das
cover der legendären nr. 29 zeigt eins der beliebtesten motive, weil es futuristisch und - sorry liebe bolschewisten - westlich zugleich wirkt. so haben wir uns die zukunft immer vorgestellt!
ich weiß nicht mehr genau, wer die anekdote kolportierte, dass die gezeigte stadt im schimmernden schein der neonwerbung und durchpulst von haifischflossenbewehrten amiwagen west-berlin sein soll: war es l.r. selbst oder hatte es mir ein dritter zugetragen? ost-berlin, leipzig oder eine andere metropole der sbz war es jedenfalls nicht, moskau eher auch nicht.
habe darauf hin noch mal meine postkarten aus den 50ern und 60ern durchgeflöht, aber nur annähernd ähnliche motive gefunden. die vorlage - wenn es denn eine gab - muss erst noch gefunden werden.
aber bei genauem hinschauen ist die metropole so westlich denn doch wieder nicht: ein kaufhaus heißt einfach "kaufhaus" und hat keinen eigennamen, es gibt auch die simple reklameschrift "bekleidung". das war im osten gang und gäbe, denn bekleidung kam eh vom einheits-veb und war nicht groß in label oder handelsmarken unterteilt (über solche unikümer wie "jumo" etc. will ich mich hier lieber nicht auslassen).
die "union bank" klingt zunächst recht westlich, aber die union der sowjetrepubliken lässt auch hier schön grüßen. das hotel heißt unverfänglich "park hotel", parks gab es ja zu beiden seiten des eisernen vorhangs.
kurios die filmwerbung "(f)ilmbericht vom nucleon" am kino "orion". was wäre in einem kino anders zu erwarten als ein film? auch wenn es dokus selten bis ins kino schaffen und ein bericht von fernen planeten eher täglich im tv gezeigt werden würde, dient das kino hier, wie im osten üblich, auch als kultureller veranstaltungsort? man hat schon konzerte (stern meißen, naja) in ost-berliner kinos gesehn, auch lesungen u.ä. wurden in diesen damit zu kulturzentren aufgewerteten einrichtungen abgehalten. kenn ich aus dem westen eher nich.
interessant hingegen das "casino": kann sich ja nur um eine spielbank handeln, oder? und verteufelte man damals nicht noch das glücksspiel im osten? (bis man auf die nicht unerheblichen einnahmen einer staatlichen lotterie auch im arbeiter-und-bauern-paradies nicht mehr verzichten mochte. schöpfte zudem überflüssige kaufkraft ab!) also doch westen! oder der allseits kommunistisch gebildete zukunftsmensch spielte nur um jetons ohne geldwert! nur so, des thrills wegen - aber brauchte er den in seiner welt noch? egal...
jedenfalls scheinen diese blöden baskenmützen noch recht beliebt auf dem neos zu sein, überhaupt trägt man noch ganz fifties-like jede menge dunstkiepen.
interessant die autoinsassen: ein schlafender köter sühlt sich im fond hinter der brünetten, deren begleiter jede menge frust zu schieben scheint - hat die töle ihm in der beliebtheitsskala den rang abgelaufen? teilt die schnepfe lieber das bett mit dem vierbeiner? wir werden es nie erfahren.
die skat kloppende runde in einem anderen wagen scheint eine längere fahrt vorzuhaben, denn sie hat sich gleich zwei livrierte fahrer engagiert. rechts daneben rennt ein page einem gast hinterher. hat er kein trinkgeld bekommen oder hat der gast nur seine goldene kreditkarte vergessen?
worüber der eine der straßenpolizisten sich so erzürnt, kann man auch nur raten: hat sich da einer verfahren?
die
kartusche seite 2 kommt nach dem üppigen und vielstrichigen cover recht spartanisch daher, die ersten zeichnungen sind aber wieder recht detailreich.
die story dümpelt zwischen
futuristischen elementen und
üblem slapstick so dahin.
seite 4 rechts unten sieht man dann zwei von zuviel junkfood
verfettete kinder - sehr prophetisch! (die dann aber seite 6 plötzlich
viel dünner sind - kunststück, sie haben sich ja schon bewegt!)
beim
doppelbild s. 12/13 hat sich einer mal richtig mit dem stift ausgetobt. nur
"hotel utopa" klingt irgendwie komisch - so wie "phantasa". fehlt nur noch utopas "atoma".
als kind fand ich diese zukunftsentwürfe jedenfalls sehr beeindruckend und zweifelte keine sekunde daran, solche szenarien in der zukunft geboten zu bekommen. und als ich vor jahren mal auf dem münchner hauptbahnhof mit dem handy telefonierte und mehrere silberglänzende ice-züge einfuhren, während an der videomatrix gegenüber eine überdimensionale fujitsu-werbung lief und vor mir ein typ mit diskman und inline-skatern ein chic gestyltes alcopop-getränk aus einem automaten zog, musste ich an meine erwartungen von damals denken und sah sie - wenn auch gaaanz anders - erfüllt!
zurück zur story: die idee mit dem
bildwerfer fand ich damals toll, kannte aber nur diaprojektoren und hab mich gewundert, wie man da ein normales foto duchleuchten kann. naja, zukunftstechnologie machts möglich.
die
gipsfiguren sind hier ja schon angesprochen worden: ja, das hb-männchen kämpfte mit ähnlichen machwerken (abstrakte kunst wird oft von künstlern bevorzugt, die bildnerisch nicht viel drauf haben. da kann jeder handwerkliche pfusch leicht als absicht erklärt werden. das wird auch ganz gut durch die
kommentare gegeißelt...
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