Ein paar Anmerkungen zum Nest im Urwald:
Als erstes fällt mir der Hommage-Charakter an die Tierfilme(r) auf. Der Aufbau von Steffanis Film enthält genau die Elemente, die ein typischer Tierfilm enthalten muß: mühselige Suche der Tiere in der Wildnis, Nahrungsbeschaffung, natürliche Feinde und stets erfolgreiche Kämpfe mit diesen, Balz, Nestbau, Nachwuchs, Aufzucht, Jahreszeiten.
"Natürlich" bewahrt ein günstiges Schicksal in Form von Dunkelheit die Tierfilmerin davor, etwa Paarung und Geburt der Kleinen zeigen zu müssen. Wir schreiben die 50er Jahre ... Franquin erlaubt sich immerhin, dieses indirekt anzudeuten (S. 25, 30).
Mittels der Kolibris, Blumen, Araschwänze und der verspielten Lautmalereien gelingt es Franquin zauberhaft, die Verliebtheit des Pärchens zu veranschaulichen. - Auch die Dschungel-Atmosphäre wird mit leichter Hand hervorragend vermittelt!
Die Piranhas sind offenbar nicht nur gefräßig, sondern auch strohdumm! Regelmäßig den Kürzeren zu ziehen, führt bei Tieren normalerweise zu einem Lernprozess: von dieser Beute lassen wir mal lieber die Finger bzw. Beißerchen! Nicht so die Piranhas (und der Jaguar ebensowenig) ...
Der Einbau der Wutanfälle anderer Tiere (Gorilla, Nashorn, Elefant) dient der Radikalisierung des Marsupilami-Charakters.
Bemerkenswert natürlich auch die ausgeklügelte Konstruktion des Marsupilaminestes! Da könnten sich Rehabilitationszentren mal 'ne Scheibe von abschneiden für ihre therapeutischen Korbflechtereien.
Perfekte, weil passende und evolutionstheoretisch vollkommen einleuchtende Situationskomik auf Seite 33/34!
Etliche Running Gags: der Jaguar und sein ständig kürzer werdender Schwanz, die armen Piranhas, die anstrengende Dame im Zuschauersaal ... Solche Damen sind Kindern bestimmt zu allen Zeiten auf die Nerven gegangen!
Bei der Rahmenhandlung tobt der Geschlechterkrieg: Steffani erweist dem Vorurteil "Frau am Steuer" reichlich Nahrung, begleitet von Machosprüchen (Fantasio, S. 4, Panel 8) und männlichen Ratschlägen. Andererseits werden die beiden Serienhelden in diesem Abenteuer zu bloßen Zuschauern degradiert, nehmen staunend zur Kenntnis, was Steffani für sensationelles Filmmaterial in Palumbien zustande gekriegt hat.
Auf Seite 6 findet sich ein Vorläufer von Polizist Knüsel aus Gaston.
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