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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zum Lesen verurteilt



scribble
17.04.2010, 15:55
Das Jugendgericht in Fulda kann seit einigen Wochen eine ungewöhnliche Strafe verhängen: Jugendliche Ersttäter oder solche, die z. B. wegen Schwangerschaft oder anstehenden Operationen keine Arbeitsstunden ableisten können, können auch zum Lesen eines Buchs verurteilt werden. Mehr dazu in unserer Newsmeldung (http://www.splashbooks.de/php/aktuelles/news/23778).

Was meint Ihr dazu? Eine sinnvolle Möglichkeit, auf fehlgeleitete Jugendliche einzuwirken, oder eine Schnapsidee, über die sich die Kids höchstens kaputtlachen? Kann der Zwang zum Lesen die Liebe zu Büchern wecken, oder ist das aufgrund der Umstände von vorneherein ausgeschlossen? Welchen Einfluß hatten oder haben Bücher in Eurer Jugend auf Euch ganz persönlich?

Ich bin gespannt auf Eure Meinung!

Bis dann,

scribble

Lola65
17.04.2010, 16:13
sollen sie nur lesen? wird das kontrolliert? müssen sie einen aufsatz über das gelesene buch schreiben?

klingt eher nach einer schnapsidee

scribble
17.04.2010, 16:59
Die Jugendlichen bekommen Aufgaben zu dem Buch und müssen schriftlich darüber berichten, was sie beim Lesengelernt haben. Offenbar sind erste Erfahrungen recht erfolgreich - ein Jugendlicher hat anstelle der verlangten fünf Seiten gleich mal dreizehn abgeliefert, ein anderer will selbst ein Buch über sein eigenes Leben schreiben. Es gab aber auch einen, der sich mit Hilfe einer aus dem Netz kopierten Zusammenfassung drücken wollte. Dem sind sie schnell draufgekommen :D

Bis dann,

scribble

Mick Baxter
17.04.2010, 23:26
Lesen als Strafe macht es sicher nicht populärer. Die Frage ist auch: Müssen die Delinquenten Gebrauchsanweisungen und Sachbücher lesen oder Belletristik?

scribble
18.04.2010, 11:10
Es gibt eine Liste (PDF) (http://www.ag-fulda.justiz.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMdJ_15/AMG_Fulda_Internet/med/052/05213b94-7ac6-721f-3efe-fe2389e48185,22222222-2222-2222-2222-222222222222) mit Buchempfehlungen. Das sind ausgewählte Romane, die sich jeweils mit dem Delikt befassen, wegen dem der Jugendliche verurteilt wurde.

Zum Beispiel beschäftigt sich Die Ameisensiedlung (http://www.dtv-dasjungebuch.de/buecher/die_ameisensiedlung_78212.html) von Miriam Günther mit Problemen wie Ausgrenzung, zerbrochene Familien, Alkohol oder Schule schwänzen. Morton Rhues Ich knall euch ab! (http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/KJL/m_rhue.htm) dreht sich um Mobbing, Schulprobleme und Amokläufe. Es gibt auch Bücher für Jugendliche, die etwa Sexual- oder Drogendelikte begangen haben.

Dass der Zwang nicht unbedingt dazu beitragen wird, dass die Jugendlichen danach gerne lesen, ist auch in meinen Augen das größte Problem. Aber ich finde, wenn es tatsächlich den gewünschten Effekt hat und die Jugendlichen zum Nachdenken bringt und dazu, dass sie ihr Leben ein Stück weit ändern - dann ist es allemal eine bessere Strafe als Parkwege fegen oder ein Wochenende im Arrest sitzen.

Bis dann,

scribble

scribble
23.04.2010, 15:53
Auch wenn das jetzt ein Doppelpost wird, aber weil es mir gerade in die Finger gefallen ist: Auch in den USA gibt es Lesen als Strafe - aber in anderem Sinne. In einer Bibliothek in Salt Lake City können Kinder Strafgelder für zu spät zurückgegebene Bücher "ablesen". Je zehn Minuten Lesen wird ein Dollar erlassen (Quelle: Beacon News (http://www.suburbanchicagonews.com/beaconnews/lifestyles/2174896,Library-Fines-0420.article)).

Bis dann,

scribble

Bernd Glasstetter
03.05.2010, 12:28
Hier gibt es noch ein interessantes Interview zu dem Thema:

http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,690802,00.html

Mick Baxter
03.05.2010, 13:55
In einer Bibliothek in Salt Lake City können Kinder Strafgelder für zu spät zurückgegebene Bücher "ablesen". Je zehn Minuten Lesen wird ein Dollar erlassen
Das ist ja eigentlich noch seltsamer. Immerhin sind Kinder, die Bücher ausleihen, keine notorischen Nicht-Leser. Das ist bei jugendlichen Straftätern aus dem entsprechenden Milieu schon eher zu erwarten. Und Lesen (ob als Strafe oder freiwillig) fördert die Lesekompetenz.
Entweder sind in Salt Lake City die Strafgelder astronomisch oder die "Gegenleistung" bescheiden.

Yuuhi
30.05.2010, 21:32
Klingt für mich auch eher nach Schnappsidee.

Die Jugendlichen lesen zwar Bellestrik die möglicherweise an ihre Fälle erinnert, was in einigen speziellen Fällen hilfreich sein mag, als Strafersatz finde ich es jedoch pädagogisch nicht wertvoll. Es gibt sehr viele Jugendliche die damit nicht draus lernen werden und es klingt sehr nach Strafarbeit die man von einem Lehrer aufbekommt, nicht nach Justiz.

Angin
26.03.2011, 03:00
ich bin dafür! Man sollte Täter dazu bringen über Ihre taten nachzudenken, wenn sie das nicht allein schaffen, muss man halt "nachhelfen"