inhaltliche Auswahl seit Mitte der 80er Jahre) eindeutig nicht. M.E. ein Kleinverlag, früher mit inhaltlicher Ausrichtung auf klassische frankobelgische Serien, NICHT independent - Serien wie MAUSI UND PAUL z.B. waren früher, in den 50er Jahren, einmal »Mainstream«, da sie in hochauflagigen Magazinen à la TINTIN oder SPIROU erschienen sind.
In den letzten Jahren: stärkere Ausrichtung auf realistisch gezeichnete Serien. Generell von je her ein Kleinverlag, der zeitlose, zumeist frankobelgisch geprägte Comics in deutscher Übersetzung herausbringt (dazu zähl(t)en auch Eigenproduktionen wie etwa die Putzker-Sachen.
Also never ever das, was man unter dem Hilfsbegriff »Independent« einsortieren würde.

4) Zwerchfell würde ich der Einfachheit halber schubladisierend als »independent« bezeichnen, aus den oben von verschiedenen Leuten erklärten begriffen heraus.

5) Wie wichtig es ist, ob Zwerchfell »independent« ist oder nicht, vermag ich nicht zu entscheiden, ist mir aber als Leser egal!

Insgesamt könnte man vielleicht zusammenfassen, dass ich es als überaus erfreulich finde, dass es Zwerchfell bis heute als »unabhängigen« Comicverlag gibt und das hoffentlich noch lange so bleibt. Damit das so bleibt, hoffe ich, dass es Zwerchfell (wie auch anderen Independent-Verlagen) gelingt, weiterzumachen, ohne das Gesicht zu verlieren. Das ist ihnen m.E. auch mit MABUSE geglückt, denn die Umsetzung ist genauso geglückt wie bei anderen Zwerchfell-Titeln, obwohl die Serie bei Carlsen erschienen ist und von Carlsen vertrieben wird.

Das eigentliche Problem scheint mir eher das zu sein, dass der Begriff »Independent« für viele Händler heute eher negativ besetzt ist (aus der Reihe »Sowas verkauft sich nicht«).
Das stimmt natürlich nicht generell (Beispiel: (c) Tom bei Jochen Enterprises).

Eine Begriffsklärung zu »Independent« zu finden, ist aber völlig okay.

Eine andere Frage ist natürlich die, wie z.B. der Begriff bei den gegebenen Verkausstellen (Comichandel) belegt ist: eigentlich mit Sympathie, andererseits oft mit dem Satz »Sowas verkauft sich nicht«. Es bleibt m.E. wichtig, daran zu arbeiten, diese Vorurteile zu knacken oder ggf. jenseits dieser Begriffsdiskussion neue Verkaufsmöglichkeiten und Vertriebskanäle aufzutun. Packen wir's an!

Kai von Carlsen

Comicer
16.09.2000, 18:20
Tja, sorry - beim Grübeln und schreiben des letzten Beitrags habe ich einige Wiederholungen drin. Pardon! Soll nicht wieder vorkommen, da habe ich mich wohl etwas verfranst.

Kai

Sanchez
02.10.2000, 12:23
Hallo Irma Vep,
ich versuche dir mal zu erklaeren warum in den U.S.A. die Verhaeltnisse ganz anderd sind als bei uns: In den Staaten besteht der Markt im wesentlichen aus drei grossen Verlagen, Marvel,D.C. und seit einigen Jahren Image. Ausser diesen Dreien gibt es noch eine Menge kleiner Verlage die aber nur einen sehr geringen Marktanteil haben!
In Deutschland hingegen liegt der Sachverhalt voellig anders : In Deutschland besteht der Markt im wesentlichen aus drei grossen Verlagen, Ehapa , Carlsen und seit einigen Jahren Dino. Ausser diesen Dreien gibt es noch eine Menge kleiner Verlage die aber nur einen sehr geringen Marktanteil haben!
Du siehst also , dass in Deutschland die Situation eine foellig andere ist, und weil das so ist ist es so wie es nunmal ist und das ist nunmal so.Und deshalb kann man da nicht dasselbe Wort benutzen weil das ja schon in Amerika benutzt wird und dann ist es ja dort und nicht hier und der ek@rt weiss das weil der kennt sich aus und deshalb hat er Ahnung wodurch er bescheid weiss !
Ich find das voll gut,dass der ek@rt so klug ist !!!!!

Irma Vep
03.10.2000, 09:15
Danke, Sanchez, für deine Erklärung. Endlich reagiert mal jemand auf meine Frage. Jetzt bin ich doch gleich viel schlauer ...

Irma Vep
27.01.2001, 09:17
Ich musste dieses Thema einfach noch mal ausgraben - jetzt steht's nämlich fest: Während der 3. Kölner Comictage (genauer gesagt: vom 24.4. bis zum 2.6.) zeigt die StadtBibliothek die Ausstellung Crumb etc. - Underground Comix in den USA und Deutschland" (http://www.stbib-koeln.de/fachabt/comics/comictage2001/ausstellung.htm).
Da werde ich mich dann endlich mal schlauer machen können, worin der Unterschied besteht, den mir Sanchez so nett erklärt hat! ;)

[Dieser Beitrag wurde von Irma Vep am 27. Januar 2001 editiert.]

Geier
29.01.2001, 17:29
Also, mir ist es eigentlich ziemlich wurscht ob was indie ist oder nicht, hauptsache mir gefällt der Comic.
Außerden scheint mir das man den Begriff gar nicht auf Punkt und Komma definieren kann und eher subjektiv ist, in etwa so wie "Mainstream". Was wäre dann nach diesen Erklärungen der Schwarze Turm ? Wir wollen Geld verdienen (HaHaHa...!), haben mit Stray Bullets einen Lizenztitel und wollen eine breite Masse als Publikum statt irgendwelcher pseudoelitärer Randgruppen. Und machen trotzdem was uns gefällt.
IPP und EEE passen eigentlich auch in keines dieser Klischees ...

Sebastian Oehler
29.01.2001, 19:28
Ich weiß nicht so recht, ich unterscheide eigentlich nur in gute Comics und schlechte Comics. Das Wort Independant benutze ich eigentlich nur um jemand, der das Comic/den Verlag nicht kennt, die ganze Sache besser zu erklären. Meistens wissen die Leute wenigstens in etwa was sie dann erwartet...
ansonsten mag ich das "sich schmücken" mit diesem Titel nicht so, das hört sich meistens so an, wir sind ja so independant, einfach gegen den Strom, anders als dieser Scheiß-Kommerzscheiß usw.
Vor allem was die Musik angeht hab ich das immer mitbekommen, sobald die Band ein par Platten mehr verkauft hat, wird da vom Ausverkauf der Werte und nur noch ganz wenig über die Musik an sich gesprochen. Die Loeb/Sale Sachen wie Batman und Superman sind natürlich "Mainstream", mir gefallen die saugut und ein deutsches Beispiel, die kleinen Mutter****er sind eher Independant Comics und die gefallen mir auch saugut.
Aber eigentlich ist mir das zu kompliziert, gut oder schlecht tut´s eh am Besten.

Mick Baxter
08.02.2002, 03:58
Bis zum 1. April können noch Comics als Bewerbung zum ICOM Independent Comic-Preis 2002 eingereicht werden (die sollten dann aus dem Jahr 2001 stammen, sonst können sie nichts gewinnen).
Aber Vorsicht: wer einreicht, wird damit zum Independent Verlag!

Gruß vom Mick

Morn
23.05.2002, 14:04
Mal nach vorne, dass Bernd Biestig das lesen kann...:D

witteker
24.05.2002, 00:01
:sabber:

bernd biestig
24.05.2002, 06:38
Original geschrieben von Morn
Mal nach vorne, dass Bernd Biestig das lesen kann...:D

Danke.