Als sie auf Draice landete stand ihr die Verblüffung deutlich ins Gesicht geschrieben. Sie hatte nicht mit Erfolg gerechnet, schon gar nicht aber, so auf ihm zu landen. Doch dieser Ausdruck hielt wenige Sekundenbruchteile. Als der Junge seinen Blick von Cordelia zurückwandte und Jeanne anstarrte erwiderte sie diesen Blick ebenso fest wie er. „Warum tust du das?“ wiederholte sie leise, so dass er es hören konnte, aber nicht unbedingt die ganzen anderen, die in der Halle versammelt waren. Das Herz schlug ihr bis zum Hals und ihre Wangen hatten einen rosigen Ton angenommen, der sich bei ihrer weißen Haut deutlich abhob und der sie noch hübscher machte. Die kleine Hexe war sich der Situation durchaus bewusst, die meisten starrten jetzt sicher gespannt auf die Szenerie, denn sie erwarteten einen großen Eklat und auch Jeanne wappnete sich innerlich auf einen Angriff. Eigentlich wollte sie nichts lieber, als von ihm herunterzuklettern und so schnell wie möglich dieser Aufmerksamkeit entkommen. Doch im Moment war ihr das alles egal, sie hatte nur Augen für diesen Jungen, auf dessen Schoß sie nun saß… „Warum bringst du uns dazu, dass wir dich hassen? Du bist viel mächtiger als wir, als die meisten von uns je sein werden. Aber musst du diese Macht nutzen um anderen weh zu tun? Warum?“ immer noch war ihre Stimme sehr leise, es klang kein Vorwurf darin, kein Urteil. Nur eine einfache Frage, Verständniswille… sie fragte, sie urteilte nicht. Auch wenn in ihren Augen ein Feuer brannte, welches zu verbergen sie nicht im Stande war. Ihre Haltung war stolz und aufrecht, auch wenn sie fest damit rechnete, jeden Moment von einem Fluch getroffen und von ihm weggeschleudert zu werden.

Doch dann hörte sie hinter sich wieder das Röcheln ihres besten Freundes und sie wusste, dass dies nicht der Moment für einen Machtkampf oder Stolz war. Sie schloss die Augen und schluckte heftig. Deutlich war ihr anzusehen, wie viel Überwindung es sie kostete, als sie schließlich die Augen wieder öffnete und nochmals sprach… „Bitte hör auf…“ ihre Stimme war nun noch leiser, schwach. Sie hasste es, ihn bitten zu müssen, hasste ihre Hilflosigkeit, dass sie Sew nicht anders helfen konnte. Selbst wenn Draice sie angegriffen hätte, es wäre nicht so schlimm für sie gewesen. Doch ihr blieb keine Wahl, selbst wenn Sews Leben nicht auf dem Spiel stand so doch sein Wohlergehen. Sie biss sich auf die Lippen und sprach dann nochmals, lauter, mit fester Stimme. „Bitte hör auf! Sew hätte dich nicht angreifen sollen, aber er ist sehr impulsiv… Trotzdem hat er diese Qualen nicht verdient, bitte tu ihm nicht weiter weh!“ ihre Augen spiegelten nun Schmerz und Verzweiflung, weil sie wusste, sie war ihrem gegenüber ausgeliefert. Sie war ihm in diesem Moment körperlich näher als je zuvor einem anderen Menschen (außer ihren Eltern und Bruder) und doch weiter entfernt… „Bitte lass ihn einfach gehen! Ich verspreche dir, dass wir dir niemals wieder in den Weg treten, aber bitte, lass ihn gehen!“ fast schon ein Flehen, aber sie bat nicht für sich, nur für den Freund. Noch immer traute sie sich nicht, sich zu bewegen, aufzustehen oder auch nur von ihm wegzurücken, weil sie ihn dabei hätte berühren müssen… Was Draice mit ihr anstellte, nachdem sie ihn so rüde attackiert hatte wollte sie sich nicht ausmalen, doch es war ihr egal, sie würde nicht um Gnade flehen…