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Thema: Comic-Stammtisch: Lucky Luke

  1. #1
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Post Comic-Stammtisch: Lucky Luke

    LUCKY LUKE



    ... reitet für die 20er Kavallerie

    Der Apachen-Canyon



    Orginaltitel:
    - Le 20ème de cavalerie – Tome 27: 01/1965
    - Canyon Apache – Tome 37: 01/1971

    Deutsche Veröffentlichung: 1979/1996
    Verlag: Delta/Ehapa
    Autor :Goscinny
    Zeichner: Morris



    Szenario: Goscinny
    René Goscinny wurde am 14. August 1926 in Paris geboren und verbrachte seine Jugendjahre in Buenos Aires, nachdem seine Eltern 1928 nach Argentinien gezogen waren. Schon in der Grundschule erwachte sein Interesse an Comics und Zeichnen, aber niemand nahm von dieser Leidenschaft ernsthaft Kenntnis. Als sein Vater gestorben war, ging er im Oktober 1945 nach New York und lief mit seiner Zeichenmappe vergeblich die Verleger ab. Nach Ableistung seines Wehrdienstes, versuchte er sein Glück erneut bei zahllosen New Yorker Verlagen und Werbeagenturen, doch niemand erkannte sein Talent. Als typischer self-made man verrichtete Goscinny die verschiedensten Tätigkeiten, bevor er Harvey Kurtzman kennen lernte, den zukünftigen Schöpfer von "Mad" , und zusammen mit Jack Davis, Willy Elder u.a. in dessen Studio arbeitete.
    Anfang 1950 lernte er Maurice de Bevère (Künstlername: Morris) kennen, und etliche Monate später beschloss er, sein Glück in Belgien zu versuchen, wo er innerhalb kurzer Zeit einer der besten Texter wurde. Seine ersten Erfolge waren "Lucky Luke", ein sympathischer Westernheld, den Morris Jahre zuvor geschaffen hatte, und die Bücher mit dem kleinen Jungen Nicolas ("Der kleine Nick"), der eine Figur Sempés war und von diesem gezeichnet wurde. Ihnen folgten "Signor Spaghetti" für Attanasio, "Oumpah-Pah" (dt.: "Umpah-Pah") für Albert Uderzo und weitere Szenarios für Jijé, Macherot, Tibet und viele andere Künstler.
    In der zweiten Hälfte des Jahres 1958 kam Goscinny bei einigen Verlagen auf die "schwarze Liste", als er sich bemühte, für Comic-Agenturen gewisse Rechtsgrundlagen zu schaffen. Er kümmerte sich jedoch nicht darum und gründete mit Jean-Michel Charlier, Jean Hebrard und Albert Uderzo zwei Gesellschaften, eine für Comics und eine für Werbung. Im Oktober 1959 hob diese Gruppe "Pilote" aus der Taufe, ein Wochenmagazin, das später an den Verlag Dargaud verkauft wurde. Herausgeber und "Seele" von "Pilote" war bis 1974 Goscinny selbst, der dafür mit Albert Uderzo "Asterix" schuf, den wohl erfolgreichsten französischen Comic-Helden aller Zeiten, ohne dabei die Zusammenarbeit mit anderen Zeichnern zu vernachlässigen: Mit Cabu gestaltete er "Potachologie", mit Gotlib "Dingodossier" und mit Tabary "Iznogoud" (dt: "Isnogud").
    Der gescheiterte Zeichner Goscinny hat somit viel für den französischen Comic – und für Comics allgemein – geleistet. Von André Malraux, dem damaligen Kulturminister, wurde er 1967 zum "Ritter der Künste und Wissenschaft" ernannt. Ein Herzinfarkt setzte seinem Leben am 5. November 1977 ein vorzeitiges Ende.



    Zeichner: Morris
    MORRIS wird 1923 als Maurice de Bévère in Belgien geboren. Sein einprägsamer Künstlername leitet sich schlicht aus seinem Vornamen ab. Er zeichnet schon als kleiner Steppke in der Schule insbesondere Karikaturen seiner Lehrer. Folgerichtig arbeitet er mit 20 Jahren für ein belgisches Zeichentrickstudio und entwirft für die humoristische Zeitschrift "Moustique" unzählige Titelbilder.
    1946 schlägt die Geburtsstunde von LUCKY LUKE in der Zeitschrift "Spirou": Neben dem einsamen Cowboy mit dem großen Herzen und dessen unzertrennlichem Freund Jolly Jumper entwirft MORRIS eine ganze Bande skurriler Figuren, unter die er auch Berühmtheiten des Wilden Westens mischt, z. B. die Gebrüder Dalton, Billy the Kid, den Richter Roy Bean und nicht zuletzt die legendäre Sarah Bernhardt.
    1948 will MORRIS seine Ideen nicht mehr länger aus der eigenen Phantasie schöpfen. Er reist in die USA. Über sechs Jahre lang durchquert er die Staaten bis Mexiko und sammelt fleißig Unterlagen für seine Geschichten. Dort, genauer gesagt in New York, lernt er auch René Goscinny kennen, der ihm seit der Zeit die Drebücher zu den Lucky Luke - Abenteuern lieferte.
    In 55 Jahren kreativer Arbeit erschuf Morris von 1946 bis 2001 das Lucky Luke-Universum mit achtundachzig Titeln im französischen Original, zweiundsiebzig mit Lucky Luke, sechzehn in der Reihe Rantanplan. Übersetzungen gibt es in über 20 Sprachen.
    Nach dem Tod von Goscinny verleihen Autoren wie Bob de Groot, Hatog von Banda und Fauche/Leturgie den Abenteuern von Lucky Luke das gewisse Extra.
    MORRIS hat für sein Werk zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Besonders wertvoll ist ihm die Medaille der Weltgesundheitsorganisation, die ihm dafür verliehen wurde, dass er seinem Cowboy das Rauchen abgewöhnt hat.
    1992 erhält er unter anderem den ersten Preis des Comic-Festivals in Quebec und den "Grand Prix" der belgischen nationalen Comic-Vereinigung in Brüssel. Damit nicht genug: Anlässlich der Eröffnungsfeierlichkeiten des 20jährigen Jubiläums des Internationalen Comic-Salons von Angouléms erhält Morris den "Grand Prix Special".
    Im Juli 2001 stirbt der geniale Schöpfer von Lucky Luke. Trotz aller Trauer bleibt ein Trost: Noch zu Lebzeiten verfügte Morris testamentarisch, dass es nach ihm weitere Folgen geben soll mit "dem Mann, der schneller zieht als sein Schatten".
    Mit Achdé hat er einen würdigen Nachfolger gefunden.
    [Quelle: Ehapa]



    Hier noch französische Links für detailliertere Informationen:
    Goscinny
    Morris



    Band 19 - Lucky Luke ... reitet für die 20er Kavallerie

    Häuptling `Gelber Hund´ hat für das Volk der Cheyenne mit den Vereinigten Staaten von Amerika einen Friedensvertrag ausgehandelt.
    Dieser beinhaltet freies Geleit für die Siedler in Richtung Westen und Rückzug in die Reservate – im Gegenzug verplichtet man sich keine Büffel zu jagen.
    An der Grenze zum Indianergebiet liegt Fort Cheyenne – wo das sagenhafte 20. Kavallerie-Regiment unter Führung Colonel Mac Straggles beheimatet ist.
    Der Friede scheint sicher, bis eines Tages ein völlig von Pfeilen zerschossener Planwagen im Fort eintrifft. Sofort geraten die Cheyenne unter Verdacht und Colonel Mac Straggle will den Vorgang auf `seine Art´ klären, wobei die Situation allerdings eskaliert.
    An höherer Stelle - in Washington – entschliesst man sich Lucky Luke mit den Friedens-Verhandlungen zu betrauen, umso den bevorstehenden Krieg noch zu verhindern.
    Um Mac Straggle nicht zu brüskieren soll Lucky Luke als Scout im Fort anwerben.
    Dem Starrsinn des Colonels ist es zu verdanken, dass Luke eine Vermittlung mit Häuptling `Gelber Hund´ unnötig erschwert wird, dennoch gelingt es Ihm ein Friedensgespräch zwischen den Parteien auszuhandeln.
    Dieses wird jedoch jäh von Schüssen unterbrochen, sodaß ein Krieg unausweichlich erscheint.
    Auslöser des Dillema sind aber keineswegs die Cheyenne, sondern vielmehr der Desserteur Derek Floyd, der die Indianer mit Waffen beliefert.
    Lucky Luke durchschaut zwar schnell dessen falsches Spiel, vermag jedoch nicht aus eigener Kraft die vertrackte Situation aufzulösen. Erst als `Gelber Hund´ selbst hinter die intriganten Machenschaften Floods kommt und dessen wahre Interessen erkennt, lenkt der Häuptling ein und es kommt zum Friedenbringenden …

    P O W – W O W



    Band 61 - Der Apachen-Canyon

    Auf dem Weg nach Fort Canyon müssen die Soldaten unter dem Befehl Colonel O`Nollans durch den gefährlichen Apachen-Canyon. Dort werden sie, wie schon oft in der Vergangenheit, in einen Hinterhalt gelockt, indem Apachen versuchen den Trupp mit großen Felsbrocken die sie vom Hochplateau hinabrollen, zu erschlagen.
    Doch die Strategie geht mal wieder nicht auf – denn die Soldaten können sich, Ihre Pferde + Mulis unter einer Felskante in Sicherheit bringen. Lediglich die Proviantwagen werden zum wiederholten Male Opfer des Anschlags.
    Und auch wie schon oft zuvor erfolgt nach diesem hinterlistigen Vorgehen eine Strafexpedition seitens der Armee, wobei die Tipis der Apachen verbrannt werden.
    Zur gleichen Zeit unternehmen die Apachen Ihren Gegenzug mit einem Angriff auf Fort Canyon.
    Initiatoren dieses nie enden wollenden Streites sind Colonel O`Nollan und der Anführer der Apachen – Patronimo. Beide hegen tiefen Hass füreinander, welcher darauf beruht, dass einerseits der Sohn des Colonels als Kind verschleppt wurde und andererseits Patronimos Vater – Häuptling Bisteco – spurlos verschwand.
    Jeder macht den jeweils Anderen für diese schändliche Tat verantwortlich.
    Lucky Luke indessen versucht dieses Treiben zu beenden, wird jedoch von den Apachen gefangen genommen und gemartert.
    Nur Jolly Jumper ist es zu verdanken, daß unser Cowboy wieder mal mit heiler Haut davonkommt.
    Sein neuer Plan ist es, selbst in den Stamm der Apachen aufgenommen zu werden , umso einem erneuten Kampf entgegensteuern zu können. Er besteht zwar alle Prüfungen, wird aber des Verrats bezichtigt, sodaß ihm widerrum nur die Möglichkeit der Flucht bleibt.
    Da keiner der beiden Streithähne nachgeben will kommt es zur Belagerung Fort Canyons.
    Von blanken Hass getrieben reitet Colonel O`Nollan alleine gegen Patronimo an und wird umgehend gefangen genommen. Der Rettungsversuch Lukes scheitert ebenfalls mit seiner Gefangennahme. Sie werden von den Apachen außer Landes, auf mexikanischen Boden verschleppt und sollen dort Ihren verdienten Tod durch Verbrennung am Marterpfahl ereilen.
    Erst in letzter Sekunde kann dies verhindert werden, als Häuptling Bisteco plötzlich auftaucht und sein Verschwinden erklärt. Und auch der Colonel erlebt eine große Überraschung – denn der Medizinmann der Apachen stellt sich als sein lange vermisster Sohn heraus.
    Da nun beide Familien endlich wieder zusammengeführt wurden, kann der lang ersehnte Frieden beginnen und Lucky Luke wieder neuen Abenteuern entgegen reiten:

    „ I´m a poor lonesome cowboy and a long way from home “





    Ende



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    Geändert von hipgnosis (04.03.2006 um 11:54 Uhr)

  2. #2
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    Hab' bis jetzt nur den Apachen-Canyon nachgelesen (ZACK-Version, da ich meine Ehapa-Bände in Erwartung der Gesamtausgabe verscheuert habe), aber kann schon mal soviel beisteuern:
    Interessant, dass man aus 2 so ähnlichen Stoffen 2 doch so individuell wirkende Geschichten machen kann!

  3. #3
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    @felix In der Tat - bemerkenswert.

    Mein erster kurzer Eindruck nach dem Lesen der beiden Alben.

    Gleiche Thematik - ähnliche Protagonisten - jedoch völlig andere Auflösung beider kritischen Situationen.

    Konnte mich allerdings beim Apachen-Canyon bis auf einige nette Gimmicks nur das Ende so richtig begeistern - sprüht der Band ... reitet für die 20er Kavallerie nur so vor Wortwitz und lustigem Klamauk.

    Für mich im direkten Vergleich das mit Abstand liebens- und lesenswertere Album.

  4. #4
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    Lucky Luke ist meine "gefühlte" Lieblingsserie. Schon als Kind habe ich sie geliebt, noch unter Kauka-Regie. Damals war Lukes weißer und weiser Klepper noch eine Stute namens Rosa. Später, nach der Pubertät, habe ich sie wiederentdeckt, nun über die bis heute weitergeführte Ehapa-Albumreihe. Deshalb habe ich auch diesen Klassiker vorgeschlagen für den Stammtisch.

    Nur: welches Album würde sich besonders gut zum Debattieren eignen? Das subjektiv Beste? Hätte ich für mich gar nicht so ohne Weiteres beantworten können. Da doch eher eines, was - möglicherweise - Anlaß zu kontroversen und damit spannenden und ergiebigen Diskussionen sein könnte. Deshalb habe ich "Lucky Luke reitet für die 20er Kavallerie" vorgeschlagen, dem dann noch das gut dazu passende "Der Apachen-Canyon" hinzugefügt worden ist.

    Noch eine Vorbemerkung: es gibt vieles, was ich noch von Kindheitstagen her liebe. Und dennoch paßt es für mich sehr wohl zusammen, dazu heute als Erwachsener durchaus kritische Sichtweisen haben zu können. An meiner emotionalen Bindung ändert das nichts.

    Nun zu dem, was mich heute an den beiden Alben trotz aller Liebe zur Serie stört: in beiden Geschichten erscheint die amerikanische Armee als eine im Grunde friedensstiftende und für Gerechtigkeit sorgende Ordnungsmacht, die aber anfällig ist für fanatische Anführer wie Colonel Mac Straggle oder Colonel O'Nollan. Es fällt mir richtig schwer, das zu sagen, aber damit betreiben Goscinny und Morris üble Geschichtsklitterung! Genauso übel wie die allermeisten Hollywood-Western! Die US-Army hatte damals nicht primär die Aufgabe, für Frieden und Gerechtigkeit zu sorgen, sondern setzte die Pläne der US-Regierung durch und bezog Front gegen die nordamerikanischen Indianer! Die Army war das entscheidende Instrument für die Vertreibungs- und Vernichtungspolitik der Regierung! Es mag fanatische Einzeltäter gegeben haben, aber die wurden durch die generelle Linie erst möglich gemacht bzw. ermuntert! Und bildeten nur die besonders üble Spitze einer generellen Politik, die die Beseitigung alles Indianischen zum Ziel hatte, sobald es den Interessen der Weißen im Wege stand!

    Und bitte sage keiner, die Geschichtsklitterung wäre doch ursprünglich von den Hollywood-Western (u.a.) betrieben worden und Lucky Luke sei doch nur eine Parodie ebendieser. Auch eine Parodie kann solche verdrehenden Geschichtsauffassungen transportieren!

    Äh, sagte ich es schon? Ich liebe Lucky Luke ...

  5. #5
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    Original geschrieben von hipgnosis:
    Konnte mich allerdings beim Apachen-Canyon bis auf einige nette Gimmicks nur das Ende so richtig begeistern - sprüht der Band ... reitet für die 20er Kavallerie nur so vor Wortwitz und lustigem Klamauk.

    Für mich im direkten Vergleich das mit Abstand liebens- und lesenswertere Album.
    Gerade fertig mit dem Nochmal-Lesen des Kavallerie-Bandes.
    Im direkten Vergleich schneidet der Apachen-Canyon tatsächlich um einiges schlechter ab (was nicht heißen soll, dass dieser Band schlecht wäre).

    Bei einem Comic bei dem es genau um das geht, nämlich Komik, ist der Lachometer noch immer der zuverlässigste Qualitätsmassstab.
    Beim Lesen der Kavallerie musste ich nicht nur Schmunzeln sondern war auch einige male vernehmlich zu hören.
    Hier wird ein intensives Gag-Feuerwerk versprüht, welches mühelos mit den besten Asterix-Bänden mithalten kann, eine unglaublich hohe Gagdichte auf jedem Quadratzentimeter Papier (und das schreibe ich, obwohl ich Asterix Lucky Luke noch immer vorziehe).
    In gewisser Weise kein Wunder, stammt dieses Album doch aus den 1960ern, also der Zeit, in der das kreative Genie Goscinnys am fruchtbarsten produzierte.
    Da wären natürlich wieder einmal die running gags: in diesem Band drehten sie sich um die von allen gefürchtete Friedenspfeife des Gelben Hundes ("Yellow dog" läuft im Amerikanischen auf eine ziemlich üble Beschimpfung hinaus: Feiger Hund), die Hüte des Mr. Bowler, die überharte Behandlung des Sohnes des Colonel durch dessen eigenen Vater (die offenbar auch bei Generälen gang und gäbe ist) und die sich dem stets wechselnden Daseinszustand eines Indianers permanent aufs Neue anpassende Namensgebung desselben:
    der
    Fuchs mit zwei Federn wird zum
    Fuchs mit einer Feder wird zum
    Fuchs ohne Federn wird zum
    Fuchs mit einer Beule wird zum
    Fuchs mit einem blauen Auge wird zum
    Fuchs mit Bauchweh.
    Von running gags gibt's hingegen im Apachen-Canyon nicht allzu viel zu sehen.

    Aber auch die Einzel-Gags funktionieren hervorragend. Beispiele ?
    Comic- Seite 2, Bild 3,
    Seite 16, letzte Bildzeile,
    Seite 21, untere Hälfte,
    Seite 22,
    Seite 29, Bild 9,
    Seite 40, Bild 3 oder
    nehmen wir einen relativ "unbedeutenden kleinen Gag" (Seite 15, untere Bildzeile). Ich musste tatsächlich über den die Reinigung der Fahne flink berechnenden Chinesen lachen. Eine Szene, die wohl kein anderer so effektiv wie Goscinny 'rüberzubringen versteht.

    Beim Apachen-Canyon gab's nur einen lauteren Lacher (wenngleich auch viel Geschmunzel): Seite 27, Bild 1. Nach der Delikatesse "Ameisen in Honig" fragt sich Lucky Luke, ob die Fliege zur Speise gehört. Köstlich (nicht die Fliege ) !

    Eine Dopplung konnte ich auch beobachten: Die unter den Soldaten entstehende Verwirrung um das Auf- und Absteigen auf Seite 6 der Kavallerie wiederholt sich auf Seite 37 des Apachen-Canyon.

  6. #6
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    Original geschrieben von Kaschi:
    Nur: welches Album würde sich besonders gut zum Debattieren eignen? Das subjektiv Beste? Hätte ich für mich gar nicht so ohne Weiteres beantworten können. Da doch eher eines, was - möglicherweise - Anlaß zu kontroversen und damit spannenden und ergiebigen Diskussionen sein könnte.
    Kavallerie ist auch meiner Meinung nach eines der absoluten Hihlights dieser Serie. Guter Vorschlag ! Ich liebe es, Comics nochmal zu lesen und festzustellen, dass sie wirklich klasse sind (nicht nur aus nostalgisch-verklärter Sicht). Tatsächlich gefällt mir die Kavallerie mit jedem Lesen besser.
    Zu dem Punkt: "kontrovers diskutieren" gleich ein Beitrag meinerseits.

    Noch eine Vorbemerkung: es gibt vieles, was ich noch von Kindheitstagen her liebe. Und dennoch paßt es für mich sehr wohl zusammen, dazu heute als Erwachsener durchaus kritische Sichtweisen haben zu können. An meiner emotionalen Bindung ändert das nichts.
    Schön geschrieben, unterschreibe ich jedes Wort !

    Nun zu dem, was mich heute an den beiden Alben trotz aller Liebe zur Serie stört: in beiden Geschichten erscheint die amerikanische Armee als eine im Grunde friedensstiftende und für Gerechtigkeit sorgende Ordnungsmacht, die aber anfällig ist für fanatische Anführer wie Colonel Mac Straggle oder Colonel O'Nollan. Es fällt mir richtig schwer, das zu sagen, aber damit betreiben Goscinny und Morris üble Geschichtsklitterung! Genauso übel wie die allermeisten Hollywood-Western! Die US-Army hatte damals nicht primär die Aufgabe, für Frieden und Gerechtigkeit zu sorgen, sondern setzte die Pläne der US-Regierung durch und bezog Front gegen die nordamerikanischen Indianer! Die Army war das entscheidende Instrument für die Vertreibungs- und Vernichtungspolitik der Regierung! Es mag fanatische Einzeltäter gegeben haben, aber die wurden durch die generelle Linie erst möglich gemacht bzw. ermuntert! Und bildeten nur die besonders üble Spitze einer generellen Politik, die die Beseitigung alles Indianischen zum Ziel hatte, sobald es den Interessen der Weißen im Wege stand!
    Um ehrlich zu sein: Die Darstellung des Militärs hat mich nicht gestört.

    O.K., will mal versuchen, dass im Folgenden auszudrücken ohne den Begriff "Hollywood" zu verwenden:
    In Lucky Luke wird der Mythos des Western auf die Schippe genommen, die Legendenbildungen.

    Nehmen wir z.B. nicht die Indianer sondern ein unverfänglicheres (?) Element der Serie: die Schießkünste des Helden.
    Diese werden schon von der ersten story der Serie an in witzig-übertriebener Form dargestellt und eine der Aufgaben Goscinnys (oder anderer Autoren) bestand/besteht darin, die vorher schon gezeigten Variation dieser außergewöhlichen Fähigkeit mit dem nächsten Beispiel zu toppen (oder auf neue Weise witzig darzubieten).
    Da man eine solche Fingerfertigkeit mit dem Colt sicher nur dann erlangen kann, wenn man ein ziemlich inniges Verhältnis zu seiner Waffe hat (Freud würde vielleicht sogar von einer erotischen Beziehung reden ), könnte man den Autoren den Vorwurf machen, sie verherrlichen Waffengewalt, mindestens aber -besitz; schließlich gelingt es Luke nicht zuletzt mit dem Finger am Abzug Ruhe und Ordnung herzustellen.
    Aber: Lucky Luke ist zweifelsohne eine anspruchsvolle Serie (zumindest in Händen Goscinnys). Man kann vom Leser die Kenntnis einiger Wild West-Mythen voraussetzen. Dass dabei viel Seemannsg ... ähem ... Westerngarn gesponnen wurde, bietet den Autoren Gelegenheit dieses durch den Kakao zu ziehen und sie ergreifen ganz einfach diese Möglichkeit.

    Letzlich gilt:
    Lucky Luke ist eine Parodie. Sie kann daher nicht ohne die Grundlage auf die sie sich bezieht, betrachtet werden. Wenn es diese nicht gäbe, hätte man nichts parodieren können, würde Lucky Luke - sofern überhaupt existent - ganz anders aussehen.
    Geändert von felix da cat (25.02.2006 um 22:55 Uhr)

  7. #7
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    Es ist das Wesen einer Parodie, menschliche Schwächen und Unzulänglichkeiten überspitzt darzustellen und dadurch aufzudecken. Doch die zentrale Unmenschlichkeit, die den ganzen Western-Mythos erst möglich machte, war für Goscinny und Morris offenbar kein Thema. Es wäre durchaus denkbar gewesen, die Verlogenheit der US-Politik satirisch darzustellen. Dann allerdings hätte es sicherlich eine sehr viel bissigere Parodie werden müssen.

    Im letzten Sommer bin ich mit einem Freund einen Monat lang in den USA gewesen, ziemlich genau in den Gegenden, in denen Lucky Luke meistens spielt. Dabei haben wir auch Indianer getroffen (Arapahoes, Shoshone, Paiutes, Navahos). Als ich dann im August über den Lucky-Luke-Vorschlag "gebrütet" habe, kam mir die Überlegung, daß die indianischen Gesprächspartner mit einer solchen Serie aus den genannten Gründen vermutlich nicht einverstanden wären.

  8. #8
    Mitglied Avatar von Mick Baxter
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    Zitat Zitat von Kaschi Beitrag anzeigen
    Es ist das Wesen einer Parodie, menschliche Schwächen und Unzulänglichkeiten überspitzt darzustellen und dadurch aufzudecken.
    Das ist leider schlicht falsch. Die Parodie ist ein Mittel der Satire und dient schlicht der Lächerlichmachung.
    aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
    Die Parodie (griechisch παρωδία, parodía – der Gegengesang, das Gegengedicht) bezeichnet in der Literatur die verzerrende, übertreibende oder verspottende Nachahmung eines bekannten Werkes, wobei zwar die Form beibehalten, aber ein anderer, nicht dazu passender Inhalt unterlegt wird.
    Als Gegenstück gibt es die Travestie, in der der Inhalt beibehalten wird, aber die Form geändert (z.B. Star Wars als Oper).

  9. #9
    Mitglied Avatar von lucien
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    Zumindest das Kavallerie Album konnte ich nochmal lesen (der Apachen Canyon fehlt mir leider) und war wie die Vorposter hier, sehr gut unterhalten.
    Gerade die Parodie der Gepflogenheiten einer Armee mit ihren ehernen Grundregeln Ordnung, Disziplin und Gehorsam (meist blind), hat mich sehr erheitert.

    Goscinny und Morris widmen sich in diesem Album eben intensiv dem Innenleben der amerikanischen Armee, insbesondere der Kavallerie, die ja auch gerne historisch verklärt wird (Kaschi hat es ja schon erwähnt). In den meisten anderen Alben taucht die Kavallerie ja meist nur als "Retter" in der Not auf, wobei auch hierbei die satrischen Momente überwiegen...

    Kurz noch zu Kaschis Vorwurf die Armee zu wenig wirklichkeitsgetreu im Kontext der Indianerkriege dargestellt zu haben. Ich glaube nicht das es der Anspruck der Autoren war eben dies zu tun. Sie beschränkten sich auf die eher internen Strukturen und Elemente eines Militärapparates, da diese ja schon genügend Momente hergeben.

  10. #10
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    Er nun wieder. Hallo Mick.
    Geändert von Kaschi (26.02.2006 um 11:49 Uhr)

  11. #11
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    Zitat Zitat von lucien1 Beitrag anzeigen
    Kurz noch zu Kaschis Vorwurf die Armee zu wenig wirklichkeitsgetreu im Kontext der Indianerkriege dargestellt zu haben. Ich glaube nicht das es der Anspruck der Autoren war eben dies zu tun. Sie beschränkten sich auf die eher internen Strukturen und Elemente eines Militärapparates, da diese ja schon genügend Momente hergeben.
    Richtig. Das war nicht ihr Thema. Und damit bleibt die verlogene Darstellung der Westernfilme u.a. immanent erhalten. Luke sorgt dafür, daß der Ganove Flood ausgeschaltet und der überstrenge Colonel Mac Straggle gebremst wird und damit ist alles wieder in Butter. Indianer und Army sind's zufrieden. Und so war's leider nicht.

  12. #12
    Mitglied Avatar von lucien
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    Zitat Zitat von Kaschi Beitrag anzeigen
    Richtig. Das war nicht ihr Thema. Und damit bleibt die verlogene Darstellung der Westernfilme u.a. immanent erhalten. Luke sorgt dafür, daß der Ganove Flood ausgeschaltet und der überstrenge Colonel Mac Straggle gebremst wird und damit ist alles wieder in Butter. Indianer und Army sind's zufrieden. Und so war's leider nicht.
    Bezüglich der Wirklichkeit gebe ich dir vollkommen Recht. Ich glaube auch dass wir in Punkto ungerechtfertigter Landeinnahme, Volksvernichtung und einer Internierung gleickommenden Reservation konform gehen....

    Ich glaube aber auch dass dein Anspruch an eine überwiegend humoristische Serie, die vor allem auch Kinder unterhalten soll, etwas zu hoch ist...

    Wobei man bei Lucky Luke auch immer wieder die Entscheidungsträger in Washington sieht, die meist kein sehr glückliches Bild abgeben, so auch in diesem Band: eine bevorstehende Krise wird schnell abgehandelt um zur Dienstbekleidung der Briefträger zu kommen...
    Geändert von lucien (26.02.2006 um 17:27 Uhr)

  13. #13
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    Zitat Zitat von lucien1 Beitrag anzeigen
    Wobei man bei Lucky Luke auch immer wieder die Entscheidungsträger in Washingtion sieht, die meist kein sehr glückliches Bild abgeben, so auch in diesem Band: eine bevorstehende Krise wird schnell abgehandelt um zur Dienstbekleidung der Briefträger zu kommen...
    Dem stimme ich unumwunden zu. Würdenträger und sonstige Möchtegerne-Autoritäten werden bei Lucky Luke (wie auch bei vielen anderen frankobelgischen Funnies) durch den Kakao gezogen. Dazu habe ich in dem Thread "Lucky Luke vs. Asterix"
    http://www.comicforum.de/showthread.php?t=70304
    schon mal was zum Besten gegeben bzw. zitiert (leider ohne Echo):

    Gemeinsamkeiten:
    ...
    6) Die "Bösen" sind eher lächerlich als böse.
    ...
    8) Die Machthaber (Häuptlinge, Zenturios bzw. Bürgermeister, Senatoren, Direktoren) sind genauso Witzfiguren wie die "kleinen" Leute.

    Dazu als weitere Parallele ein Text zur Augsburger Puppenkiste:
    Ausschnitt aus dem Aufsatz "Helden aus Holz" von Michael Miersch aus "Am Fuß der Blauen Berge" von Bernd Müllender und Achim Nöllenheidt (Hg.), Klartext Verlag Essen 1994

    Zitat:
    Viele meiner Wertvorstellungen wurden durch die Marionetten geprägt. In den Stücken der Puppenkiste waren die Kleinen ganz groß, die Schwachen stark und die Könige Knallköpfe. Wer weiß, vielleicht hat die Augsburger Puppenkiste einen wichtigeren Beitrag zur Autoritätskritik geleistet als die Frankfurter Schule. Immer waren die Polizisten leicht vertrottelt, die Herrscher unfähig, Lehrer- und Elternfiguren mehr Objekte des Spottes als der Bewunderung. Doch wenn die mächtigen Popanze in typischer Puppenkistenmanier ihren Kopf schief legten, dann war mir klar, daß sie so durch und durch böse gar nicht sein konnten. Vielleicht waren sie nur beleidigt. Macht war immer etwas Komisches, das man am besten ignorierte. Die dummen Autoritäten bestrafte das Leben dadurch, daß sie immer den Ereignissen hinterherhinken mußten und nie so recht wußten, was eigentlich los war.
    ...
    Nie haben die Augsburger versucht, ihre jungen Zuschauer zu pädagogisieren. Das taten viele Kinderserien der 70er Jahre, wo Solidarität, Emanzipation und sonstige segensreiche Einrichtungen den Kindern mit der Brechstange eingeimpft werden sollten. Die Puppenkiste setzte auf sanfte Ironie und hatte Erfolg damit. "Wir haben nie den erhobenen Zeigefinger gezeigt. Wir haben die Kinder immer ernst genommen und wollten sie ganz einfach gut unterhalten", sagte Walter Oehmichen, der verstorbene Gründer der Puppenkiste. Die Kinder haben es gedankt.
    Zitat Ende.

    Ich denke, das gilt für Lucky Luke und Asterix ganz genauso - na ja, zumindest in ähnlicher Weise!

  14. #14
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    Zitat Zitat von lucien1 Beitrag anzeigen
    Ich glaube aber auch dass dein Anspruch an eine überwiegend humoristische Serie, die vor allem auch Kinder unterhalten soll, etwas zu hoch ist...
    Ist mein Anspruch wirklich zu hoch? Ist es nicht vielmehr eher so, daß wir alle sehr stark von der US-amerikanischen Kultur (und damit von ihrer Sichtweise der eigenen Geschichte) beeinflußt sind und deshalb uns an viele eklatante Widersprüche bereits gewöhnt haben? Gerade der Western-Mythos hat uns alle doch von Kindesbeinen an begleitet. felix hat natürlich recht: nicht nur durch die Hollywood-Western, auch durch diverse TV-Serien, Romane, Comics, Spielzeuge usw. usw. wird das vermittelt. Diese Gewöhnung ist vermutlich auch bei Morris und Goscinny der Grund dafür gewesen, den zentralen Knackpunkt des Western-Mythos' auszublenden. Vermutlich - nix Genaues weiß ich natürlich nicht ...

    Insgesamt und unter dem Strich finde ich ja immer noch und trotz alledem, daß Lucky Luke eine hervorragende Serie ist, für Kleine wie Große. Nur halt mit einer durchaus schwerwiegenden Einschränkung.

  15. #15
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Also dann: Lucky Luke.

    Fang´mer gleich mit Kaschis Militärdarstellungsbeschwerde an, die - meiner Meinung nach - nicht richtig greift. Morris und Goscinny zumindest blauäugige - wenn nicht gar böswillige - Geschichtsfälschung vorzuwerfen, weil sie die US-Kavallerie nicht als brutrünstige Schlächterbande zeigen, erscheint mir dann doch ein bisschen unfair (ein bisschen so, als würde man Will Eisner für den Spirit als Rassisten bezeichnen).
    Lucky Luke ist eine Funny-Serie für ein jüngeres Publikum, mit einem ausgeprägten eigenen Charakter, und damit sind einige sehr starke Limitationen verbunden. Eine davon ist, dass es keine echte Grausamkeit oder Brutalität gibt. Antagonisten mögen dumm, verschlagen oder bösartig sein, aber echtes Leid und echtes Leiden existieren nicht in Lucky Lukes Kosmos. Entsprechend ist eine historisch und vor allem politisch korrekte Diskussion über die Leiden der amerikanischen Ureinwohner und der Rolle, die die US-Cavalry dabei spielte, im Diskurs von Lucky Luke eigentlich kaum möglich (und sicherlich auch nicht besonders sinvoll), und wenn, dann müssten die "ground rules" der Serie dabei so radikal verändert werden, dass es nicht mehr Lucky Luke wäre.
    Hinzu kommt, dass Lucky Luke ist eine ahistorische Serie ist, in der radikale Veränderungen des Settings unmöglich sind. Das mag auf den ersten Blick verwundern, da ja immer mal wieder reale Personen, Begebenheiten oder Orte auftauchen, nichtsdestotrotz erheben die Autoren keinen Anspruch darauf, den echten amerikanischen Westen in der zweiten Hälfte den 19. Jahrhunderts darzustellen. Stattdessen lebt Lucky Luke in einer relativ amorphen (und durch den Mangel and definierten Grenzen praktisch unendlich großen) Welt, die zwar Ähnlichkeiten mit dem amerikanischen Westen aufweist, aber in der weder Little Big Horn noch Wounded Knee jemals stattgefunden haben, noch stattfinden können - die Vertreibung oder Ausrottung von Indianern wäre (neben der oben beschrieben Unmöglichkeit ihrer Darstellung) schon deshalb nicht machbar, weil sie den Status Quo in Lucky Lukes zeitloser Welt verändern würde, was nun mal nicht geht - der Fortschritt der "Zivilisation" mag innerhalb weniger Jahrzente den realen Westen umgekrempelt haben, aber Lucky Lukes Monument-Valley-artige Welt voller Käffer mit Namen wie "Nothing Gulch" und lustiger Indianerstämme (die schon allein aus narrativen Gesichtspunkten nicht ausgelöscht oder vertrieben werden können) ist gegen ihre Übel gefeit, denn sie ist unveränderlich und zeitlos.

    Um mein (hoffentlich nicht zu wirres - hab´ gerade ziemlich Kopfschmerzen) Argument abzuschliessen: Lucky Luke kann eigentlich gar keine reale Darstellung von realen historischen Ungerechtigkeiten bringen, ohne dabei seinen Charakter radikal zu verändern oder aufzugeben. Wenn man eine historisch und politisch korrekte Abrechnung mit den Übeln des amerikanischen Binnenkolonialismus möchte, muss man sich halt anderswo umsehen, denn Lucky Luke kann diese nicht angemessen abbilden. Und das ist auch gut so...

  16. #16
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    Natürlich bewegt Lucky Luke sich in einer Kunstwelt, aber doch in einer, die Bezug nimmt auf eine sehr reale Welt.

    Und auch wenn ich hier so langsam zum, äh, lonesome writer werde: das kann doch nicht heißen, daß sämtliche offenen und versteckten Bewertungen/Wertvorstellungen einer solchen Serie, die immerhin eine Ikone der (europäischen) Unterhaltungsindustrie darstellt, nicht diskutiert und problematisiert werden dürfen? Machen wir doch anderswo auch. Ich sach nur: Siggi und Babarras, wo es ja nicht nur um den Tatbestand der groben Verfälschung ging, sondern auch, in welche Richtung sich das bewegte ...

    Um nicht falsch verstanden zu werden: nur als Beispiel zu verstehen für eine Diskussion über vermittelte Werte in Comic-Serien. Ich will um Himmelswillen Siggi und Babarras nicht mit Lucky Luke gleichsetzen!

    Noch was zur Klarstellung: Böswilligkeit unterstelle ich Morris und Goscinny nicht, bei weitem nicht! Eher auf dem, äh, "roten" Auge nicht ausreichende Sehschärfe. - Ich bin ja auch erst nach dem Kontakt mit Indianern auf diese Überlegung gekommen.

    Natürlich blendet Lucky Luke einiges von der Realität des Westens aus, nicht nur das den Indianern angetane mörderische Unrecht. Natürlich wäre es, wenn mein Einwand zum Tragen gekommen wäre, eine andere Serie - wie gesagt, sehr viel bissiger. Aber das muß man doch auch als Schwachstelle benennen dürfen. Der gesamte Western-Mythos drückt sich um diese Problematik herum (mit Ausnahmen). Und Lucky Luke ist Teil davon.

    Könntet Ihr Euch vorstellen, daß ein indianischer Autor eine Serie, einen Roman, einen Film schafft, in dem die US-Army die Rolle der friedensstiftenden Ordnungsmacht einnimmt? Ich nicht.

  17. #17
    Mitglied Avatar von Matbs
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    @ Kaschi: Mach doch mal einen Vorschlag, wie deiner Meinung nach Morris und Goscinny die Kavallerie hätten darstellen müssen, um deinen Erwartungen zu entsprechen, ohne allerdings gleichzeitig die Grundstruktur der Serie massiv zu verändern.

  18. #18
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    Huch, da ist mal ma' 'n paar Stunden weg und schon ist hier richtig was los. Prima.

    Original geschrieben von Kaschi:
    Es wäre durchaus denkbar gewesen, die Verlogenheit der US-Politik satirisch darzustellen. Dann allerdings hätte es sicherlich eine sehr viel bissigere Parodie werden müssen.
    Bedenke, wann und wo die Serie erstmals erschien: 1947, in einer belgischen Comic-Zeitschrift, deren Redaktion stark katholisch geprägt war.
    Eine Comic-Zeitschrift wurde damals ausschließlich für Kinder (und Retardierte ) produziert.
    Da konnte man nicht allzu viel Bissigkeit erwarten.

    Als dieser "Biss" dann in den End60ern durch den Wechsel der Serie von der Zeitschrift Spirou zu Pilote möglich gewesen wäre, war es zu spät, den Kurs entscheidend zu ändern: Die Serie war zu erfolgreich und ihre bisherige Form relativ gutmütigen Humors auch zu etabliert.
    Zu viele Leser wären bei einem Kurswechsel abgesprungen. Wie heißt es so schön: "Don't mess with success!"
    Goscinny und Morris hatten sicher auch nicht das Bedürfnis, die Serie zu einem Hort der political correctness umzufunktionieren. Sie hatten schlicht und einfach keinen aufklärerischen sondern einen rein unterhaltenden Anspruch an die Reihe. Hätten sie angefangen, Ungerechtigkeiten anzuprangern, wär es mit dem Spaß sehr schnell vorbei gewesen.

    Ich will mich mal kurz auf die von Matbs an Dich gerichtete Aufgabe einlassen (ohne Dir die Arbeit abnehmen zu wollen ).
    Hätte es Dir gereicht, wenn ein Colonel als Indianerschlächter dargestellt worden wäre ? Oder hätte die ganze Armee aus Bluthunden bestehen müssen ?
    Damit Lucky Luke am Ende beruhigt in seinen Sonnenaufgang entlassen werden könnte, müsste er das Problem in irgendeiner Art und Weise bewältigen. Vielleicht indem Lucky belastende Beweise gegen das Fort sammelt (man fragt sich, welche Gagmöglichkeiten in so einer Suche stecken bzw. ob sich da nicht manche denken würden, hier treibe man mit Entsetzen Scherz), die dann zur Schließung desselben führen würden ?
    Aber könnte man dann nicht kritisieren, dass dies eine Geschichtsklitterung bedeute, da es dadurch so aussähe als ob mit der Schließung eines Forts das ganze Problem gelöst sei ?
    Würde der Leser am Ende eines Lucky Luke noch das Gefühl haben, er habe sich köstlich amüsiert oder nicht vielmehr denken, jetzt werde er auch noch in den Momenten in denen er den Alltag entfliehen will mit den Gemeinheiten dieser Welt konfrontiert ?
    Und wäre Lucky Luke Deine Lieblingsserie geworden, wenn sie Dich als Kind in Anbetracht des Schicksals der Indianer traurig gemacht hätte (da hätten die Gags drumherum auch nicht mehr viel bewirken können, Kinder sind für Zynismus nicht besonders empfänglich) ?

    Letztendlich wird gerade in Funnies ohne aufklärerischen Anspruch pausenlos verharmlost. Man betrachte nur mal Piratenserien wie Pittje Pit, Pitt Pistol oder Pepito: waren Piraten nicht schlichtweg gewissenlose Verbrecher ? Ist deren Darstellung in den Comics (und nicht nur den Funnies) nicht auch Geschichtsverfälschung ?

    Hätte Yakari seinen Erfolg (in frankophonen Ländern), wenn man in dieser Serie die Abschlachtung der Indianer thematisieren würde ?
    Oder würden die Eltern der die Serie lesenden Sprößlinge unter diesen Umständen nicht vor dem Kauf der Alben zurückschrecken ?

    Nicht jede Serie muss in jede Richtung deutlich Gesinnung zeigen, zumal wenn die Autoren dies nicht zu ihrem Thema machen wollen.

    Dass Morris und Goscinny das Militär nicht gerade glorifizieren ist aber aus Lucky Luke schon herauszulesen.

  19. #19
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Habe eben beim Gassigehen mit dem Hund noch mal drüber nachgedacht bin zu folgender Weiterentwicklung meines Gedankengangs gekommen:
    Lucky Luke ist eine extrem ironische Serie! Jeder kriegt sein Fett weg, egal ob Held oder Schurke, Präsident oder Animierdame, Indianer oder Kavallerist. Jede Handlung, jede Emotion der Protagonisten wird mit einem (freundlichen) Augenzwinkern präsentiert. Und ein solches Umfeld ist einfach nicht geeignet, um die brutale Realität abzubilden. Wie könnte man das zumeist traurige Schicksal der amerikanischen Ureinwohner mit einem (freundlichen) Augenzwinkern erzählen, das zum Schmunzeln anregt? Natürlich könnte man das Thema mit Humor angehen, aber dafür würde sich wahrscheinlich nur bitterster Sarkasmus eignen, und der passt natürlich nicht zu LL. Oder man geht den Weg moderner Dokus/Filme/Bücher und erzählt alles "straight" und ohne Humor, mit einem Gefühl des Bedauerns/Entsetzens/der Schuld (nennen wir das mal den "Kevin Costner"-Ansatz). Das ist sehr effektiv, aber passt noch viel weniger zu LL, denn die Abenteuer des einsamen Cowboys sind nun mal primär darauf ausgelegt, uns mit einer ganz bestimmten Form des Humors (der übrigens keineswegs schlicht ist, sondern mit seiner Betonung auf die Lächerlichkeit der "Human Condition" durchaus clever sein kann) zum Lachen zu bringen, da lässt sich echte Ungerechtigkeit m.M.n. nun mal einfach nicht abbilden, denn sie ist nicht lustig (ja ich wiederhole mich, aber ich hab´ immer noch Kopfschmerzen, also ertragt micht bitte ).

    Anders ist es übrigens bei Geschichten, die weniger ironisch und dafür Plot-bezogener sind. Hergé, der Tim&Struppi vom Grundton her sehr "straight" erzählt (d.h. ohne sich über die Schwächen all seiner Charaktere lustig zu machen), hat offensichtlich weit weniger Probleme, Elend und Ungerechtigkeit abzubilden, einfach, weil Tims Welt viel ernster ist.
    Geändert von Matbs (26.02.2006 um 19:00 Uhr)

  20. #20
    Mitglied Avatar von lucien
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    ethnische Minderheiten

    Apropos Minderheiten, auch in diesem Lucky Luke wird eine ethnische Minderheit, als klischeetreffender Sidekick, dargestellt. Ming Li Foo, der eine Wäscherei im Fort Apache betreibt.

    Auch hier spielt das Team Morris/Goscinny gekonnt mit bekannten Mustern und Klischees, der bezopfte kleine Chinese, sehr geschäftstüchtig (hat felix schon erwähnt), enthaltsam (siehe seine "Reiseinteilungs Berechnung") und vormvollendet höflich.

    Meine Lieblingsszene mit Ming Li Foo ist auf Seite 38 zu finden, "Viel zu tief, wir haben viel zu tief gegraben".... köstlich wie hier mit Ängsten und Einfalt gespielt wird....

    Auch die Chinesen haben einen wichtigen Beitrag zur Besiedlung und Zivilisation der heutigen U.S.A. beigetragen. Ihr Schicksal war sehr weit von Humanität entfernt, ihr Leben galt nicht viel, entsprechend wurden sie behandelt. In der Serie Chinaman wird dies sehr eindrücklich dargestellt.

    Trotzdem finde ich nicht dass Goscinny despiktierlich mit der Darstellung Ming Li Foos umgeht.

  21. #21
    Mitglied Avatar von Mick Baxter
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    Zitat Zitat von Kaschi Beitrag anzeigen
    Der gesamte Western-Mythos drückt sich um diese Problematik herum (mit Ausnahmen). Und Lucky Luke ist Teil davon.
    Natürlich ist der Western-Mythos verlogen, sonst wäre es kein Mythos. Und Lucky Luke parodiert diesen Mythos und ist damit weitgehend auf die Inhalter des Mythos beschränkt (weitgehgend, denn bei LL kommen die Indianer ja viel besser weg als in allen John-Ford-Western, übrigens durchaus eine Folge des katholischen Umfelds. Bei vielen belgischen Katholiken standen Karl May und die Legende vom "edlen Wilden" hoch im Kurs - siehe Abbé Norbert Wallez).

  22. #22
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    Also, offenbar besteht unter uns Konsens darüber, daß 1. die US-Army gegenüber den Indianern ein verbrecherisches Werkzeug gewesen ist und 2. dieses in Lucky Luke nicht oder besser: falsch dargestellt zum Ausdruck kommt. Nur bei der Frage, ob das o.k. ist für eine Funnie-Comicserie, gehen wir nicht konform.

    Die Entstehungszeit und der Entstehungsort wie auch die Herkunft von Lucky Luke bzw. seinen Schöpfern erklären natürlich das Warum und Wieso, ist klar. Aber trotzdem darf man doch aus anderer Perspektive heraus kritisieren, oder?

    Für mich erhebt sich vor einer Abänderung der Serieninhalte erstmal die Frage, ob die Vertreibung/Vernichtung der Indianer überhaupt ein Thema für kindgerechte Funnies sein sollte. Sich die Geschichte so zurechtzubiegen, daß sie vorne und hinten nicht mehr stimmt, aber dann kinder- und familientauglich geworden ist, kann es in meinen Augen nicht sein. Daß das vielen (auch mir lange Zeit) bei Lucky Luke u.ä. nicht so ohne Weiteres auffällt, liegt m.E. an der bereits angeführten Vielzahl von Western-Darstellungen, die wir alle en masse kennengelernt haben und die mindestens genauso diese Kritik verdienen. Es gibt viele andere historische oder aktuelle Themen, die sich m.E. nicht für kindgerechte Funnies eignen, weil sie im Kern Darstellung oder eben Verleugnung mörderischen Handelns bedeuten würden.

    Doch ich will nicht kneifen vor der Versuchung, den Herren Morris und Goscinny posthum Ratschläge zu erteilen, was an Lucky Luke zu verbessern wäre, um aus diesem Dilemma herauszukommen. Natürlich ist das eine unglaubliche Anmaßung eines unbedarften Comic-Konsumenten gegenüber zweier Lichtgestalten der Comicwelt, aber Ihr habt's ja so gewollt!

    Die Brutalitäten des Westens in ihrer Gänze in Kindercomics nicht auszuführen, sondern so darzustellen, daß Kinder sie ohne Bauchschmerzen verkraften können, ist o.k., denke ich. Aber eine Western-Serie, die Partei ergreift für die Indianer und gegen die US-Politik (und darum geht es), müßte letztere auf die Seite der Daltons, Billy the Kid usw. stellen! Luke müßte also den Indianern zur Seite stehen gegen aggressive Absichten der Army bzw. der Regierung. Vielleicht in ähnlicher Form wie Asterix den Römern immer wieder eins auswischt, ohne sie letztendlich aus dem Land treiben zu können. Aber ohne Zaubertrank, wenn's geht! Vielleicht könnte Luke einen indianischen Blutsbruder bekommen (zumindest ab und zu, denn der Lonesome Rider soll er ja bleiben!), der die Soldaten immer wieder an der Nase herumführt - odersooderanders ... Auf diese Weise würde der Army ihre positive Grundfunktion genommen und zwar kindgerecht. Allerdings wäre so die Serie politisch anstößig geworden - erst recht in der Nachkriegszeit, vielleicht aber auch heute noch. Und von daher möglicherweise nicht so gut zu vermarkten.
    Geändert von Kaschi (26.02.2006 um 21:12 Uhr)

  23. #23
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Hätte es Dir gereicht, wenn ein Colonel als Indianerschlächter dargestellt worden wäre ? Oder hätte die ganze Armee aus Bluthunden bestehen müssen ?
    Damit Lucky Luke am Ende beruhigt in seinen Sonnenaufgang entlassen werden könnte, müsste er das Problem in irgendeiner Art und Weise bewältigen. Vielleicht indem Lucky belastende Beweise gegen das Fort sammelt (man fragt sich, welche Gagmöglichkeiten in so einer Suche stecken bzw. ob sich da nicht manche denken würden, hier treibe man mit Entsetzen Scherz), die dann zur Schließung desselben führen würden ?
    Aber könnte man dann nicht kritisieren, dass dies eine Geschichtsklitterung bedeute, da es dadurch so aussähe als ob mit der Schließung eines Forts das ganze Problem gelöst sei ?
    Würde der Leser am Ende eines Lucky Luke noch das Gefühl haben, er habe sich köstlich amüsiert oder nicht vielmehr denken, jetzt werde er auch noch in den Momenten in denen er den Alltag entfliehen will mit den Gemeinheiten dieser Welt konfrontiert ?
    Und wäre Lucky Luke Deine Lieblingsserie geworden, wenn sie Dich als Kind in Anbetracht des Schicksals der Indianer traurig gemacht hätte (da hätten die Gags drumherum auch nicht mehr viel bewirken können, Kinder sind für Zynismus nicht besonders empfänglich) ?

    Letztendlich wird gerade in Funnies ohne aufklärerischen Anspruch pausenlos verharmlost. Man betrachte nur mal Piratenserien wie Pittje Pit, Pitt Pistol oder Pepito: waren Piraten nicht schlichtweg gewissenlose Verbrecher ? Ist deren Darstellung in den Comics (und nicht nur den Funnies) nicht auch Geschichtsverfälschung ?
    Vielleicht kann ich hier mit einem Mißverständnis aufräumen, was meine Kritik betrifft. Ich will natürlich, wie vorhin schon kurz angedeutet, keine bis ins Letzte realistische Darstellung der Vorgänge. Das würde einer Funnie-Serie in der Tat jeden Humor austreiben. Vielleicht ist diesbezüglich der Begriff "Geschichtsklitterung" mißverständlich gewesen oder zumindest erläuterungsbedürftig. Ich meine, daß in einer parodistischen Serie die historischen Rollenverteilungen zwar überspitzt dargestellt, aber nicht auf den Kopf gestellt, ins Gegenteil verkehrt werden dürfen. Vielleicht ist das durch meine Antwort auf Matbs' Anfrage etwas deutlicher geworden.

  24. #24
    Mitglied Avatar von Matbs
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    @ Kaschi: Hm. Ich seh´s halt offensichtlich etwas anders als du, wahrscheinlich werden wir uns da auf ein freundliches "Agree to Disagree" einigen müssen.

    Ich glaube LL will das Schicksal der realen indigenen amerikanischen Bevölkerung nicht zum zentralen Thema machen. Und ich glaube, LL kann das auch gar nicht. Und ich finde, LL sollte es auch nicht - allein schon deshalb, weil ich nicht der Meinung bin, dass jedwede Form der Darstellung des "Wilden Westens" realitätsgetreu oder nach heutigem Verständnis immer ganz political correct sein muss, besonders wenn diese Darstellung 30 oder 40 Jahre alt ist.
    Wenn ich nachmittags oder abends den Fernseher anmache und durzappe, stehen die Chancen gar nicht so schlecht, dass ich irgendwo auf einen Film stosse, in dem John Wayne hinter einem Planwagen sitzt und tumb vorbeireitende böse Indianer erschiesst. Ich weiss, dass das nicht den Tatsachen entspricht, aber meine Empörung hält sich in Grenzen - was nicht heissen soll, dass ich keinen Respekt vor echten Indianern hätte, aber mir ist halt völlig klar, dass das keine sind, sondern lediglich künstlich geschaffene Konstrukte, die die Rolle des "Other", also des "Fremden" oder "Bösen" einnehmen, ohne dass sie über ihre Fremd- bzw. Bösartigkeit mit weiteren Attributen besetzt werden müssten.
    Wenn nun jemand kommt, und sich über ebendiese blöden Klischees lustig macht, kann ich ggf. drüber lachen (womit wir wieder bei LL wären) und find´s gut. Und dass dabei darauf verzichtet wird, den Zeigefinger zu heben und mir haarklein erklären zu wollen, wie´s wirklich war (und mir auch gleich mit auf den Weg zu geben, dass die an sich Welt schlecht und dreckig ist, denn auch das ist mir schon hinlänglich bekannt), finde ich eigentlich ganz gut und bin glücklich damit. Und wenn ich doch mal was über das traurige Schicksal der Indianer in Comicform lesen will, besorge ich mir "Red Road" von Derib.

    Noch ein paar spezifische Antworten:
    Zitat Zitat von Kaschi Beitrag anzeigen
    Also, offenbar besteht unter uns Konsens darüber, daß 1. die US-Army gegenüber den Indianern ein verbrecherisches Werkzeug gewesen ist und 2. dieses in Lucky Luke nicht oder besser: falsch dargestellt zum Ausdruck kommt. Nur bei der Frage, ob das o.k. ist für eine Funnie-Comicserie, gehen wir nicht konform.
    Ähh, uh, na ja, also ganz ehrlich: Mir ist schon klar, dass die US-Kavallerie durchaus einige schlimme Dinge mit den amerikanischen Ureinwohnern angestellt hat, aber für so eine Art blaue SS mit Pferden halte ich sie dann auch wieder nicht, entsprechend finde ich ihre Darstellung als nicht abgrundtief böse und blutrünstig eigentlich für relativ unverfänglich (insbesondere da ich - wie bereits ausgeführt - glaube, dass "abgrundtief böse und blutrünstig" die Grundregeln, auf denen LL basiert verletzen würde) - stören würde es mich dann, wenn Morris und Goscinny sich weniger sorgfältig mit den Klischees des Western auseinandergesetzt und stattdessen die Grundannahme, dass Indianer böse und die Kavallerie gut ist, einfach übernommen hätten. Und das ist meiner Meinung nicht passiert - ich finde, sie sind sich und der Grundlage ihrer Serie treu geblieben, und das ist gut. Hat die Army eine positive Grundfunktion? Ich finde eigentlich nicht. Aber mit ihren verborten Offizieren, unsichtbare Kartoffeln schälenden gefreiten und singenden Iren ist sie lustig. Und mehr verlange ich da nicht.

    Zitat Zitat von Kaschi Beitrag anzeigen
    Vielleicht in ähnlicher Form wie Asterix den Römern immer wieder eins auswischt, ohne sie letztendlich aus dem Land treiben zu können. Aber ohne Zaubertrank, wenn's geht! Vielleicht könnte Luke einen indianischen Blutsbruder bekommen (zumindest ab und zu, denn der Lonesome Rider soll er ja bleiben!), der die Soldaten immer wieder an der Nase herumführt - odersooderanders ...
    Ja, aber dann wär´s halt nicht mehr LL. Denn der hat keinen Blutsbruder, und kein galli... äh Indianerdorf, und er kämpft auch nicht gegen die Obrigkeit. Sondern es wäre Asterix im Wilden Westen. Nicht a priori schlecht, aber nicht LL.


    Wie gesagt, ich verstehe schon, was du meinst und kann das auch ein Stück weit nachvollziehen, aber ich seh´s halt anders - vielleicht bin ich auch einfach weniger für das Thema sensibilisiert (das scheint einigen anderen hier ja auch so zu gehen) und finde es deshalb nicht so schlimm.
    Mein Argumente müsste ich von jetzt an immer weiter und weiter wiederholen, deine hab´ ich soweit verstanden, entsprechend biete ich das Eingangs erwähnte "Agree to Disagree" an und werde mich ab morgen aus dieser Diskussion raushalten. Vielleicht können wir dann ja über einen anderen Aspekt on LL reden, der dir vielleicht auch besser gefällt, und wo wir vielleicht einer Meinung sein können .
    Geändert von Matbs (26.02.2006 um 22:54 Uhr)

  25. #25
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Ich gehe auch mit dem hier Geschriebenen konform, indem man sich einer Serie wie Lucky Luke nicht unter dem Gesichtspunkt des realistischen Bezugs nähern sollte.
    Außerdem glaube ich vielmehr, daß die Serie sich nicht auf Historismus bezieht, sondern mehr den Hollywood-Western an sich parodiert und persifliert.
    Eine allzugroße Identität der amerikanischen Geschichte würde ich der Serie jedenfalls nicht aussprechen wollen - wenn meine These aber zutreffen sollte - mit dem Bezug auf Hollywood-Western - finde ich sie mehr als gelungen.

    Bei aller Bezugnahme auf historische Fakten, ist es aber schon sehr erstaunlich, daß die Thematik Indianer früher und auch heute noch realtiv freizügig erzählt wird und auch über Unwahrheiten milde hinweg geblickt wird, während ein für mich legitim vergleichbares Thema, wie die Judenverfolgung nur äußerst vorsichtig und mit Bedacht auf 100%-igen Wahrheitsgehalt angenähert wird (was natürlich außerordentlich zu begrüßen ist!)

    Vielleicht liegt es wirklich an unserer Herkunft und das wir mit dem Thema Indianer in unserer Kindheit eher spielerisch Kontakt hatten, was sicherlich der Verharmlosung durch US-Filme zu verdanken ist.

    Relevant für eine Serie wie Lucky Luke ist es sicherlich nicht - höchstens erwähnenswert.

    zu @Matbs

    Ich stelle mir gerade bildlich vor, wie Du gestern Abend mit Deinem Hund Gassi gegangen bist und mit Ihm über Lucky Luke philosophiert hast!

    Wer hat den von Euch schneller gezogen, beim Wasser lassen?

    Jetzt weiß ich auch warum Du Fan von den Peanuts bist!
    Geändert von hipgnosis (27.02.2006 um 10:04 Uhr)

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