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Thema: Comic/Mosaik-Rezensionen in der DDR

  1. #1
    Mitglied Avatar von Wido Wexelgeld
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    Comic/Mosaik-Rezensionen in der DDR

    Da ich die DDR-Zeit nun nicht wirklich mehr bewusst erlebt habe, möchte ich mal wissen, wie es denn mit der Comic-Kritik früher aussah.

    Heutzutage hacken wir ja im Forum über jeden misslungenen Strich eines Zeichners herum oder geben Kommentare zur aktuellen Handlung . . .

  2. #2
    Mitglied Avatar von Orlando
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    früher gab es kaum kritik an comic-publikationen. es sei denn, von staatlicher seite, wie bei der comic-verteufelung anfang der 60er. außerdem fehlte die plattform für kritiken.
    ein normalbürger (von der tollkühnen sorte) hätte höchstens flugblätter ankleben können, wenn die vervielfältigungsmöglichkeit vorhanden gewesen wäre. einzig der eulenspiegel durfte ab und zu kinofilme einschätzen. kritiken konnte man bestenfalls als leserbrief an die redaktion abdrücken. aber da gabs auch selten antwort.
    das internet erleichtert die sache ungemein, bringt aber auch die gefahr mit sich, vor dem nachdenken zu kritisieren.

  3. #3
    Mitglied Avatar von Remory
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    Es gab sogar mal in den 50ziger Jahren eine Comic-Verbrennung. Comics waren in der DDR lange Zeit unerwünscht und wurden zur Schund-und Schmutzliteratur gezählt.

  4. #4
    Dauerhaft gesperrt Avatar von Reniarenail
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    Unhappy

    In Lehrerkreisen wurde auch folgende zuvor öffentlich propagierte Meinung oft von Mund zu Mund weitergegeben: Mosaik (mit den Digedags) hat für unsere Jugend einen nur geringen erzieherischen Wert, es ist nichts weiter als ein auf den Osten gemünzter Disney-Verschnitt.

  5. #5
    Moderator DDR-Comics.de-Forum Avatar von weisshahn
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    Comic-Rezension und Zensur

    Da es kein öffentliches Forum, keine Leserbriefseiten und keinen echten Markt für Comics gab, wurde entsprechend wenig bis gar nicht darüber diskutiert. Was es gab, wurde mehr oder weniger erfolgreich politisiert (Atze, Frösi) oder geduldet (Mosaik, Trommel), nicht zuletzt wegen der Popularität bei den Kids und entsprechenden Umsatzzahlen. Immerhin gab es in der Trommel die TUTE (Trommel-Universal-Tausch-Ecke), in der man Mosaiks bieten und suchen konnte. Kurz vor der Wendezeit gab es dort sogar eine Beitragsserie über Comics (u.a. Asterix; schließlich waren die Filme ja auch in der DDR im Kino zu sehen).

    In der Deutschen Lehrerzeitung wurde gelegentlich über Comics diskutiert, unter anderem gab es heftige Kritik an Andreas J. Muellers Basil, weil man diesem den westlichen Einfluss und die Begeisterung des Künstlers für das Medium ansah. Ich erinnere mich deutlich an meine Reaktion auf die erste Basil-Folge, die ich als 9jähriger in die Hand bekam: Blanke Begeisterung, dass es sowas Buntes und Abgefahrenes gab, außerhalb des Mosaik und jenseits von Atze.

    Die Rezeption beim jungen Publikum war stets extrem positiv, die Künstler von damals haben häufig heute noch ausgewählte Fanpost aufbewahrt, aus der deutlich spricht, dass ein comic-lesewilliges Publikum da war. Ein Vater berichtete in der NBI, wie er für seine Tochter die Nimmerklug-Folgen so verarbeitete, dass ein Buch daraus wurde... Sammler sind eben glückliche Menschen.

    In der Schule wurden Comics nur unter der Hand weitergereicht. Ich ging allerdings einige Jahre in die Musikschule, dort sah niemand hin, und in meiner Klasse waren ein paar Jungs, die ständig Quellen auftaten. Dort las ich das erste Zack, lernte die Winnetou-Adaptionen, Primo, Mickyvision und Yps kennen (und schätzen). Die standen stets höher im Tausch-Kurs als das Mosaik, eben eine Sache von Angebot und Nachfrage.

    Ich persönlich habe trotz ständiger Begegnung mit West-Comics nie eine Konfiszierung erlebt. Die Verbrennungen in den 50ern betrafen übrigens den Osten wie den Westen gleichermaßen, und in beiden Teilen wurden die ersten "Comic-Parodien" auch die ersten großen Erfolge (Karl Gabel und Nick Knatterton).
    Geändert von weisshahn (05.12.2002 um 21:03 Uhr)

  6. #6
    Mitglied Avatar von Wido Wexelgeld
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    @weisshahn

    danke für deine ausführliche Antwort!

    @Rookie
    Das mit der Comicverbrennung war mir schon bekannt. Ich meinte auch eher: wie schätzte man die Comics ein . . . (als Leser zu den anderen Fans)

    Was mir z.B. auffällt, ist, dass die Zeichnungen im Mosaik schlechter (bzw. schwankender) waren als heute.

  7. #7
    Mitglied Avatar von Buddel-Bill
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    Question

    Original geschrieben von Wido Wexelgeld
    ...Was mir z.B. auffällt, ist, dass die Zeichnungen im Mosaik schlechter (bzw. schwankender) waren als heute.
    Wer solche pauschalen Parolen auf die Menschheit loslässt, sollte das schon etwas näher begründen können: Wo (Heft-Nummer, Seite) im aktuellen Mosaik ist was besser gezeichnet als in irgendeinem Heft von damals (Nummer, Seite) und warum? Aber vielleicht wolltest du ja auch nur sagen, dass heute das zeichnerische Niveau stets annähernd gleich (schlecht?) ist.

  8. #8
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    @buddel-bill: weiss schon, was wido meint.
    wenn man mal objektiv durch faxe-mosas kuckt, findet man schnell mindestens 4 verschiedene zeichenstile, die stark von den allseits beliebten lona-faxen abweichen. und dafür kann man kein bestimmtes heft/seite nennen, das zieht sich durch die gesamten DDR-faxe. kann man höchstens am zeichner festmachen, hab aber meine faxe-sammlung grad net zu hand.
    kam wahrscheinlich daher, dass die zeichner froh waren, endlich von hegens kollektiv-zwang verschont zu sein, und sich ein bisschen mehr individuell ausdrücken wollten.

  9. #9
    Mitglied Avatar von Buddel-Bill
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    Question

    Und ich dachte, das veränderte Aussehen der Faxe sei erst so richtig auffällig geworden, nachdem Lona das Zeichnerteam verlassen habe.

  10. #10
    Moderator DDR-Comics.de-Forum Avatar von weisshahn
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    Original geschrieben von Wido Wexelgeld
    @weisshahn

    danke für deine ausführliche Antwort!
    Gern geschehen! Da wir uns nach Apolda persönlich kennen gelernt hatten, war es mir ein besonderes Vergnügen.

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