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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Max und Moritz-Preis 2010 - Publikumspreis



scribble
19.05.2010, 21:29
Im Rahmen des Internationalen Comic-Salons 2010 wird in diesem Jahr zum 14. Mal der Max und Moritz-Preis verliehen, die wichtigste Auszeichnung für grafische Literatur im deutschsprachigen Raum.

Der Max und Moritz-Preis ist eine Auszeichnung, die Maßstäbe im Bereich der Comic-Kunst gesetzt hat und seit über 20 Jahren wesentlich zur Anerkennung der grafischen Literatur im deutschsprachigen Raum beiträgt. Der Preis wird von Bulls Press, Frankfurt a. M., gestiftet und von der Stadt Erlangen vergeben. Mit der Verleihung soll die Arbeit herausragender Künstler gewürdigt, verdienstvolle Verlagsarbeit bestärkt und auf junge Nachwuchstalente aufmerksam gemacht werden. Darüber hinaus ist es ein Anliegen des Preises, die Auseinandersetzung über die qualitativen Kriterien zur Beurteilung der Comic-Kunst zu intensivieren.

Zum ersten Mal wird in diesem Jahr auch ein Max und Moritz-Publikumspreis vergeben. Zur Auswahl stehen die 20 für den Max und Moritz-Preis nominierten Titel. Die Abstimmung, die am Freitag, 21. Mai startet und am Abend des 3. Juni um 19 Uhr endet, erfolgt in Zusammenarbeit mit deutschen Tageszeitungen und Comic-Magazinen sowie direkt hier im Comicforum (http://maxundmoritz.comicforum.de).

Für Diskussionen rund um den Max und Moritz-Preis und den Comic-Salon Erlangen insgesamt steht dieses offizielle Forum des Comic-Salons (http://www.comicforum.de/forumdisplay.php?f=30) hier im Comicforum zur Verfügung. Zum Verfassen von Beiträgen ist das kostenlose Registrieren eines Benutzerkontos notwendig.

scribble
21.05.2010, 11:28
Hier noch einige Informationen zu den nominierten Titeln

„Alpha. Directions“ von Jens Harder (Carlsen Comics)
In „Alpha. Directions“ erzählt Jens Harder die größte Geschichte aller Zeiten. Es ist die Geschichte des Kosmos, der Erde, der Evolution. Eine Geschichte in Bildern und sehr wenigen Worten. Wie kann das angehen? Hat Harder einen Wissenschafts-Comic gezeichnet? Keineswegs. Er geht davon aus, dass die Menschen sich schon immer Geschichten von Anfang und Ende, von Sternenhimmel und Erdenschoß erzählt haben, dass sie sich Bilder machten, Metaphern schufen, Mythen kreierten. Also verknüpft er in grafischer Verfremdung die Modelle von Physik und Astrophysik, die Aufnahmen der Weltraumkameras, die Urzeitfunde von Geologen, Biologen und Archäologen mit den Sandbildern der Navajos, den Illustrationen der biblischen Testamente, den Visualisierungen von Buddha, Vishnu und der Großen Göttin sowie vielen anderen Quellen der Kulturgeschichte. Schließlich ist ein überwältigendes Werk entstanden, das die Erkenntnisse der Naturwissenschaften in den Ahnungen der Religionen und der Spiritualität anspielungsreich spiegelt. Ein Buch, das mit jeder Seite in Erstaunen versetzt. Und das ist nur der erste Teil eines dreibändigen Zyklus. Das Erwachen des Menschen hat gerade begonnen ...

„Bäche und Flüsse“ von Pascal Rabaté (Reprodukt)
Liebe und Sexualität im Alter – das ist nicht wirklich ein typischer Comic-Stoff. In „Bäche und Flüsse“ überrascht Pascal Rabaté mit der pittoresken und pikaresken Geschichte um einen verwitweten Rentner, der nach dem Tod seines besten Freundes auf eine lange Reise geht, auf der er nicht wie erhofft den Tod findet, sondern im Gegenteil die Freude an Erotik, kleinen Exzessen und schließlich die Liebe wiederentdeckt. Dieses große kleine Abenteuer erzählt Pascal Rabaté, seit jeher einer der besten Chronisten der kleinen Leute im provinziellen Frankreich, mit viel Zärtlichkeit und genügend Humor, um Rührseligkeit und Kitsch zu vermeiden. In den flüchtig und lebendig funkelnden Zeichnungen halten sich Realismus und Karikatur, Einfachheit und Expressivität die Waage, und die Farben strahlen die warme, verlebte Mattigkeit alter Illustrationen aus. „Bäche und Flüsse“ ist kein greller, laut um Aufmerksamkeit buhlender Comic, sondern ein stilles und ungewöhnlich schönes Comic-Abenteuer.

„Drei Schatten“ von Cyril Pedrosa (Reprodukt)
Das Thema von „Drei Schatten“ lässt schwere Kost erwarten: Es geht um den Tod eines Kindes. In einer märchenartigen Welt versucht Vater Louis, das Unausweichliche abzuwenden und verlässt die heimische Idylle, um mit seinem Sohn Joachim vor den Todesboten zu fliehen. Gegen Ende transzendiert die Geschichte zwischen Drama und surreal-albtraumhaften Elementen. Und selbst vor diesem wenig leichtfüßigen Hintergrund schafft es Autor und Zeichner Cyril Pedrosa wie selbstverständlich, hoch komische Elemente unterzubringen. Was „Drei Schatten“ zu einem großen Comic macht, ist die Wechselwirkung von Erzählung und zeichnerischer Ästhetik. Pedrosa macht keinen Hehl aus seiner Disney-Vergangenheit. Gerade in Verbindung mit surrealen Elementen entstehen wunderbare Zeichnungen, die auch das Pathos nicht scheuen, dabei aber immer im Dienste der Geschichte stehen. Und auch das Hand-Lettering trägt seinen Teil zu einem stimmigen, atmosphärisch dichten Gesamtbild bei. Das Ergebnis ist ein trauriger, tröstender, glaubwürdiger und wunderschöner Comic, der 2008 in Angoulême völlig zu Recht zum „Besten Album“ gekürt wurde.

„Ein neues Land“ von Shaun Tan (Carlsen Comics)
Es gibt eine Gegenbewegung zur zunehmenden Literarisierung der Comics. Das sind Bände ganz ohne Worte. Bilder werden kommentarlos verkettet. Sie erklären sich selbst, sie erzählen sich selbst, sie machen das Auge zum Organ der Narration. Ein überzeugendes Beispiel für diesen Trend ist das Buch „Ein neues Land“, das von dem australischen Autor und Kinderbuch-Illustrator Shaun Tan stammt. Mit Kreide und Bleistift entwirft er Panels im Stil des Realismus. Das ist eine Stilform, die zu der Zeit der Emigration aus Europa in die Neue Welt passt. Shaun Tan geht es um Emigration in die Fremde, und seine Epoche sieht ganz nach dem Beginn des 20. Jahrhunderts aus. Das Gefühl der Befremdung stellt er her, indem er die Neue Welt auch für den Leser/Seher befremdlich macht. Surreale Städte tauchen auf. Fantastische Tiere treten ins Leben. Eigentümliche Rituale sind zu erlernen. Am Ende gelingt – mühsam – die Integration. Shaun Tan konstruiert Welten wie von Franz Kafka oder Michael Ende mit grafischen Mitteln wie von Giorgio de Chirico oder Richard Oelze. Als narrativer Künstler aber verbindet er eingefangene Momente zur bewegten Geschichte.

„Engelmann. Der gefallene Engel“ von Nicolas Mahler (Carlsen Comics)
Gewartet haben wir schon länger darauf, dass Nicolas Mahler endlich seine Geheim-Identität als Superhelden-Zeichner preisgibt. Mit „Engelmann“ hat der Wiener den Schritt nun gewagt. Manch einer mag sich fragen: Mahlers Minimalismus und die bunte Welt der Super-Kämpfer – geht das denn überhaupt zusammen? Die Antwort lautet „Ja“. Engelmann ist ein pinkfarbenes Radieschen mit Flügeln, sein Gegenspieler eine gigantisch-grüne Krake, die sich als Schönheitschirurg tarnt, und wer da noch Hoffnung auf Helden-Action hat, den belehren die Kräfte des Marktes, die hier ausführlich zu Wort kommen, eines Besseren. Mahler reiht sich mit „Engelmann“ ein in die Dekonstruktivisten des Superhelden-Mythos, Frank Miller, Ted McKeever oder Alan Moore, wenn auch keiner von diesen einen so minimalen Einsatz von Tinte und Farbe betrieb. Zu bewundern in diesem „Sammelband“: das vorbildliche Raumgefühl des Künstlers, der listige Umgang mit dem Genre, Mahlers allgemeine Hochbegabung.

„Freche Mädchen – freche Manga. Handykuss und Liebesrätsel“ von Bianka Minte-König und Inga Steinmetz (Tokyopop)
Es ist eine Weile her, seit die Juroren des Max und Moritz-Preises 12-jährige Mädchen waren (falls überhaupt); was aber den Geschmack dieser „Aliens“, Mädchen in der Vorpubertät, angeht, so ist „Freche Mädchen – freche Manga. Handykuss und Liebesrätsel“ der Comic, den man der Nachbarin, der Nichte, der Tochter der Freundin in die Hand drücken möchte in der Gewissheit, damit nicht ganz verkehrt zu liegen. Das Buch ist das Ergebnis der Zusammenarbeit einer über 60-jährigen Jugendbuch-Erfolgsautorin (die Adaption für den Comic besorgte Yuki Kowalsky von Tokyopop) und einer noch nicht 30-jährigen Zeichnerin, die zur anwachsenden Liga der deutschen Mangaka gehört. Dramaturgisch ist die Erzählung zwar „silly“, aber nicht blöd, zeichnerisch umranken die mangaesken Blümchen-Herzchen-Ausrufezeichen und die zersplitterte Panel-Optik virtuos die ganz offenkundig deutsche Schulmädchen-Geschichte, dies mit durchaus amüsantem Nebeneffekt auch für Comic-lesende Erziehungsberechtigte der primären Zielgruppe.

„Gift“ von Peer Meter und Barbara Yelin (Reprodukt)
Was ist das Spezifische an der Erzählweise von Comics? Sie können auf literarische Weise alte Stoffe neu bearbeiten, wie es der Schriftsteller Peer Meter in dem Szenario um die Bremer Giftmischerin Gesche Gottfried aus dem frühen 19. Jahrhundert geleistet hat. Gleichzeitig kommentieren sie grafisch das Szenario, verleihen ihm Tiefe, geben ihm Atmosphäre, schaffen ihm die Bühne, versetzen es in Rhythmus. Kongenial hat die Zeichnerin Barbara Yelin Meters Skript in Szene gesetzt. So ist eine komplexe und neue Annäherung an den klassischen Kriminalfall entstanden. Eine Geschichte, die über den Fall hinausweist auf historische Frauenbilder und auf den Umgang der Bürger mit dem, was ihnen unerklärlich scheint. Meter hat eine Rahmenhandlung aus der Perspektive weiblicher Emanzipation konstruiert. Er schachtelt Rückblenden ineinander, die sich erhellen, ohne sich zu verwirren. Yelin entwirft Panels der urbanen Enge und Engherzigkeit, stellt ihre Figuren in eine städtische Landschaft, die ihren Charakter prägt und ihre Handlungen determiniert. Das Resultat dieser Zusammenarbeit ist ein Erzählwerk von hoher Literarizität und erschütternder Bilddichte.

„Hector Umbra” von Uli Oesterle (Carlsen Comics / Edition 52)
„Schön“ ist das erste Wort, gekritzelt auf schwarzen Grund. Und sofort zerrissen von einem nervösen „poc poc poc“, das über das Graffito hämmert. Damit sind die Koordinaten gesetzt, zwischen denen Uli Oesterle sein fulminantes Comic-Epos „Hector Umbra“ inszeniert: Die sich vor der elysischen Kulisse der Frauenkirche und des Hofbräuhauses rasant entrollende Odyssee in den Münchner Untergrund, durch verqualmte Absturzkneipen und hinab in finstere Katakomben und psychische Abgründe. Atemlos taumelt Hector durch eine obskure Welt aus Jägermeister-Exzessen, Techno-Beats und Designerdrogen, aus klandestinen Zeugen Jehovas und das Weltende prophezeienden Stadtstreichern, auf der Suche nach seinem Freund, dem DJ Osaka, der auf mysteriöse Weise spurlos verschwunden ist, ausgerechnet als er zum ersten Mal im hippsten Club der Stadt auflegen soll. Oesterles durchgeknallte Bayern-Metropole ähnelt eher Gotham City, und unerhört ist auch seine Grafik markanter Umrisse, flächiger Farben und schräger Blicke, ein surrealer Stil von brennender Souveränität, der sich an keine Schule anlehnt und den Leser mit seiner halluzinogenen Kraft schon eingefangen hat, noch bevor er am Ende des Prologs angelangt ist.

„Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens“ von Ulli Lust (avant-verlag / electrocomics)
Mit „Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens“ legt die Österreicherin und Wahlberlinerin Ulli Lust ein fulminantes autobiografisches Debüt vor: Es ist die Irrfahrt von zwei gelangweilten und naiven Punk-Mädels aus Wien, die im Sommer 1984 ohne Geld, Gepäck und Ziel durch Italien trampen. Der schwärmerische Aufbruch zweier freiheitstrunkener Aussteigerinnen mutiert indes bald zum Albtraum. Ulli Lust schildert diese Initiationsreise mit Distanz, geradezu kühl, ohne Larmoyanz, aber mit einer gesunden Prise schwarzen Humors. Ihre Erzählweise ist dicht und atemlos und reißt den Leser mühelos mit – bis zum Absturz in Sizilien: Vergewaltigung, harte Drogen, Prostitution, Mafia. Im spannungsvollen Kontrast zur reflektierten Erzählhaltung stehen die fiebrigen Zeichnungen: Scheinbar schnell hingeworfen, schwarz-weiß und mit einem schmutzigen olivgrünen Farbton unterlegt, vermitteln sie den Eindruck größtmöglicher Unmittelbarkeit und Authentizität. Ulli Lust zeichnet ihre Erfahrungen bis zum bitteren Ende mit beeindruckender Konsequenz auf und ohne den Versuch, sie moralisch oder pädagogisch abzurunden oder zu schmücken.

„Ikkyu“ von Hisashi Sakaguchi (Carlsen Manga)
Bis heute ist der exzentrische und spirituell bedeutende Zen-Meister Ikkyu (1394–1481) in Japan ein Volksheld, hat er sich doch mit seinem ungewöhnlichen Lebenswandel, seiner erotischen Lyrik, seinem scharfsinnigen Humor und seiner Neigung zu Wein, Weib und Gesang immer wieder mit den politischen und religiösen Obrigkeiten seiner Zeit angelegt. Ikkyu kam 1394 – mutmaßlich als unehelicher Spross des Kaisers – zur Welt und wurde von seiner Mutter in ein buddhistisches Kloster geschickt, um ihn vor den kaiserlichen Schergen zu schützen. Ikkyu war ein Beobachter seiner Zeit – ihm stieß die Ausbeutung der Bauern und die Heuchelei der Mönche so sauer auf, dass er jahrzehntelang als Bettelmönch durch Japan streifte. Hisashi Sakaguchis vierbändige Lebensgeschichte „Ikkyu“ geht weit über die klassische Biografie hinaus: „Ikkyu“ ist auch eine differenzierte Einführung in die Lehren des Zen-Buddhismus und eine facettenreiche Freske des mittelalterlichen Japans im Umbruch, die auch zeichnerisch – in einer Mischung aus realistischem Feder- und stilisiertem Pinselstrich – wunderbar umgesetzt ist.

„Kirihito“ von Osamu Tezuka (Carlsen Manga)
In Japan wird Osamu Tezuka (1928–1989) als „manga no kamisama“ verehrt, als der „Gott der Mangas“, dessen Gesamtwerk sich auf schwindelerregende 150.000 Comic-Seiten addiert. „Kirihito“, entstanden 1970/71, ist nach „Adolf“ ein zweites Meisterwerk aus Tezukas Spätphase, das der Carlsen Verlag nun in drei Bänden veröffentlicht. Im Mittelpunkt steht darin der junge Arzt Kirihito Osanai, der in ein abgelegenes Gebirgsdorf entsandt wird, in dem eine unheilbare Krankheit Menschen in hundeartige Wesen verwandelt, bevor sie nach einigen Monaten sterben. Kirihitos Versuch, hinter die Ursachen der rätselhaften Krankheit zu kommen, führt ihn schließlich um den halben Erdball und mitten hinein in die Ränkespiele von Macht und Gier. Denn während sich abzuzeichnen beginnt, dass die Epidemie durch verseuchtes Wasser verursacht wird, hält Professor Tatsugaura verbittert an seiner These fest, dass ein Virus der Überträger sei: Tatsugaura fürchtet Kirihito als Konkurrenten bei seiner Bewerbung zum Vorsitzenden des japanischen Ärzteverbandes. Tezuka erzählt seinen packenden und verwickelten Thriller, mit dem er scharfe Kritik am medizinischen System und Karrieredenken übt, mit großem Sachverstand, denn er war nicht nur Manga-Zeichner sondern auch selbst promovierter Arzt.

„Lio“ von Mark Tatulli (Bulls Press)
„Lio“ ist einer der ungewöhnlichsten und intelligentesten Comic-Strips der letzten Jahre. Von vielen Seiten wird „Lio“ als „beste Serie seit ‚Calvin und Hobbes’“ gehandelt. Der Vergleich kommt nicht von ungefähr: Die Hauptfigur beider Serien ist ein kleiner Junge, dessen Fantasie im Mittelpunkt steht. Anders als Calvin und Hobbes agieren die Figuren in Lios Welt aber durchweg ohne Worte.
Der Titelheld ist schon sehr anders als seine Altersgenossen: Autor Mark Tatulli entwirft eine Szenerie, in der Lio auf Du und Du mit Monstern, schleimigem Getier und anderen Gruselgestalten agiert und die ganz eigenen erzählerischen Gesetzmäßigkeiten gehorcht. Man liest diesen Strip nicht nebenbei, schmunzelt und macht weiter im Programm. Lio zwingt den Leser zum genaueren Hinsehen und durchaus auch zum Mitdenken. Und doch steht am Ende einer jeden Folge ein klassischer Comic-Gag – das Bekenntnis zur Comic-Strip-Tradition ist gegenwärtig. Ungewöhnlich auch der Zeichenstil – kantig, modern, mit hohem künstlerischen Anspruch und unmittelbar wiederzuerkennen.

„Louis am Strand“ von Guy Delisle (Reprodukt)
Kaum blinzeln die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster, weckt der kleine Louis seinen Vater und macht ihm gestenreich klar, dass er ans Meer will. Am Strand legt sich der Vater unter den Sonnenschirm, während Louis mit anderen Kindern spielt, Sandburgen baut, Badegäste ärgert, Eis schleckt und badet. So ungefährlich ist das Meer aber nicht, wenn der Vater den Sohnemann sich selber überlässt – schon rollt der Ball ins Wasser, Louis hüpft ihm nach, verliert Fuß … und taucht ab in ein fantastisches Unterwasserabenteuer, in dem er Riesenfischen und mysteriösen U-Booten begegnet und immer weiter ins offene Meer abtreibt … Realität und Fantasie frei vermischend, schildert der Franko-Kanadier Guy Delisle – hauptsächlich bekannt für Reportagen wie „Shenzhen“ und „Pjöngjang“ – in „Louis am Strand“ die Erlebnisse eines mit viel Imagination begabten Kindes. Er erzählt aus einer konsequent kindlichen Perspektive in größtenteils kleinen Panels und verzichtet auf jeglichen Text. Und doch sind Louis' aufregende und bezaubernde Strandabenteuer auch für Kinder im Vorschulalter nachvollziehbar. Besonders reizend ist, wie Louis von seinem treuen Stofftier aus allen misslichen Situationen gerettet und aus seinen kühnen Fantasien zurück in die Realität geholt wird.

„Meine Mutter ist in Amerika und hat Buffalo Bill getroffen“ von Jean Regnaud und Émile Bravo (Carlsen Comics)
Die besten Kinderbücher haben Erwachsenen viel zu sagen. Und sehr gute Bücher für Erwachsene sprechen auch Kinder an. So ein sehr gutes Buch ist „Meine Mutter ist in Amerika und hat Buffalo Bill getroffen“ von Jean Regnaud und Émile Bravo. Es handelt von dem Erstklässler Jean, dem man gesagt hat, seine Mutter sei auf Reisen. Er kennt sie nämlich nicht. Der Leser spürt sehr rasch, dass Jeans Mutter tot sein muss. Doch er darf miterleben, wie die Tote Atem bekommt und Abenteuer erlebt – aus der Kraft der Fantasie. Autor Regnaud hat in dem Buch autobiografische Erfahrungen verarbeitet. Er nähert sich mit großem Zartgefühl den Themen Tod, Illusion und Ent-Täuschung. „Meine Mutter ist in Amerika und hat Buffalo Bill getroffen“ ist ein Buch über die schönen Schutzräume des Träumens und den harten Schmerz der Realität. Zeichner Bravo fasst die Geschichte in kindgerecht zupackende Umrissformen und reduzierte Charakter-Andeutungen, die von kleinen Lesern mit Fantasie animiert werden können und die den Erwachsenen eine Ahnung von der Melancholie des Verlusts der Naivität in Erinnerung rufen. Ein Buch, das man mit Handschuhen lesen möchte. Denn es bezeugt die Zerbrechlichkeit des Daseins.

„Orange“ von Benjamin (Tokyopop)
Irgendjemand sagte einmal, die besten Geschichten würden in satirischer Absicht begonnen und endeten damit, dass der Autor sich in seine Figuren verliebt – siehe „Madame Bovary“, siehe „Anna Karenina“. Was Benjamins „Orange“ betrifft, möchte man auf einen ähnlichen Verlauf tippen: Die Girlie-Hauptfigur ist unerträglich, aber sie erwischt einen eben doch. „Ich leide sehr“, sagt Orange, „und dieses Leiden ist lächerlich.“ Was Benjamin von chinesischen Teenagern zu berichten weiß, scheint sich von der hormonellen Jugendverwirrung in anderen Kulturen nicht allzu sehr zu unterscheiden, seine geflashten Bilderwelten lassen jedoch die Affektstürme in einer Weise aufleben, die manchen Leser daran erinnern wird, warum er nie mehr 16 sein will. Die größte Überraschung ist dann die, dass die ungewohnten, grellbunten Computergrafik-Seiten nicht nur lesbar, sondern geradezu als Offenbarung eines neuen Comic-Erzählens daherkommen.

„Pinocchio“ von Winshluss (avant-verlag)
Das Cover sticht ins Auge: Bunt, verschnörkelt und nostalgisch beschwört es die Gestaltung der Almanache des frühen 20. Jahrhunderts. Auch der Titel „Pinocchio“ verweist in die Vergangenheit: Carlo Collodi verfasste seine rabenschwarze Erziehungsmoritat 1883, Walt Disney versüßlichte sie 1940, seither ist der Holzjunge eine immer wieder neu interpretierte Ikone der populären Kultur. Genau das reizte auch den französischen Comic-Autor Winshluss: In seinem „Pinocchio“ ist Gepetto ein skrupelloser Waffenfabrikant, Pinocchio – ein niedlicher Roboter mit Flammenwerfernase – seine Wunderwaffe zur Weltunterwerfung und Jiminy Grille eine obdachlose Kakerlake mit schriftstellerischen Ambitionen … Dem breiten Publikum bekannt ist Vincent Paronnaud alias Winshluss als Co-Regisseur von Marjane Satrapis Animationsfilm „Persepolis“. Als Comic-Autor hingegen zelebriert er ohne Furcht vor Tabus das subversive Potenzial der Comics. Auf 200 weitgehend wortlosen Seiten reißt uns Winshluss mit auf eine furiose und überaus unterhaltsame Tour de Force durch den aktualisierten Pinocchio-Stoff (inklusive Neonazis, religiöse Fundamentalisten, Atommüll, Sex und Totschlag und vieles mehr) und verarbeitet auch gleich die Geschichte der populären Kultur der letzten hundert Jahre.

„Prototyp“ / „Archetyp“ von Ralf König (Frankfurter Allgemeine Zeitung / Rowohlt Verlag)
Lange Zeit hat Ralf König private Geschichten aus homo- und heterosexuellen Wohn- und Schlafzimmern erzählt. Doch dann hat er mit einigen bissigen Cartoons auf den Streit um die Mohammed-Karikaturen reagiert (und 2006 dafür einen Max und Moritz-Spezialpreis bekommen). Das hat ihn zu neuen Fragestellungen in seiner Arbeit inspiriert. Plötzlich geht es ihm um das Religiöse – vor allem in seiner biblischen Ausprägung. Zuerst gab es einen eifernden Moses und einen toleranten, nicht sonderlich monotheistischen Gott. Dann folgte der grandiose Tageszeitungs-Strip um den „Prototyp“ der Schöpfung, den schlichten Erdenkloß Adam. Als „Archetyp“ folgte ein neuerlich Sodom und Gomorra beschwörender Noah nach. Das Erstaunliche an diesen Geschichten ist nicht, wie perfekt König die Bibel seinem witzigen Strich zu unterwerfen vermag, sondern wie er mit diesem Strich moderne Theologie betreibt, wie er uralte Schöpfungs- und Gottesfragen pointiert zuspitzt und humorvoll doch keineswegs blasphemisch Denkanstöße zu Gottesbild und Religionsausübung gibt. Vielleicht wird man eines Tages sagen, die aktuelle Reformation des Religiösen sei von einem Comic-Zeichner ausgegangen.

„Spirou & Fantasio Spezial. Porträt eines Helden als junger Tor“ von Émile Bravo (Carlsen Comics)
Spirou, der Hotelpage in der roten Uniform, ist neben Tim und Asterix der große Klassiker der franko-belgischen Comics. In „Porträt eines Helden als junger Tor“ beugt sich der französische Zeichner Émile Bravo auf seine Vorgeschichte: 1939 stolpert das Waisenkind Spirou, Page im Hotel Moustic, aus Liebe zu einem Zimmermädchen in eine undurchsichtige Affäre um Spionage, Geheimdiplomatie und schmutzige Deals mit Nazi-Deutschland. Der junge Spirou ist alles andere als ein Held, er ist ganz im Gegenteil ein naiver Dummkopf ohne politischen Durchblick, der durch die komplizierte Geschichte stolpert, ohne etwas zu verstehen, und dabei Liebe, Job und Illusionen verliert. Dafür aber trifft er auf den Journalisten Fantasio, und das ist der Beginn einer langen Freundschaft … Émile Bravo, ein bekennender Bewunderer der klassischen franko-belgischen Schule, legt eine brillant erzählte, in einer sanft modernisierten Ligne claire gezeichnete und anspielungsreiche Geschichte zwischen Ironie und Nostalgie, Demontage und Hommage vor, die sich in Frankreich mit weit über 100.000 verkauften Exemplaren zu einem großen Bestseller mauserte.

„Such dir was aus, aber beeil dich! Kindsein in zehn Kapiteln“ von Nadia Budde (S. Fischer Verlag)
Unter der Erde grinsen die Schädel verblichener Katzen, und alle hören sie auf den Namen Mauz. Zombie-Oma und -Opa steigen zum Vergnügen der Enkelin im Friedhof aus dem Grab. Stadt-Tod und Land-Tod streiten sich über Verfahrensfragen und am Wohnwagen des Lebens hängt ein Schild: „Tod nicht erwünscht“. Erwachsene mögen sich fragen, ob Nadia Buddes „Such dir was aus, aber beeil dich! Kindsein in zehn Kapiteln“ wirklich in Kinderhand gehört, aber während sie das noch tun, haben die Kinder sich das schöne Buch längst gegriffen. Neben den finalen Themen wird hier auch einfach gebadet, Frauentag gefeiert und auf das Wetter geachtet, dazwischen gibt’s Kermit und Batman. Das Ganze findet im „Großelternland“ statt, was die DDR früher auch war, und versieht den verspielten Blick auf Damals mit fantastisch freien und ungebundenen Bildern und Bildfolgen, die diese Kindheit vor allem als eins definieren: Glück.

„Das variable Kalendarium“ von Kat Menschik (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
Traditionell gesehen waren Zeitungs-Strips schon immer ein Feld für innovatives Erzählen, und wenn vereinzelte FAZ-Leser zum Auftakt von Kat Menschiks Serie monierten, „Das variable Kalendarium“ würde eigentlich gar nichts erzählen, halten wir dagegen, dass dies zweifellos die Narration der Zukunft (oder zumindest eine Variante davon) ist. Eben diese Zukunft tarnt sich in Menschiks grafischen Festtafeln geschickt als Vergangenheit: pro Jahrestag drängen sich auf den Kalenderblättern viele Ereignisse aus den letzten Jahrhunderten. Im Einzelblatt kann man sich dann in der Frage verlieren, welche Geburtstage und Revolutionsvorkommnisse und Erfindungen erwähnt werden und vor allem, wie groß und in welcher Schrifttype und mit welchen Retro-Deko-Accessoires, alles natürlich Elemente eines Codes, um geheime Botschaften rüberzubringen. Geschichtsbetrachtungen sind nie neutral, damit wäre bereits eine Spur zu den verborgenen „Erzählungen“ gelegt, mit denen dieses Kalendarium (eine wiederkehrende Freude in der morgendlichen Zeitungslektüre) seine Leser bedient.

Martin Jurgeit
21.05.2010, 12:24
Wir wollen euch auch noch ausdrücklich ermuntern, in diesem Thema die Abstimmung über den Publikumspreis zu diskutieren. Wer also seine Meinung kundtun möchte, ist hierzu an dieser Stelle ausdrücklich eingeladen.

eck@rt
21.05.2010, 17:50
Okay, dann fange ich mal an zu "diskutieren". Was sollen wir mit einer Auswahl anfangen, die nur die Schwächen und Fehler der Etepetete-Erlangen-Jury aufzeigt? Sollte ein Publikumspreis nicht auch über die Publikums-Lieblinge entscheiden können? Ist "Meine Mutter ist in Amerika und hat Buffalo Bill getroffen" der Allgemeinheit wichtiger als populäre Titel von Splitter oder Panini? Doch sicher nicht.

Ein "Publikumspreis" auf der Basis der vorgestellten Liste ist eine Farce. Ich rufe dazu auf, diese Abstimmung zu boykottieren.

eck:rakete:rt

Breedstorm
21.05.2010, 19:32
Der Jury für den Max und Moritz-Preis gehören in diesem Jahr an: Denis Scheck (Kritiker, Deutschlandfunk, „Druckfrisch“ ARD), Christian Gasser (Schriftsteller, Journalist und Radiomacher), Herbert Heinzelmann (Journalist und Medienwissenschaftler), Brigitte Helbling (Journalistin, Mitglied der Arbeitsstelle für Graphische Literatur der Universität Hamburg), Andreas C. Knigge (Journalist und Publizist), Jan Taussig (Bulls Press) und Bodo Birk (Internationaler Comic-Salon Erlangen). Die Max und Moritz-Gala wird von Denis Scheck und Hella von Sinnen moderiert.

:)

nestor
21.05.2010, 23:50
Okay, dann fange ich mal an zu "diskutieren". Was sollen wir mit einer Auswahl anfangen, die nur die Schwächen und Fehler der Etepetete-Erlangen-Jury aufzeigt? Sollte ein Publikumspreis nicht auch über die Publikums-Lieblinge entscheiden können? Ist "Meine Mutter ist in Amerika und hat Buffalo Bill getroffen" der Allgemeinheit wichtiger als populäre Titel von Splitter oder Panini? Doch sicher nicht.
eck:rakete:rt

Nun, Herr Sackmann, warum bewerben Sie eigentlich nicht gleich die Titel aus Ihren eigenen Haus? Weil sie vielleicht einfach nur banal sind? Tun Sie mir und anderen einen Gefallen und sparen sie ich Ihren Populismus fuer die naechste Bundestagwahl und halten zurueck, wenn es um Comics geht.

Neander
22.05.2010, 00:11
Sollte ein Publikumspreis nicht auch über die Publikums-Lieblinge entscheiden können?
eck:rakete:rt

Als Pazifist, der mit verschiedensten Stilrichtungen - sowohl Comics, Fans als auch Verlage betreffend - klar kommt, greife ich mal, "unbewaffnet" wie ich bin, ohne etwas boykottieren zu wollen, den positiven Ansatz auf:

Warum sollte man nicht - versuchsweise und natürlich mit längerem Vorlauf - tatsächlich mal das Publikum - sprich die Fans - auch über die Publikumslieblinge entscheiden lassen?

Dirk Rehm
22.05.2010, 00:55
Ich denke, dieser unsinnige Boykott-Aufruf sollte hier nicht lange unkommentiert stehen bleiben. Ich halte die Auswahl der Jury für durchaus gelungen und repräsentativ für die Neuerscheinungen der letzten zwei Jahre, aus folgenden Gründen:

1. Es handelt sich bei den ausgewählten Comics beinahe durchweg um Titel, denen jenseits des Comic-Ghettos in den Medien Aufmerksamkeit zuteil wurde. Und häufig genug mit gutem Grund - auf hohe inhaltliche und grafische Qualitäten will ich dabei im Einzelnen gar nicht eingehen. Sie haben in der Breite wesentlich zur Anerkennung der grafischen Literatur im deutschsprachigen Raum beigetragen und entsprechen damit den Kriterien, die dem Max & Moritz-Preis zugrunde liegen.

2. Ob ein Titel "populär" ist oder als "Kassengift" bezeichnet werden kann, liegt ganz wesentlich in den Augen des Betrachters. Bei den ausgewählten Titeln mag ins Auge springen, dass es sich nicht um die Bestseller des Comicfachhandels handelt. Dabei wird aber außer Acht gelassen, dass Comics nicht allein im Fachhandel verkauft werden, sondern vor allem im Buchhandel eine mittlerweile sehr große weibliche Leserschaft erreichen, die der Fachhandel erst noch für sich erobern muss.

Um zwei interessante Beispiele herauszugreifen: Die Erstauflage von Ulli Lusts "Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens" war im November 2009 schon vier Wochen nach Erscheinen vergriffen, und es musste nachgedruckt werden. Von "Gift" (Peer Meter & Barbara Yelin) sind 6 Wochen nach Erscheinen 3.000 Exemplare verkauft – etwa 20 Prozent der Verkaufsauflage wurden im Comicfachhandel abgesetzt, stolze 80 Prozent gingen im Buchhandel über den Tresen. Bei vielen der nominierten Carlsen-Titel dürfte das Verhältnis aufgrund der großen Präsenz des Verlages im Buchhandel ähnlich ausfallen. Und da kommt man in der Gesamtheit der verkauften Auflagen recht schnell auf Zahlen, die die Verkäufe der populären Titel von Splitter oder Panini auch nur in Einzelfällen wesentlich übersteigen dürften.

3. Ob es sich bei den nominierten Titeln um "Kunst-Comics" oder um Unterhaltung im besten Sinne handelt, scheint ebenfalls abhängig vom Blickwinkel des Betrachters. Die Themen, die in der vorliegenden Auswahl behandelt werden – von Kindheitserinnerungen über den historischen Krimi bis hin zur modernen Interpretation eines Kinderbuch-Klassikers - findet man genauso in der Belletristik oder im Narrativen Film. Die Kunst liegt dabei vor allem in der Beherrschung des jeweiligen Handwerks und daran lassen es die nominierten Autoren und Zeichner nicht mangeln.

Lola65
22.05.2010, 08:12
Zum ersten Mal wird in diesem Jahr auch ein Max und Moritz-Publikumspreis vergeben. Zur Auswahl stehen die 20 für den Max und Moritz-Preis nominierten Titel. Die Abstimmung, die am Freitag, 21. Mai startet und am Abend des 3. Juni um 19 Uhr endet, erfolgt in Zusammenarbeit mit deutschen Tageszeitungen und Comic-Magazinen sowie direkt hier im Comicforum (http://maxundmoritz.comicforum.de).



wieviele Stimmen kann ich abgeben?

eck@rt
22.05.2010, 08:24
Mein Vorschlag war durchaus ernst gemeint. Denkt mal darüber nach. Es mag ja sein, Dirk, dass es inzwischen Comic-Käufer außerhalb der "Szene" gibt, aber die Comic-Szene, so wie ich sie wahrnehme, sehe ich durch die Liste der Jury nicht repräsentiert. Das hat nichts damit zu tun, dass ich Ulli Lust für ihr Buch jeden Preis gönne, den sie kriegen kann.

Wer ist eigentlich dieser Nestor, der seinen ersten (!) Beitrag in diesem Forum gleich für eine wüste Beschimpfung nutzt?

eck:)rt

scribble
22.05.2010, 08:31
wieviele Stimmen kann ich abgeben?
Du kannst eine Stimme abgeben :)

Bis dann,

scribble

Dirk Rehm
22.05.2010, 11:35
Andreas Platthaus kommentiert die Nominierungen auf FAZ.NET (http://faz-community.faz.net/blogs/comic/archive/2010/05/22/wer-gewinnt-in-erlangen.aspx).

Yellowsam
22.05.2010, 11:45
Sorry Dirk, aber genau das ist die Auswahl nicht: Repräsentativ. Sie ist extrem eingeschränkt. Bei einem Publikumspreis sollte die Bandbreite, welche das Medium Comic ja gerade auszeichnet (beim Gratis Comic Tag ist gerade die Vielfalt immer wieder sehr gelobt worden) auch gezeigt werden. Warum geht man, und das schon seit Jahren, an einem großen Teil des Erlanger Publikums vorbei?
Und das sage ich nicht, weil wir nun unbedingt einen Preis haben wollen. Ganz sicher nicht. Das war mir auch in meiner aktiveren Zeichnerkarriere nicht wirklich wichtig.
Ich sehe einfach einen Bärendienst für die Comicbranche in der eingeschränkten Auswahl, da die Max und Moritzpreise den Comic in der Presse repräsentieren. Einfach schade.
Was auf gar keinen Fall gegen die Qualität der vorgeschlagenen Bände sprechen soll. Alles gutes Material, soweit ich es kenne.

Dirk

Lola65
22.05.2010, 12:10
Du kannst eine Stimme abgeben :)

Bis dann,

scribble

danke :)

Dirk Rehm
22.05.2010, 12:48
Ich betrachte die Nominierungen - und auch die Auszeichnungen - eher als symbolische Würdigungen, als die sie generell wohl auch verstanden werden sollen. Gerade in der Hinsicht muss ich aber auch sagen, dass gerade Splitter eine oder mehrere Nominierungen hätte erhalten sollen, für das, was ihr in den letzten Jahren durch eure hervorragende Arbeit bewirkt habt. Aber ich sitze ja (zum Glück) nicht in der Jury...

arzach
22.05.2010, 15:30
Ein "Publikumspreis" auf der Basis der vorgestellten Liste ist eine Farce. Ich rufe dazu auf, diese Abstimmung zu boykottieren.


Ich stimme Eckart zu. Ein Publikumspreis auf der Basis einer Auswahl, bei der das Publikum komplett außen vor blieb, verdient diesen Namen nicht. Insofern wäre Boykott nicht unsinniger als der Preis selbst. ;)

In ein paar Jahren weiß natürlich niemand mehr, wie der Publikumspreis(träger) ermittelt wurde. Da bleibt dann nur die Erinnerung an eine sagenumwoben kompetente Jury, die seinerzeit sogar den großen Publikumsliebling unter ihren Nominierten hatte... :p

Für mich ist das ein Pseudopreis, bei dem Äpfel mit Birnen verglichen werden.

Oder kann mir mal jemand verraten, wie man z.B. einen amerikanischen Zeitungsstrip wie Lio ernsthaft mit Werken wie "Pinocchio" oder "Drei Schatten" vergleichen soll? :rolleyes:

Mervyn
22.05.2010, 16:33
Ehrlich gesagt, sieht diese Liste aus, als wäre sie von der Graphic-Novel-Mafia zusammengestellt :D

Repräsentativ für die derzeit unglaublich bunte Comicszene ist sie wirklich nicht.

Immerhin ist mein Lieblingstitel der letzten 2 Jahre dabei ;)

Lola65
22.05.2010, 16:35
erstellt doch mal eine Alternative Liste :)

Geier
22.05.2010, 17:22
Ich hab abgestimmt obwohl ich nur zwei Titel kenne (wodurch es eigentlich eine Farce ist), aber ich möchte das wenigstens ein Titel nen Preis bekommt den ich selber gut finde - den Rest würde ich nämlich nicht mal geschenkt lesen so weit geht es an dem vorbei was mich an Story und Artwork interessiert.
Das sich diese Titel anscheinend recht gut verkaufen liegt aber nicht daran das sie so toll und beliebt sind, sondern daran das sie überdurchschnittlich oft in den Medien erwähnt werden + und die Leute kaufen nunmal was sie wenigstens dem Namen nach kennen. Als unfaires Beispiel, ich hab noch nie was über Splitter-Bände in Zeitungen gelesen. Ein Blick in den Thread "Comics in der Presse" genügt um zu sehen was ich meine.
Tatsächlich die Leser frei abstimmen zu lassen, wie weiland im Magazin Comicforum, wäre freilich auch nicht so toll. Dann würden Sachen wie Simpsons und StarWars die ersten Plätze belegen und die sind mMn echt nicht Preiswürdig - was deren Fans natürlich vehement bestreiten würden.

Trotzdem ist die Auswahl einseitig, und zeigt nur eine Facette aber nicht im Ansatz das ganze Spektrum der Comics auf, ähnlich als würde man deutschsprachige Literatur auf Brecht, Böll und Grass reduzieren, furchtbar anspruchsvoll aber für mich stinklangweilig, da lese ich lieber einen Moers als diese gesammelte Hochkultur.

Mick Baxter
22.05.2010, 18:01
Ich stimme Eckart zu: Ein Publikumspreis, der nur auf der Vorauswahl der Jury basiert, ist eine Farce. Zumal die Erlangen-Besucher (und sicher auch die meisten derer, die sich an der Abstimmung beteiligen) sich nur zu einem sehr kleinen Teil aus den von Dirk ins Spiel gebrachten Buchhandelskunden rekrutieren. Das ist ja so, als sollten die BVB-Anhänger Schalkes Spieler der Saison wählen (der dann seinen Preis im Signal-Iduna-Park entgegennnehmen darf).

eck@rt
22.05.2010, 18:30
Graphic-Novel-Mafia

Ich habe es immer für ein Gerücht gehalten, dass es so was gibt.

eck:Drt

Mervyn
22.05.2010, 19:21
Eckart, ich bin selber assoziiertes Mitglied, aber psst... ;)

horst
22.05.2010, 20:22
Splitter glaubt nicht an den Mythos, dass der Buchhandel unbedingt nur
"anspruchsvolle" Comics möchte: Wir haben aktuell ein Wachstum
von 70% und mehr im Buchhandel. Diese Umsatzsteigerung bezieht
sich nur auf das Buchhandelsegment und fußt bei uns logischerweise
fast ausschließlich auf Basis der klassischen großformatigen "Comics",
die wohl ihre Leser suchen und aktuell auch finden. Ihr werdet verstehen,
dass wir deshalb nicht der Meinung sind, dass ausschließlich Graphic
Novels dieses Segment im Wachstum bereichern werden.


http://www.gostudio.de/COMICFORUM/bookstore_market.jpg

Bernd Glasstetter
22.05.2010, 20:39
Danke für die Grafik Horst. Kann man die Unterschiede an irgend etwas festmachen? Ist der Absturz bei Panini eventuell an weniger Titeln, die in den Buchhandel gingen, festzumachen? Denn mal von Eurem Zuwachs (den ich sehr erfreulich finde) abgesehen ist das ja der gravierendste Teil der Grafik.

horst
22.05.2010, 20:55
Es liegt nicht an uns, die Umsätze der anderen zu kommentieren
(ausserdem wäre das nur mit dem Wissen um die Zusammenhänge
sinnvoll).

"Unsere" Zusammenhäng jedoch kennen wir:
die Umsatzsteigerung (im Buchhandel!) von 73% basiert vorrangig
auf den 25 Titeln, die wir in den 14 Wochen der Erhebung auf den
Markt gebracht haben. 24 Alben und ein Book (Mechanische Welt).

Das zeigt, dass der Verkauf der klassischen Alben im Buchhandelsegment
geradezu explodiert - und auch in nennenswerten Stückzahlen - denn die
Ausgangsbasis ist nicht nahe Null, sondern fußt auf den 3 Jahren zuvor,
die allesamt schon ähnliche Wachstumszahlen aufzeigten.

Martin Jurgeit
23.05.2010, 07:36
Ich stimme Eckart zu. Ein Publikumspreis auf der Basis einer Auswahl, bei der das Publikum komplett außen vor blieb, verdient diesen Namen nicht. Insofern wäre Boykott nicht unsinniger als der Preis selbst. ;) (...)
Da sich die Diskussion über den "technischen" Part der Abstimung wohl vor allem auf diesen Punkt konzentriert, möchte ich dazu ein paar Worte verlieren, weil ich an der Einrichtung des Preises nicht ganz unschuldig bin.

Schon seit Jahren gab es immer wieder Überlegungen, in Erlangen eine Kategorie "Publikumspreis" zu installieren. Die Frage war aber immer, wie dieses praktisch umgesetzt werden sollte. Und auch die Vorbilder für so einen Preis sind natürlich Legion. Ich selbst war bereits bei der Etablierung von mindestens zwei Comic-Publikumspreisen aktiv beteiligt.

Ganz grob kann man Publikumspreise in drei Arten vergeben:

1. Komplett offene Abstimmung
Hier gibt es keine Vorauswahl der Titel. In dieser Form wurde zum Beispiel früher der "Goldene Ventilatorknabe" verliehen.
Positiv: Es gibt keinerlei Beschränkungen für die Abstimmenden, sie haben völlige Wahlfreiheit.
Negativ: Das Ergebnis verzettelt sich komplett. Beim "Goldenen Ventilator"-Knabe konnte man einen Preis teilweise mit unter 5 Prozent Stimmanteil abräumen!

2. Eingeschränkte Bestseller-Abstimmung
Hier gibt es eine Vorauswahl der Titel anhand von Bestsellerlisten. In dieser Form wird der "Sondermann" verliehen.
Positiv: Es wird über die Lieblinge des "breiten" Publikums abgestimmt.
Negativ: Gerade auch der "Massengeschmack" bietet immer wieder viel Anlass zur Diskussion - siehe zum Beispiel den neuen "Asterix", der dieses Jahr dann eigentlich schon als Gewinner "gesetzt" sein müsste.

3. Abstimmung über Jury-Vorauswahl
Hier gibt es eine Vorauswahl der Titel anhand einer Jury-Liste. Diese Abstimmungsform ist vor allem bei diversen Film- oder Literatur-Festivals üblich, etwa dem "Filmfestival von Locarno", dem "Fernsehfilm-Festival Baden-Baden" oder den "Tagen der deutschsprachigen Literatur" (Ingeborg-Bachmann-Preis)
Positiv: Es findet eine direkte Verzahnung mit dem Festival und den dort im Mittelpunkt stehenden Titeln statt, was am Ende einen direkten Vergleich mit der Jury-Entscheidung ermöglicht.
Negativ: Siehe oben in dieser Diskussion.

Warum wurde jetzt für Erlangen die dritte Variante ausgewählt? Ich meine das liegt klar auf der Hand:

Die erste Variante - die ich aus eigener Anschauung nur zu gut kenne! - schließt sich praktisch von selbst aus.
Und die zweite haben wir bereits auf der Frankfurter Buchmesse - wir brauchen doch keinen zweiten "Sondermann"-Preis!

Nein, der Erlanger Publikumspreis muss natürlich wie ein richtiger Festival-Preis verliehen werden. Die zur Auswahl stehenden Titel müssen direkt mit den Ausstellungen, Lesungen, Künstlergesprächen etc. verzahnt sein. Auch die Abstimmung darf erst direkt auf dem Festival enden!
Und die Auswahlliste muss natürlich auch mit derjenigen für die anderen Kategorien identisch sein. Denn sonst wäre der Gewinner des Publikumspreises immer ein "Sieger zweiter Klasse". Der Publikumspreis auf dem Internationalen Comic-Salon Erlangen soll aber eine voll integrierte, gleichrangige Kategorie des "Max und Moritz-Preises" sein - und nicht nur ein Alibi-Anhängsel!

Eine ganz andere Frage ist dann aber die Zusammensetzung der Auswahlliste. Sicher gut 50 Prozent der Titel sind auch aus meiner Sicht im Grunde gesetzt gewesen, aber dann ließe sich viel streiten ... Dirk Rehm etwa hat ja bereits das komplette Fehlen von Titeln aus Amerika angesprochen.

eck@rt
23.05.2010, 08:42
Warum vergibt man unter den genannten Umständen überhaupt einen Publikumspreis? Wenn das Publikum von vornherein für unmündig erklärt wird, über seinen Geschmack selbst zu bestimmen, ist das ganze doch eine Farce. Und ein Alibi: "Seht mal, wir haben euch als Publikum sogar in unser tolles Festival einbezogen."

Noch ist es Zeit, den Publikumspreis wieder abzuschaffen.

eck:prt

Martin Jurgeit
23.05.2010, 09:25
Warum vergibt man unter den genannten Umständen überhaupt einen Publikumspreis? (...)
Der große Erfolg von Publikumspreisen - siehe die oben von mir genannten Film- und Literaturfestivals - zeigt deutlich, dass es beim Publikum ein erhebliches Interesse gibt, sich auf diese Art einzubringen. Ich glaube auch nicht, dass sich das Publikum bei diesen Festivals "von vornherein für unmündig erklärt" fühlt, nur weil dort ein ähnliches Vorgehen praktiziert wird.
Die ganze Diskussion hier ist derzeit eh etwas bizarr, wenn fast ausschließlich Verlagsvertreter, Künstler etc. aus der Branche (mich eingeschlossen) - aus welcher Motivation heraus auch immer - darüber philosophieren, was wohl "das" Publikum will ;)

Clint Barton
23.05.2010, 10:20
Das "Publikum" möchte sicherlich einen repräsentativen Querschnitt durch die Comiclandschaft, aber nicht nur diese verkopfte "Trivialiteratur? BÄH!"-Auswahl.

Der ein oder andere Splitter-Titel (z.B. "Sonnenfinsternis" oder "Alim der Gerber") hätte es sicherlich verdient, nominiert zu werden, genauso wie die ein oder andere Vertigo-Serie (DMZ? Fables? Hallo?!), die von Dirk Rehm schon monierten fehlenden amerikanischen Independentkünstler (das ist wirklich ein Armutszeugnis) oder sogar *schock*der ein oder anderen Superhelden-Titel (The Twelve). Aber das sind vermutlich Sachen, die die Jury überwiegend nicht mal mit dem Hintern angucken würde.

arzach
23.05.2010, 10:26
Die ganze Diskussion hier ist derzeit eh etwas bizarr, wenn fast ausschließlich Verlagsvertreter, Künstler etc. aus der Branche (mich eingeschlossen) - aus welcher Motivation heraus auch immer - darüber philosophieren, was wohl "das" Publikum will ;)

Wir wurden explizit von dir aufgefordert, diese "bizarre" Diskussion zu führen. Im übrigen bin ich auch "Publikum", hab mir in den letzten zwei Jahren einige Comics gekauft, sogar einen aus der Nominiertenliste :p .

Ich stimme mit dir überein, dass ein Publikumspreis nach Variante 3 für Erlangen am ehesten sinnvoll wäre, ABER: doch nicht, wenn nur die 20 Favoriten der Jury zur Auswahl stehen! In der letzten Sekunde vor Zieleinlauf darf das Publikum auch noch was dazu sagen... eieiei.

Bei der Berlinale laufen für den Panorama-Publikumspreis z.B. immerhin über 50 Filme, die zur Auswahl stehen (und man hat sogar noch Gelegenheit, sie sich anzuschauen!).

Jeder aus der Jury hat sicherlich einige Bände im Vorfeld gesehen oder sogar in Betracht gezogen, die später (vielleicht knapp?) ausgesiebt wurden. Es wurde doch immer die hohe Qualität der Einreichungen beschworen, so what... :rolleyes:.
Mindestens diese "Vor"auswahl sollte also schon einbezogen werden, damit das Publikum auch irgendwas zum Auswählen bzw. Liebhaben vorfindet.

So wie jetzt ist das ganze ein Schnellschuß.

SvenT
23.05.2010, 10:35
2010 wird soch sicher nichts verändern lassen. Aber beim nächsten Mal sollte man den Festivalbesuchern die Möglichkeit geben, sich die nominierten Bände auch anzusehen und zu lesen. In einer Leseecke z.B. Und dann lässt man vor Ort wählen. Jeder schmeisst einen Zettel in die Urne und am Ende wird ausgezählt.
Das ist ehrlicher als dieses doch zurecht … sehr umstrittene Modell.

Martin Jurgeit
23.05.2010, 10:51
Wir wurden explizit von dir aufgefordert, diese "bizarre" Diskussion zu führen (...)
Das war nur ein augenzwinkernder Einwurf. Ich diskutiere ja auch munter mit ;)


Bei der Berlinale laufen für den Panorama-Publikumspreis z.B. immerhin über 50 Filme, die zur Auswahl stehen (...) Jeder aus der Jury hat sicherlich einige Bände im Vorfeld gesehen oder sogar in Betracht gezogen, die später (vielleicht knapp?) ausgesiebt wurden (...) Mindestens diese "Vor"auswahl sollte also schon einbezogen werden, damit das Publikum auch irgendwas zum Auswählen bzw. Liebhaben vorfindet.
Darüber sollte man wirklich nachdenken und eventuell generell überlegen, wie es Bände in die Jury-Prozedur schaffen. Denn manche Verlage haben überhaupt keine Titel eingereicht oder so spät, dass praktisch keine Chance mehr auf eine Nominierung bestand. Auch andere Festivals (insbesondere Film-Festivals) leiden immer unter solchen Problemen. Gerade eine Comic-Jury sollte sich hiervon aber recht leicht lösen können.


(...) man sollte den Festivalbesuchern die Möglichkeit geben, sich die nominierten Bände auch anzusehen und zu lesen. In einer Leseecke z.B. Und dann lässt man vor Ort wählen (...)

(...) und man hat (auf der Berlinale) sogar noch Gelegenheit, sie sich anzuschauen! (...)
Die nominierten Titel werden auf dem Comic-Salon auch in einem Lesebereich präsentiert, wo das Publikum dann die Chance hat, in Ruhe in solche Bände reinzuschauen, die sie noch nicht kennen, bevor sie (zumindest noch zu Anfang des Festivals) zur Abstimmung schreiten können.

Geier
23.05.2010, 11:54
"Die Abstimmung, die am Freitag, 21. Mai startet und am Abend des 3. Juni um 19 Uhr endet, erfolgt in Zusammenarbeit mit deutschen Tageszeitungen und Comic-Magazinen sowie direkt hier im Comicforum."
Da ist die Leseecke ein ziemlich fadenscheiniges Feigenblatt, das gerade mal ein Bruchteil der potentiell Abstimmenden in Anspruch nehmen kann.

Eigentlich sollte das Publikum die gleichen Rechte wie die Jury haben, nämlich die Möglichkeit aus sämtlichen eingereichten Titeln auszuwählen. Im Notfall in zwei Durchläufen damit sich die Stimmen nicht verzetteln.

So hat das jedenfalls keinen Sinn. Bezeichnend das ich praktisch jedesmal wenn ich jemanden auf den M&M-Preis anspreche mittlerweile auf resigniertes Desinteresse stoße, wie in der Politik fühlt sich das Fußvolk außen vor, und das kanns ja wohl nicht sein.

eck@rt
23.05.2010, 12:28
Gerade eine Comic-Jury sollte sich hiervon aber recht leicht lösen können.

Diese Jury hat mit Bravour bewiesen, dass sie das nicht kann. Da fehlt offenbar nicht nur der Wille.

eck:rolleyes:rt

Martin Jurgeit
23.05.2010, 12:49
"Die Abstimmung, die am Freitag, 21. Mai startet und am Abend des 3. Juni um 19 Uhr endet, erfolgt in Zusammenarbeit mit deutschen Tageszeitungen und Comic-Magazinen sowie direkt hier im Comicforum."
Da ist die Leseecke ein ziemlich fadenscheiniges Feigenblatt, das gerade mal ein Bruchteil der potentiell Abstimmenden in Anspruch nehmen kann.
Da überschätzt du (leider) die potentielle Zahl von Abstimmenden im Vorfeld - insbesondere über Printmedien. Ich bin mir sicher, dass eine sehr relevante Zahl von Voten direkt auf dem Festival erfolgen wird. Allerdings hätte ich jetzt auch wieder lieber eine Max und Moritz-Gala am Samstag und wenigstens zwei volle Tage für die Abstimmung auf dem Festival :(

Lola65
23.05.2010, 12:58
@Martin,

es is eh egal wie ihr die Abstimmung macht und welche Comics ihr nominiert. Hier im Forum finden sich immer welche die darüber mecken wie es abläuft, weil sie besser wissen welche nominiert werden müssen.

:D

Bernd Glasstetter
23.05.2010, 18:24
Ich finde die Diskussion sehr interessant, vor allen Dingen einige Anregungen, was man verbessern könnte. Gerade die Anregung die Anzahl der Titel zu erhöhen finde ich zum Beispiel sehr gut. Auch die eventuelle Möglichkeit mehrere Runden zu veranstalten ist nett. Ob sich das freilich mit den Printpartnern machen lässt, oder nur online, ist eine Frage, die näherer Betrachtung bedarf.

Was ich persönlich sehr ätzend finde, sind die Angriffe gegen die Jury. Also das muss nun wirklich nicht sein. Ich bin mir sicher, dass sich die Jury viele Gedanken und viel Arbeit mit all dem gemacht hat. Das sollte man auch einmal würdigen. Darüber sollten sich die Beteiligten an dieser Diskussion, die sich so despiktierlich geäußert haben, mal ein paar Gedanken machen und vielleicht wäre da auch an der einen oder anderen Stelle mal eine Entschuldigung fällig.

Ich bin mir sicher, dass man sich bis zum nächsten Mal das Ergebnis und den Ablauf, sowie die Diskussion hier ansehen wird. Das ist ja nun auch Neuland für den Max & Moritzpreis und es muss ja noch nicht alles perfekt laufen beim ersten Anlauf. Gebt doch diesem neuen Preis einfach diese Zeit sich zu entwickeln und schlagt nicht gleich quer mit dem Baseballschläger rein.

Mick Baxter
23.05.2010, 19:16
Darüber sollte man wirklich nachdenken und eventuell generell überlegen, wie es Bände in die Jury-Prozedur schaffen. Denn manche Verlage haben überhaupt keine Titel eingereicht oder so spät, dass praktisch keine Chance mehr auf eine Nominierung bestand.
Das hieße ja, das die Juroren nur die eingereichten Comics lesen und kennen. Das wäre ein Indiz, daß die Jury grundsätzlich falsch besetzt ist.

Für die Zukunft wäre es kein Problem, eine Leserumfrage zu starten, aus deren Votum sich die für den Publikumspreis nominierten Comics ergeben. Und wenn die Jury sich traut, kann man deren Auswahl daruntermischen (dann wird sich ja zeigen, inwieweit Jury- und Publikumsmeinung im selben Universum existieren).

Aber ich kann nur den Kopf schütteln, daß jemand den jetzt vorgeschlagenen Modus für eine gute Idee hält. Daß die Auswahl der Max-und-Moritz-Jury keinerlei Überschneidung mit der Szenemeinung aufweist, ist ja kein Phänomen der diesjährigen Auslese.

Man stelle sich das mal umgekehrt vor: Man legt der M+M-Jury eine Bestsellerliste vor und läßt sie daraus einen Preisträger ermitteln. Glaubt hier einer ernsthaft, die würden sich auf eine solche Farce einlassen?

L.N. Muhr
23.05.2010, 19:55
Als unfaires Beispiel, ich hab noch nie was über Splitter-Bände in Zeitungen gelesen. Ein Blick in den Thread "Comics in der Presse" genügt um zu sehen was ich meine.

Der ist aber nicht vollständig. Bei weitem nicht.

Martin Jurgeit
24.05.2010, 06:12
Das hieße ja, dass die Juroren nur die eingereichten Comics lesen und kennen. Das wäre ein Indiz, dass die Jury grundsätzlich falsch besetzt ist (...)
Wenn wir davon ausgehen, dass auch nur ein Zehntel der Veröffentlichungen für den Max und Moritz-Preis relevant wäre, so wären dies rund 400 Titel. Anzunehmen dass ALLE diese Titel von ALLEN Jury-Mitgliedern bereits im Vorfeld ihrer Einladung zur Jury-Tätigkeit gekannt würden, ist absolut undenkbar.
Es geht vielmehr darum, dass sich schließlich eine Schnittmenge bildet aus Titeln, die ALLE Jury-Mitglieder dann wirklich kennen (und nicht nur mal kurz in der Jury-Sitzung reingeblättert haben). Und solche Verlage, die hier besonders kooperativ der Jury zuarbeiten, haben schon etwas bessere Karten mit ihren Bänden.

Gerade du, Burkhard, müsstest diese Problemlage eigentlich sehr gut kennen. Denn schließlich krankt auch der "ICOM Independent Comic-Preis" immer mehr darunter, dass er nur noch einen sehr kleinen Bereich der Independent-Szene abbildet. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen sind hier zum Beispiel mal Dojinshi-Bände vertreten. Trotzdem käme ich nie auf die Idee, der ICOM-Jury vorzuwerfen, dass sie aus Prinzip alle Independent-Künstler außen vor lässt, die im Manga-Stil arbeiten. Diese Bände werden halt einfach nicht bei euch eingereicht und eure Jury-Mitglieder können schließlich immer nur einen Teil der Szene kennen.

Martin Jurgeit
24.05.2010, 06:19
Der ist aber nicht vollständig. Bei weitem nicht.
Da kann ich Stefan nur zustimmen. Gerade "Die Welt" (für die auch er selbst regelmäßig schreibt), aber auch andere Blätter wie die hannoversche "Neue Presse" heben oft Comic-Titel in ihre Berichterstattung, die man eher dem Mainstream zuordnen könnte. In der regelmäßigen Comic-Rubrik der "Neuen Presse" zum Beispiel finden sich nur relativ selten Titel aus dem "Graphic Novel"-Umfeld. Es kommt halt immer darauf an, in welche Zeitung man schaut. Ich erwarte ja auch eine unterschiedliche Berichterstattung, ob ich nun im Fernsehen ProSieben oder ARTE einschalte.

Mick Baxter
24.05.2010, 07:45
Gerade du, Burkhard, müsstest diese Problemlage eigentlich sehr gut kennen. Denn schließlich krankt auch der "ICOM Independent Comic-Preis" immer mehr darunter, dass er nur noch einen sehr kleinen Bereich der Independent-Szene abbildet.
Schlechter Vergleich. Die Kandidaten für den Max-und-Moritz-Prei sind in jedem gutsortierten Comicshop erhältlich, die für den ICOM-Preis in keinem einzigen. Nicht mal der Comicguide schafft es, alle eingereichten Comics zu erfassen (sollen nach dessen Philosophie ja den Zuarbeitern körperlich vorliegen).
Und die Hunderten von Independent-Manga halte ich nach wie vor für ein Gerücht. Dojinshi-Bände sind übrigens gar nicht teilnahmeberechtigt, wenn sie fremde Charaktere verwenden (und das soll ja die Mehrzahl sein).

Lola65
24.05.2010, 08:48
Da kann ich Stefan nur zustimmen. Gerade "Die Welt" (für die auch er selbst regelmäßig schreibt), aber auch andere Blätter wie die hannoversche "Neue Presse" heben oft Comic-Titel in ihre Berichterstattung, die man eher dem Mainstream zuordnen könnte. In der regelmäßigen Comic-Rubrik der "Neuen Presse" zum Beispiel finden sich nur relativ selten Titel aus dem "Graphic Novel"-Umfeld. Es kommt halt immer darauf an, in welche Zeitung man schaut. Ich erwarte ja auch eine unterschiedliche Berichterstattung, ob ich nun im Fernsehen ProSieben oder ARTE einschalte.

an welchen Tagen finde ich die Comic-Berichterstattung abgedruckt, Martin???

Martin Jurgeit
24.05.2010, 09:22
Schlechter Vergleich. Die Kandidaten für den Max-und-Moritz-Prei sind in jedem gutsortierten Comicshop erhältlich (...)
sic!


(...) die für den ICOM-Preis in keinem einzigen (...)
"In keinem einzigen Comic-Laden" dürfte stark übertrieben sein und zum anderen gibt es schließlich inzwischen zahlreiche Anlaufstellen im Internet, bei denen man sich auf dem Laufenden halten kann. Ein regelmäßiger Blick in den Freibeuter-Shop z.B. dürfte schon reichen, um sich einen (ersten) Überblick über ganz andere Comic-Welten zu verschaffen, als es die arg verengte Sicht des ICOM-Preises vermittelt.

So unterschiedlich ist die Ausgangslage für beide Jurys also wirklich nicht - insbesondere wenn es gerade im Vorfeld der jeweiligen Jury-Sitzungen eine bessere Vorbereitung gäbe. Und gerade diesen Auftrag könnten vielleicht die Veranstalter beider Preise aus dieser Diskussion mitnehmen.

Martin Jurgeit
24.05.2010, 10:06
an welchen Tagen finde ich die Comic-Berichterstattung abgedruckt, Martin???
Die Frage bezieht sich wohl auf die "Neue Presse". Ich habe gerade mal ein paar der letzten Veröffentlichungen überflogen und die lassen den Schluss zu, dass die regelmäßige Comic-Strecke immer am zweiten Samstag eines jeden Monats in der Rubrik "Bücher & Unterhaltung" erscheint.

Lola65
24.05.2010, 10:11
danke Martin,

ich werde dann mal Samstags gucken gehen :)

SchlechtFürDieAugen
24.05.2010, 12:04
Ich bin mit der Nominiertenliste sehr einverstanden – nicht, weil ich alles davon kennen würde (allenfalls die Hälfte), aber weil ich nichts Bedeutsames auf ihr vermisse und deshalb, wenn es sie gar nicht gäbe und ich völlige Auswahlfreiheit hätte, trotzdem nur bei Titeln landen würde, die auf der Liste stehen. Die Wahl boykottieren werde ich also nicht.

Trotzdem hast Du natürlich Recht, Eckart: Der Modus der Publikumspreisvergabe sollte für die nächsten Salons überdacht werden. Das „Publikum“ braucht einen weitaus größeren Entscheidungsspielraum, wenn seine Wahl am Ende wirklich autark neben der der Juroren dastehen soll. Andererseits: Ganz ohne Einengung geht’s auch nicht, sonst nennen tausend Abstimmende fünfhundert Titel, und gewählt wird dann der, der es auf fünf Nennungen bringt.
Also, wie soll’s laufen? Das Publikum auf dem selben Level anfangen lassen wie die Jury selbst und alles zur Wahl stellen, was diese an Einsendungen bekommt? Mich dünkt, das könnte wiederum zu viel sein …

horst
24.05.2010, 12:31
Und solche Verlage, die hier besonders kooperativ der Jury zuarbeiten, haben schon etwas bessere Karten mit ihren Bänden.


Bestechungsgelder? Bordellbesuche? Oder gar eine Finca auf Mallorca? :kratz: :D ;)

Mervyn
24.05.2010, 12:54
Wenn wir davon ausgehen, dass auch nur ein Zehntel der Veröffentlichungen für den Max und Moritz-Preis relevant wäre, so wären dies rund 400 Titel. Anzunehmen dass ALLE diese Titel von ALLEN Jury-Mitgliedern bereits im Vorfeld ihrer Einladung zur Jury-Tätigkeit gekannt würden, ist absolut undenkbar.
Es geht vielmehr darum, dass sich schließlich eine Schnittmenge bildet aus Titeln, die ALLE Jury-Mitglieder dann wirklich kennen (und nicht nur mal kurz in der Jury-Sitzung reingeblättert haben).

Dann ist es schon äußerst interessant, das ein Titel wie „Alpha. Directions“ von Jens Harder (Carlsen Comics) es in die Liste schafft, der erst morgen offiziell erscheint !
Das große Publikum wird diesen Titel mit Sicherheit bis Erlangen nicht kennengelernt haben.

eck@rt
24.05.2010, 14:48
Und solche Verlage, die hier besonders kooperativ der Jury zuarbeiten, haben schon etwas bessere Karten mit ihren Bänden.

Das Problem scheint doch weniger zu sein, dass Carlsen etc. die Jury mit Comics zugedröhnt haben, sondern dass die Jury nicht in der Lage ist, sich über die eingesandten Bücher hinaus selbst ein Bild von der Lage zu machen. Und - das kommt hinzu - dass bei dieser Art von Jury eine ganz bestimmte Art von Comic (ihr wisst schon) einen weit höheren Stellenwert hat als eine andere (ihr wisst schon).

eck:Drt

Mick Baxter
25.05.2010, 00:50
"In keinem einzigen Comic-Laden" dürfte stark übertrieben sein und zum anderen gibt es schließlich inzwischen zahlreiche Anlaufstellen im Internet, bei denen man sich auf dem Laufenden halten kann. Ein regelmäßiger Blick in den Freibeuter-Shop z.B. dürfte schon reichen, um sich einen (ersten) Überblick über ganz andere Comic-Welten zu verschaffen, als es die arg verengte Sicht des ICOM-Preises vermittelt.
Das ist doch Unfug. Weder bietet der Freibeuter-Shop so viele nicht eingesandte Independent-Comics (du hast wohl nicht mitgekriegt, daß die Neuerscheinungen des laufenden Jahres nicht teilnahmeberechtigt sind), noch stehen sie der Jury damit einfach zur Verfügung (hinter dem ICOM-Preis steht kein Konzern wie Bulls Press). Und geh mal mit der Liste der eingereichten Titel zu einem Comichändler. Auch bei anerkannten Spezialisten wie T3 oder Ultra Comix wirst du nur einen kleinen Teil davon finden.


So unterschiedlich ist die Ausgangslage für beide Jurys also wirklich nicht - insbesondere wenn es gerade im Vorfeld der jeweiligen Jury-Sitzungen eine bessere Vorbereitung gäbe.
Schon das zeigt, daß du keine Ahnung hast. Es gibt keine Jury-Sitzung beim ICOM-Preis. Deshalb müssen auch die eingereichten Comics in fünffacher Ausfertigung vorliegen. Und natürlich besteht die Gefahr, daß viele Comics nicht eingereicht werden, wenn immer die gleichen Verlage (Reprodukt, Avant, Schwarzer Turm, Zwerchfell) die Preise abräumen.

Mick Baxter
25.05.2010, 01:01
Andererseits: Ganz ohne Einengung geht’s auch nicht, sonst nennen tausend Abstimmende fünfhundert Titel, und gewählt wird dann der, der es auf fünf Nennungen bringt.
Also, wie soll’s laufen? Das Publikum auf dem selben Level anfangen lassen wie die Jury selbst und alles zur Wahl stellen, was diese an Einsendungen bekommt? Mich dünkt, das könnte wiederum zu viel sein …
Sinnvollerweise findet sowas in zwei Abstimmungsgängen statt: Die meistgenannten Titel einer Umfrage werden nominiert, und aus dieser Nominiertenliste (und meinetwegen werden die Juryvorschläge dazugeschmissen) werden dann die Gewinner ermittelt.
Auch in einer Jury sollte so vorgegangen werden. Zumindest finde ich es höchst bedenklich, wenn der M+M-Preis an einen Titel geht, den von 8 Jurymitgliedern gerade mal zwei auf dem Zettel hatten (wie laut Havas auch schon geschehen).

ZAQ
25.05.2010, 01:45
Du kannst eine Stimme abgeben :)

Bis dann,

scribble
Wieso kommt dann nach Abstimmung die Plural-Form?:
Vielen Dank, Ihre Stimmen wurden gezählt.

Bernd Glasstetter
25.05.2010, 02:40
Weil das System für den Sondermann gebaut worden war. Da hat man mehrere Stimmen. Dass man beim MuM nur eine Stimme hat, haben wir so knapp erfahren, dass eine Änderung dieses Satzes bzw. das Abfangen dessen, dass es nur eine Stimme gibt, nicht mehr möglich war. Wir brauchen halt auch etwas Vorlauf...

Martin Jurgeit
25.05.2010, 05:35
Weder bietet der Freibeuter-Shop so viele nicht eingesandte Independent-Comics (...)
Ich habe nie von deinen "hunderten" Titeln gesprochen, mir würden schon zwei, drei Dutzend zusätzliche reichen, um das Bild zumindest etwas bunter zu machen.


(...) noch stehen sie der Jury damit einfach zur Verfügung (...) hinter dem ICOM-Preis steht kein Konzern wie Bulls Press (...)
Logisch! Man müsste dann schon noch die Herausgeber kontaktieren. Ich bin mir übrigens sicher, dass viele von diesen die Hefte dann einfach so oder gegen einen kleinen Druckkostenanteil abgeben würden. Und übrigens: Das Geld von Bulls reicht nicht einmal, um Preise und Preisverleihung des "Max und Moritz"-Preises komplett finanziert zu bekommen.

Da du mir hier ja ständig nur "Ahnungslosigkeit" und "Unfug" unterstellst, möchte ich jetzt einfach mal folgenden Vorschlag für eine praktische Widerlegung deiner offenbar ziemlich verfestigten Vorurteile machen:

1. Ich stelle euch Ende diesen Jahres eine Liste mit ca. zwei Dutzend Independent-Comics des Jahres 2010 inklusive aller Kontaktdaten zusammen, damit es hinterher nicht wieder heißt, von denen hätte ja niemand etwas wissen können.

2. Und ich mache dir dann auch noch mindestens zwei Vorschläge für die Mitarbeit in der ICOM-Jury, damit auch dort vor allem etwas jüngere Semester mitvertreten sind, die einen etwas anderen Blick auf Comics haben, als wir "alte Säcke", was ich gerade bei einem Independent-Preis für sehr wichtig hielte ;)

Mick Baxter
25.05.2010, 07:16
Ich habe nie von deinen "hunderten" Titeln gesprochen, mir würden schon zwei, drei Dutzend zusätzliche reichen, um das Bild zumindest etwas bunter zu machen.
Du hast sie indirekt ins Spiel gebracht:


Denn schließlich krankt auch der "ICOM Independent Comic-Preis" immer mehr darunter, dass er nur noch einen sehr kleinen Bereich der Independent-Szene abbildet.
Wenn die 50–60 Independent-Comics, die jährlich eingereicht werden, nur "einen sehr kleinen Bereich der Independent-Szene" abbilden, muß es logischerweise einige hundert andere Independent-Comics geben.

Martin Jurgeit
25.05.2010, 08:09
(...) Wenn die 50–60 Independent-Comics, die jährlich eingereicht werden, nur "einen sehr kleinen Bereich der Independent-Szene" abbilden, muß es logischerweise einige hundert andere Independent-Comics geben.
INSGESAMT natürlich! Mir geht es aber vor allem darum, dass möglichst alle unterschiedlichen inhaltlichen und formalen Bereiche der Independent-Veröffentlichungen zumindest erst einmal EXEMPLARISCH berücksichtigt würden. Und so würde es zum Start reichen, die wichtigsten derartigen Veröffentlichungen der Jury vorzulegen. Derzeit finden aber halt große Teile der Szene bei euch nahezu ÜBERHAUPT NICHT statt.

Und genau dasselbe war ja auch der Ausgangspunkt der Diskussion hier um den Max und Moritz-Preis. Bei BEIDEN Preisen sollte man sich in Zukunft zumindest darum bemühen, ein möglichst breites Abbild der Szene zu erreichen. Und damit sollten wir die Nebendiskussion um den ICOM-Preis hier wirklich beenden.

Christian Maiwald
25.05.2010, 10:26
Nach der Lektüre der Diskussion hier:
- Immer diese destruktiven Beiträge. Langweilig.
- Die Idee, den Auswahlmodus des Publikumspreises anzupassen, finde ich sicher diskussionswürdig, um auch Comics miteinzubeziehen, die nicht in der Juryauswahl vertreten sind.
- Die Auswahl der Jury deckt sich mit dem, was in den letzten Monaten in der Presseöffentlichkeit an Comics wahrgenommen und positiv besprochen wurde und eben auch recht erfolgreich war. Da werden neue LeserInnen erreicht, die nicht Teil der althergebrachten Comic-Szene sind. Ich weiss, dass das nicht ganz wasserdicht ist, aber mir drängt sich der wiedersprüchliche Eindruck auf, dass einerseits über Lesergenerationen hinweg über die schlechte Wahrnehmung von Comics gejammert wurde und kaum werden die Titel nominiert, die Teil des Wandels dieser Wahrnehmung sind, wird darüber auch gemeckert.
- Auch von mir ein Vergleich mit der Filmbranche. Bei Filmfestspielen kann man sich von ganz unterschiedlichen Auswahlen und Auszeichnungen leiten lassen: Oscars, Sundance, Cannes, Fantasy Filmfest, Kurzfilmtage Oberhausen. Diese Vielfalt gibt es bei Comics nicht. Die Jury (und der Rest des Festivals auch) haben ein bestimmtes Profil. Das muss man nicht mögen. Warum genau sollte sie jedem gerecht werden wollen?

Spong
25.05.2010, 10:53
Ein Boykottaufruf ist in meinen Augen ein extremes Armutszeugnis und wirft ein SEHR schlechtes Licht auf die betreffende Person.

arzach
25.05.2010, 11:25
- Die Auswahl der Jury deckt sich mit dem, was in den letzten Monaten in der Presseöffentlichkeit an Comics wahrgenommen und positiv besprochen wurde und eben auch recht erfolgreich war.

Das ist ja natürlich auch kein großes Wunder, wenn Teile der Jury aus genau dem Feuilleton kommen, das für eine bestimmte Tendenz in der Comic-Berichterstattung verantwortlich ist... :p

An der Auswahl der Nominierungen herumzumäkeln halte ich allerdings auch nicht für besonders sinnvoll. Selbst wenn der Jury noch 200 Titel mehr zur Beurteilung vorgelegen hätte, heißt das ja noch nicht, dass sie deswegen zu einem anderen Auswahlergebnis gekommen wäre. Die Auswahl der Jury ist ja immer subjektiv, egal wie die Jury zusammengesetzt ist. Es wird auch immer unpopuläre Entscheidungen geben. Wenn die Jury dazu steht, in Ordnung.

ABER: Hier in diesem Thread geht es ja um den sogannten "Publikumspreis", der in diesem Jahr erstmalig und gleich auf unsinnige Weise gekürt werden soll. Das Publikum darf aus den 20 Favoriten der Jury "seinen" Liebling auswählen. Für mich sieht das aus wie der Versuch, so etwas wie eine kleine späte Legitimation vom Volk für ansonsten vielleicht doch nicht ganz so populäre Entscheidungen der Jury zu bekommen. (Und damit das Volk auch nichts falsch macht, gibt man ihm natürlich die 20 richtigen Kandidaten vor ;-)). Erinnert mich irgendwie an die DDR-Volkskammerwahl.

eck@rt
25.05.2010, 12:15
Ein Boykottaufruf ist in meinen Augen ein extremes Armutszeugnis und wirft ein SEHR schlechtes Licht auf die betreffende Person.

Die betreffende Person hat inzwischen gemerkt, dass man den Publikumspreis gar nicht boykottieren kann, weil es immer irgendwelche Eifrige gibt, die bei jedem Publikumspreis mitmachen. Martin wäre aber vielleicht gut beraten, das Ding abzublasen. Könnte ja sein, dass es sonst wieder eine Menge Buhs in Erlangen gibt. Das wollen wir ja alle nicht, auch wenn's die Stimmung hebt.

eck:Drt

jas
25.05.2010, 12:35
Ich boykottiere schon alleine aus dem Grund, dass in der Liste
"wieder" eine Publikation aus dem Hause "Bulls" auftaucht,
die den Preis stiften und ein Mitarbeiter von Bulls in der Jury sitzt.
Was bitte sagt mir hier in Deutschland eine Serie, die in den USA
ganz nett funktioniert und hier so gut wie kein Ars... richtig kennt?!
An so einem Beispiel kann ich doch erkennen, dass solche Preise
reine Schönschminkereien von Publikationen sind, die sich ein paar Nasen
zurechtrücken und damit etwas mehr Bekanntheit nach aussen tragen wollen.

Spong
25.05.2010, 12:41
Martin wäre aber vielleicht gut beraten, das Ding abzublasen. Könnte ja sein, dass es sonst wieder eine Menge Buhs in Erlangen gibt. Das wollen wir ja alle nicht, auch wenn's die Stimmung hebt.

eck:Drt

Das hat jetzt aber keinen ... Subtext, no?

Keine Ahnung, wer da jetzt buht, ich war nur bei einem MuM zugegen, und das einzige was da aufstieß, war die BAND ... ansonsten fände ich es eine sehr große und unangemessene Respektlosigkeit den Veranstaltern gegenüber. Man kann trotz aller Kritik erstmal davon ausgehen, dass hier wie dort jeder seinen Job so gut macht, wie er kann. Und ich wüßte für die Buhs keinen anderen Grund als den Frust, dass man selber und/oder die Leute die man mag, nicht dabei sind. Dafür muss man keine Veranstaltung stören ...

Yellowsam
25.05.2010, 12:49
Das BUHen erklärt sich daraus, wenn man bei den Film- oder Fernsehvergleichen zu bleibt:
Man kann nicht Leute zum Public-Viewing einladen und dann "Unsere kleine Farm laufen lassen"

Dirk

Christian Maiwald
25.05.2010, 13:15
Ich finde die Vorstellung interessant, dass sich Leute nach einem langen Arbeitstag einige Stunden in eine Veranstaltung setzen, die sie nicht mögen, in der es um Dinge geht, die sie nicht interessieren, um diese dann mit Schmährufen zu kommentieren.
Da wäre fernzubleiben und die Diskussion zu suchen die effektivere Möglichkeit. Und die stilsicherere.

Spong
25.05.2010, 13:28
Ich finde die Vorstellung interessant, dass sich Leute nach einem langen Arbeitstag einige Stunden in eine Veranstaltung setzen, die sie nicht mögen, in der es um Dinge geht, die sie nicht interessieren, um diese dann mit Schmährufen zu kommentieren.
Da wäre fernzubleiben und die Diskussion zu suchen die effektivere Möglichkeit. Und die stilsicherere.

Sägjenauso.

eck@rt
25.05.2010, 14:54
Nö, Christian, das ist zu pauschal. Es geht hier ja um den Publikumspreis, nicht um das ganze MM-Spektakel.

Außerdem: Wie bei jeder Theaterpremiere sind doch auch bei der MM-Gala nicht nur Claqueure gefragt, sondern ehrliche Meinungen, oder? Ist ja schließlich keine Provinzveranstaltung, bei der die Abonnenten immer höflich applaudieren.

eck;)rt

Spong
25.05.2010, 15:36
Wenn bei einem Sportevent oder bei einer Aufführung gebuht wird, dann, weil die Zuschauer mit der gebotenen Leistung nicht zufrieden sind. Kann man auch drüber diskutieren. Aber wo ist die *Leistung* bei einer Preisverleihung? Die Verve der Laudatoren? Letztendlich bringen die Buh-Männer doch nur ihrem Frust zum Ausdruck, dass die Bücher die sie selbst gemacht haben und/oder toll finden, keinen Preis kriegen. Sie sind anderer Meinung und haben einen anderen Geschmack. Ist halt in meinen Augen sehr schlechter Stil, wenn man sich während der Veranstaltung lauthals darüber beschwert, dass andere Leute andere Dinge gut finden als man selber. No?

Kai Schwarz
25.05.2010, 18:07
Ich freue mich natürlich sehr über gewisse Nominierungen der diesjährigen Max & Moritz-Jury, kann aber auch nachvollziehen, dass manche die Auswahl "zu einseitig" finden. (Obwohl mir auch so einige Titel einfallen, die keine Alben & US-Indies sind, aber ebenso eine Nominierung verdient hätten - GIPFEL DER GÖTTER von Schreiber & Leser etwa...)

Die Jury ist aber nun mal die Jury, und auch in der Vergangenheit gab es öfter Nominierungen, die m.E. nie den Anspruch hatten, in ihrer Summe "repräsentativ" für den Comicmarkt zu sein.

Ich find's toll, dass es einen M & M-Publikumspreis gibt und hoffe, dass er erhalten bleibt!

Vielleicht gibt es ja bei der Verleihung noch einige Worte zur Vorauswahl von der Jury zu hören... Mal ehrlich, ich glaube, noch nie sind innerhalb von nur zwei Jahren so viele schöne und toll produzierte Comics jedweder Form auf den deutschen Markt gekommen. Fürs nächste Mal würde ich deshalb ernsthaft vorschlagen, die Vorauswahl-Liste für den Publikums-Preis auf 50 Titel zu erhöhen, das ginge problemlos - auch aus inhaltlichen Bereichen, die es dieses Jahr nicht in die Top 20 der Jury geschafft haben.

Das von Martin Jurgeit genannte Argument mit dem Ventilatorknaben - gewinnen könne dann ein Titel mit nur ein paar Prozent der Stimmen - finde ich nicht ganz schlüssig, denn auch bei einer Top 20-Auswahl kann ja theoretisch ein Titel mit 6,5% der Stimmen den Pokal abräumen, wenn der Rest bei jeweils 4,batsch % landet...

Außerdem möchte ich dafür plädieren: lasst uns alle mehr Comic-Auszeichnungen initiieren! Genre-spezialisierte Preise, lokale Preise, Anti-Preise... Andere Branchen machen es doch vor - man kann das gut oder schlecht finden, aber Gesprächsanlässe schaffen die meisten von ihnen, sofern sie von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Lola65
25.05.2010, 18:56
, daß die Neuerscheinungen des laufenden Jahres nicht teilnahmeberechtigt sind),

wie paßt dann Alpha von Jens Harder rein? Ist doch gerade erst erschienen und dürfte damit erst 2011 bzw. 2012 ausgezeichnet werden

Dirk Rehm
25.05.2010, 19:39
Über Sinn oder Unsinn des Publikumspreises zu reden, ist eine Sache. Die mehr oder weniger schlüssigen Alternativen hat Martin ja schon sehr anschaulich dargelegt.

Die Erlanger Juroren befinden sich aber in hervorragender Gesellschaft, wenn man sich mal die Nominierungen und Preise in Angoulême in den letzten Jahren vergegenwärtigt:

• Alpha - directions - Prix de l'audace 2010
• Bäche und Flüsse - Grand Prix de la Critique ACBD 2007
• Drei Schatten - Essentiels d'Angoulême 2008
• Hector Umbra - Sélection officielle 2010
• Ein neues Land - Prix du meilleur album 2008
• Meine Mutter ist in Amerika - Essentiels d'Angoulême 2008
• Pinocchio - Prix du meilleur album 2009
• Spirou - Porträt eines Helden als junger Tor - Cinq essentiels 2009

Das ist eine ganz gute Quote, wenn man bedenkt, dass ein guter Teil der M&M-Preis-Nominierungen (noch) nicht in französischer Sprache erschienen ist...

@eckart: Eine Provokation, um zu polarisieren und eine Diskussion loszutreten, finde ich ja eine gute Sache. Aber trotzdem vermisse ich einen konstruktiven Ansatz. Wie könnte denn eine Alternative aussehen?

Wenn ich mich recht entsinne, haben die Top 10 des "Comic des Jahres" doch immer in etwa den Nominierungen bei den Max & Moritz-Preisen entsprochen, oder nicht? Ich will jetzt keine vollständige Liste aufführen, aber auf die Schnelle habe ich das gefunden:

• Comic des Jahres 2003 / M&M 2004 (Nominierung Beste deutschsprachige Publikation): "5 ist die perfekte Zahl"
• Comic des Jahres 2004 / M&M 2004 (Beste deutschsprachige Publikation, Import): "Persepolis"
• Comic des Jahres 2007 / M&M 2008 (Bester Manga): "Vertraute Fremde"

Was stellst du dir denn vor?

Sambir
25.05.2010, 21:01
also ich sitze hier gerade am pc, versuche verzweifelt, eine kritik zu ALPHA DIRECTIONS zu schreiben (diesem album also irgend etwas sinnvolles abzugewinnen), und entdecke beim nachlesen auf der carlsen-website den publikumspreis. dass ALPHA auf dieser liste steht, ist unvermeidlich - anspruch ohne ende, da kann keine jury nein sagen. aber gleichzeitig ist dieses album so bar jeglichen unterhaltungswerts, dass - würden die titel der liste wirklich vom publikum vorgeschlagen - dieses album es nicht mal unter die ersten 100 geschafft hätte.

und das ist schon das ganze dilemma dieses preises und der frage, ob ja oder nein, und wenn ja, wie. ich kann in der liste einige titel entdecken, die ich klasse finde, und einige, die ich nicht drauf gesetzt hätte. aber es fehlen einfach zu viele - vor allem in der breite und unterschiedlichkeit, da gebe ich den meisten kritikern hier recht. es ist inhaltlich zu einseitig.

die alternative? keine ahnung. ein publikumspreis, in dem das volk sich etwas von dem auswählen darf, dass die herren juroren für würdig befunden haben, ist kein publikumspreis, sondern ein witz, da gebe ich eckart recht. würde man aber lediglich das publikum vorschlagen und abstimmen lassen, bin ich sicher, das der hundertfünfundsiebzigste asterix-aufguss gewählt würde. am sinnigsten fand ich noch den vorschlag, die liste auf 50 titel zu erhöhen. ich befürchte nur, dass die INHALTLICH kaum anders, nur eben länger wäre, wenn sie wieder ausschließlich von der jury käme.

vielleicht wäre es am einfachsten, wenn jeder besucher in erlangen einen zettel mit dem titel seines lieblingsalbums aufschreibt, den zettel in bereit stehende zettelkästen wirft, und man die dinger am letzten tag auswertet? es wäre sicher nicht uninteressant, zu sehen, ob und wie sich das ergebnis von dem unterscheidet, was die jury so vorschlägt. und bei dem publikum in erlangen müsste man auch nicht die befürchtung haben, dass sie nur asterix lesen.

Mick Baxter
26.05.2010, 03:36
Die Jury ist aber nun mal die Jury
Genau! Sie ist eben nicht das Publikum. Und wenn man einen Publikumspreis will, muß man diesem erstens freie Hand lassen und akzeptieren, daß dann Asterix oder Naruto ständig gewinnen.



Die Erlanger Juroren befinden sich aber in hervorragender Gesellschaft, wenn man sich mal die Nominierungen und Preise in Angoulême in den letzten Jahren vergegenwärtigt
...
Wenn ich mich recht entsinne, haben die Top 10 des "Comic des Jahres" doch immer in etwa den Nominierungen bei den Max & Moritz-Preisen entsprochen, oder nicht?
Hier werden in der Verärgerung natürlich zwei Dinge vermischt: Die gewohnt einseitige Auswahl der Jury und die völlig undurchdachte Ausrichtung des Publikumspreises.
Natürlich war der "Comic des Jahres" auch eine Jury-Auswahl (teilweise von identischen Juroren), da sind Überschneidungen nicht wirklich überraschend.
Wenn man aber einen Publikumspreis will, so muß der auch seine Legitimation haben: Es müssen viele Leute abstimmen (ein Preis mit 70 Votings wäre lächerlich) und er darf auf keinem Fall auf einer Jury-Auswahl basieren.
Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, daß hier einige die Grundsätze einer Demokratie nicht verstanden haben. Bei einem Volksentscheid darf die Regierung ja auch nicht die möglichen Alternativen festlegen.

eck@rt
26.05.2010, 08:31
Die Erlanger Juroren befinden sich aber in hervorragender Gesellschaft, wenn man sich mal die Nominierungen und Preise in Angoulême in den letzten Jahren vergegenwärtigt

Na, ob die Gesellschaft nun so hervorragend ist... In Angouleme herrscht ein ähnliches Problem - der Kontakt der Jury zur Gesamtheit der Verlage stellt sich in den Nominierungen als sehr einseitig dar (Glenat z. B., einer der größten Verlage mit Top-Autoren, geht sicher nicht mit der Erwartung nach Angouleme, dort jemals einen Preis zu bekommen, wird aber in den Zelten vom Publikum umlagert). Genau das sollte nicht das Vorbild sein.


Wie könnte denn eine Alternative aussehen?

Wir reden hier über den Publikumspreis und dass dem Publikum eine sehr homogene Auswahl aufgedrückt wird, von einer - ich sag's mal vorsichtig - "hochspezialisierten" Jury. Bevor das geneigte Publikum merkt, dass es verarscht wird, sollte man diesen Preis jetzt sofort abblasen und sich bis zum nächstenmal was Schlaueres ausdenken.

eck;)rt

hipgnosis
26.05.2010, 09:12
Ich frage mich die ganze Zeit, warum sollte das Publikum keinen Titel aus dem Mainstream wählen dürfen?
Möchte man nun wirklich mit aller Macht der Audience beibringen was "Qualität" ist und sie nicht selbst über ihre "Lieblingscomics" entscheiden lassen?
Warum sollte nicht ein "reines" Unterhaltungscomic dem Leser am besten gefallen haben, rückblickend auf das Jahr?

Nix gegen einige der hier vorgestellten Comics - grossartige Sachen dabei - aber auch welche, die nur einen "Bruchteil" der Comicleser ansprechen dürften.

Nun andere Preise hier dagegen zu stellen, die diese Comics irgendwo abräumten ist nicht ganz fair - denn es sind sicherlich auch oft Jury- und Genrepreise und da haben sie sicherlich zu Recht gewonnen.

Ohne zu unken - ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß gäbe es ein Kästchen auf der o.g. Liste der Probanten, wo man "keines dieser Comics" ankreuzen dürfte, würde dies wohl die Mehrheit der Stimmen des "normalen Comicvolkes" bekommen! ;)


Ich finde übrigens, das man überhaupt keine Angst vor Topsellern wie Asterix usw. haben muss bei einer Publikumswahl.
Die Leute können schon sehr gut die Stärken und Schwächen eines Comics bewerten - und Asterix hat schon lange den Zenit überschritten.

Ollih
26.05.2010, 09:31
Umbenennung von "Publikumspreis" in "Kritikerpreis" wäre eine Lösung.
Darüber hinaus sollte man sich wirklich Gedanken machen, Genrepreise zu verleihen.
Ganz ehrlich wie will man Titel wie Michel Vaillant, Asterix, Prinz Eisenherz, 100 Bullets, Ralf König, Taniguchi, Der alltägliche Kampf, Pinocchio, Cash oder Alim der Gerber (um nur einige zu nennen) sinnvoll unter einen preiswürdigen Hut bringen. Die Entwicklung des Comics ist in den letzten Jahrzehnten soweit fortgeschritten, dass seine Darstellung/Umsetzung viel zu Komplex geworden ist, als das man ihn auf einen einfachen Oberbegriff reduzieren könnte.
Preisen liegt ja meist der Anspruch zu Grunde das Werk eines Künstlers besonders auszuzeichen. Der Preis dient als klares Qualitätsmerkmal, dass einerseits den Bekanntsheitsgrad des Künstlers (im Falle von Schriftgut meist auch den Verlag) erhöhen kann, da durch die Preisverleihung eine Öffentlichkeit hergestellt wird, die es einem breiterem Publikum ermöglicht Kenntnis von diesem Werk zu erlangen. Andererseits nimmt das Renomme des Künstlers innerhalb des Kunstbetriebs zu.
Dem Auswahlkomitee kommt dabei eine entscheidene Rolle zu. Einerseits gibt es zumeist klare Anforderungsprofile an die Mitglieder in Form von "Expertentum" und "Bekanntheitsgrad", andererseits muss der Auswahlkanon der zu wählenden Werke so gehalten sein, dass sich der betreffende Kulturbetrieb damit identifizieren kann. Das setzt neben den Werkauswahl natürlich auch ein klar definiertes Konzept des Preises nach Inhalten und Standards voraus, das wiederrum vom Fachpublikum (Verleger, Kurator, Künstler, Kunstkritiker) allgemein anerkannt werden muss.
Publikumspreise schließen in aller Regel ein Auswahlkomitee aus, da die Auswahl der nominierten Werke sich an festen Kennzahlen orientiert, meist an den Verkaufszahlen.
Der Form nach handelt es sich beim Max- und Moritz Preis also um einen Kritikerpreis, weil die Vorauswahl der zu wählenden Werke von einer speziellen Jury erfolgt ist.
Dabei spielt es dann keine Rolle, ob der Sieger von der Preisjury oder einem breiterem Publikum gewählt wurde, da die Konzepte und Inhalte des Preises, sprich die Comicauswahl nach subjektiven Vorgaben der Jury erfolgte.
Preise und ihre Verleihungen sind im übrigen kein Selbstzweck, sondern dienten neben der Ehrung der persönlichen Leistung, schon immer dem Image/Prestige des Veranstalters/Preisstifters und unterliegen in den letzten Jahren (leider!) immer häufiger wirtschaftlichen Überlegungen bzw. werden als Instrument des politischen Statements eingesetzt.

the_rooster
26.05.2010, 10:06
Die Ängste, dass bei einer reinen Publikumswahl am Ende Asterix und Naruto rausschauen kann ich zwar verstehen, allerdings treffen sie hier wohl nicht zu. Denn es handelt sich ja eher um eine Wahl des "Fachpublikums" als um eine des "allgemeinen Publikums".

Der Zielgruppe der ganzen Wahl - Erlangenbesucher, Forumsteilnehmer, Comicsammler etc. - traue ich doch so viel Ahnung von der Materie zu, dass am Ende schon was hochqualitatives aus dem Mainstream rauskommen wird. Es ist ja nicht so dass jeder Bildzeitung oder Fernsehzeitschrift eine Wahlkarte für den Max- und Moritz-Preis beiliegt, dann würde wahrscheinlich wirklich nur Asterix oder die Comicvorlage zur jeweils aktuellen Kinoadaption rauskommen.

Ein weiterer positiver Effekt: Über den M+M-Sieger wird zumindest in Randnotizen in der Presse berichtet. Und wenn dann dort steht "Der M+M-Kritikerpreis wurde an 'Alpha' verliehen und der M+M-Publikumspreis an 'Alim der Gerber'. " dann wäre das für viele Nicht-Comic-Leser wohl der erste Hinweis dass es abseits der (zurecht) vielgelobten Graphic Novels auch noch hochwertige "normale" Comics gibt.

Aber einen "Publikumspreis" einzurichten nur damit das Publikum bestätigen kann dass die Auswahl der Kritiker eh die richtige ist, ist meiner Meinung nach der falsche Weg, auch wenn ich die Beweggründe verstehen kann. Zumindest eine Ausweitung und Diversifizierung der zur Auswahl stehenden Titel sollte 2012 schon drin sein.

Ollih
26.05.2010, 10:27
Ein konkreter Vorschlag, wie ein Publikumspreis verliehen werden könnte, der diesen Namen auch verdient:
Jeder Verlag kann 1 - x Titel einreichen (wobei die Anzahl der Titel pro Verlag gleich hoch sein muss).
Auswahlkriterium sind die umsatzstärksten Titel in des betreffenden Jahres in der Reihenfolge ihres tatsächlichen Abverkaufs, ein weiteres Kriterium kann sein, dass Reprints davon ausgeschlossen sind. Aus diesen Titeln wählt das Publikum dann seinen Sieger.
Damit würde jegliche subjektive Vorauswahl entfallen.

Bernd Glasstetter
26.05.2010, 10:31
@Ollih: Genau so einen Preis, der auf dem Umsatz beruht, gibt es schon: Den Sondermann.

arzach
26.05.2010, 10:48
@Ollih: Genau so einen Preis, der auf dem Umsatz beruht, gibt es schon: Den Sondermann.

Falsch, Bernd, der Sondermann kürt seinen Sieger aus den "absolut" umsatzstärksten Titeln insgesamt (weswegen auch meistens Carlsen gewinnt), nicht aus den umsatzstärksten Titeln "pro Verlag". Letzteres wäre die Variante von Ollih, wenn ich ihn richtig verstanden habe.

Ollih
26.05.2010, 10:49
@Bernd:
Nochmals zur Klarstellung: Jeder Verlag ist automatisch mit mindestens einem Titel in der Auswahl vertreten, wenn es mehr Titel gibt, dann haben alle Verlage die gleiche Anzahl zur Verfügung. Um zu verhindern, dass die Verlage eine Vorauswahl treffen, welches Album aus ihrem Portfolio teilnehmen darf, müssen sie in der Reihenfolge des am besten verkauften Albums für das entsprechende Jahr, dieses auch auswählen.
Das Sonderman-Modell richtet sich ja nur nach den absoluten Verkaufszahlen aller Verlage, der kleine Verlage mit einem independent-Programm von vornherein ausschließt.
Meiner Meinung nach sollte man der breiten Leserschaft bei einem Publikumspreis schon das gesamte Spektrum anbieten, das der dt. Comicmarkt produziert, ohne das im Vorfeld selektiert wird.

arzach
26.05.2010, 11:07
Die Vorgabe die Umsatzstärke des Albums zu berücksichtigen dient als festes Kriterium, um zu verhindern, dass der Verleger eine Vorauswahl des Titels vornehmen kann, weil dann wärs ja wieder kein Publikumspreis ;)

Na, den Verlegern vorzuschreiben, welche Comics sie nominieren, halte ich für überflüssig. Kaum jemand wird freiwillig Einblick in seine (Geschäfts)Bücher gewähren oder absichtlich seine "umsatzschwächsten" Titel einreichen, es sei denn, es handelt sich um besonders schöne Bücher, die vielleicht aufgrund von Preis und/oder Thematik schlecht laufen, aber dennoch vom Verleger für preiswürdig befunden werden. Durch den Publikumspreis könnten solche Titel eben auch ins Licht der Öffentlichkeit gerückt werden.

the_rooster
26.05.2010, 11:08
Ich bin gegen eine Festmachung der Einreichungen an den Umsatzzahlen, wie auch immer sie gemessen werden - am Ende bleibt es halt doch ein Umsatzpreis und kein reiner Publikumspreis.

eck@rt
26.05.2010, 11:10
Auswahlkriterium sind die umsatzstärksten Titel in des betreffenden Jahres in der Reihenfolge ihres tatsächlichen Abverkaufs

Unsere umsatzstärksten sind nicht unbedingt unsere besten Titel. Und eigentlich möchte ich lieber meine Guties ins Rennen schicken, also "Tramp" statt "Biggles", um ein Beispiel zu geben.

eck:rolleyes:rt

Ollih
26.05.2010, 11:28
@eckart:
Tja, und da kommt offensichtlich das Dilemma zu tragen, dass jeder Form von Preisvergabe inne wohnt.
Genauso wie Du als Verleger und Fachmann Einfluß auf die Standards der Preisvergabe nehmen möchtest, wollen dies auch die Preisstifter/Experten/Verleger tun, nur dass sie wiederrum eigene Standards setzen.
In dem du als Verleger festlegst, welche Alben aus Deinem Programm an der Vergabe teilnehmen, triffst Du eben auch eine Vorauswahl wie es die Jurymitglieder eines Komitees tun. Damit wären wir dann wieder bei einem Kritikerpreis.

L.N. Muhr
26.05.2010, 15:37
Ich war über Pfingsten abgelenkt, wer Leipzig kennt, weiß was ich meine. Deshalb sind diese Gedanken auch noch ein wenig unsortiert.

Als Nachtrag:



Es geht vielmehr darum, dass sich schließlich eine Schnittmenge bildet aus Titeln, die ALLE Jury-Mitglieder dann wirklich kennen (und nicht nur mal kurz in der Jury-Sitzung reingeblättert haben). Und solche Verlage, die hier besonders kooperativ der Jury zuarbeiten, haben schon etwas bessere Karten mit ihren Bänden.

Definiere "Zuarbeit". Mein Eindruck ist der, dass Carlsen, Reprodukt, Avant einen Pawlowschen Reflex auslösen "Das muss ja gut sein!". Womit sie fraglos recht haben! Aber mein Eindruck ist der, dass andere Verlage dann automatisch unter den Tisch fallen, weil sie nicht die Mittel haben, die Jury (bzw. vorab die Jury-Verdächtigen) rechtzeitig ebenso großflächig zuzustreichen, oder schlicht, weil nicht Reprodukt oder Carlsen auf dem Cover steht.

Ebenso ist mein Eindruck, dass bei der Auswahl der Prämierten eine Homogenität gesucht wurde, wie sie bisher noch nicht bei diesem Preis zu sehen war. Also nicht nur eine Zuwendung zum Feuilleton-Mainstream (was zu begrüßen ist), sondern auch eine Abwendung vom, na sagen wir mal, klassischen Szene-Mainstream. De fakto ist die deutsche Comiclandschaft so heterogen wie nie zuvor. Hier bliebe zumindest die Frage, ob es richtig ist angesichts dessen, Homogenität in der Preisauswahl anzustreben.

Zum dritten habe ich weiterhin den Eindruck klassischer M&M-Politik, wie wir sie vor zwei Jahren etwa bei der Nominierung von Isabel Kreitz für den besten Jugendcomic beobachten konnten. In diesem Jahr spiegelt sich diese Politik in der Nominierung von "Kirihito". Die doch wohl eher eine Nominierung für Tezuka allgemein ist, denn so toll ist "Kirihito" nun echt nicht (schon gar nicht im Vergleich zu Tezukas wirklich guten Sachen wie "Buddha"). Und natürlich in der Nominierung von Jens Harder, Tage vor dem deutschsprachigen Erscheinen des Bandes, offensichtlich in die Liste gequetscht, bevor ein Kunde oder die Mehrzahl der Rezensenten oder irgendein Händler das Buch auch nur von weitem gesehen hat. (Ähnliches liess sich vor zwei Jahren afair bei "Mouse Guard" beobachten.) (Über die Nominierung von "Lio" will ich gar nicht erst nachdenken - toller Strip, aber wird der überhaupt irgendwo im deutschen Sprachraum publiziert? Aber die Strip-Nominierung war ja schon immer ein ganzeigenes Gelände.)

Bei solchen Entscheidungen bekomme ich Bauchgrimmen. Ich möchte nicht die Jury kritisieren für das, wofür sie sich entschieden hat. (Ich mag "Kirihito" ja trotzdem.) Ich finde sehr viel interessanter, disputabler und möglicherweise auch kritikwürdiger, wofür sie sich nicht entschieden hat (nicht: wogegen sie sich entschieden hat) und warum sie das getan hat.

Und hier steht eben auch die Zusammensetzung der Jury (wieder einmal) zur Diskussion. Mit dem Abgang Lutz Göllners vor vier Jahren ist der letzte klare Mainstream-Vertreter aus der Jury raus, mit dem Abgang von Andreas Platthaus vor zwei Jahren immerhin ein Juror, der trotz aller Zuwendung zum "Hochcomic" ein Herz für alle Spielarten des Comics hat. Damit ist Andreas Knigge derzeit in der Jury der einzige (soweit ich das abschätzen kann), der in sämtlichen Comicspielarten gleichermaßen zuhause ist. Die übrigen Jurymitglieder scheinen mir in der Tat eher dem akademischen bzw. "Hochcomic" zugeneigt. (Ich lasse mich hier gerne vom Gegenteil überzeugen.) Das Ergebnis der Auswahl war infolgedessen durchaus vorhersehbar, sobald die Jury für dieses Jahr bekannt war. Lediglich die Absenz der Edition Moderne hat mich überrascht.

L.N. Muhr
26.05.2010, 15:39
Apropos Publikumspreis - wieso wählt sich das Volk nicht einfach die ihm genehme Jury?

Just kidding.

Jameson
26.05.2010, 16:42
@Ollih: Genau so einen Preis, der auf dem Umsatz beruht, gibt es schon: Den Sondermann.

Ein schlechtes Beispiel wie die Vornominierungen des letzten Jahres gezeigt haben, da sie zu sehr auf dem Buchhändler Umsätzen, als auf den Umsätzen der Comicläden basierten. Aber ist ja nicht das eigentliche Thema..

Die Auswahl der Jury ist auch mir zu einseitig, obwohl ich gerne einräume, dass einige wunderschöne Titel dabei sind (Bäche und Flüsse, Meine Mutter lebt in.. und Dies ist der letzte Tag..). Leider repräsentiert diese Auswahl nicht mal im Ansatz die bunte Comiclandschaft der Gegenwart, sondern erscheint mir eher als eine Verbeugung vor dem Buchhandel, von dem man sich ruhig auch mal abnabeln darf.

L.N. Muhr
26.05.2010, 16:51
Ein schlechtes Beispiel wie die Vornominierungen des letzten Jahres gezeigt haben, da sie zu sehr auf dem Buchhändler Umsätzen, als auf den Umsätzen der Comicläden basierten.

Es gibt eben mehr Buchhandlungen als Comicshops. Der Sondermann ist ein Stückzahlpreis, und populistischer geht es kaum noch.

Darüber hinaus halte ich es verkehrt, sich vom Buchhandel "abzunabeln", nachdem der Buchhandel die Comics grade erst wieder entdeckt hat. Natürlich muss es der Comicszene (und dem Comicsalon) darum gehen, sich dem allgemeinen Publikum zu öffnen, statt "Ich darf hier nicht rein"-Schilder anzubringen. Das ist gar keine Frage.

Breedstorm
26.05.2010, 18:25
Dem großen Publikum öffnen ist wichtig und richtig, nur sollte das Stammpublikum auch nicht vergessen werden (sog. Metallica-Syndrom).
So gerne ich auch einige der Titel von Reprodukt und Carlsen gelesen habe bzw. lesen werde, es überrascht, daß kein Titel von Splitter, Cross Cult und Panini dabei ist. Auch da gibt es viele lesenswerte Sachen.

Daher schließe ich mich eck@rd an.

http://i52.photobucket.com/albums/g33/dingogary/rebel.jpg

Bernd Glasstetter
26.05.2010, 20:34
Bei all der Diskussion haben schon 250 User online abgestimmt.

horst
26.05.2010, 20:50
Dem großen Publikum öffnen ist wichtig und richtig, nur sollte das Stammpublikum auch nicht vergessen werden ....

Eben, so ist es! Wer dem Comic als Ganzes etwas Gutes
tun möchte, der kommt nicht umhin, bei "jeder passenden
Gelegenheit" auf die gesamte Bandbreite dieser Kulturform
hinzuweisen.

Alles andere sind Schritte nach hinten, die sich nur die
Maske des Voranschreitens darüber stülpen.

Lola65
26.05.2010, 20:57
ist nur die Frage, wie solch eine Verleihung aussehen kann (soll) damit alle zufrieden sind und wann fängt man damit an?

Mick Baxter
26.05.2010, 21:13
Ein konkreter Vorschlag, wie ein Publikumspreis verliehen werden könnte, der diesen Namen auch verdient:
Jeder Verlag kann 1 - x Titel einreichen (wobei die Anzahl der Titel pro Verlag gleich hoch sein muss).
Auswahlkriterium sind die umsatzstärksten Titel in des betreffenden Jahres in der Reihenfolge ihres tatsächlichen Abverkaufs, ein weiteres Kriterium kann sein, dass Reprints davon ausgeschlossen sind. Aus diesen Titeln wählt das Publikum dann seinen Sieger.
Damit würde jegliche subjektive Vorauswahl entfallen.
Dein Vorschlag ist derart fern von jeder Praktikabilität, daß es fast wehtut.
Zum einen kann ein Verlag gar nicht den umsatzstärksten Titel benennen, ohne dabei grobe Ungerechtigkeiten zu begehen. Das fängt beim Einzelverkaufspreis an (ein sehr teurer Titel kann sogar ein Flop sein, trotzdem aber den größten Umsatz generieren), und reicht vom Erscheinungsdatum (Titel, die nicht mindestens ein halbes Jahr vor dem Einreichung erschienen sind, fallen automatisch raus) bis zu fehlenden Abrechnungen der Vertriebe.
Zweitens sind die Zahlen nicht zu überprüfen, werden mit den Erfahrungen einzelner Verkäufer verglichen und angezweifelt. Von Legitimität also keine Spur.
Außerdem dürfte Ehapa dann immer nur Asterix einreichen, andere Verlage dann irgendwelche Mainstream-Publikationen, die sich an einen aktuellen Trend oder Film anhängen. Und diese Titel konkurrieren in der Publikumsgunst dann mit den erfolgreichsten Splitter-Titeln und den Kuriositäten der Kleinstverlage. Das System ist ein Autopilot in die Absurdität.

Im übrigen ist sowieso zu hinterfragen, was ein Publikumspreis überhaupt soll. Im günstigsten Fall korrelieren die Ergebnisse mit den Bestsellerlisten. Oder sie sagen mehr über die abstimmenden Leser als über die preisgekrönten Comics aus.
Bei einem Festival wie dem Internationalen Stuttgarter Trickfilmfestival ist der Publikumspreis ausgesprochen sinnvoll: Die Preise sind dotiert, die Juryentscheidungen gewohnt elitär, die Trickfilme (Kurzfilme) partizipieren finanziell nicht an der Publikumsgunst, da (zumindest als Einzelwerk) nicht im Handel erhältlich.
Ähnliches kann man noch zu Zeitungsstrips sagen, ansonsten ist der Publikumspreis für den Comiczeichner der Abverkauf seiner Bücher und Alben.

FilthyAssistant
26.05.2010, 22:29
Ein schlechtes Beispiel wie die Vornominierungen des letzten Jahres gezeigt haben, da sie zu sehr auf dem Buchhändler Umsätzen, als auf den Umsätzen der Comicläden basierten.


Es gibt eben mehr Buchhandlungen als Comicshops.

wenn der preis, der auf der buchmesse vergeben wird, auf buchhandelsumsätzen beruht, wäre es doch nur fair, wenn der preis des comicsalons auf comicshop-umsätzen beruht. :D
oder man zumindest die comicshops in die vorauswahl einbezieht - entweder die händler, oder (da publikumspreis) die käufer. oder so.

L.N. Muhr
26.05.2010, 22:43
Der Sondermann beruht nicht auf den Absätzen im Buchhandel (keine Ahnung, weshalb hier alle von Umsätzen reden, höchstens von Stückumsätzen, aber nicht von Barumsätzen), sondern auf Absätzen im Buch- und Comichandel, wobei bei zunehmender Bedeutung des Buchhandels sich entsprechend die Gewichtung verschiebt. Wenn du mal liest, steht nirgends, dass der Sondermann allein auf dem Absatz im Buchhandel beruht. Das wurde hier nur von anderen Leuten in den Raum gestellt, ebenso wie die bizarre Umsatzbehauptung. Von Anfang an hatten alle Comicshops die Chance, ihre Topseller zu benennen, es nutzen nur nicht alle die Chance.

Willst du also ein System einrichten, das entgegen der Wirksamkeit funktioniert und paritätische Kontrapunkte vergeben, um das Ungleichgewicht zwischen Buch- und Fachhandel in die exakt entgegengesetzte Richtung zu kippen? Viel Spaß beim Ausrechnen. :D (Mal davon abgesehen, dass die Fachhändler, die am Sondermann aus diesem oder jenem Grund nicht teilnehmen, auch am M&M nicht teilnehmen werden.)

Mick Baxter
27.05.2010, 01:06
Wenn sich beim Sondermann nichts geändert hat, wird da das Bestseller-Ranking der teilnehmenden Händler ausgewertet. Das hat mit den tatsächlich verkauften Stückzahlen nichts zu tun. Man kann ja auch leicht an den Nominierungen ablesen, daß Titel rausfallen, die fast überall zu bekommen sind (dadurch in den Rankings der einzelnen Händler aber keine Toppositionen belegen).

hipgnosis
27.05.2010, 08:25
Ich denke auch - man sollte einen Publikumspreis nicht auf Umsatzzahlen festnageln - das ist aus mehreren Gründen nicht zielführend.
Allerdings geht Ollihs Vorschlag zumindest in die richtige Richtung - denn es sollte den Verlagen vorab eine Frist eingeräumt werden, wo sie ihre Kandidaten ins Rennen schicken - wenn sie denn möchten.

Es muss auch nicht 1 Titel pro Verlag sein - aber es sollte ein realistischer Wert angenommen werden, sodaß man auf eine vernünftige Auswahl später für das Publikum kommt.

Schauen wir uns doch mal ganz objektiv die diesjährige Auswahl an:

Dort finde ich alleine 7 Carlsen-Titel und 4 von Reprodukt.

Ohne diesen Verlagen irgendetwas absprechen zu wollen - aber das alleine ist schon absurd - denn sie stellen mehr als die Hälfte der Kandiaten.

Mir würde als einer der beiden Verlage schon selbst etwas "unheimlich" zumute - riecht halt alles ein bisschen stark nach Lobbyismus! ;)

Warum sollte man sich bei den betr. Verlagen nicht der Konkurenz stellen - man ist doch schliesslich der Qualität der eigenen Produkte überzeugt, oder!?


Die Crux des Ganzen ist doch, daß man sich mit dem Anliegen "Comics als Kultur/Literatur" zu vermarkten, soweit von Comics im Allgemeinen entfernt, daß dies praktisch von einem Extrem ins andere geht.

Man will weg von den Aussagen "Comics - das ist doch nur etwas für Kinder" oder "Comics - das ist doch nur Trivial-Literatur" und bündelt nun viel Energie um einige Comics (oder bebilderte Bücher :D) mit entsprechendem Pressestimmen in den Bereich der "Hochliteratur" zu erheben.
Dabei vergisst man - das dies dann auch wieder nur einen Bruchteil des gesamten Comicmarktes abbildet und man sich im eigenen Haus gar noch "andere" Produkte kleinredet (siehe Carlsen Portfolio)
Damit wird man dem Medium Comic nicht gerecht - und bedient eben nur eine best. Klientel, die bei weitem nicht ausreicht den Comicmarkt im Gesamten zu fördern.


Leider spiegelt die Jury-Vorauswahl der Titel genau diese Entwicklung wieder - und das man dies dann als Publikumswahl ausruft, setzt dem ganzen irgendwie die Krone auf - möchte man damit irgendwie das Ganze legitimieren?


Auch wenn ich die Wirkung eines deutschen Comicpreises nicht überbewerten möchte - aber bei diesem "neuen" Publikumspreis, bekomme ich als "Insider" wirklich starke Bauchschmerzen! :(

Wolle Strzyz
27.05.2010, 08:41
Wenn sich beim Sondermann nichts geändert hat, wird da das Bestseller-Ranking der teilnehmenden Händler ausgewertet. Das hat mit den tatsächlich verkauften Stückzahlen nichts zu tun. Man kann ja auch leicht an den Nominierungen ablesen, daß Titel rausfallen, die fast überall zu bekommen sind (dadurch in den Rankings der einzelnen Händler aber keine Toppositionen belegen).


Es werden die VERKAUFSZAHLEN von mehreren tausend Buchhandlungen und Comicläden (auf Grund der Relation viel mehr Buchhandlungen als Comicläden) als Grundlage für die Nominierungen genommen. Das sind ja aber nicht die Gewinner sondern eben die Nominierten. ABSTIMMEN tun immer noch die interessierten Leser (im letzten Jahr gab es übrigens 36.000 Stimmen).

eck@rt
27.05.2010, 09:09
Dort finde ich alleine 7 Carlsen-Titel und 4 von Reprodukt.

Insgesamt 20 Titel - davon 8x Carlsen, 4x Reprodukt, 2x avant, 2x FAZ, 2x Tokyopop. Ihr könnt euch selbst ausrechnen, was dann noch für Splitter & Co. bleibt. Splitter & Co.? Halt, Moment! Die beiden letzten Nominierungen gehen an Bull's und an den S. Fischer Verlag! Wundersame Comicwelt. Man staunt immer wieder.

Carlsen hat zusätzlich die beiden schon bekanntgegebenen Preise sicher. Und vielleicht kommt ja noch ein Künstlerpreis dazu (wenn Anke Feuchtenberger den Preis für die "Beste Künstlerin" nicht noch mal kriegt; zuzutrauen wär's der Jury).

Das alles ist schon für die offizielle Preisgestaltung eine ganz außergewöhnliche Leistung. Wenn ihr es auch noch als Vorlage für den Publikumspreis akzeptiert, könnte ihr euch auch vor den Spiegel stellen und zehn Minuten lang ohrfeigen. Das Ergebnis ist dasselbe, nämlich eine absolut irreale Situation.

eck:Drt

Geier
27.05.2010, 09:35
Mit "Publikumspreis" ist auch nicht der beliebteste unter allen erschienenen Comics gemeint, sondern der Beliebteste unter den M&M-Nominierten. Den kleinen Zusatz hat man nur vergessen... nehme ich einfach mal so an.

Ollih
28.05.2010, 10:20
Dein Vorschlag ist derart fern von jeder Praktikabilität, daß es fast wehtut.

Charmante Formulierung, Mick. ;) Ich gebe aber zu, dass meine Ausführungen missverständlich formuliert waren.
Das Festmachen am Umsatz war ein "kann", kein "muss".


Wie ich alle Vorschläge im übrigen nur als Denkanstöße in diese Diskussion einfließen lasse.

Ein weiterer Vorschlag eines "reinen" Publikumspreises könnte sein, dass alle interessierten Comicleser per se Vorschläge von 1-x Titeln an die Preis-Veranstalter schicken. Der hohe, wenn nicht zu hohe Arbeitsaufwand für die Auswertung ist mir bewusst.

Jedenfalls scheint offensichtlich, dass die diesjährige Preiskriterien keine allgemeine Anerkennung im gesamten Comicbusiness finden. Wie wichtig dies, meiner Meinung nach, wäre, hatte ich in einem meiner Vorgänger-Posts schon geschrieben.

Hintergrund ist doch der, dass man vom bisherigen Kritikerpreis hin zu einem Publikumspreis kommen möchte.

Da ein "reiner" Publikumspreis offenbar zu schwer zu realisieren ist, hier weitere Kombinationen aus Publikums- und Kritikerpreisen.

Vorschlag 1:
Die Verlage wählen selbst zwischen 1-2 Titel aus ihrem Portfolio aus, größere Verlage erhalten ob ihres größeren Sortiments bei Bedarf z.B. 1 Titel mehr.
Diese 50+/-X Titel werden als Abstimmungsbeilage allen Besuchern des Erlangener Comicsalons mit der Eintrittskarte beigelegt und können vor Ort in "Briefkästen/Urnen" abgelegt werden.
Je nach Gusto, wird dann Freitag geleert und diese Abstimmungen sind die Grundlage für den Sieger. Hintergrund ist, dass ja die Preisverleihung schon am Freitag stattfindet.
Wesentlich besser, weil ein größeres Publikum einschließend, man sammelt die Abstimmungsbögen erst am Sonntag ein. Wertet diese in aller Ruhe aus und gibt 1-2 Wochen nach dem Erlanger Comicsalon eine offizielle Pressemitteilung mit dem Sieger heraus.
Wie die Verlage ihre Titel auswählen, könnte man ihnen überlassen oder sie lassen auf ihren Homepages ihre Leser darüber abstimmen.

Vorschlag 2:
Alle Comichändler und Comicfachmagazine/Portale/Kritiker schicken z.B. 5 Vorschläge ein. Davon werden die 50+/-X am häufigsten genannten Titel ebenfalls auf eine Liste gesetzt und als Beilage auf dem Comic-Salon Erlangen zur Abstimmung mitgegeben. Das Procedere wäre dann das gleiche.
Ob die Händler die Titel nach persönlicher Vorliebe und/oder nach Abverkauf etc. auswählen könnte man noch festlegen.
Ich denke man kann dieser Personengruppe schon die nötige Qualifikation zutrauen, dass eine ausgewogene Mischung entsteht.

Da in Erlangen sehr viele unterschiedliche Preise vergeben werden, sollte mit ihnen eigentlich jegliche Art von comicpolitscher Zielvorgabe abgehandelt werden können.
Der Publikumspreis hätte auf Basis der beiden Vorschläge eine viel breitere Vorauswahl zu bieten, nach denen dann das Publikum abstimmen könnte.
Enweder wären alle Verlage gleichermaßen viel stärker eingebunden bzw. die Heterogenität des aktuellen Comicmarktes würde sich deutlicher wiederspiegeln.

Dass sich ein Publikumspreis eher am "Mainstream" orientiert als an der "anspruchsvollen Kunst" sollte klar sein.
Will man von den Preisstiftern letzteres durch den Preis "transportieren" ist der reine Kritiker- oder Jurypreis, meiner Meinung nach, die bessere Option.

L.N. Muhr
28.05.2010, 11:08
Ein Preis des Comicsalons, der NACH dem Salon vergeben wird? Wie sinnlos ist das denn?

Ich sehe übrigens nicht, dass wir einen zweiten Sondermann brauchen. Ich finde es eigentlich sehr gut, hier die kritiker- bzw. juryorientierten Preise (inkl. des, sagen wir mal, semi-Publukumspreises) im Vordergrund, dort der verkaufszahlenorientierte Preis im Vordergrund (+ 2 x Jury-Extra-Preis).

Ollih
28.05.2010, 11:49
@l.n.muhr
Die Verkündung nach dem Salon ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass die Preisvergabe bereits am Freitag Abend stattfindet. Am Samstag aber sicherlich ein Großteil der Besucher anwesend sein dürfte. Ein Publikumspreis sollte ja schon das breite Publikum abdecken.
Und ob eine Verkündung des Preises nach dem Salon "sinnlos" ist, ist Ansichtssache.
Mit den Kriterien des Sondermanns haben die zwei Vorschläge nichts gemein, da erstere ja mit Verkaufszahlen einhergehen und ich in besagtem Vorschlag die Art der Titelauswahl durch die Verlage und Händler als optional angebenen habe. Zumal ja die Titelauswahl durch Magazine/Kritiker ebenfalls nicht auf Basis von Verkaufszahlen erfolgen würde.
Und dass man im Rahmen des Comicsalons, neben dem einen Publikumspreis, auch Kritikerpreise vergeben kann, habe ich in meinen obigen Post auch angeführt. Das schließt sich ja nicht aus. Auf welcher Grundlage man nun die Fachjurys für Kritikerpreise zusammenstellt steht nochmals auf einem anderen Blatt, aber dazu hast Du ja schon Stellung bezogen.

Jameson
28.05.2010, 12:19
Ich bin auch für ne Preisvergabe während des Salons. Der Tag der Preisvergabe darf ruhig so abgestimmt sein, dass möglichst viele Besucher erreicht werden - gerade bei einem Publikumspreis.
Außerdem sollen sich Mum und Sondermann deutlich voneinander unterscheiden, denn gerade die Sondrmann Nominierungen verliefen aus meiner Sicht nicht glücklich.

Wolle Strzyz
28.05.2010, 21:35
Ich bin auch für ne Preisvergabe während des Salons. Der Tag der Preisvergabe darf ruhig so abgestimmt sein, dass möglichst viele Besucher erreicht werden - gerade bei einem Publikumspreis.
Außerdem sollen sich Mum und Sondermann deutlich voneinander unterscheiden, denn gerade die Sondrmann Nominierungen verliefen aus meiner Sicht nicht glücklich.

Auch wenn ich es weiter oben schon mal geschrieben habe, kann ich es gerne wiederholen: die Sondermann-Nominierungen richten sich nach den Verkaufszahlen. Wenn du sie also "nicht glücklich" findest, meinst du damit ja wohl, dass die Käufer deiner Meinung nach die "falschen" Comics kaufen und gut finden. Ein Publikumspreis, der die breite Masse anspricht, hat es aber nun mal so an sich, dass er nicht unbedingt mit einzelnen Geschmäckern einher geht. Und ich finde, ebenso wie die übrigen Sondermann-Mitveranstalter auch, dass es keine objektivere Möglichkeit gibt, Titel zu nominieren als die unsere.
Bei der Abstimmung selbst ist dann ja jeder einzelne gefragt.

Mick Baxter
28.05.2010, 22:45
Und ich finde, ebenso wie die übrigen Sondermann-Mitveranstalter auch, dass es keine objektivere Möglichkeit gibt, Titel zu nominieren als die unsere.
Da der M+M-Publikumspreis ja an das Festival gebunden ist, kann die Nominierung ruhig etwas subjektiver sein, wenn sie dadurch das Spektrum des Salon abbildet.

Eine Vorauswahl wäre am besten (sofern die Technik das zuläßt):

Alle Titel sind für die Vorauswahl zugelassen (Basis können ja die Datenbestände von Splashpages sein), eigene Vorschläge können ergänzt werden (eingepflegt oder automatisch eingefügt).
In dieser langen Liste können die Comicfans Votings vergeben.

Die ersten x Plätze sind dann für die eigentliche Abstimmung nominiert (wobei bei punktgleichen Titeln sich die Liste entsprechend verlängert). Oder alle Titel mit mindestens 25 Punkten. Da die abzugebenden Stimmen pro Voter kaum auf 5 oder 10 begrenzt werden kann, sind Mehrfachvotings also möglich, die Liste der Nominierten wird vermutlich etwas länger. Aber zu kurz darf sie eh nicht ausfallen.

Problematisch ist der Zeitpunkt der Preisverleihung. Die Abstimmungen auf dem Salon können bis Freitag nur sehr begrenzt einfließen. Und die eher traditionell ausgerichtete Szene bleibt mittlerweile der M+M-Preisverleihung fern (Finix z.B. veranstaltet parallel ein Mitgliedertreffen).

eck@rt
29.05.2010, 06:39
Und die eher traditionell ausgerichtete Szene bleibt mittlerweile der M+M-Preisverleihung fern.

Wer denn außer Finix?

eck:)rt

Mick Baxter
29.05.2010, 08:20
Aktuell weiß ich das natürlich nicht. Aber es war in den letzten Jahren verdammt schwierig, eine überzählige Eintrittskarte zur Preisverleihung zu verkaufen. Und das nicht, weil alle schon eine hatten ...

eis
29.05.2010, 11:54
Der Max und Moritz Preis hat sich im Laufe der letzten Veranstaltungen enorm gewandelt. Früher brauchte man eine fast meditative Grundveranlagung um den stundenlangen Lobreden beizuwohnen, die durch die Wiederholung in einer imho nicht existenten Sprache nicht unterhaltsamer wurden. Mittlerweile ist die Moderation flott, animiert die Geehrten zu stilprägenden Statements (Scheck: "Wie fühlt man sich als Geehrter?" - Wäscher: "Gut."), es ist nun auch für nicht Comicgelehrte mit Dekaden des Sprechblasenstudiums verkraftbar. Das mag Puristen zu berechtigten Klagen über den Niedergang der neunten Kunst beflügeln, aber Jammern ist ja eine urdeutsche Tugend. Dem Anliegen, den Comic wieder massentauglich zu machen, ist man meiner Meinung nach erfreulich nahe gekommen.

@Baxter: Zur überzähligen Kartenverkaufsproblematik: vielleicht kann man ja nicht mehr benötigte aber bezahlte Karten bei der Salonleitung anmelden, dort fragen vielleicht Interessierte am ehesten nach.

idur14
29.05.2010, 16:50
Mein Vorschlag hängt sich stark an den 1. Vorschlag von ollih an:

Jeder Verlag präsentiert 5 Vorschläge, eine breiter diversifizierte Jury aus Verlagsvertretern (die können ja gut zusammenarbeiten, wie man am GCT gesehen hat) wählt pro Verlag max. 2 Titel aus (von den größeren Verlagen von mir aus max. 3). Insgesamt nicht mehr als 30 Titel (ja nicht ausweiten, dann kennt sich gar keiner mehr aus).
Stichtag für den Vorschlag ist übrigens der 31.12. des Jahres vor dem Comicsalon, damit die Comics auch gelesen werden konnten.

Dann wird ausschließlich am Comicsalon von den anwesenden Besuchern abgestimmt. zB an einem dafür vorgesehenen Computer. DAs ganze geht bis SAmstag 16.00, dann kommt die Auswertung und am Sonntag um 13.00 wird der Preis verliehen. Das ist der Erlangen Besucherpreis, der den Publikumspreis ersetzt.

Die Besucher lernen so alle Verlage etwas kennen (nicht nur die großen) und können evtl. zusätzlich auch noch Preise gewinnen (Verleihung am Samstag um 17.00 unter allen Stimmabgaben).

Das ganze hat natürlich seine Schwächen, aber es gäbe doch eine deutlichere Trennung zu einem klassischen Jury Preis. Die Zeitpunkte sind natürlich auch anders frei wählbar.

WAs nun teilnehmen kann hängt von der Intention des Preises ab. WEnn das ganz frei ist, stimme ich hip zu und es solten auch SPlitter, Panini etc. stärker vertreten sein. Wenn man sich an gewisse KRiterien richtet, müssen die Einreichungen diese auch erfüllen. Ich wäre für ersteres.

Mick Baxter
29.05.2010, 18:06
Solange nicht einer der technisch Verantwortlichen erläutert, daß eine breitaufgestellte Titelauswahl nicht machbar ist, halte ich das Zwischenschalten von Jurys, egal, wie sie besetzt sind, für das Gegenteil von dem, was der Name "Publikumsspreis" sagt.
Und der Preis ist kein Verlagspreis. Warum sollten die Verleger entscheiden, welcher ihr Zeichner die Chance auf einen Preis bekommt.

Lola65
29.05.2010, 18:10
wie breit muß so eine Titelauswahl eigentlich sein, damit alle glücklich und zufrieden sind???

FilthyAssistant
29.05.2010, 18:20
warum macht man eigentlich keine vorauswahl durchs publikum und die endrunde wird durch die M&M-Jury entschieden?
so hätte man das namensgebende publikum drin, trotzdem gehörte der preis eindeutig zur M&M-verleihung. und man hätte das angesprochene problem, das die jury die "falschen" comics auswählt, gelöst. :D

L.N. Muhr
29.05.2010, 18:23
Was sollte das denn bringen?

Bernd Glasstetter
29.05.2010, 19:29
Solange nicht einer der technisch Verantwortlichen erläutert, daß eine breitaufgestellte Titelauswahl nicht machbar istTechnisch ist alles machbar.

eck@rt
30.05.2010, 00:29
Warum macht man überhaupt einen Publikumspreis, wenn sich dafür keine vernünftigen Regelungen finden lassen?

eck:prt

idur14
30.05.2010, 07:43
Genau, darum Besucherpreis und nicht Publikumspreis.

Zudem geht es ja nicht nur um den Zeichner, da arbeiten ja deutlich mehr dran, das kann man nur für das Gesamtkunstwerk und alle Beteiligten (inkl. des Verlages) sehen.
Verleger deshalb, weil so breiter diversifiziert wird und die hier fehlenden Verlage (zB Panini, SPlitter etc..), die beim Publikum bzw. den Besuchern auch was mitzureden haben, dann auch dabei sind. MAn kann allerdings diese Vorschaltung auch ganz weglassen und jeder Verlag nominiert einfach 1-3 Comics.

Daneben kann es ja den Jury Preis geben, der nach anderen Mustern auswählt (ähnlich wie oben ohne das Publikum am Schluss).

Martin Jurgeit
30.05.2010, 10:51
So, hatte endlich wieder etwas Zeit, um die Diskussion der letzten Tage querzulesen ...


(...) Martin wäre aber vielleicht gut beraten, das Ding abzublasen (...)
Ich bin weder Mitglied der Max und Moritz-Preis-Jury noch des Erlanger Kulturprojektbüros - und nur dort könnte so etwas entschieden werden. Ich war "lediglich" ein entschiedener Fürsprecher eines Publikumspreises.



Ich boykottiere schon alleine aus dem Grund, dass in der Liste "wieder" eine Publikation aus dem Hause "Bulls" auftaucht,
die den Preis stiften und ein Mitarbeiter von Bulls in der Jury sitzt (...)
Da gäbe es wahrscheinlich einige Probleme, zukünftig noch internationale Comic-Strips zu finden, wenn Bulls komplett außen vor wäre, schließlich dürften wohl über 90 Prozent aller "Import-Strips" über sie laufen. Außerdem finde ich, dass die Bulls-Dominanz unter den nominierten Strips in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, da hier inzwischen deutsche Eigenproduktion dominieren - erst recht bei den Siegern!
Außerdem ist das generell ein Problem jeder deutschen Comic-Jury, da unsere Branche so klein ist, dass fast jeder potentielle Juror regelmäßig in Interessenkonflikte gerät. Ich vertraue darauf, dass sich die betreffenden Personen dann jeweils aus Beratungen und Abstimmungen heraushalten.


Mit "Publikumspreis" ist auch nicht der beliebteste unter allen erschienenen Comics gemeint, sondern der Beliebteste unter den M&M-Nominierten. Den kleinen Zusatz hat man nur vergessen... nehme ich einfach mal so an.
Damit hast du es auf den Punkt gebracht. Denn genau dies bedeuten Publikumspreise gerade auf Festivals.

Eine ganz andere Frage ist es natürlich, wie diese Nominierungsliste zustande kommt, wie groß sie ist und so weiter. Hier hat die Diskussion der letzten Tage viele interessante Ansatzpunkte geliefert. Übrigens nicht nur für den Part des Publikumspreises, sondern für den Max und Moritz-Preis ganz allgemein!

Ich bleibe aber dabei, dass es eine gewisse Vorauswahl im Vorfeld geben sollte, die z.B. auch die Festivalleitung vornehmen könnte. In eine solche größere Auswahl könnten dann auch im Vorfeld ermittelte "Publikumslieblinge" mit einer Wildcard einfließen. Aber die endgültige Zusammensetzung der GESAMTliste sollte aus meiner Sicht möglichst unabhängig von Einzelinteressen erfolgen. Wie sie z.B. hier zu erkennen waren ...

Unsere umsatzstärksten sind nicht unbedingt unsere besten Titel. Und eigentlich möchte ich lieber meine Guties ins Rennen schicken, also "Tramp" statt "Biggles", um ein Beispiel zu geben.
Verlage können übrigens aus ganz unterschiedlichen Gründen ein Interesse haben, dass bestimmte Titel von ihnen nicht nominiert werden. Ein Problem stellen z.B. die relativ kleinen Auflagen von Comics dar, so dass mancher Titel im Vorfeld des Comic-Salons bereits vergriffen ist und selbst die Nominierung für einen Preis kein ausreichender Grund ist, schnell auf Verdacht auf einen Gewinn die Druckmaschinen anzuschmeißen.

Ich finde auch, dass die Nominierungsliste möglichst eng an das Festival-Geschehen gekoppelt sein sollte. Deshalb finde ich es auch sehr gut, dass sich über Bedenken wie die Folgenden hinweggesetzt wurde ...

Dann ist es schon äußerst interessant, das ein Titel wie „Alpha. Directions“ von Jens Harder (Carlsen Comics) es in die Liste schafft, der erst morgen offiziell erscheint (...)
Denn gerade zu Erlangen bringen viele Verlage immer wieder besonders wichtige Novitäten heraus. Und in der Vergangenheit sind gerade solche Messe-Novitäten regelmäßig durch den Rost gefallen und haben dann auch zwei Jahre später nicht mehr Berücksichtigung gefunden (siehe z.B. den besonders krassen Fall "Blankets").
Dass "Alpha. Directions" jetzt keine allzu guten Karten beim Publikumspreis hat, sehe ich so natürlich auch. Aber ob diese wirklich besser gewesen wären, wenn beim nächsten Salon über 20 Monate zwischen Erscheinen und Abstimmung gelegen hätten?

So oder so - ganz perfekt werden wir den Max und Moritz-Preis sicherlich nie hinbekommen. Aber zumindest sollten wir weiterhin Vorschläge an das Erlanger Kulturprojektbüro senden, die zu einer Verbesserung führen. Und in dieser Hinsicht halte ich die Diskussion der letzten Tage für einen großen Glücksfall.

Yellowsam
30.05.2010, 11:35
Und genau aus dem Grund der "wichtigen" Titel haben wir den neuen Schultheiss auf Erlangen gelegt.
Unsere Anfrage "War and Dreams" per PDF zu schicken, weil dieser noch nicht als fertiges Buch vorlag, wurde nicht beantwortet.
Klar, dass wir dann den Schultheiiss gar nicht mehr nominiert haben.
Wenn nach ca. 20 Jahren ein 288-seitiges Werk von DEM deutschen Mega-Star völlig unbeachtet bleibt, und noch nicht erschienene Werke andrerer Verlage nominiert sind, dann fragen wir uns schon, warum die Jury an so einem Titel vorbeigeht. Hat man vielleicht nur bei 3-4 Verlagen in das Programm geschaut?
Ähnliches gilt selbstverständlich auch für etliche Titel aus z.B. dem Panini-Programm.

horst
30.05.2010, 11:39
Denn gerade zu Erlangen bringen viele Verlage immer wieder besonders wichtige Novitäten heraus. Und in der Vergangenheit sind gerade solche Messe-Novitäten regelmäßig durch den Rost gefallen und haben dann auch zwei Jahre später nicht mehr Berücksichtigung gefunden (siehe z.B. den besonders krassen Fall "Blankets").
Dass "Alpha. Directions" jetzt keine allzu guten Karten beim Publikumspreis hat, sehe ich so natürlich auch. Aber ob diese wirklich besser gewesen wären, wenn beim nächsten Salon über 20 Monate zwischen Erscheinen und Abstimmung gelegen hätten?



Wie? ... der ganze Max&Moritz-Preis wurde angelegt um "Alpha Directions" auszupreisen? :kratz: :D

L.N. Muhr
30.05.2010, 12:32
Und genau aus dem Grund der "wichtigen" Titel haben wir den neuen Schultheiss auf Erlangen gelegt.
Unsere Anfrage "War and Dreams" per PDF zu schicken, weil dieser noch nicht als fertiges Buch vorlag, wurde nicht beantwortet.
Klar, dass wir dann den Schultheiiss gar nicht mehr nominiert haben.
Wenn nach ca. 20 Jahren ein 288-seitiges Werk von DEM deutschen Mega-Star völlig unbeachtet bleibt, und noch nicht erschienene Werke andrerer Verlage nominiert sind, dann fragen wir uns schon, warum die Jury an so einem Titel vorbeigeht. Hat man vielleicht nur bei 3-4 Verlagen in das Programm geschaut?
Ähnliches gilt selbstverständlich auch für etliche Titel aus z.B. dem Panini-Programm.

Wir haben uns für dieses Jahr entschlossen, gar keine Titel mehr einzureichen, weil wir nicht mehr daran glauben, auch nur eine Chance auf eine Chance zu haben, nicht einmal mit den Büchern, die sowohl Kunden- wie Kritikerlieblinge sind (Courtney Crumrin, 12 Gründe dich zu lieben). Für uns ist es nur rausgeschmissenes Geld. Die Dominanz von Carlsen und Reprodukt und die Votierung selbst so relativ mäßiger Titel wie "Kirihito" hat uns in diesem Glauben bestärkt.

eck@rt
30.05.2010, 13:55
Ging uns genauso. "Quintett", "Tramp", "Fog", "Deutsche Comicforschung" - hat alles nicht gezündet. Deshalb haben wir uns die Prozedur diesmal geschenkt.

eck:rolleyes:rt

hipgnosis
30.05.2010, 14:08
Ich finde immer noch die Idee eine Händler-Vorauswahl für die Nomierung des Publikumspreis zu nehmen, die bisher sinnvollste.

Es geht doch beim Publikumspreis um ganz unterschiedliche Faktoren, die einem Comicleser ein best. Comic zu seinem eigenen Favouriten definiert.

Hier sind die Händler am "Puls der Zeit" - denn sie beraten täglich ihre Kunden über die positiven Aspekte best. Titel und sie wissen am besten, welche Comics in einem best. Zeitraum erscheinen.
Zudem würden ihre Vorschläge nicht nur aus eigenem subjektiven Interesse genannt werden, sondern eine Mischung aus "guter Verkäuflichkeit" - mit "TOP-Qualität" und "starkem Inhalt" sein - alles wichtige Aspekte für einen Publikumspreis.

Zudem würde man von einer kleinen Jury wegkommen, die gar nicht die Masse der Comics in einem best. Zeitraum überblickt - und auch die Verlagsinteressen wären aussen vor!

Man könnten zusätzlich zum Handel eventuell noch den bekannten Rezensoren mit ihrem Voting in die Entscheidung aufnehmen, denn auch diese lesen über das Jahr gesehen, sehr viele unterschiedliche Comics und bewerten sie für ihren Bericht.

Der zeitliche Ablauf wäre auch denkbar einfach.

Erlangen ist immer alle 2 Jahre im Juni.
Damit könnte man den Zeitraum zwischen den Salons als Auswahlliste nehmen.
Die Voter haben bis zu einem best. Termin ihre 3 TOP-Titel einzureichen.
Diese werden einfach gelistet - und die ersten 30 oder 40 oder 50 Titel werden dann dem Publikum in Erlangen zur Abstimmung gegeben.

Das Argument das die brandneuen "Erlangen-Titel" dann aber nicht berücksichtigt werden können ist doch ein sehr schwaches!

1. Kaum ein Comicleser wird in dieser kurzen Zeit einen dieser Comics bewerten können

2. Man könnte auch schlicht und einfach einen Erlangen-Newcomer-Preis zusätzlich ausloten. Das sind dann genau diese Titel die "frisch" zum Salon erscheinen!


Ansonsten bleibt lieber bei den Jury und Kritikerpreisen - die sind dann in sich "ehrlicher" ;)

Bernd Glasstetter
30.05.2010, 14:13
Was ich jetzt nicht ganz verstehen kann: Wenn die Comics nicht eingereicht wurden, wie sollen sie dann nominiert und dann auch gewählt werden? Hier wird doch die Auswahl der Jury in diesem Jahr kritisiert. Ich könnte das mit dem Boykott-Aufruf noch verstehen, wenn jetzt von Euch Comics eingereicht worden und diese nicht nominiert worden wären. Aber so...

L.N. Muhr
30.05.2010, 14:18
Das sind die Erfahrungen der vergangenen Jahre. Das Ergebnis der Jury hätte auch mit unseren Büchern im Rennen nicht anders ausgesehen, da bin ich mir sicher.

Welchen Boykott-Aufruf meinst du? Wir haben niemanden dazu aufgerufen und würden das auch nie tun oder auch nur daran denken.

Bernd Glasstetter
30.05.2010, 15:14
Welchen Boykott-Aufruf meinst du? Wir haben niemanden dazu aufgerufen und würden das auch nie tun oder auch nur daran denken.Das war auch mehr in Richtung Eckart geschrieben worden ;)

eck@rt
30.05.2010, 15:31
Was ich jetzt nicht ganz verstehen kann: Wenn die Comics nicht eingereicht wurden, wie sollen sie dann nominiert und dann auch gewählt werden

Wie ich schon sagte: Die Jury verlässt sich auf das, was eingeschickt wurde, und wenn etwas nicht eingeschickt wird, ist sie nicht in der Lage, selbst zu urteilen, ob ein solcher Titel für die Wertung wichtig ist. Wenn schon die Jury diese Kompetenzen nicht hat, sollte jemand vorgeschaltet sein, der eine Auswahl trifft. Den gibt es nicht, und deswegen gibt die Jury ein so verzweifelt einseitiges Bild ab.

Auf der anderen Seite: Wir haben nichts mehr eingereicht, weil wir das in der Vergangenheit brav und ausgiebig getan haben, aber nicht mehr wahrgenommen wurden. Da wuchs dann das Gefühl, von der Jury ignoriert zu werden. Und genau dieses Gefühl hat momentan Splitter. Die Einseitigkeit der Nominierungen und die Carlsen-Lastigkeit der Veranstaltung ist doch wohl offensichtlich. Das wäre nicht anders gewesen, wenn comicplus+ sich beteiligt hätte, denn Splitter hat es ja offenbar getan.

Der Boykottaufruf beruhte darauf, dass dem Publikum diese Einseitigkeit als Basis seines eigenen Geschmacks zugemutet wird. Das habe ich doch aber schon geschrieben, nicht? Da das mit dem Boykott nicht funktioniert, habe ich geraten, den "Publikumspreis" (der ja keiner ist) zu streichen.

eck:ort

hipgnosis
30.05.2010, 15:47
Um das etwas zu untermauern was Eckart hier gerade schrieb, möchte ich auch darauf hinweisen, daß z.b. von dem "nicht ganz kleinen" Verlagshaus Egmont Ehapa ebenfalls nicht ein einziger Titel auf der Juryliste auftaucht.

Von den vielen Kleinverlagen mal ganz zu schweigen, die teilweise wirkliche Comicperlen in ihrem Portfolio haben. ;)

Panini wurde ja schon mehrfach erwähnt - die bringen ebenfalls über das Jahr verstreut einige Spitzentitel raus.

ELDORADO
30.05.2010, 15:49
Ich könnte das mit dem Boykott-Aufruf noch verstehen, wenn jetzt von Euch Comics eingereicht worden und diese nicht nominiert worden wären.

Wurden sie doch anscheinend oft genug in den letzten Jahren mit entsprechendem Ergebnis und daher läuft der "Boykott" für dieses Jahr dann von Verlagsseite halt schon und man (bzw. Eckart) fordert nun auch den Rest auf sich entsprechend zu verhalten.

Und das zu Recht.

Denn mal im Ernst:
Von 20 Nominierungen entfallen 8 auf Carlsen, 4 auf Reprodukt, 2 auf Avant,
weitere auf so bedeutende "Comic-Verlage" wie F.A.Z. und Fischer?

0 (in Worten: Null) preiswürdiges Material dagegen also bei Ehapa, Splitter, Panini und den diversen Kleinverlagen mit ebenfalls eher populärer statt elitärer Comickunst (Salleck, Comicplus+, Modern Tales etc.)?

Das ist mehr als absurd, aber ich fürchte sämtliche anderen Begriffe die mir dazu einfallen würden sind leider justiziabel.

Und es spiegelt nicht in Ansätzen das wieder womit sich der allergrößte Teil der 15-20.000 Besucher des Comic-Salons in der kommenden Woche beschäftigen wird.

Man kann das aber durchaus so machen und es gäbe wohl auch wenig Grund sich groß darüber aufzuregen.
Weltfremde Elfenbeinturm-Veranstaltungen einer sich in ganz anderen Sphären bewegenden Fachjury gibt es schließlich auch anderswo, etwa zuverlässig fast jedes Jahr bei den Berliner Filmfestspielen.

Man kann aber auch statt dessen die Leute (und vor allem die berichterstattende Presse) veralbern und dann
so etwas wie den hier beschriebenen "Publikumspreis" verleihen.

Bernd Glasstetter
30.05.2010, 16:30
Wurden sie doch anscheinend oft genug in den letzten Jahren mit entsprechendem Ergebnis und daher läuft der "Boykott" für dieses Jahr dann von Verlagsseite halt schon und man (bzw. Eckart) fordert nun auch den Rest auf sich entsprechend zu verhalten.Wenn die Verlage sich dazu entscheiden den Max & Moritz zu boykottieren und keine Comics einzureichen, ist das deren Entscheidung. Man kann es auch verstehen, dass so eine Einreichung auch ins Geld geht und wenn man dann nicht gewinnt, dass das frustrierend ist.

Aber noch einmal: Hier wurde zum Boykott des Publikumspreises aufgerufen. Die Fans sollen ihn boykottieren. Und das ist das, was ich nicht nachvollziehen kann. Können diejenigen, die zum Boykott der Abstimmung aufgerufen haben, nicht einfach die eigenen Fakten auf den Tisch legen, sagen, warum man nicht eingereicht hat und dann ganz neutral die Fans entscheiden lassen, wie sie sich entscheiden?

L.N. Muhr
30.05.2010, 16:33
Wobei man einwerfen muss: die inhaltlichen Weiterentwicklungen der deutschen Comiclandschaft fanden in den letzten Jahren hauptsächlich bei Carlsen, Reprodukt u.ä. statt - die formalen dagegen bei Verlagen wie Splitter und Cross Cult.

Ich bin also gar nicht so sehr gegen die Nominierung der nominierten Titel - ich habe nur den Verdacht, dass sie aus fragwürdigen Gründen geschah. (Hier ist auch das Beispiel der Will-Eisner-Edition bei Carlsen interessant: zwei Jahre lang quartalsweise verschoben und dann kommt sie zehn Wochen vor dem Salon endlich raus und es gibt auch gleich einen Preis dafür. Das riecht ganz ehrlich meilenweit nach Politik. Was war da zuerst da - der Preis oder das Buch?)

L.N. Muhr
30.05.2010, 16:35
Wenn die Verlage sich dazu entscheiden den Max & Moritz zu boykottieren und keine Comics einzureichen, ist das deren Entscheidung. Man kann es auch verstehen, dass so eine Einreichung auch ins Geld geht und wenn man dann nicht gewinnt, dass das frustrierend ist.

Es geht nicht um das Gewinnen. Es geht darum, dass wir nicht glauben, auch nur in die Duftspurnähe einer Nominierung gelangen zu können. Über die Gründe könnte man spekulieren, aber ich denke, ich werde stattdessen eher in Erlangen das Gespräch suchen. ;)

Und zu deiner zweiten Frage: man kann. Kann man dann nicht auch grobe, durchaus verletzende, ja fast ehrenrührige Verallgemeinerungen mit "man" lassen, die ungefähr so zielgenau sind wie eine Ladung Schrot? Bitte?

Bernd Glasstetter
30.05.2010, 17:06
Und zu deiner zweiten Frage: man kann. Kann man dann nicht auch grobe, durchaus verletzende, ja fast ehrenrührige Verallgemeinerungen mit "man" lassen, die ungefähr so zielgenau sind wie eine Ladung Schrot? Bitte?Nach einer durchwachten Nacht mit Magen-Darm-Infekt bin ich nicht so ganz zielgenau, Entschuldige bitte. Ich habs mal anders formuliert.

Lola65
30.05.2010, 17:16
Gute Besserung Bernd :)

idur14
30.05.2010, 17:20
Ich wäre ja dafür, dass sich die übergangenen VErlage eine Gegenveranstaltung einfallen lassen, indem sie sich kurz zusammentun und insgesamt 20 Titel (max 2 pro Verlag)auswählen. Da können dann auch Carlsen und Reprodukt dabei sein aber eben auch die "Übergangenen". Die Abstimmung erfolgt dann an einem Computer unter den Besuchern bis Samstag abend. Mal sehen was da rauskäme.
Unter den Teilnehmern wird was ausgelost, also müssen sie auch die Namen und Adressen bekannt geben und können nicht doppelt abstimmen.

Clint Barton
30.05.2010, 17:31
Das Modell "Til Schweiger"?

ELDORADO
30.05.2010, 18:36
Im Gegensatz zu Herrn Schweiger (der mittlerweile ja nur noch handverlesene Journalisten zu den Pressevorführungen seiner Filme einlädt),
würde es sich ja hier nicht um die Akktion einer einzelnen beleidigten Leberwurst handeln.

Ich bezweifle zwar, dass sich etwa ein Ehapa-Verlag da so eindeutig positionieren würde,
aber grundsätzlich finde ich Idur14s Idee einer "Gegenveranstaltung" durchaus charmant.

Lola65
30.05.2010, 18:41
zumindestens könnte man so eine Gegenveranstaltung im Rahmen 10 Jahre Comicforum hier durchführen

ELDORADO
30.05.2010, 22:11
Wohl kaum.
Da das Comicforum den Publikumspreis in dieser Form unterstützt, dieses ganze Thema ja mit der Aufforderung zur Abstimmung eröffnet wurde und das laut Bernd auch schon rund 250 User getan haben, wird man hier nun sicher keine alternative Gegenabstimmung mehr starten
(was ja auch verständlich ist).

Mick Baxter
30.05.2010, 23:50
Mit "Publikumspreis" ist auch nicht der beliebteste unter allen erschienenen Comics gemeint, sondern der Beliebteste unter den M&M-Nominierten. Den kleinen Zusatz hat man nur vergessen... nehme ich einfach mal so an.

Damit hast du es auf den Punkt gebracht. Denn genau dies bedeuten Publikumspreise gerade auf Festivals.
Auch wieder so ein Statement, bei dem ich versucht bin, "Unfug" zu rufen. Es gibt keinen Publikumspreis bei irgendeinem Festival, der an die Entscheidung der Festivaljury gekoppelt ist. Einzig (und das ist bei Film-Festivals zwangsläufig, in Erlangen aber völlig unnötig) an die Entscheidungen der Vorauswahlgremien. Und die gehen ja gerade mit dem Vorsatz, ein breites Spektrum abzubilden, an ihr Werk. Was in Erlangen ja nun nicht geschehen ist.


Was ich jetzt nicht ganz verstehen kann: Wenn die Comics nicht eingereicht wurden, wie sollen sie dann nominiert und dann auch gewählt werden? Hier wird doch die Auswahl der Jury in diesem Jahr kritisiert. Ich könnte das mit dem Boykott-Aufruf noch verstehen, wenn jetzt von Euch Comics eingereicht worden und diese nicht nominiert worden wären. Aber so...
Die Frage ist doch eher: Warum sollte man an einer Abstimmung teilnehmen, bei der die Gleichberechtigung mit Füßen getreten wird? Zumal es dem Abstimmrenden doch völlig gleich sein kann, ob die Verlage die Jury mit Freiexemplaren versorgt haben oder nicht, denn er muß seine Comics ja auf jeden Fall selber kaufen.

Mick Baxter
31.05.2010, 21:56
Felix Giesa kommentiert (http://www.satt.org/comic/10_05_cse10.html) die Diskussion wenig nachvollziehbar:


Zudem soll erstmals nach dem Vorbild des Publikum-Preises in Angoulême auch in Erlangen ein solcher Preis auf Grundlage der ‚Liste‘ vergeben werden. Ulkigerweise gibt es wegen dieses Punktes derzeit heftigen Streit in der ‚Szene‘, nachdem im Forum des Comic-Salons vorgeschlagen wurde, den Publikumspreis zu boykottieren. Ein Preis, der auf einer Vorauswahl beruhe, könne kein echter Publikumspreis sein, so der Tenor. Dem könnte man vielleicht noch folgen, aber hier meint „Publikumspreis“ den vom Publikum aus den nominierten Titeln ausgewählten Favoriten.
Wenn "Publikumspreis" meint, die Besucher können aus einer beliebigen Liste ihren Favoriten wählen, kann man die Liste doch gleich auf die Preisträger der Jury eindämpfen. Oder im digitalen Zeitalter am besten auf zwei Titel.

Martin Jurgeit
01.06.2010, 06:43
(...) Und es spiegelt nicht in Ansätzen das wieder womit sich der allergrößte Teil der 15-20.000 Besucher des Comic-Salons in der kommenden Woche beschäftigen wird (...)
Genau dies bestreite ich. Diese Zuspitzung trifft allenfalls für die Besucher der Comic-Messe zu, die aber nur einen Teil des Comic-Salons ausmacht - allerdings einen Teil, den viele Branchen-Profis gerne mit der Gesamtveranstaltung gleichsetzen, weil sie kaum mal aus dem Kongresszentrum rausfinden. Ich selber kenne dieses Problem nur zu gut und werde mich spätestens am Sonntag auch wieder darüber ägern, wie wenig ich "draußen" mitbekommen habe.
Den Comic-Salon machen aber auch die vielen Ausstellungen, Abendveranstaltungen etc. aus, die mehr zur Gesamtbesucherzahl beitragen, als sich viele hier wohl vorstellen können. Und gerade dieses Publikum besucht den Comic-Salon größtenteils als ein Kultur-Festival und weniger wegen seiner Messe- und Börsen-Atmosphäre und hat entsprechend ganz andere Interessen, die sich durchaus mit der - auch hier gescholtenen - Feuilleton-Berichterstattung über Comics decken.
Wir sollten zudem berücksichtigen, dass der harte "Szene-Kern" auf der Messe zu großen Teilen aus Dauerbesuchern besteht, während die zweite Gruppe viele Tagesbesucher aufweist. Würde man also noch eine zweite Rechnung nach "Köpfen" und nicht nach "Tickets" aufmachen, würden die Zahlen viele noch mehr überraschen.

eck@rt
01.06.2010, 06:54
"Ulkigerweise" fallen Felix Giesa dieselben Dinge unangenehm auf, die hier in der Diskussion moniert werden - warum ist er dann so heftig bemüht, Kritik zu vermeiden? Eine Jury ist nicht sakrosankt. Es ist nicht gut für einen solchen Preis und auch nicht schön für die Preisträger, wenn aufgrund der Jury und ihrer Entscheidungen ein "Geschmäckle" vermutet werden kann. Das ist die eine Sache. Die zweite ist, dass das Publikum eine einseitige Vorauswahl absegnen soll, also nur als Alibikuh dient. Da darf man doch wohl laut aufstöhnen.

Und ein zweites Mal, wenn man Martin Jurgeits argumentatorischen Schlingerkurs liest.

eck:rolleyes:rt

arzach
01.06.2010, 08:20
Und gerade dieses Publikum besucht den Comic-Salon größtenteils als ein Kultur-Festival und weniger wegen seiner Messe- und Börsen-Atmosphäre...

Wir sollten zudem berücksichtigen, dass der harte "Szene-Kern" auf der Messe zu großen Teilen aus Dauerbesuchern besteht, während die zweite Gruppe viele Tagesbesucher aufweist.

Ich glaube ja eher, dass ein Großteil der genannten "zweiten Gruppe" die jetzigen Kandidaten des "Publikumspreises" weder kennt noch Gelegenheit zur Abstimmung haben wird (oder beides). Zumindest ist das das vorherrschende Stimmungsbild unter potenziellen Tagesbesuchern in meinem Umfeld.

Yellowsam
01.06.2010, 08:49
@ Martin: Wer hat eigentlich festgelegt, dass das "normale" Publikum Feuilleton Comics lesen will? Dafür gibt es nicht einen einzigen Grund. Glaubst du ernsthaft, dass das Kern-Comicpublikum völlig anders auf Story und Grafik reagiert als der Rest der Bevölkerung? Totaler Quatsch. Unsere Bestseller sind auch die bestverkauften im Buchhandel.
Natürlich gehen Leute gezielt in Buchhandlungen, wenn sie im Feuilleton etwas über einen Comic lesen. Aber das tun sie auch, wenn es einen Artikel über einen von der Jury ausgegrenzten "Main-Stream-Titel" gibt. Wahrscheinlich andere Leser. Aber sind das wirklich Schlechtere?
Und genau das stört mich an der Juryauswahl. Dem "normalen Publikum" wird vorgegaukelt, dass der moderne Comic das ist, was von der Max und Moritz Jury vorgeschlagen wurde. Eine kleines Segment aus einem Pool an Material, das so bunt ist wie nie zuvor. Das hätte man dokumentieren und in der Presselandschaft kommunizieren können. Oder schämt sich die Jury des Materials und der Fans so sehr? Das sind die Fans die die Szene jahrelang am Leben gehlten haben und etliche 10.000nde in die Verlage investiert haben.
Ich habe nichts dagegen, dass diese Feuilleton Comics dann die Preise bekommen. Nur die Auswahl hätte ich gerne breiter gesehen.

Dirk

Martin Jurgeit
01.06.2010, 09:02
(...) Ich habe nichts dagegen, dass diese Feuilleton Comics dann die Preise bekommen. Nur die Auswahl hätte ich gerne breiter gesehen. Dirk
Da stimmen wir ja völlig überein. Ich habe weiter oben ja klipp und klar gesagt, dass ich mir auch eine andere Nominiertenliste hätte vorstellen können. Und ich bin auch sehr zuversichtlich, dass das in zwei Jahren sehr gut deutlich anders ablaufen könnte. Wir sollten nur nicht immer diese Diskussion allein von den Extrempositionen heraus führen - hier die Alben-Verleger mit klassischen Unterhaltungsserien, dort die avantgardistischen Graphic-Novel-Verleger. Beide Gruppen sind genauso wichtig für die Szene.
Auch wenn es aus meiner Sicht allerdings einen großen Unterschied gibt, der hier vielleicht zu wenig berücksichtigt wird: Bei den "klassischen" Alben-Verlagen kommen deutlich weniger Eigenproduktionen zum Abdruck, was sich natürlich auch in der Summe der Nominierten verstärkend zugunsten der Graphic-Novel-Verlage niederschlägt. Und gerade unter diesem Aspekt bedauere ich es übrigens auch sehr, dass der neue Schultheiss von Splitter nicht dabei ist.

idur14
01.06.2010, 09:13
Ich habe jetzt mal für mich versucht eine Nominierten Liste zu erstellen. Aus der alten Liste habe ich jene Comics gestrichen, die erst in den letzten 2-3 Monaten auf den Markt gekommen sind sowie jene die ich nicht für gut genug halte. Als Ersatz habe ich Comics von vernachlässigten Verlagen dazu gegeben.

Im Endergebnis bleibt bei mir jedoch derselbe Sieger übrig wie bei der aktuellen Liste (auch jener für den ich hier gestimmt habe, obwohl ich mit der Art der Nominierung nicht zufrieden bin). Das ist übrigens für mich nicht der beste Comic oder jener den ich am liebsten dauernd lese. Es ist halt jener, den ich für außergewöhnlich halte und der am stimmigsten die Themen Kunst, Breitenwirkung und inhaltliche Message vereint.

horst
01.06.2010, 09:52
Da stimmen wir ja völlig überein. Ich habe weiter oben ja klipp und klar gesagt, dass ich mir auch eine andere Nominiertenliste hätte vorstellen können. Und ich bin auch sehr zuversichtlich, dass das in zwei Jahren sehr gut deutlich anders ablaufen könnte. Wir sollten nur nicht immer diese Diskussion allein von den Extrempositionen heraus führen - hier die Alben-Verleger mit klassischen Unterhaltungsserien, dort die avantgardistischen Graphic-Novel-Verleger. Beide Gruppen sind genauso wichtig für die Szene.
Auch wenn es aus meiner Sicht allerdings einen großen Unterschied gibt, der hier vielleicht zu wenig berücksichtigt wird: Bei den "klassischen" Alben-Verlagen kommen deutlich weniger Eigenproduktionen zum Abdruck, was sich natürlich auch in der Summe der Nominierten verstärkend zugunsten der Graphic-Novel-Verlage niederschlägt. Und gerade unter diesem Aspekt bedauere ich es übrigens auch sehr, dass der neue Schultheiss von Splitter nicht dabei ist.

Was dann wohl wieder "nur" dem Label Graphic Novel geschuldet wäre?! :kratz:

Aber ... uuups... da hast Du doch auch glatt die Wolkenvolk-Trilogie vergessen! ... ;)
... die mittlerweile auch schon 200 Seiten stark ist.

Sei es , wie es sei... selbst das höchste Wachstum "im Buchandel" bringt
manche nicht davon ab genau dies zu tun - "Graphic Novel" gegen die
"klassische Unterhaltung" auszuspielen - aber genau "letztere" birgt mehr
Wachtumspotential ausserhalb der Liebhaberszene. Es stellt sich nur die
Frage bis wann man das, was ja faktisch schon lange stattfindet, bereit
ist einzusehen.

Hinnerk
01.06.2010, 10:11
Wie? ... der ganze Max&Moritz-Preis wurde angelegt um "Alpha Directions" auszupreisen? :kratz: :D

Du könntest richtig liegen. Aus Andreas Platthaus FAZ-Blog vom 22.5.:

Klar, daß ich mit dieser Auswahl zufrieden bin. Gleich zwei F.A.Z.-Strips sind dabei und etliche Bände, die ich in den letzen zwei Jahren geliebt und propagiert habe (Harders „Alpha" und Ulli Lusts „Letzter Tag", die, wenn alles vernünftig läuft, die Preise für den besten deutschen Zeichner - Harder - und fürs beste deutsche Album - Lust - erhalten werden),...

Er scheint Alpha deutlich vor Erscheinen bekommen zu haben. :D

L.N. Muhr
01.06.2010, 10:18
Das ist im Endeffekt der Streit zwischen den Auswahlkriterien des Academy Award und der Goldenen Palme, da wird man auch auf keinen Nenner kommen, welche Vorgehensweise besser ist - jene, die sich eher an populären Stoffen orientiert oder jene, die sich aus den populären (populär aufgearbeiteten) Stoffen die innovativen heraussucht.

Die "klassische Comicunterhaltung" ist häufig eskapistisch ausgerichtet (und zwar speziell im Bereich der eskapistischen Fantastik bzw. Abenteuererzählung), das trifft z.B. auf die meisten Splitter- und Cross-Cult-Titel zu. Hier muss man festhalten, dass viele Konsumenten das gar nicht wollen, sondern eine am Realismus orientierte Unterhaltung suchen. (Also Titel wie "Blankets".) Hier wird man auch nur schwer auf einen Nenner kommen, viele Leser treffen da irgendwann eine entweder/ oder-Entscheidung für Eskapismus oder Realismus.

Das ist die aktuelle Spiegel-Bestseller-Liste, die deutlich zeigt, dass auch realistische Unterhaltung (was in Deutschland einfach mal meist mit "Graphic Novel" gleichgesetzt wird) gefragt ist:

http://www.spiegel.de/kultur/charts/0,1518,458623,00.html

Hierzu siehe eben auch die Anmerkung von Dirk Rehm weiter vorn, was einige Reprodukt-Titel angeht. Diese Titel finden auch ein beachtliches Publikum, nur eben ein anderes, weshalb, je nach dem in welchem Comiclager man sich bevorzugt aufhält, man das häufig nicht sieht, weil nur sehr wenige Titel lagerübergreiffendes Interesse wecken.

Nicht vergessen sollte man, dass die Feuilleton-Mafia (*gnihi*) immer noch täglich Leser im Millionenbereich erreicht - da bleibt halt einfach was hängen. Da wird Harder auch seine Kunden finden, so wie der Shaun Tan (3. Auflage, pi mal Daumen 10.000 verkaufte Exemplare) seine Kunden gefunden hat. (Oder auch nicht. Zum Vergleich, "Breakdowns" soll trotz massivem Feuilleton-Getrommel im 4.000er-Berreich im ersten Verkaufsjahr stecken geblieben sein. Kann es sein, dass die Nominierten-Liste sich doch, irgendwie, an Verkaufszahlen orientiert hat, nur eben an den Verkaufszahlen einer spezifischen Gattung Comics?)

L.N. Muhr
01.06.2010, 10:19
Er scheint Alpha deutlich vor Erscheinen bekommen zu haben. :D

Der Band ist vor einem Jahr in Frankreich erschienen, und Andreas liest französisch (und Leute wie Harder sind exakt seine Kragenweite).

Außerdem ist er nicht Mitglied der Jury.

eck@rt
01.06.2010, 11:23
Der Band ist vor einem Jahr in Frankreich erschienen, und Andreas liest französisch

Wobei der Band ja nicht gerade vor Text überbordet. Was in Zusammenhang mit Erlangen auffällt, ist, das Thierry Groensteen eingeladen wurde, der "Alpha" in Frankreich rausgebracht hat.

eck:rolleyes:rt

Yellowsam
01.06.2010, 11:32
@L.N.
Da hast du natürlich eine Liste rausgesucht in der jetzt zufällig die Genre Titel wie Biss gerade rausgefallen sind.
Und bei den Kino Titeln sieht man sehr deutlich, dass die Präsenz der Alltagsgeschichten nicht vorhanden ist, sondern die fantastischen Themen vorne liegen. Und Comic liegt als optisches Medium irgendwo dazwischen. Aber ich möchte ja auch gar nicht Genres gegeneinander ausspielen, sondern hätte sie gerne nebeneinander gesehen.

Dirk

L.N. Muhr
01.06.2010, 12:01
Genau darum geht es mir ja auch. Ich denke nicht, dass man die "klassischen Comicstoffe" hier besonders hervorheben sollte - oder herunterspielen. Ich denke, dass - wie in der gesamten Kultur auch - sich die Comiclandschaft so sehr diversifiziert hat, dass es keine eindeutigen Antworten mehr gibt, wer besser, relevanter, wichtiger ist. Das ist dann auch das Dilemma der Jury, die sich ja dennoch irgendwie positionieren muss. Im Endeffekt gibt es keine Comicszene mehr, es gibt nur noch Comicszenen.

idur14
01.06.2010, 12:14
Wir kommen zurück zum eigentlichen Problem:
Wenn sich eine Jury positionieren muss, weil sie eine Comicszene unter den vielen auswählen muss, so ist das toll für einen Jury Preis, aber nicht für einen Publikumspreis.

Und so umfassend ist der gesanmte Comicbereich nun auch wieder nicht, dass das Publikum unter den vielen Comics aus den vielen "Comicszenen" nicht welche herauspicken kann.

horst
01.06.2010, 13:53
Das ist dann auch das Dilemma der Jury, die sich ja dennoch irgendwie positionieren muss.

Nein, das "muss" sie nicht... sie "möchte" sich positionieren!

L.N. Muhr
01.06.2010, 14:13
Sie muss. Sonst gibts am Ende Kraut und Rüben und ein unseliges Quoten-Nominierungsgerangel. Will hier irgendjemand die Splitter-Quotennominerung des Festivals? Da hat doch niemand was von.

In einer wie von mir geschriebenen diversifizierten Szene bleibt dir nur, dich entweder für eine Ortsbestimmung zu entscheiden oder einen Spagat zu wagen, der am Ende wahrscheinlich alle unglücklich dastehen lässt. Bzw. der scheitern muss in dem Versuch, irgendwie alle glücklich zu machen.

Früher hatten wir drei Fernsehsender und drei Comicverlage. Heute haben wir hundert Fernsehsender und hundert Comicverlage. Nicht nur der Markt, die gesamte Szene hat sich verändert. Deshalb ist es vermutlich heute so schwierig wie nie zuvor, einen M&M zu vergeben. (Dass man dennoch nicht einfach Carlsen quer durch die Bank nominieren kann, und gut ist, ist für mich trotzdem keine Frage. Je länger ich darüber nachdenke, desto fragwürdiger kommt mir vor allem die Manga-Nominierung vor. Hier habe ich weiterhin den Verdacht einer gewissen Bequemlichkeit der Jury, einfach nur das zu lesen, womit die großen Verlage einen zuschmeissen. Das kann natürlich kein Zustand sein.)

Mick Baxter
01.06.2010, 14:38
Sie muss. Sonst gibts am Ende Kraut und Rüben und ein unseliges Quoten-Nominierungsgerangel.
Das ergibt sich aus der Besetzung der Jury. Sollte die selbe Jury den Preis bei einem Phantastik-Festival vergeben, käme sie mächtig ins schleudern. Und wäre sie bunter besetzt, gäbe es natürlich keine so stringente Linie. Wenn bei einem so vielfältigen Angebot die Jury sich derartig einig ist, ist was faul im Staate Dänemark.

L.N. Muhr
01.06.2010, 15:59
Das hier Politik betrieben wird, sehe ich vermutlich ähnlich wie du.

Ich habe grade nebenher noch ein wenig über die Manga-Nominierungen nachgedacht. Und je länger ich darüber nachdenke, desto größer wird mein Verdacht, dass in der aktuellen Jury eigentlich niemand so recht einen Zugang zum japanischen Comic zu haben scheint. Die nominierten Titel kommen mir vor wie Quotenmangas. (Und insofern dann doch schon Kraut und Rüben, ja.) Das ist nur ein Gefühl, keine Feststellung, wie ich betonen will.

Man sollte in der Tat dringend über eine zeitliche Begrenzung des Jurorenpostens reden.

eck@rt
01.06.2010, 16:55
Man sollte in der Tat dringend über eine zeitliche Begrenzung des Jurorenpostens reden.

Du meinst: Wie lange darf ein unbelecktes Jurymitglied brauchen, um sich umfassend über die Zweijahresproduktion aller deutscher Verlage zu informieren?

eck:Drt

eck@rt
02.06.2010, 06:05
In ein paar Stunden fahre ich nach Erlangen, um unseren Stand aufzubauen. Ein letzter Appell an die Verantwortlichen des "Publikumspreises", die die Diskussion doch hoffentlich verfolgt haben: Blast diesen Preis sofort ab, damit nicht der ganze Max-und-Moritz-Preis in Misskredit gerät, wenn das Publikum während der Gala "unruhig" wird.

Leider bleibt auch bei Streichung des "Publikumspreises" viel Misstrauen gegenüber der Nominiertenliste. Bis 2012 sollte es deswegen in der Preisgestaltung unbedingt Änderungen geben.

eck:)rt

horst
02.06.2010, 09:03
Früher hatten wir drei Fernsehsender und drei Comicverlage. Heute haben wir hundert Fernsehsender und hundert Comicverlage.


Und? Deshalb tut man lieber so, als ob es immer noch nur 3 Verlage gäbe?
Das soll der richtige Weg sein? ... Der Szene als Ganzes hilft man so nicht...
man verkleinert sie somit höchstens nur!

Ein "olympischer" Gedanke wäre mir da lieber... und auch dort haben in den
letzten hundert Jahren die Teilnehmer nur eines gemacht... massiv zugenommen! ;)

Auf dem Spielplatz "und" auf den Tribünen!

... Cu in Erlangen!

L.N. Muhr
02.06.2010, 10:43
Wie gesagt: eine Szene als Ganzes existiert nicht mehr.

Persönlich fühle ich mich immer wie ein Chamäleon, wenn ich von Verlag zu Verlag gehe und rede. Weil praktisch jeder nur über sein eigenes Gebiet zu reden in der Lage ist und kaum jemand die Comiclandschaft wirklich als großes Ganzes begreift (geschweige denn in seinen Leseinteressen persönlich so wahrnimmt). Die Comicszene zerfällt heute in mindestens fünf Unterszenen, die alle unter sich bleiben und den anderen eher neutral-desinteressiert gegenüber stehen.

Das war vor zwanzig und noch vor fünfzehn Jahren durchaus anders.

Wie soll man es denn da allen recht machen? So könnte man es höchstens allen halb- und viertelrecht machen, was ich aber auch nicht als Lösung auffassen würde.

Pats Reiseabenteuer
03.06.2010, 16:17
@ Martin: Wer hat eigentlich festgelegt, dass das "normale" Publikum Feuilleton Comics lesen will? Dafür gibt es nicht einen einzigen Grund. Glaubst du ernsthaft, dass das Kern-Comicpublikum völlig anders auf Story und Grafik reagiert als der Rest der Bevölkerung? Totaler Quatsch. Unsere Bestseller sind auch die bestverkauften im Buchhandel.
Natürlich gehen Leute gezielt in Buchhandlungen, wenn sie im Feuilleton etwas über einen Comic lesen. Aber das tun sie auch, wenn es einen Artikel über einen von der Jury ausgegrenzten "Main-Stream-Titel" gibt. Wahrscheinlich andere Leser. Aber sind das wirklich Schlechtere?
Und genau das stört mich an der Juryauswahl. Dem "normalen Publikum" wird vorgegaukelt, dass der moderne Comic das ist, was von der Max und Moritz Jury vorgeschlagen wurde. Eine kleines Segment aus einem Pool an Material, das so bunt ist wie nie zuvor. Das hätte man dokumentieren und in der Presselandschaft kommunizieren können. Oder schämt sich die Jury des Materials und der Fans so sehr? Das sind die Fans die die Szene jahrelang am Leben gehlten haben und etliche 10.000nde in die Verlage investiert haben.
Ich habe nichts dagegen, dass diese Feuilleton Comics dann die Preise bekommen. Nur die Auswahl hätte ich gerne breiter gesehen.

Dirk

Ich finde, da ist viel Wahres dran. Gerade für so einem Publikumspreis kann man sich auch dem Populären widmen. Die anderen bekommen den Jurypreis.

LeGuy
04.06.2010, 10:52
Noch ein bisschen Senf zu den Nominierungen, dem Publikumspreis und dieser Diskussion: http://weltamdraht.comicgate.de/2010_06_01_archive.html#2793633714854039591

Schninkel
05.06.2010, 12:28
@ LeGuy:

Zu dem von Dir verlinkten Artikel aus dem ComicGate:

"Der Vorwurf der Einseitigkeit beruht vor allem auf der Tatsache, dass der Carlsen-Verlag mit acht von 20 Nominierungen überproportional vertreten ist und auch beim Sonderpreis und beim Lebenswerk-Preis zum Zug kommt. Hier eine üble Verschwörung mit Schmiergeldern und vom Verlag bezahlten Bordell-Flatrates zu vermuten, wäre kindisch."

Bis hierhin kann ich noch folgen, aber:

"Als neutraler Beobachter muss man anerkennen, dass derzeit kaum ein anderer Verlag eine so breite und vielfältige Palette von hochwertigen Comics unterschiedlichster Herkunft anbietet"

stimmt m.E. so nicht. Hier möchte ich vehement wiedersprechen und verweise auf die Verlagsprogramme von u.a.:

Reprodukt, Avant, Edition Moderne.

LeGuy
06.06.2010, 10:44
@Schninkel: Du hast Recht, und darum steht da ja auch kaum und nicht kein. Ein bisschen breiter aufgestellt als die drei von dir genannten ist Carlsen aber schon: bei Avant, Reprodukt und Edition Moderne erscheinen zum Beispiel keine Manga.

Schninkel
06.06.2010, 11:31
Bezüglich der Mangas - mit Ausnahme des "lachenden Vampirs" bei Reprodukt - stimmt das und da ist Carlsen richtig gut; für mich vor allem wegen "Ikkyo". Aber ist der mengenmäßige Ausstoß und auch die Bandbreite - von den Manga abgesehen - bei Carlsen wirklich größer als bei Reprodukt?