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Thema: Welche Comics habt ihr heute gelesen? - Der große Review-Thread

  1. #2601
    Mitglied Avatar von Helrunar
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    Talbot

    Bryan Talbot's Brainstorm. The complete Chester P. Hackenbush and other underground classics.
    Alchemy 1999
    7/10
    Schon etwas angestaubte Drogen-Comics aus den 70ern, die teilweise wirken wie aus einer alten Schülerzeitschrift. Erster Auftritt von Luther Arkwright.

    Bryan Talbot: Grandville. A detective-inspector Lebrock of Scotland Yard scientific-romance thriller.
    9/10
    Dark Horse 2009
    Originelle Mischung aus Steampunk, Tierfabel und Politsatire. Der Held ist ein stoischer Dachs, der mit seinem Ratten-Partner eine großangelegte Verschwörung der bösen Franzosen gegen England aufdeckt. Liebevoll gestaltet in Jugenstil-Design (Hardcover mit Prägung), mit zahlreichen Anspielungen auf französische Comics (Becassine, Spirou, Tintin etc.).
    Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=aqMuf...ayer_embedded#!
    Ein zweiter Band ist angekündigt: Grandville Mon Amour.
    http://www.bryan-talbot.com/grandville/index.php
    Geändert von Helrunar (12.06.2010 um 02:42 Uhr) Grund: formatierung
    novio de la Muerte

  2. #2602
    Mitglied Avatar von chillybongo
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    Hier das sexy JUNGLE GIRL (Panini) mal von zwei Seiten betrachtet ...

  3. #2603
    Mitglied Avatar von Breedstorm
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    Dragonero /Bonelli


    Bei Dragonero handelt es sich um eine waschechte Fantasyserie. Ganz im Stile von Genrevorbild Herr der Ringe sind ein alter Magier, ein menschlicher Krieger, eine scheue Waldelfin, eine Kampfnonne und ein Ork zusammen unterwegs, um die Welt zu retten. Diese ist, ganz wie beim Vorbild, auf mehreren Karten erläutert. Einzig nicht ins Tolkiensche Weltbild passen die Technokraten, die mittels Mechanik die Magie mehr und mehr zurück drängen (auch dabei in Form der Schwester des Kriegers).

    Warum muß die Welt gerettet werden? Der Wall im Norden des Landes, der die Bewohner vor den Drachen schützen soll, ist in Gefahr. Offenbar wollen fiese Drachen ihn niederreißen, und so scharrt der alte Magier die oben erwähnte Gruppe um sich, um die Zutaten für ein Ritual zu suchen, das dem Treiben ein Ende setzen soll.

    Es folgen die typischen Kämpfe gegen diverse Fantasymonstern in unterschiedlichen Umgebungen. Nicht viel neues also. Allerdings sind die Zeichnungen von Giuseppe Matteoni schön gelungen, und die von Luca Enoch und Stefano Vietti erfundene Welt ist in sich stimmig. Ab und und wird sogar der Hauch eine Charakterisierung spürbar, leider insgesamt zu wenig. Da hätte man eher den ein oder anderen Kampf weglassen, aber dafür näher auf die Herkunftsgeschichten eingehen sollen.
    Wo der Band aber ziemlich gelungen ist, ist bei der preisliche Gestaltung. 18€ für fast 300 Schwarzweißseiten ist mehr als fair, und läßt über einiges hinwegsehen. Was allerdings nicht geht ist eine falsche Bindung; Seite 49-64 sind bei mir doppelt enthalten. Da muß die slowenische Druckerei nachbessern.
    In den USA wird der Band von Dark Horse herausgebracht.

    6/10
    Geändert von Breedstorm (22.06.2010 um 20:05 Uhr)

    Comic-Podcast

  4. #2604
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Buffy the Vampire Slayer - Season 8, Folgen 1 - 4: "The long road home"
    Joss Whedon, Georges Jeanty
    Dark Horse
    7/10

    Die Season 8 geht schon interessant an, teilweise allerdings ist der Erzählfluss ein bißchen schwer nachzuvollziehen, so ist manchmal unklar, wer spricht. Schlimm sind teilweise die arg auf schmissig getrimmten Dialoge, die ständig mehrschichtig sind und nerdige Anspielungen erhalten. Bezüge auf Star Wars, Nick Fury nerven auf Dauer, weil dieses Stilmittel einfach überstrapaziert wird. Außerdem glaubt man ohnehin nicht, dass alle Personen des Buffyverses nerds sind. Da habe ich schon bei der Fernsehserie Angel nur schwer akzeptieren können, dass Angel sich so gut mit alten Fernsehserien auskennt. Da drängt sich einfach zu sehr Joss Whedon auf, der unbedingt Anspielungen unterbringen will, koste es, was es wolle.

    Buffy the Vampire Slayer - Season 8, Folge 5: "The chain"
    Joss Whedon, Georges Jeanty
    Dark Horse
    7/10

    Ich hab das Gefühl nicht los, dass Whedon immer wieder gute Ideen von Grant Morrison abguckt. Die Erzählstruktur von "The Chain" entspricht fast 1:1 der Folge 12 der Serie "The Invisibles" (Best Man's Fall), nur dass Grant Morrison die interessanteren Plots hat. Natürlich gibt Whedon sich Mühe, ein paar eigene Akzente zu setzen, aber es wirkt angestrengt. Außerdem gefällt mir die Vorstellung von Buffy als General der Slayer, einschließlich bodyguards und Doppelgängern nicht besonders.
    Geändert von Manx cat (25.06.2010 um 07:08 Uhr)

  5. #2605
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    Zitat Zitat von Breedstorm Beitrag anzeigen
    Dragonero /Bonelli[...]

    Was allerdings nicht geht ist eine falsche Bindung; Seite 49-64 sind bei mir doppelt enthalten. Da muß die slowenische Druckerei nachbessern.
    Habe den Band zwar nicht, aber das kann doch wohl kaum ein Serienfehler sein? (Kommt in Einzelfällen wohl bei jeder Druckerei mal vor.) Fehlt dir dafür ein anderer Druckbogen? Würde ich umtauschen lassen.

  6. #2606
    Mitglied Avatar von Helrunar
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    Alan Moore (Text & Zeichnungen): Astounding weird penises (in Dodgem logic # 2, Feb./March 2010)
    6/10
    Sehr schräg und nicht jugendfrei, Mischung aus Tijuana Bible und Underground-Comic der 70er Jahre.

    Mark Wolfer, Brian Pulido et al.: Lady Death Ashcan
    7/10
    Vorschau auf die neue LD-Serie bei Avatarpress. Online unter: http://issuu.com/avatarpress/docs/ladydeathdebutashcan
    Geändert von Helrunar (25.06.2010 um 16:13 Uhr) Grund: link
    novio de la Muerte

  7. #2607
    Mitglied Avatar von steven criegson
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    Thumbs up Super !

    "NIEMALSLAND"
    Text: Mike Carey / Zeichnung: Glenn Fabry
    [Vertigo]

    Ein Fest für die Augen! Verbeugung vor den Farbgebern Tanya & Richard Hoorie. Glenn Fabrys dynamisch-realistische Zeichnungen komplettieren die Freude des Lesers angesichts dessen detaillierter Komplexität, die so wundervoll eigenwillig und dennoch so real wirkt. Ein klassischer "must-have", den man zweimal lesen sollte, um sich dann nur noch allein an den Bildern erfreuen zu können.

    Zusätzliches Schmunzeln bewirkt die Anspielung auf den Film "Wer hat Angst vor Virginia Woolf". Denn wer genau weiß, welcher Deutsche (!) wofür 1999 den Nobel-Preis bekam und zugleich diesen o.g. Film sich genau angeschaut hat, wird diese Anspielung im zweiten Kapitel dieses Comic mit Sicherheit entdecken und seinen Spaß daran haben. Ein weiterer Beleg für die zeichnerische Detailfreudigkeit von Glenn Fabry. Offen aber bleibt, ob der Zeichner diesen "Gag" selbst zu verantworten hatte oder es nur eine Auftragsarbeit war.

    Die Geschichte selbst spielt in London, aber mehr in der zweiten, phantastischeren Existenzebene, in welcher die Gesetze von Physik wie Logik aufgehoben zu sein scheinen statt in der ersten realen und uns bekannten Existenzebene. Aus dieser realen Welt verschlägt es die Hauptfigur Richard in diese für Normalsterbliche nicht wahrnehmbare Alternativwelt, worin er sich als Helfer einer Frau, deren Angehörige ermordet wurden, auf ihrem Rachefeldzug wiederfindet. Klar, daß das Ganze vorhersehbar endet, aber das ist eigentlich ohne Belang. Vielmehr wird diese Story vorrangig durch ihre visuelle Präsentation getragen, was zugleich die Lektüre der Buchvorlage überflüssig macht. Zwar mag man staunen über den Ideenreichtum des vorlagengebenden Buchautors Neil Gaiman, doch seine Prosa im Kopf visualisieren zu wollen, ist zu anstrengend und wird im Vergleich zum Comic immer unzureichend sein. Und somit ist die Buch-Lektüre entbehrlich.

    Dramaturgisch ist das Ende etwas zu kurz geraten. Richards Rückkehr in seine reale Existenzebene hätte ausführlicher dargestellt sein müssen. Seine Perspektivlosigkeit wie Unangepaßtheit an die "normalen" Bedingungen umfassender mitzuerleben, wäre reizvoll gewesen, zumal dann seine Rückkehr in die Alternativwelt auch plausibler erscheint. So aber verläßt einen das Gefühl nicht, daß der Stoff für einen 10-Teiler nicht ausreichte, für einen 9-Teiler aber zuviel war. Ergebnis/Lösung: Also kürzen!

    Eine Notiz am Rande, was wiederum zu Spekulationen einlädt: Ist Gaiman oder Carey oder vielleicht sogar Fabry ein Elvis-Hasser? Die Figur des metzgernden Mörders Vandermar erinnert jedenfalls stark an den King, sofern man den Wiedererkennungseffekt hauptsächlich an den Kotleten festmachen will. Jedenfalls das Intro-Panel der Mörderbande Croup und Vandemar: Genial. Da weiß man so richtig, was auf einen in den folgenden Seiten zukommt:
    Mörderisches Lese- und Seh-Vergnügen.

    -----------

    10/10

  8. #2608
    Mitglied Avatar von steven criegson
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    "House of M"
    Text: Brian M. Bendis / Zeichnung: Olivier Coipel
    [Panini]

    Ein Comic mit einem ganz besonderem Lese-Erlebnis: Permanente Inaugenscheinnahme des Klappentextes während der Lektüre, um der Handlung, besonders in der ersten Hälfte überhaupt einigermaßen folgen zu können. Wer ist wer; warum macht wer was; warum hat wer was wann gemacht usw. usw.

    Okay. Vielleicht liegt's daran, daß dies mein erster Marvel-Comic gewesen ist, denn als langjähriger DC-Fan mied ich Marvel so wie der Fürst der Finsternis das Sonnenlicht. Vielleicht hätte man vorher sich so ins Marvel-Universum einlesen müssen, als wenn man eine Fremdsprache, z.B. Chinesisch neu erlernen müßte: Neben neuen Vokabeln auch noch neue Schriftzeichen.

    So jedenfalls ging's mir auf den ersten 100 Seiten: Farben, Figuren, Schauplätze kunterbunt durcheinenander gewirbelt - und das war's erstmal...

    Zusätzlich ärgerlich war: Wer Magneto zuerst durch Ian McKellen im Kino kennengelernt hat, ist nur noch frustriert über diese hier schablonisierte Comic-Interpretation. Ständig bietet diese Figur in dieser Geschichte Anlaß zum Verwechseln. Lesen will man, nicht raten...

    In der zweiten Hälfte wurde es dann etwas besser, man begann zu verstehen: Ein Weltwechsel war passiert, der rückgängig gemacht werden mußte. Und das Ganze bewirkt von einer einzigen Frau. Auch das noch. (Diesen Comic bitte nie "Mutti" zeigen. Das würde sie nur deprimieren, weil sie diese Macht nicht mal annähernd hat. Wäre das schön für sie!) Und enden mußte es wie gewohnt, auch wenn's im Schlußpanel nicht steht: Fortsetzung folgt...

    Bei Betrachtung der Schlußpanele fragt man sich als Leser: Bis zum Mond reicht wohl Scarlet Witch' Macht nicht, denn dann hätte Coipel ihn bestimmt auch noch gezeichnet.

    Irgendwie albern das Ganze: Kolonnen von Superhelden bzw. Mutanten (wir sind ja schließlich bei Marvel) mit unterschiedlichsten Kräften, und alle getoppt von einer einzigen Frau (so wie ich das sehe, nur eine "supporting role" innerhalb des Helden-Kosmos). Diese Verhältnis-Verschiebung löst eigentlich nur Kopfschütteln aus.

    Da die Zeichnungen als solche nicht schlecht sind; Comic-Lesen auch hier unterhaltsam, wenn auch nicht zufriedenstellend ist, ist abschließend gesehen, die Zeit zwar nicht verschwendet, aber auch nicht gewinnbringend genutzt worden.

    ---------

    4/10

  9. #2609
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Zitat Zitat von Mueli77 Beitrag anzeigen
    Heute kommt ein Klassiker der Comicliteratur:


    Batman: Die Rückkehr des dunklen Ritters

    Eine Frage vorweg sei mir bitte gestattet. Steht der Band von Carlsen auf dem Index?
    Wie kommst du auf dieses schräge Idee?

    Wenn ja, Ok (ist mir dann auch klar)
    Und was ist daran klar?

  10. #2610
    Mitglied Avatar von The Hypnotoad
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    Er meint damit die Zensur bzw. Nicht-Zensur von Hakenkreuzen in den frühen Carlsen-Auflagen. Was an sich kein Verbrechen ist, aber Probleme bereiten könnte, wenn die Sittenwächter sich mal wieder aufregen...

    Dieser Comic hat aber nie solche Probleme bereitet, weil die offensichtliche Darstellung von Swastikas retuschiert worden ist, meines Wissens auch schon in der Erstauflage...
    Geändert von The Hypnotoad (30.06.2010 um 12:35 Uhr)

  11. #2611
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Buffy the Vampire Slayer - Season 8, Folgen 6-35
    Specials: Willow, Tales of the Vampires
    Joss Whedon, Georges Jeanty et al.
    Dark Horse
    8/10

    Da hab ich zunächst mal das Abo einfach weiterlaufen lassen, ohne die Hefte noch zu lesen. Dann, kürzlich beim Lesen, hab ich mich ein bißchen geärfgert, denn nach zunächst durchaus passablen Heften des Gastautors Brian K. Vaughn und zwei überzeugenden one-shots rutschte die Serie mit "Wolves at the Gates" fast ins bodenlose. Belanglos und albern kam mir die Geschichte vor, in der japanische Vampire diese komische Sense aus Staffel 7 klauen, die aussieht wie eine Axt und deren Bedeutung ich nie ganz verstanden habe. Höhepunkt ist dann der Kampf zwischen der aus ominösen Gründen zur Riesin gewordenen Dawn und einer nachgebauten Riesen-Roboter-Dawn wie Godzilla gegen Frankensteins Monster in Tokyo. Ich dachte mir nur "was fürn Müll" und hab mich über die nerds dieser Erde geärgert, die sowas auch noch witzig finden.

    Als nächstes kam die storyline um Fray, Vampire-Slayer of the future, eine Nebenfigur des Buffy-Comicuniversums, die mich absolut null interesierte, darüberhinaus von einem etwas untalentierten Zeichner gezeichnet, was mich dazu veranlasste, die Hefte nur noch flüchtig zu lesen und den Wunsch in mir aufkommen ließ, die Hefte ins Eck zu werfen, aber auf einmal - auf einmal fiel mir auf, dass das Skript von "Time of your life" gar nicht schlecht ist. "Time of your life" hatte, trotz einiger Holprigkeiten, einen guten plot, und am Ende von Heft 19 war ich fasziniert von der Auflösung und wolllte mehr. Und die Folgehefte waren dann auch gut. Die Liebesszenen mit Angel in den letzten beiden Teilen sind darüberhinaus atemberaubend gezeichnet, der Willow-oneshot ist spannend wie die besten Folgen der Serie, überhaupt bin ich wieder voll im Fieber und freu mich auf das Ende der Sommerpause.

    Inzwischen gefällt mir sogar "Wolves at the Gates", es hätte nur von einem anderen Zeichner umgesetzt sein sollen. Der einzige Zeichner, der so eine Geschichte adäquat umsetzen hätte können ist wohl ....
    ...Joann Sfar. Wer Sfars "Vampire Loves" kennt weiß, dass das stimmt.
    Geändert von Manx cat (04.07.2010 um 07:34 Uhr)

  12. #2612
    Mitglied Avatar von steven criegson
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    "Eternals"
    Text: Neil Gaiman / Zeichnung: John Romita jr.
    [Panini]

    I.
    Celestials sind mehrere hundert Meter große Roboter-Wesen mit Individualität und Intelligenz, wobei keiner weiß, woher sie kommen und wohin sie gehen - sie sind einfach da, und zwar auf der Erde, wo sie in frühesten prähistorischen Zeiten Wesen schufen mit unterschiedlichen Funktionen: Anthropomorphe Eternals (die titelgebenden Wesen), welche die nachkommende, sich langsam entwickelnde Menschheit geistig inspirieren, leiten und schützen sollen sowie die Deviants, welche fleischfressendpflanzengleich eigentlich nur Nahrung aufnehmen und verdauen. Selbstredend, daß die Celestials sintflutartengleich bis auf wenige Reste die Deviants auf der Erde wieder vertilgten, die Eternals hingegen in Ruhe ließen. Soweit zum Background.

    II.
    Die Geschichte selbst läßt den Leser eine Entdeckung wahrer, bislang verschütteter Identität miterleben, die endlich sich selbst bewußt werdend, sich der eigentlichen Bestimmung widmen kann: Abstreifen menschlicher Existenz, um quasi als reaktivierter Eternal seinen Schutzaufgaben erneut nach zu kommen. Innerhalb dieser Eckpunkte spielt sich auf mehr als 200 Seiten diese Geschichte ab, welche u.a. angefüllt ist mit Enthüllungen, Wendungen, Einsichten, Auseinandersetzungen, Verzweiflungen, Rettungen und Tötungen. Fest steht nur, da die Zeitachse dieser Story ewigkeitsbehaftet und zudem universale räumliche Weite besitzt, daß die vorliegende Geschichte nur eine Episode mit offenem Ende ist zwischen einem kosmischen "Davor" und "Danach"

    III.
    Ist diese Story-Outline schon nicht in der Lage, heimelig-kuschelige Sympathie zu erzeugen, so gelingt das mit dem Artwork von John Romita jr. ebensowenig. Nervös-fahrig, dünn-konturiert kommen seine Zeichnungen daher, die den Betrachter zwingen, eher eine gespannt-distanziert-abwartende Haltung gegenüber den Figuren einzunehmen anstatt sie einfach zu mögen. Romitas Stärke liegt hier deshalb auch mehr auf die Abbildung des Abstrakt(= Celestials)-hässlichen(=Deviants).
    Der Autor Gaiman, eine etablierte Größe im Fabulieren Fantastischen, scheint hier eine Auftragsarbeit vorgelegt zu haben, denn neben Übernommenem/Fortgeschriebenem (Original-Idee von Jack Kirby) erscheint auch Bekanntes aus dem Marvel-Kosmos, allen voran Iron-Man. Wohltuend für die Handlungsausgewogenheit: Die dezente Zurückhaltung dieser Marvel-Helden.
    Der distanzierte Gesamtcharakter wird unterstrichen durch eine eher farbextensive Kolorierung. Beim Lettering hingegen fällt die eher lesefreundlich zu nennende Schriftform auf.

    IV.
    Ausgewählte Aspekte aus dieser Geschichte gestatten es, vorstehend Angeführtes noch in gewissen Punkten weiter zu vertiefen.
    Ende des ersten Kapitels erwähnt die Hauptfigur den schweizerischen Autor Erich von Däniken: Ist das eine getreue Übersetzung des Original-Textes oder nur der Laune des deutschen Übersetzers Reinhard Schweizer (!) geschuldet, der die Angelegenheit für deutschsprachige Leser vertrauter gestalten will und deshalb zu eigenmächtigen Eindeutschungen greift?

    V.
    Abstoßend-brutal hingegen geht's im letzten Kapitel zu, in dem eine Kindstötung mittels Genickbruch ausgeführt wird. Um einer rechtlichen Indizierung zu entgehen sowie sich den Leser emotional nicht zu verprellen, wird der geschichtenverfolgende Betrachter behutsam auf diese dramaturgisch anscheinende oder scheinbare unausweichliche Ungeheuerlichkeit vorbereitet: Das Kind ist nur scheinbar ein Kind, also ist es eigentlich kein Kind, sondern ein infantilomorphes Wesen, das in der Geschichte nur kindartig agiert.
    Desweiteren gilt es zu wählen: Soll man das Wehe eines Einzelnen oder das Wehe aller in Kauf nehmen? Angesichts der quantitativen Ungleichheit mit ihren dennoch gleichartigen Konsequenzen ist die Antwort schon bereits in der Fragestellung vorweggenommen. Und der eigentlich lebensbeendende Akt wird bildhaft überhaupt nicht gezeigt, sondern erschließt sich nur durch verknüpfende Assoziationen innerhalb unwillkürlicher Wahrnehmung seitens des bildbetrachtenden und geräuschwort-lesenden Kunden dieser haptisch wie optisch spürbaren Geschichte.
    Spontan möchte man bekunden: Effiziente Leser-Manipulation von seiten des Autors/Zeichners innerhalb eines mehr oder weniger rechtsfreien Raumes, in dem Vorwürfe im juristischen wie ethischen Sinne erfolgreich abgewehrt sind. Und damit die Frage, ob solche Verwerflichkeiten zugunsten künstlerisch-dramaturgischer Erfordernisse hinnehmbar sind, unbeantwortet bleibt - zumindest in dieser Publikation und in diesem Rahmen.

    VI.
    Fast schon spöttisch mutet dagegen der Ausspruch des erweckten Celestials im Schlußteil des sechsten Kapitels an, der angesichts seiner schon uferlosen theologisch-theoretischen Konsequenz geschuldet, etwas ausführlicher zitiert werden muß: "Lies eure Bibel. Die, die Wahres verkünden, haben es schwer."
    Da im angelsächsischen, speziell US-amerikanischem Kulturkreis das Christentum ungleich stärker in Politik, Wirtschaft und Alltag praktiziert wird als in West-Europa; in dem Kulturkreis, wo Kreationismus wie Scheibenartigkeit der Erde oft dieselbse Gültigkeit zukommt wie den naturwissenschaftlichen Gesetzen der Schwerkraft fester wie flüssiger Körper; in diesem Kulturkreis überraschen Bibel-Anspielungen in Comics nicht.
    Vielmehr ist man verblüfft über die Bereitschaft des Autors, unbekümmert mit seinen "Erfindungen", möchte man sich ihnen methodisch annehmen und sie nicht einfach als Comic-Geschwätzigkeit abtun, Fragen zu provozieren, deren Beantwortungen mengenmäßig unüberschaubar wie inhaltlich unmöglich werden. Ein Musterbeispiel für eine Aporie.
    Nur ein Beispiel: Wenn die Bibel das geoffenbarte Wort des Schöpfers sein sollte, warum steht dann über die Celestials nichts drin? Sind sie etwa apokrypher Natur oder nur schamhaft verschwiegene Neben-Abkömmlinge?
    Wenn das Letztere der Fall sein sollte. liegt dann in der Inaussichtstellung der Urteilssprechung seitens des erweckten Celestials schon das defintive, eigentlich dem Schöpfer selbst vorbehaltene "Jüngste Gericht" vor, oder ist das hier nur der Abschluß eines Vor-Verfahrens?
    Wer die umfangreichen Literatur- wie Theorie-Anforderugen eines Theologie-Studiums mit promotionsberechtigendem Abschluß kennt, wird sich bewußt, das solche Fragen keineswegs auf die umgangssprachlich salopp formulierte "leichte Schulter" genommen werden dürfen.

    VII.
    Da diese Geschichte Aufmerksamkeit eher textlich als graphisch evoziert, kann hier nicht von einem harmonischen Gesamteindruck gesprochen werden, vor allem, da der Comic immer noch stärker ein visuelles als ein rein textliches Medium ist.
    Und da hier Romita die Befähigung abgesprochen wird, wohltuende Zufriedenheit beim Betrachten seiner Bilder auszulösen, wird diese Geschichte einen wohl kaum zur Zweitlesung ermuntern können.

    --------

    7/10
    Geändert von steven criegson (07.07.2010 um 19:20 Uhr)

  13. #2613
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Zitat Zitat von steven criegson Beitrag anzeigen
    Um einer rechtlichen Indizierung zu entgehen sowie sich den Leser emotional nicht zu verprellen, wird der geschichtenverfolgende Betrachter behutsam auf diese dramaturgisch anscheinende oder scheinbare unausweichliche Ungeheuerlichkeit vorbereitet: Das Kind ist nur scheinbar ein Kind, also ist es eigentlich kein Kind, sondern ein infantilomorphes Wesen, das in der Geschichte nur kindartig agiert.

    7/10
    Da hat der gute Neil Gaiman aber wieder tief in die Mottenkiste der Tabubrüche gegriffen. Dieser vermeintliche Tabubruch ist überhaupt schon oft durchexerziert worden, meistens in der Absicht, in irgendeiner Form tiefsinniges abzuliefern. Das gelingt natürlich nicht immer.
    Es handelt sich eben um einen beliebten Schockeffekt und ist allerdings auch ein bißchen banal. Ich fühle mich als Leser/Betrachter der Filmer bei sowas oft manipuliert. Auf diese Weise Emotionen erzeugen kann auch ein wenig talentierter Autor.

    Aktuelles Beispiel:
    - Faith musste in einer Buffy-Comic-Folge eine Horde Zombie Kinder pfählen. Sie ist eben doch die Frau für schmutzige Einsätze.


    Außerdem Beispiele aus bekannten Filmen:
    - In "Black Hawk Down" kämpfen amerikanische Soldaten gegen Kindersoldaten.
    - In "Dawn of the Dead" muss der Held seine Skrupel überwinden und Kinderzombies töten.
    - Im Film "Ein Kind zu töten" bringen Kinder einer Insel alle Erwachsenen um. In der Schlüsselszene muss der erwachsene Held im Beisein seiner schwangeren Frau in Notwehr ein Kind erschießen.
    - In "Das Omen" möchte Gregory Peck seinen Ziehsohn Damien mit sieben Dolchen erstechen. Aber das ist ja nicht weiter schlimm, der Bub ist ja Satan höchstpersönlich.
    - Im "Exorzist" verprügelt der Priester die kleine Linda Blair, als diese vom Teufel besessen ist. Hier ist die Sache allerdings unangenehm mitanzusehen, denn das Schlachtfeld, auf dem Gott und der Teufel sich hier ein Gefecht liefern, ist der Körper eines Mädchens. So gesehen ein wirklich unappetitliches Szenario.

    Außerdem gibt es natürlich fiese Kinder in "Village of the Damned", "Invasion of the Body Snatchers" und wohl unzähligen anderen Filmen.

    Randbemwerkung:
    Dem Film "Chucky, die Mörderpuppe" wurde unterstellt, dass im Film detailliert zu sehen sei, wie ein Kind zerstückelt wird. In Wahrheit war es natürlich nur die Mörderpuppe, das finde ich nun nicht wirklich schockierend. Nachzulesen im sehr lesenswerten Buch "Splatter-Movies" vom Bertz Verlag.
    Geändert von Manx cat (11.07.2010 um 07:59 Uhr)

  14. #2614
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Greek Street 1-11
    Davide Gianfelice, Peter Milligan
    DC Vertigo
    9/10

    I.
    Peter Milligan, Grant Morrison, Neil Gaiman, Garth Ennis, Alan Moore:
    Alle diese Autoren haben in den 80ern herausragende Comics in England geschrieben und sind dann nach Amerika abgewandert. Aber was für unterschiedliche Karrieren:
    - Neil Gaiman schreibt inzwischen fast nur noch Romane,meist verspieltes,
    - Alan Moore gibt den entrückten Autoren-Gott und macht entweder schwere Kost oder obskures,
    - Grant Morrison ist inzwischen völlig hermetisch geworden und spinnt mit seinen Vorstellungen eines Multiversums herum, garniert mit Anekdoten aus seiner Zeit, als er von aliens entführt war,
    - Garth Ennis schreibt schlüpfrige splatter-Orgien am Fließband,
    kurzum,
    Peter Milligan ist eigentlich der interessanteste Autor der alten 2000 AD-Riege geblieben. Nicht immer gleich treffsicher, aber im Gegensatz zu seinen alten Weggefährten sorgt er immer noch für Überraschungen auf hohem Niveau. Gleichzeitig ist er der am wenigsten erfolgreiche.
    Dabei sollte angemerkt werden, dass ich eigentlich der festen Überzeugung bin, dass Qualität und Erfolg keine Gegensätze sind.

    II.
    Woody Allen hat im umwerfend komische "Mighty Aphrodite" antike Götterfiguren in einer modernen Komödie auftreten lassen, Peter Milligan macht das gleiche in einer modernen Gangstergeschichte a la Guy Ritchie, minus Humor, versteht sich. Beides funktioniert erstaunlich gut. Die alten Archetypen funktionieren eben immer noch.

    III.
    Archaische Gewalt der härteren Gangart muss man schon verkraften. Der Ödipus-Charakter schläft mit seiner Mutter und scheitert anschließend am Versuch, sich zu entmannen. Später versucht er sich, das Augenlicht zu nehmen, weil er Visionen hat. Noch später meint er, mit der Mutter zu schlafen wäre nicht so schlimm gewesen, schlimmer wäre, sich vorzulügen, es wäre falsch. Ein Vater verstümmelt seinen gutaussehenden Sohn als Friedensangebot an einen konkurrierenden Gangsterboss. Darüber hinaus gibt es widerwärtige Internet-Pornographen und natürlich den inzwischen mainstreamtauglichen Comicsplatter, der ja nicht mehr wirklich schockiert.

    IV.
    Griechische Sagen waren für Milligan schon öfter eine Spielwiese. Bereits in Shade kam Pandora und ihre Büchse vor. Ich bin mir aber sicher, dass das nicht das einzige mal war, dass Milligan uns griechisch kam. Diese Sagen sind sein Steckenpferd. Hoffentlich lässt man ihn noch eine Zeit lang mit diesen Figuren spielen.

    V.
    Auch Frisuren sind ein wiederkehrendes Motiv bei Milligan. Eine frühe Serie von ihm hieß Hewligan's Haircut. In Shade Heft 51 wurde erklärt, das Leitmotiv von Shade wäre Frisuren, weil Shade sooft die Frisur wechselt. Das im Hinterkopf fällt mir auf, dass sämtliche Frisuren, die Davide Gianfelice seinen Figuren zeichnet, aussehen wie groteske Perücken. Eine der Tänzerinnen sieht auf manchen Bildern aus, als hätte sie gerade eine Gehirnoperation hinter sich. Ich fürchte aber, das ist Zufall. Davide Gianfelice schafft es trotzdem, hinreißende Körper zu zeichnen, seine Stripperinnen wirken viel lebendiger als beispielsweise Eduardo Rissos Hochglanz-Stripperinnen aus 100 Bullets. Gianfelice zeichnet tolle Frauen.

    VI.
    Davide Gianfelices Zeichnungen mögen auf den ersten Blick hässlich wirken, den konventioneller zeichnenden Werther Dell'Dera finde ich trotzdem langweiliger. Trotzdem ist auch die neue Greek Street storyline "Ajax", die von Dell'Dera gezeichnet wurde, verdammt gut. Vielleicht nähert sich die Reihe sogar einem weiteren Höhepunkt.

    VII.
    Milligan ist immer nah am Zeitgeschehen. Das ist Garth Ennis auch manchmal, aber die Linse, durch die Peter Milligan unsere schöne neue Welt betrachtet ist meiner Meinung nach immer noch schärfer als bei Garth Ennis.

    VIII.
    Ein außergewöhnliches Leseerlebnis. Wird wohl bald gecancelt, aber das ist nicht bei jeder Serie ein Nachteil. Oder wäre es ein Nachteil für die Fernsehserie Buffy gewesen, nach Staffel 2 oder 3 abzubrechen? Und wird Bill Willingham die Serie "Fables" mit den nächsten spin-offs und den nächsten 100 Folgen tatsächlich noch bereichern? 20 Hefte, die wirklich mal eine andere Welt zeigen, sollten als gutes Leseerlebnis, das man gerne in Erinnerung behält, reichen.
    Geändert von Manx cat (09.07.2010 um 17:26 Uhr)

  15. #2615
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    SweetTooth 1-11
    Jeff Lemire
    DC Vertigo
    9/10

    I.
    Die Wastelands. Man kennt sie aus:
    The Stand, Mad Max, Dawn of the Dead, The Walking Dead, I am Legend, Grendel: War Machine, Jeremiah und zahllosen postapokalyptischen Western.

    II.
    Gibt es zu diesem Thema tatsächlich noch etwas neues beizusteuern? Oder springt Vertigo nur auf einen erfolgreichen Zug auf?

    III.
    Die Geschichte ist simpel. Kleiner Bub mit Hirschgeweih wird von einen schweigsamen Clint Eastwood-Typ unter die Fittiche genommen. Die Orte könnten geradewegs aus "Walking Dead" entstammen, die Situationen aus "Mad Max". Also: "The Walking Dead" ohne Zombies, dafür mit einer Seuche. Das kennt man schon, Captain Trips aus "The Stand" lässt grüßen. Diesmal gibts als Nebenwirkung Kinder mit Tierköpfen. Seltsam, seltsam.

    IV.
    Die Geschichte gibt sich schlicht, der Plot gibt sich schlicht, die Zeichnungen geben sich schlicht. Die Figuren sind schlicht. Die Kulissen sind schlicht. Die Hauptfiguren, der Junge mit dem Geweih, die Clint Eastwood-Type, schlicht. Ist Jeff Lemire schlicht?

    V.
    Zur Schlichtheit kommt hinzu, dass die Geschichte gnadenlos deprimierend ist. Ein echter Runterzieher.

    VI.
    Was die Serie zu etwas besonderem macht, ist allein Jeff Lemire's Lust an ausgefallenen Layouts und seine häufig elliptische Erzählweise. Die aufgeräumte Schlichtheit erlaubt es ihm, mit den Zeitebenen zu spielen und die Seiten und Szenen schön zu komponieren. Das ist es, was den Comic lesenswert macht.

    VII.
    Einen weiteren Endzeit-Comic braucht die Welt wohl wirklich nicht. Dank Jeff Lemires sympathischer Erzählweise ist Sweet Tooth trotzdem ein interessanter Beitrag zum Genre. Überfordert wird man von der Geschichte allerdings nicht.

  16. #2616
    Mitglied Avatar von Schninkel
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    Ich weiß nicht wie es die anderen Forenbesucher sehen, aber die Beiträge von Mueli77 sind für mich ein Grund hier nicht mehr rein zu schauen.
    Auf der einen Seite ist er mit viel Elan und Engagement dabei - wirklich Klasse.
    Aber andererseits sind das für mich keine Rezensionen mehr sondern Inhaltsangaben. Eigentlich könnte das alles unter Spoiler-Thread laufen.

    Ein Beispiel:

    Zitat Zitat von Mueli77 Beitrag anzeigen

    Midnight Nation #5

    Nachdem David alles erzählt, erklärt und vorgeschlagen wurde liegt es jetzt an ihm. Entscheidet er sich ein Walker zu werden oder nimmt er seine Seele zurück. Die Wahl bedeutet ein Leben in absoluter Freiheit und ohne Grenzen oder Hemmungen als Walker, oder gefangen ohne Chance auf Glück und Frieden, gequält von ewiger Hoffnung die sich nicht erfüllt. Doch David liebt Laurel und kann sie nicht im Stich lassen. Er entscheidet sich also für seine Seele, und wird vor eine neue Wahl gestellt. Er kann seine Seele behalten und wird glücklich, oder er erlöst mit seiner Seele Laurel von der ewigen Qual die Neuankömmlinge in der Zwischenwelt bis zu ihrem Ende begleiten zu müssen. Dafür muss er auf ewig zwischen den beiden Welten wandeln. Da fällt ihm die Wahl natürlich nicht schwer. Er gibt Laurel seine Seele und rettet sie so vor ewiger Qual. Doch sein Schicksal wandelt sich anders als erwartet. David kommt in der normalen Welt wieder zu sich und kommt ins Krankenhaus. Ein Jahr ist seit seinem Verschwinden vergangen, und seine Frau hat ihn seit dem Vorfall aus Ausgabe 3 gesucht. Nun wollen sie von neuem beginnen. Doch Davids Leben ist nicht mehr wie vorher. Nicht nur das er Jahre später noch ein wichtiges Treffen mit seinem jüngeren Ich hat, auch ein letzte verhängnisvolle Begegnung steht ihm noch bevor...
    Geändert von Schninkel (15.07.2010 um 18:24 Uhr)

  17. #2617
    Mitglied Avatar von Schninkel
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    Zitat Zitat von Mueli77 Beitrag anzeigen
    Bei aktuellen Sachen setze ich Spoiler-Tags, aber bei Comics die teilweise schon über drei Jahre sind, ist das eigentlich nicht mehr wirklich notwendig. Und eine Rezension enthält auch immer einen kurzen Abriss über den Inhalt.
    Weniger meckern und selber mehr leisten.

    EDIT:
    Mach doch mal ein Besipiel wie du dir eine Rezi vorstellst.
    Denn Rezensionen a´la "Tolle Bilder, Prima Story" oder "...voll der Blödsinn..." kann man sich echt sparen.
    Immerhin soll eine Rezi doch auch Anheizen, bzw. die Erinnerung an bereits gelesenes wieder wachrufen.
    Hallo Mueli77,

    1. habe ich nicht "gemeckert", sondern sogar noch extra Dein Engagement gelobt
    2. habe ich nicht die Zeit; weder zum rezensieren, noch all das alles immer gelesen zu haben, was Du z.T. sehr detailliert schilderst und welches ich dann nicht mehr lesen muss, weil die Story erzählt wurde.
    3. kann - aus genannten Gründen - und brauche ich keine eigenen Rezensionen als Beispiel zu schreiben: es gibt genug Gute. Zum einem hier, aber auch auf Comicgate, auf Tagespiegel.de etc. und auch Du selber schreibst welche in diesem Stil, die auch auch gerne lese.
    Die alle sind weder oberflächlich noch eine Wiedergabe des gesamten Plots. Letzteres ist bei vielen von Dir der Fall. Das und nur das gefällt mir nicht. Hier haben wir eben unterschiedliche Standpunkte.

    Gruß, Schninkel

  18. #2618
    Mitglied Avatar von steven criegson
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    "Rezension" ist ein anspruchsvoller Begriff, der sorgsam verwendet werden will und reiner Textwiedergabe, auch wenn sie individualisiert mit eigenen Worten formuliert ist, nur unzureichend gerecht wird; vor allem wenn "Rezension" salopp zur "Rezi" verkürzt wird.

    Eine mögliche Orientierungshilfe, die o.g. stützen mag, kann u.U. folgender Link sein:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Rezension

  19. #2619
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Zitat Zitat von Mueli77 Beitrag anzeigen
    EDIT:
    Mach doch mal ein Besipiel wie du dir eine Rezi vorstellst.
    Denn Rezensionen a´la "Tolle Bilder, Prima Story" oder "...voll der Blödsinn..." kann man sich echt sparen.
    Immerhin soll eine Rezi doch auch Anheizen, bzw. die Erinnerung an bereits gelesenes wieder wachrufen.
    Ich finde eigentlich gerade solche Wertungen wichtig. Inhaltsangaben lese ich nämlich nie. Mich interessiert mehr, ob ein Comic für gut oder schlecht befunden wird. Was ich hier im thread etwas vermisse, sind Rückmeldungen und Diskussionen, bin mir dabei aber nicht ganz sicher, ob das andere auch so sehen.

  20. #2620
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Zitat Zitat von Mueli77 Beitrag anzeigen
    Das heisst, wenn andere sagen das Comic ist gut, ohne auch nur ein Wort über die Handlung zu verlieren würdest du es dir blindlings kaufen, nur weil es andere gut finden?
    Für mich persönlich ist ein kurzer Abriss schon wichtig, neben einer Wertung natürlich, um mich für oder gegen einen Kauf zu entscheiden.
    Aber wie denken denn die anderen User darüber? Reicht eine 3 oder 4 Worte Rezension mit einer Zahlen oder Punktewertung um einen von der Qualität eines Werkes zu überzeugen?
    Zumindest halte ich den Inhalt nicht für das ausschlaggebende Kriterium. Auch die bekannten Geschichten aus dem Neuen Testament können durchaus interessant in Comicform umgesetzt werden (so geschehen bei Chester Brown). Wichtig ist für mich vor allem die Ausführung. Mehr dazu schreibe ich evtl morgen.

  21. #2621
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Guten morgen allerseits:

    Generell gibt es gegen geraffte Inhaltsangaben nichts zu sagen, aber sie sagen über die Qualität eines Comics nicht wirklich was aus. Bestes Beispiel dafür sind vielleicht die monatlich (oder zweimonatig?) erscheinenden Panini-Kataloge in denen es zu jedem Heft eine absolut schmissige Kurzinhaltsangabe gibt, die jedes Heft als must-have erscheinen lassen. Tatsächlich kann ich aber mit den meisten Superhelden-Comics dann doch nichts anfangen. Das liegt gar nicht mal so sehr an den Plots, sondern an einer konfusen Veröffentlichungspolitik (nicht von Panini, sondern von den amerikanischen Verlagen), an nicht enden wollenden Crossovers, Querbezügen, Zeichnerwechseln und den sich daraus ergebenden Problemen der inneren Logik, da die Macher selbst die Übersicht verlieren.

    Jeder, der sich auf diese Art von Comics einlässt, muss für sich eine Grenze ziehen, was für ihn akzeptabel ist uns was nicht. So wurden z.B. vom DC-Verlag zwei Batman-Geschichten die ich für besonders gelungen halte, "Year Two" und "Son of the Demon", als nicht-kanonisch bewertet worden, weil sie nicht zum damals gültigen Batman-Mythos passten. Kurze Zeit später hat Grant Morrison in seinem teils genialen, teils etwas holprigen Batman-run trotzdem Bezug auf einige Elemente gerade dieser Geschichten genommen, da Morrisons Philosophie des anything goes die Batman-Herausgeber überzeugt hat, vorrübergehend auf die (ohnehin brüchige) innere Logik zu pfeifen. So etwas passiert meiner Meinung nach in amerikanischen Heftchen der großen zwei die ganze Zeit.

    Überladene Zeichnungen, grelle Kolorierung, Papierqualität, unrealistische Figurenzeichnungen usw. tun dann ihr übriges, dass ich mich auf Marvel und DC-Comics für gewöhnlich nicht einlassen mag, egal was die Inhaltsangabe aussagt.

    Trotzdem zählt z.B. Alan Moores Swamp Thing zu den herausragenden amerikanischen Comics, und zwar obwohl Superhelden darin vorkommen. Die Figuren von Batman, Superman oder The Demon sind hier sogar sehr effektiv eingesetzt und bereichern den Comic. Anhand einer Inhaltsangabe allein ist aber kein Unterschied zu anderen Serien auszumachen. Da könnte man die entscheidenden Elemente, die die Qualität dieses Ausnahmecomics ausmachen, wirklich schärfer herausarbeiten. Und das beste: Man muss dabei nicht spoilern.

    Ich weiß natürlich nicht, ob ich selbst meinen Ansprüchen gerecht werde. Wenn mir irgendwas denkwürdiges zu einem Comic einfällt schreibe ich eben ab und zu etwas. Aber etwas mehr Leben in diesem Thread wäre durchaus eine schöne Sache.
    Geändert von Manx cat (18.07.2010 um 10:03 Uhr)

  22. #2622
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Zitat Zitat von Mueli77 Beitrag anzeigen

    Zuerst einmal die Info, das ich mit Swamp Thing bis auf die Filmadaption und einige Crossover bisher nicht viel zu tun hatte. Das obwohl ich die Figur schon immer sehr interessant fande. Das obwohl ich die Figur schon immer sehr interessant fande. Auch sein Marvel-Pendant, die ja beide auf tragischen Charakteren basieren, übte schon lange ein gewisse Faszination aus.
    Welches Marvel Pendant? Man Thing?

    Diese Altlast widerum hat Moore mit seiner Dekonstruktion und Neuerschaffung zwar aus dem Weg geschafft, aber wie ich nach dem ersten Band feststellen musste, scheint er damit noch nicht fertig zu sein. Wie kann man so etwas besser bewerstelligen als den Charakter sterben und wieder auferstehen zu lassen. Klar gibt es inzwischen viele solcher Geschichten, doch keine konnte mich bisher so sehr vom tatsächlichen Gesinnungswandel einer Figur überzeugen.
    Interessant wäre es, hier zu erwähnen, unter welchen Bedingungen Moore die Serie übernommen hat, also quasi mitten in der laufenden Handlung. Außerdem ist nicht ganz klar, was du mit Dekonstruktion meinst. Das ist ein schwieriger Begriff, den man eigentlich mit Beispielen stützen sollte. Mit Töten und Auferstehen lassen ist das, glaube ich, nicht ausreichend erklärt.


    Besonders emotional und durch die Farbgebung sehr psychedelisch sind dabei die Teile, welche im Geist von Swamp Thing und Woodrue statfinden. Dabei erscheint es einem, trotz des erlebten Todes von Swampy, im Geiste von Woodrue wesentlich chaotischer.
    Hier fehlt mir irgendwie das bewertende. Ist chaotisch jetzt gut oder schlecht? Ist es gut erzählt?
    Wirkt das psychedelische? Was ist für dich psychedelisch? Ich finde eine Rezension dann gut, wenn der Verfasser was über sich selbst erzählt und in Bezug zum Buch bringt. Hier wäre eine gute Gelegenheit.

    Mich störte an ein zwei stellen nur der erhobene Zeigefinger mit der Ökomoral.
    Weil du Ökos uncool findest? Weil es im Fall von Swamp Thing Platitüden sind? Allgemeinplätze? Wie stehts mit dem zeitlichen Kontext, in dem das Buch entstanden ist?

    Davon abgesehen ist der erste Band ein Meisterwerk, das auch mit seinen Zeichnungen und der Kolorierung voll und ganz überzeugen kann, auch wenn manche Zeichnungen etwas seltsam wirken, ohne das es die Geschichte erfordert.
    Ohne dass es die Geschichte erfordert? Meinst du die psychedelischen Sequenzen? Die spielen doch auf einer anderen Bewusstseinsebene und schreien nahezu nach einer etwas abgeänderten Darstellung. Aber naja, Geschmacksache. Zeichnungen und Farben in dem Buch sind aber, wie du so schön schreibst, ganz große Klasse. Die eine zeit lang erhältlichen s/w- Nachdrucke kamen nicht an die Farbfassung ran.

    Für alle Fans von Aussergewöhnlichen Superheldengeschichten, die eigentlich keine mehr sein will, ist Swamp Thing ein Treffer ins Schwarze. Gerade durch die Arbeit Moores wird hier einer eigentlich toten Figur (das meine ich nicht abwertend, sondern auf den körperlichen Zustand von Swampy bezogen), mehr Leben eingehaucht als es so manchem aktuellen Charakter (der vielleicht gerade gegen irgendwelche Toten kämpft) zu Gesicht stünde.
    Klar, was du mit dem letzten Satz sagen willst, aber der Satz liest sich seltsam.

    Entschuldige das etwas lehrerhafte Getue. Gespoilert hast du bei dieser Kritik jedenfalls nicht und guten Geschmack hast du auch bewiesen. Immerhin habe ich hier auch schon Rezis reingehackt, die besser hätten sein können.

    Bzw. die ich hätte sein lassen können.

  23. #2623
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Zitat Zitat von Mueli77 Beitrag anzeigen
    Zu den "Ökos". Das hat nichts damit zu tun ob ich Ökos mag oder nicht. Mehr war damit gemeint das ich diese Moral etwas aufgesetzt und unpassend fand. Zwar hat Woodrue im Glauben gehandelt für die Natur zu arbeiten, hat aber im eigentlichen Sinne nur seinen Willen und seine Sicht der Natur und dem Menschen aufdrücken wollen, aber gerade das ist das typisch menschliche Verhalten. Dieses "Der Mensch formt die Umwelt nach seinem Willen" wirkt dabei sehr platt und oberflächlich. Auch das die Hefte in den 80ern entstanden sind spielt meiner Meinung nach dabei keine Rolle, da das erzählte und auch die Beweggründe dahinter eine zeitlose Thematik ist.
    Ja richtig, ich erinnere mich. Es geht ja um Woodrue, der im Namen der Umwelt einen Feldzug führt. Ist ja bei Moore ein öfter auftretendes Thema: Wie viel darf für ein höheres Ziel geopfert werden?



    Soeben zum ersten mal gelesen:
    Saga of the Swamp Thing 1
    Tom Yeates, Martin Pasko
    DC-Comics, 1982
    7/10

    Das erste Swamp Thing Heft der zweiten Serie. Klassisches 80er Jahre Zeug, in der zunächst einmal der Stand der Dinge noch mal aufgerollt wird. Alec Holland trauert hier noch seiner Linda nach, Abby und Matt werden nur in einer Rückblende kurz gezeigt. Für eine spätere Nebenfigur, Liz Tremayne, wird hier bereits der Auftritt vorbereitet, indem ein Buch, das sie über das Swamp Thing geschrieben hat, gezeigt wird.

    Das ganze ist in der typischen depressiv-melancholischen Stimmung der frühen Episoden von Swamp Thing erzählt. Alec ist lebensmüde, bekommt aber neuen Lebenswillen, als er ein kleines Mädchen beschützen möchte, das zunächst von ihrem Vater und später von einem Lynchmob bedroht wird.Sie soll nämlich magische Kräfte haben. Das ganze sind leidlich bekannte Motive aus den alten Len Wein-Geschichten aus den 70ern, allerdings behutsam an die 80er angepasst. Das ganze ist bisher nicht wirklich spektakulär, tut allerdings auch nicht weh und ist ein nettes Vergnügen für zwischendurch. Die Klasse der alten Serie wird hier jedenfalls noch nicht ganz erreicht.
    Geändert von Manx cat (18.07.2010 um 19:38 Uhr)

  24. #2624
    Mitglied Avatar von Breedstorm
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    Die Chroniken von Wormwood 1

    Was ist, wenn Du der Sohn des Teufels bist, aber keine Lust hast, mit Papa Satan Armageddon zu entfachen?
    Dieser und ähnlichen Fragen widmet sich der nordirische Kultautor Gart Ennis (Preacher, Punisher, The Boys) in 'Die Chroniken von Wormwood', im Original bei Avatar Press erschienen.

    Danny Wormwood, der Antichrist, hat sich also gegen Armageddon, und für die Filmbranche entschieden, für die er kontroverse Serien produziert. Ansonsten lebt er in einer glücklichen Beziehung, was ihn aber nicht daran hindert, mit Jeanne D'arc zu schlafen – schließlich ist er der Antichrist. Ansonsten trifft er sich regelmäßig mit dem wiedergeborenen Jesus in einer Bar. Dieser ist nach einem unschönen Zusammentreffen mit der Polizei jedoch geistig nicht ganz in Höchstform, aber beide haben gemeinsam, daß sie mit ihren Vätern nichts zu schaffen haben wollen. Dabei hat Danny sein Haustier, einen Hasen, dem er selbst das sprechen beigebracht hat, und der seitdem Star Wars Fans im Internet zum Suizid treibt. Klingt abgefahren, es wird aber noch besser. Danny und Jesus zeigen dem Hasen mal eben die Hölle und den Himmel – in einem roten Cabrio. Wer schon immer mal wissen wollte, ob einen Selbstmordattentäter im Himmel wirklich 72 Jungfrauen erwarten, oder was Hitler in der Hölle so macht: hier gibt es die Antworten.

    Der Leibhaftige akzeptiert die Ablehnung seines Sohnes zum Großevent Armageddon nicht, und verbündet sich stattdessen mit dem neuen australischen Papst Jacko. Diesem ist der christliche Geist recht egal, er interessiert sich nur für die Befriedigung seiner obskuren fleischlichen Gelüste, und gegen einen gepflegten Weltuntergang hat er nichts einzuwenden...

    Illustriert haben das Jacen Burrows (US-Hefte 1-6) und Rob Steen (The last enemy), wobei mir Burrows Stil etwas besser geeignet scheint, um die Stimmung der Serie einzufangen. Speziell sein Hase ist göttlich, da man seine Emotionen mühelos an seinem Gesicht ablesen kann, obwohl er realitisch gezeichnet ist. Großes Kino!

    Autor Garth Ennis ist wieder mal in Hochform, und wirft mit Blasphemie und derben Humor förmlich um sich. Menschen mit sensiblen Gemüt und empfindliche Gläubige sollten es sich daher überlegen, ob sie hier zugreifen, denn die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen.
    Alle anderen erwartet ein herrlicher Spaß mit Religionskritik, skurrilen Figuren und dem den typischen Ennisgags, und das auf 200 Seiten. Aber Ennis nimmt sich auch Zeit für die ruhigen, ernsten Momente, und zeigt so dem Leser, das christliche Werte nichts mit der Institution Kirche zu tun haben, sondern aus dem Menschen selbst kommen.


    9/10

    Comic-Podcast

  25. #2625
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    Neil Gaiman Bibliothek – Mordmysterien

    Neil Gaiman ist zweifellos der Poet unter den Comicautoren - oder der Comicautor unter den Poeten? Unzählige Meilensteine der anspruchsvollen Erwachsenenunterhaltung stammen aus seiner Feder, genannt seien da z.B. Miracleman, Black Orchid, oder selbstverständlich die legendäre Sandman-Reihe. In der Neil Gaiman-Bibliothek werden nun viele seiner Werke vom Panini Verlag im Hardcover präsentiert.

    Bei 'Mordmysterien' handelt es sich um eine Kurzgeschichte Gaimans, die von P. Craig Russel adaptiert und gezeichnet wurde. Dieser hat z.B. auch schon Gaimans Coraline oder Sandman gezeichnet.

    Zum Inhalt:

    Ein junger Mann aus England hängt aufgrund des Wetters in Los Angeles fest. Die weite Flächen bedeckende Riesenstadt verwirrt ihn, und so ist er froh, daß eine alte Bekannte ihn zu sich einlädt. Die 10 Jahre ältere Frau ist geschieden, und hat eine kleine Tochter. Schnell und unkompliziert kommt es zu sexuellen Handlungen zwischen den Bekannten, wenn auch nicht ganz romantisch, wie man es von Hollywood kennt.

    Als der junge Mann wieder zurück in seinem Hotel ist, kann er aus irgendeinem Grund nicht sofort schlafen, und er beschließt, bei einem kleinem Spaziergang noch eine Zigarette zu rauchen. Dabei trifft er auf einem vermeintlichen Obdachlosen, der ihm als Gegenleistung für eine Zigarette eine Geschichte erzählen möchte.

    Er behauptet, der Engel Raguel zu sein, die personifizierte Rache Gottes. Und so berichtet er eine Geschichte aus der Zeit vor Äonen, in der das Universum noch in Planung war und die Engel Konzepte wie Tod oder Liebe noch entwickelten.
    Als einer der Planer des neuen Universums tot aufgefunden wird, muß Raguel den Schuldigen finden. Handelt es sich um Selbstmord, oder hat am Ende der Engel Luzifer etwas damit zu tun?

    Wie immer gelingt es Gaiman intelligentes Storytelling (in diesem Fall die Verbindung der Geschichte des jungen Engländers und die des Engels Raguel) mit übernatürlichen Elementen zu verbinden. Das ganze ist so gemacht, daß es auch keinesfalls kitschig wirkt, sondern wahrhaftig. Und wo auf der Welt sollten sonst Engel sein als in Los Angeles, der 'Königin der Engel'?

    Wie auch bei Sandman ist der Tod wieder ein zentrales Thema. Dabei gelingt es P. Craig Russel sehr gut, die melancholische Stimmung aus Gaimans Vorlage zu übernehmen.

    Ein sehr schöner Band, nicht nur für Gaiman-Fans!

    9/10
    Geändert von Breedstorm (20.07.2010 um 15:36 Uhr)

    Comic-Podcast

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