Was meint denn Mr. Hyde zu dem Thema?
Da Freddy Lombard eine meiner absoluten Lieblingsserien ist, dachte ich mir, hol diese alte Diskussion passend zur neuen Gesamtausgabe doch mal wieder vor.
Was meinen die neuen Leser(generationen) zum Thema?!
Was meint denn Mr. Hyde zu dem Thema?
Ich habe nicht zuletzt durch die lobenden Bemerkungen in diesem Forum einige "Freddy Lombard"-Alben erworben (Komet, Budapest, F-52). Und beim ersten Lesen natürlich gar nicht meh an diese Einschätzungen hier gedacht.
Erstes Ergebnis: Eine ziemliche Verwirrung.
Der Bezug zu Struppi drängte sich förmlich auf. Daher ging ich instinktiv auch von ein ähnlichen Entstehungszeit aus - und wurde immer wieder stutzig.
Der Komet war beim ersten Lesen eher skurril als alles andere - vielleicht erschließt sich die Handlung im zweiten Heft besser. Die allseitige Karthago-Begeisterung erschloss sich mir bei einem französischen Dorf nicht so recht. Auch sonst arg viel Deus-Ex-Machina, bis hin zum völlig unmotivierten und überflüssigen Riesenkraken auf den letzten Seiten.
Ferien in Budapest war vom Thema her spannend, aber hatte auch ziemliche Brüche. Dass die beiden Männer in Jugoslawien ohne jede Vorwarnung Diana stehen lassen und mit dem Kleinen abhauen, das war schon ziemlich harter Tobak. Sie schien es gewohnt zu sein, denn plötzlich trafen sie sich in Budapest wieder und alles war, abgesehen von zwei wohlverdienten Ohrfeigen, relativ schnell wieder easy.
Auf S. 21/23 stutzte ich, wie selbstverständlich mal auf einem Panel gepoppt wird - das passte irgendwie gar nicht zu dem Zeichenstil a la Herge und den Comics der angedeuteten Zeit.
Und die letzte Szene verwirrte mich: Waren unsere Helden nun weg oder spielten sie noch in Budapest? Oder wer sonst spielte den (durchaus gefährlichen) Streich mit dem Leninkopf?
Auch bei F-52 war ich an verschiedenen Stellen etwas verwirrt:
- Die lange Erzählung des Postwagenfahrers - was sollte das? Hätte man m.E. kürzen können.
- Zwei Polizisten rennen einfach mal so auf das startende Flugzeug los und werden fast überfahren / verweht - hmm, zumindest ungewöhnlich.
- Unser "gutes" Mädel wurde eingeschläfert - und sit schon wieder wach und kann fliehen?
- Am Ende öffnet sich mal eben das Flugzeug, weil ein Auto herausfahren will - einfach so in der Luft? Kann das denn jeder? Gibt das nicht einen netten Rückwirbel im Flugzeug, den man solide spürt?
- Und danach Friede Freude Eierkuchen nach dem doch recht heftigen Päderastenvorwurf? Hmm, hier wird aber schnell vorgeworfen und ebenso schnell komplett verziehen. War mir beides zu schnell, der Vorwurf wie auch die Entschuldigung.
Der Zeichenstil war durchaus gefällig und solide, aber ich fand ihn jetzt nicht so überragend wie er hier angepriesen wurde.
Ich halte diese Comics für absolut lohnenswert als interessante Erweiterung des Spektrums und als zynischere Ergänzung, kann aber bisher die Elogen nicht in dem Maße teilen. Dazu ist mir der Storyaufbau immer mal wieder sehr überstürzt und zuweilen etwas unmotiviert.
Ich meine irgendwo gelesen zu haben, dass auch Yann am Szenario mitgeschrieben habe - das würde zu dem Ton auch durchaus passen.
Nachtrag: F-52 erinnerte mich vom Erzählstil etwas an Canardo: Die "Helden" haben nur in geringem Maße aktiv die Handlung vorangetrieben, sondern wurden weitgehend von der Handlung getrieben, die aber auch ohne sie recht ähnlich hätte ablaufen können. Das passiert m.E. bei europäischen Comics sonst relativ selten.
Geändert von Stingo (16.09.2010 um 09:59 Uhr) Grund: Canardo-Anleihe
@Stingo
Ist ja nun alles schon wieder ein Weilchen her - aber wir hatten m.W. schon sehr detailliert herausgearbeitet, wie jeder Einzelne von uns die Geschichten und auch deren Qualität bewertete.
Im Übrigen - waren dann die schlussendlich gezogen Fazite und auch Benotungen - schon wieder sehr differneziert - mal mehr mal weniger!
Ich kann zu deinem hier nachgeschobenen Statement eigentlich nur etwas anfügen, was ich damals schon "für mich selbst" als Erkenntnis aus dem Stammtisch feststellte:
Zitat von hipgnosis
Skurril trifft es schon ganz gut, man könnte auch sagen surrealistisch. Das macht ja gerade den Reiz dieses Albums aus, dass vieles keinen rechten Sinn ergibt, die Figuren teilweise unangemessen pathetische Reden schwingen und merkwürdige Flashbacks haben, die darauf hindeuten, sie könnten zu Zeiten Karthagos schon mal gelebt haben.
Der unmotiviert wirkende Storyaufbau gehört wohl auch zum Konzept. Oberflächlich soll das aussehen wie ein klassischer Semifunny der belgischen Schule, in Wirklichkeit wird die Abenteuerhandlung aber immer wieder abgebrochen oder ins Absurde geführt.
Yann war glaube ich bei Freddy Lombard nicht beteiligt, aber bei einigen von Chalands Spirou-Versuchen. "Le groom vert-de-gris" wurde ja dann schließlich nach Jahrzehnten von Schwartz gezeichnet, nachdem man Chaland damals nicht gelassen hat.
Könnte man auch über die Serie im Ganzen sagen. Hier bricht Chaland natürlich auch konsequent die Erwartungen, die man an eine klassisch anmutende Semifunny-Serie hat. Die Helden sind eben gerade nicht heroisch, sondern passiv, teilweise egoistisch (Freddy) oder jähzornig (Sweep).
Insgesamt finde ich, dass die Merkmale, die dich eher verwirrt oder gestört haben, gerade diejenigen sind, die den Reiz / die Besonderheit der Serie ausmachen. Gerade die Brüche, das Skurrile, das Unlogische, die Antihelden etc. Im Grunde dekonstruiert Chaland hier seine großen Vorbilder Hergé, Franquin etc., aber so geschickt, dass man es auf den ersten Blick nicht unbedingt merkt.
OK, auch eine Sichtweise.
Hmm, ich weiß nicht. Gute Ansätze verhaspeln, das können auch weniger begabte Autoren ganz gut. ;-)
Also falls das Absicht war, fände ich das mutig bis verwirrend. Aber egal, lesenswert ist Freddy Lombard auf alle Fälle.
In der französischen Wikipedia ist Yann als Co-Autor für drei Alben (Komet, Budapest und F-52) angegeben.
Interessanter Ansatz.
Zumindest stimmt es, dass diese Hefte im Gedächtnis bleiben und sich zum wiederholten Lesen anbieten.
Hier empfehle ich doch gerne die Lektüre der Ausgabe 47 von Reddition, in der einiges über Yanns Beteiligung an Chalands Alben zu lesen ist.
Hab ich gelesen, aber das Gedächtnis speichert halt dummerweise doch nicht immer alles.
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