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Thema: Die 120 Tage von Sodom

  1. #1
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    Lange vor mir hergeschoben - vor drei Tagen endlich angesehen - immer noch irritiert.

    "Salò" bzw. "Die 120 Tage von Sodom" gilt seit seiner Veröffentlichung 1975 als einer der skandalumwittersten Filme überhaupt. Die Buchverfilmung von Pier Paolo Pasolini, die den italienischen Faschismus von 1944 behandelt, ist auch heute noch starker Tobak und bezieht den größten Reiz eigentlich immer noch aus seinem schlichten Drang zur Provokation. Was dem Regisseur auch oftmals zum Vorwurf gemacht wurde. So soll Pasolini den Film nur gedreht haben, um möglichst geschmacklos alle bisherigen Grenzen zu überschreiten, um sich selbst zu profilieren. Pasolini starb kurz nach der Fertigstellung des Film durch einen mysteriösen Unfall, was die Anrüchigkeit des Films nur noch steigerte.

    Zur Geschichte.
    Der Film, der auf Marquis de Sade Novelle beruht, erzählt recht metaphernreich die Geschichte von vier mächtigen Männern (...sie stehen für Institutionen wie der Kirche, Justiz ect...), die sich mit 16 Jugendlichen - acht männlich und acht weiblich - in einem Schloss verbarrikadieren, in dem der Herzog, der Richter, der Bischof und der Präsident die Maßlosigkeit zum Prinzip erklären. Im Schlepptau sind vier Frauen mittleren Alters, die sich an diversen unmenschlichen Aktionen beteiligen bzw. sie durch Erzählungen motivieren. Der Film unterteilt sich grob in drei Abschnitte: Circle of Manias, Circle of Shit und Circle of Blood


    Als "der krankeste Film, der je gedreht wurde" genießt der Film bis heute eine ungebrochenen polarisierenden Status in der Filmgemeinde, und sensiblen Naturen sei der Film tatsächlich ausdrücklich nicht ans Herz gelegt. Selbst hartgesottene "Braindead"-Gorehounds, die den ultimativen Ekel-Film erwarteten, winden sich zuweilen unangenehm berührt im Sitz. Der Film ist zwar relativ unblutig, dennoch gibt es diverse Szenen, deren Ungeheuerlichkeit mehr irritiert, als bei den mir bekannten gängigen Filmen je zuvor. Aber natürlich nagt auch an diesem Film der Zahn der Zeit und dürfte super-"coolen" Zuschauern mehr verständnislose Erheiterung als Anregung zum Nachdenken bieten.
    Ich möchte an dieser Stelle eigentlich keine ausführliche Kritik zum Besten geben, da ich mir selbst immer noch nicht sicher bin, was ich von dem Streifen eigentlich nun halten soll. Was ich aber mit Bestimmheit sagen kann: trotz aller Provokation ist der Film nicht oft nur ein pures "Ärgernis". Auch wenn die Machart zuweilen dilettantisch und außer physisch- bzw. psychischer Folter keinen Sinn zu haben scheint, ist das Werk mMn nicht "dumm", sondern genauso wichtig für das Kino an sich wie z.B. Leones „Handvoll Dollar“, Kubricks "2001" oder Tarantinos "Pulp Fiction". Es ist ein Film, der damals schon drei Schritte weiter ging, während die „normale“ Filmindustrie noch schüchtern einen Fuss vor den anderen setze.
    Er ist mutig, innovativ und visionär, aber das sind Ed Wood-Filme bekanntlich auch. Ob man es hier aber auch nun mit einem Meisterwerk oder vulgärem Trash zu tun hat, liegt mal wieder im Auge des Betrachters und es wäre interessant, wenn es an dieser Stelle ein wenig erörtert werden würde...

  2. #2
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    Ich würde gern aus eigener Anschauung etwas zur Diskussion dieses Films beitragen - das ist aber leider nicht möglich, da ich ihn nicht gesehen habe. Denjenigen, die sich für diese Thematik interessieren, kann ich allerdings einen hoffentlich aufschlußreichen Literaturhinweis geben:
    In dem Buch "Schönheit und Schrecken. Entsetzen, Gewalt und Tod in alten und neuen Medien", 1990 herausgegeben von Peter Gendolla und Carsten Zelle (Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg), findet sich ein Aufsatz, der sich mit den "120 Tagen" beschäftigt. Leider habe ich die Namen sowohl des Verfassers als auch des Beitrags selbst vergessen, da meine Lektüre dieses Textes schon eine Weile zurückliegt und ich zudem eigentlich einen ganz anderen Aufsatz aus dem Buch lesen wollte; ich bin mehr zufällig darüber gestolpert ... Na, wie dem auch sei; wer das Buch in Händen hält, wird sicher auch den entsprechenden Aufsatz darin finden (müßte der zweit- oder drittletzte sein).

    Ebenfalls ein verwandtes Thema ist sicher Schlingensiefs Film "Die 120 Tage von Bottrop". Da ich Pasolinis Film wie gesagt nicht kenne, sind mir leider die Bezüge zu den "120 Tagen von Sodom" nicht besonders klar sichtbar geworden (bei einigen Szenen hatte ich allerdings eine starken Verdacht, worauf sie anspielen könnten ... ). Ansonsten halte ich "Bottrop" jedoch für einen der leichter verdaulichen Filme von Schlingensief - nicht zuletzt wegen solcher Gaststars wie Helmut Berger, Kitten Natividad und Manfred Kanther sowie der Musik aus der Feder von Helge Schneider. Der Film bereitete mir jedenfalls mehr Sehvergnügen als das schwer nervende "Deutsche Kettensägenmassaker" ...

  3. #3
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    Das "Kettensägenmassaker" hätte ich wiederrum sehr gerne mal gesehen. Als alter Schlingensief-Fan konnte ich sogar diesem kruden Machwerk "United Trash" etwas abgewinnen (...auch wenn mir seine anderen medialen Aktionen weitaus besser gefallen. Erinnert sich noch jemand an "Talk 2000"? ...)

    Gruß...

  4. #4
    Mitglied Avatar von Lost Johnny
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    Oh ja, "Talk 2000" hatte in der Tat einige sehr große Momente. Schade, daß ich MTV nicht empfange und daher die "Fortsetzung" in der U-Bahn nicht sehen konnte ...

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