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Thema: Deutsche Comiczeichner: Veröffentlichungen bei Carlsen 1985-2001

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    Deutsche Comiczeichner: Veröffentlichungen bei Carlsen 1985-2001

    Bis 1990 war der Carlsen-Verlag sehr vorsichtig mit der Veröffentlichung deutscher Zeichner.

    Birger Thorin Grave zeichnete von 1985-90 die fünfteilige Serie "Die Spuren der Götter". Die Geschichte wurde nach einem vielversprechenden Anfang immer langweiliger, aber Carlsen veröffentlichte in bewundernswerter Vertragstreue die Serie bis zum Schluss. Seitdem hat es kein Comicalbum von Birger Thorin Grave mehr gegeben.

    Von Langeweile kann bei Matthias Schultheiss nicht die Rede sein. Viele halten ihn auch heute noch für den besten deutschen Comiczeichner. Und im Gegensatz zu anderen hochbegabten Zeichnern hat er nicht nur ein paar Talentproben abgelegt. Bei Carlsen erschienen "Die Wahrheit über Shelby" und "Die Haie von Lagos" (je 3 Bände) und das Album "Night Taxi". Auch seine alte Serie "Trucker" wurde von Carlsen neu aufgelegt, etwas seltsam neu koloriert.

    Ein wunderschönes Kindercomic war "Die seltsamen Abenteuer der Ente Alfred Jodocus Kwak", gezeichnet von den Trickfilmzeichnern Harald Siepermann und Hans Bacher nach einer Geschichte von Herman van Veen. Drei Alben sind 1987-90 erschienen, danach konzentrierten sich die Macher auf die Alfred Jodocus Kwak-Zeichentrickserie.

    Michael Götze war 1988 schon ein alter Profi, als "Das Robot-Imperium" erschien. Götze hatte das Album mit seinem Atari 520 ST gezeichnet. Aus heutiger Sicht ein Irrweg, damals eine Sensation. Es erschienen drei Alben von "Das Robot-Imperium", aber nach 1992 wurden Götzes Computercomics vom Fortschritt überholt. Auch der an Richard Corben erinnernde Zeichenstil war später nicht mehr aktuell.

    1988 erschien Carlsens kurzlebiges Comicmagazin "Moxxito", unter anderem mit "Sir Ballantime" von Chris Scheuer und "Hausmeister Zwetschke" von Gabriel Nemeth und Jan Gulbransson. Von "Hausmeister Zwetschke" gab es später kein Album.

    Ein Prestige-Objekt war die zweibändige HitIer-Biografie, eine sehr trockene, schwerfällige und verkrampfte Angelegenheit, aber offenbar in Bibliotheken und Schulen sehr erfolgreich. Verfasst von Friedemann Bedürftig (der später ein Goethe-Comic für Ehapa schrieb), illustriert von Dieter Kalenbach (völlig anders als seine "Turi und Tolk"-Comics).

    1989 begann die lang andauernde erfolgreiche Zusammenarbeit von Ralf König und dem Carlsen-Verlag. Bis 1992 erschienen vier Alben mit Kurzgeschichten, "Prall aus dem Leben", "Zitronenröllchen", "Silvestertuntenball und "Sahneschnittchen".

    Als in der DDR und in Osteuropa die Kommunisten gestürzt wurden, brachte der Carlsen-Verlag 1990 ein Comic dazu heraus: "Durchbruch". In späteren Jahren erschienen zwei weitere themenbezogene Sammelbände ("Gummi", 1992 und "Trau keinem über 30", 1998).

    1990 gab es zu den Erlanger Comictagen von Carlsen einen "Deutschen Monat" mit zehn deutschsprachigen Zeichnern. (Auch ein Durchbruch.) Neben den oben genannten waren dies Chris Scheuer, Christian Gorny, René Lehner, Henk Wyninger und Ulf Harten.

    Chris Scheuer, einer der begabtesten Zeichner der Welt, hatte das erste Album seiner in Moxxito vorabgedruckten Abenteuerserie "Sir Ballantime" fertiggestellt. Sehr beeindruckend. Wer allerdings auf die Fortsetzung dieses Abenteuers hoffte, konnte lange warten.

    Auch "Haarmann" vom Newcomer Christian Gorny blieb unvollendet, was heute noch viele Bewunderer seines expressionistischen Schwarzweiß-Stils bedauern.

    René Lehner ist ein erfahrener Funny-Zeichner, handwerklich sauber, aber mit einem biederen Zeichenstil. Sein in "Bravo" vorabgedruckter Comicheld "Willy" wurde nach zwei Alben abgesetzt, ebenso wie 1992 "Fred Flamingo". (Offenbar zog Carlsen bei jeder neuen Serie erst nach dem zweiten Alben den Rechner aus der Schublade.)

    Henk Wyniger zeichnete "Lais und Ben" im damals modischen Ligne Claire Stil. Danach zeichnete er für Carlsen ein Event-Comic zur gefloppten Fernsehsendung "Tödliche Entscheidung", offenbar unter Zeitdruck, ebenso wie den zweiten "Lais und Ben"-Band. Termindruck ist natürlich tödlich für ein Ligne Clair-Comic. Man sehe sich an, wie lange Ted Benoit für Blake und Mortimer braucht. Nach 1992 ist nichts mehr von Wyniger erschienen. Im Internet findet man Tintin-Fanart von ihm.

    Und dann gab es noch das zweibändige "Seegurkenprinzip" von Ulf Harten. Eindeutig der schlechteste Comic auf dieser Liste.
    Geändert von Hate (16.02.2004 um 10:23 Uhr)

  2. #2
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    Inzwischen schienen mehr und mehr Werbegrafiker zu begreifen, wie gut sich ein bei Carlsen veröffentlichtes Comicalbum in der Referenz-Mappe macht. An einem zweiten Album hatten die Zeichner dann kein Interesse mehr.

    1991 erschien "Unsere schöne neue Welt" mit den aus U-Comix bekannten satirischen Comics von Nihat Kesen. In Schwarzweiß, denn die "Schwarzen Gedanken" von Franquin waren auch schwarzweiß. Es blieb bei dem einen Album.

    Auch von Mike Maurus hat es nach dem sehr guten Animal-Funny "Operation Odin" (1991) kein Comicalbum mehr gegeben. Das ist wirklich schade.

    Matz Mainka zeichnete ein Comic "Werwölfe" über Berlin 1945. Seitdem erschien kein weiterer vom Mainka gezeichneter Comic. Aber ein von Mainka geschriebener Manga. (Mehr dazu weiter unten.)

    Von Jürgen Mick erschienen bis jetzt drei Carlsen-Alben, "Candid" (1991), "Träume" (1993) und "Cohn & Markowitz" (1998, mit Andreas Dierßen). Moebius hält ihn für großartig, ich halte ihn für überbewertet. Wem wollt Ihr glauben, Moebius oder mir? Na also.

    1992 erschien bei Carlsen der AIDS-Comic "Die verlorene Zukunft", gezeichnet von Anne Goetzinger, geschrieben von Andreas C. Knigge und Jón S. Jónsson. Außerdem gab Carlsen den Band "Gummi" mit Comics und Cartoons von Zeichnern aus aller Welt heraus.

    Neue deutsche Zeichner veröffentlichte Carlsen 1992-94 meist in der teuren Lux-Reihe.

    "Valerius, der Comicagent" von Martin Baltscheit kostete knapp 40 Mark. Die Rechnung ging offenbar auf, denn 1994 erschien ein zweiter "Valerius"-Band. Bei Carlsen war man auf Martin Baltscheit aufmerksam geworden, weil er den zweiten Platz im Ehapa-Zeichnerwettbewerb belegt hatte. Inzwischen macht er erfolgreich Kinderbücher.

    Richtig teuer war der Band "Präpostfluxoflex" mit New Wave-Illustrationen von Hendrik Dorgathen. Hundert Mark. Diese Rechnung ging nicht auf.

    Ein Holger Klein zeichnete ein Comic "Kann denn Liebe Sünde sein" über die Rache an einem deutschen Kriegsverbrecher. Es blieb der einzige Comic von Holger Klein. (Internet-Suchmaschinen helfen bei einem so häufigen Namen wie "Holger Klein" auch nicht weiter.)

    Der aus vielen Fanzines bekannte Dirk Tonn hatte 1992 endlich seine erste professionelle Veröffentlichung: "Vera". Eine düstere Story über Londoner Alt-Punks, in expressionistischem Schwarzweiß. Sehr gutes Album!

    Von Matthias Schultheiss gab es 1992 zum letzten Mal neues Material bei Carlsen: "Blutsbrüder", eine Sammlung von Kurzgeschichten. Im darauffolgenden Jahr brachte Carlsen nur noch "Kaputt in der City", eine Neuauflage seiner alten Heyne-Alben mit Bukowski-Comics. Schultheiss hatte seine Zusammenarbeit mit Carlsen beendet.

    Ute Helmbold zeichnete 1992 eine düstere Comic-Version von Fay Weldons Roman "Die Teufelin", völlig anders als der Film mit Rosanne Barr. Ute Helmbold ist heute Professorin in Braunschweig.

    Ein großer Erfolg wurde der Event-Comic "Das Geheimnis der Lindenstraße", gezeichnet von Eckart Breitschuh. Fünf Alben erschienen in den Jahren 1992 bis 1995. Einer der schnellsten und zuverlässigsten Zeichner weit und breit.
    Breitschuh wurde entdeckt durch seinen Beitrag für die Comicserie "Seemannsgarn" einer Hamburger Stadtzeitung. Die gesammelten "Seemannsgarn"-Comics (1990-93) gab Carlsen 1993 heraus. (beteiligte Zeichner: Axel Ahrens, Ully Arndt, Heiner Bade, Jutta Bauer, Bettina Bayerl, Eckart Breitschuh, Mariola Brillowska, Martin tom Dieck, Andreas Dierßen, Konrad Eyferth, Markuss Golschinski, Christian Gorny, Birger Thorin Grave, Ulf Harten, Harm Keilholz, Nihat Kesen, René Lehner, Matz Mainka, Ervin Markosek, Klaus Meinhardt, Alfred von Meysenbug, Jürgen Mick, Peter Mrozek, Alfred Neuwald, Ray Nher, Andrea Nikol, Birgit Reeck, Felix Reidenbach, Torsten Schaefer, Thomas Scheileke, Chris Scheuer, Jan P. Schniebel, Matthias Schultheiss, Wolfgang Sperzel, Andreas Steffens, Carl Tillessen, Jens Wagner, Pablo Zweig)

    Ein völliger Flop war 1993 der brav-biedere Kindercomic "Die Weltenbummler" mit Zeichnungen von Alfred Neuwald. Nach dem zweiten Band wurde die Serie beendet.

    Vom Schweizer Christian Farner gab es einen gutaussehenden Comicband namens "Fliegenpilz". (Welche Pilze er vor dem Zeichnen wohl zu sich genommen hat?) Von Farner gibt es zwar kein weiteres Comicalbum, jedoch hat er hin und wieder für Strapazin gezeichnet.

    Jens Jeddeloh ("Alkoholix") lieferte mit "Die Insel der alten Männer" einen melancholischen Krimi ab, der an alte Tatorts mit Klaus Schwarzkopf oder Rororo-Krimis von Hansjörg Martin erinnert. Jens Jeddeloh macht regelmäßig Cartoons für ZITTY.

    Ralf König begann 1993 seine Serie "Konrad und Paul", von der bis 1997 drei Alben erschienen sind.

    Dieter Tonn hatte in "Kamel und Skorpion" (1994) einen ähnlichen Zeichenstil wie sein Zwillingbruder Dirk in "Vera", nur passte der viel besser in eine moderne Großstadt als ins Afrika der Kolonialzeit.

    Guido Sieber galt in den frühen 90ern als die sensationellste Neuentdeckung unter den deutschen Comiczeichnern und Cartoonisten. Aber als Carlsen 1994 sein Album "Die Macht der Lüge" veröffentlichte, war die Begeisterung schon wieder vorbei. Sieber hatte in seinen vorigen Alben schon alles gesagt und wiederholte sich inzwischen nur noch. Es blieb bei diesem einen Carlsen-Album.

    "Die Comic-Kunst des Lyonel Feininger" (1994) passt vielleicht nicht ganz in diese Liste, muss aber auf jeden Fall erwähnt werden.

    1994-95 lieferte Dirk Tonn seinen Dreiteiler "Inio - Snow City" ab, sein erster Farbcomic. Die Alben erschienen im Abstand von nur einem halben Jahr (Birger Thorin Grave hatte für "Die Spuren der Götter" jeweils eineinhalb Jahre gebraucht). Ich persönlich mag allerdings seine schwarzweißen Comics lieber.

    1995 erschien der zweibändige Manga "Jiraishin" von Tsutomu Takahashi. Den Text für diese in Hamburg spielende Episode liefete Matz Mainka ("Werwölfe"). Die übrigen 18 Bände von "Jiraishin" wurden bisher nicht in Deutschland veröffentlicht.

    Carlsen war zu der Zeit in eine Krise geraten, die teuren Lux-Alben wurden eingestellt. Carlsen veröffentlichte kaum noch deutsche Zeichner, mit einer wichtigen Ausnahme: Isabel Kreitz. Die erste Zusammenarbeit zwischen Carlsen und der Zeichnerin war das Album "Ohne Peilung" über einen alten Hamburger U-Boot-Bunker (der übrigens auch in "Jiraishin" gezeigt wird). Isabel Kreitz behandelte in den folgenden Comicalben "Die Entdeckung der Currywurst" (1996, nach dem Roman von Uwe Timm) und "Waffenhändler" (1998) die Nachkriegsgeschichte von Hamburg.

    Einen völlig anderen Zeichenstil hat Timo Würz, der mit "XCT" (1997) spektakulär zeigte, was man alles mit Adobe Photoshop anfangen kann. Und das nur wenige Jahre nach Michael Götzes "Robot Imperium"!

    1998 wurde der Event-Comic "Unser Schumi" von Kim Schmidt für nur acht Mark am Kiosk verkauft. Und weil es so ein Erfolg war, folgte 1999 der zweite Band. (Band 3 erschien dann allerdings im Achterbahn Verlag.)

    30 Jahre nach 1968 erschien der Band "Trau keinem über 30", in dem die üblichen Verdächtigen (Gerhard Seyfried, Chlodwig Poth usw.) das Thema "Westdeutsche Jugendrevolten der frühen 70er Jahre im Rückblick" behandelten. (Weitere Zeichner: Franziska Becker, Tomas Bunk, Peter Butschkow, Robert Gernhardt, Rainer Hachfeld, Ulf Harten, Harald Juch, Johann Kiefersauer, Ralf König, Mali & Werner (= M. Beinhorn & W. Büsch), Marie Marcks, Alfred von Meysenbug, Gabriel Nemeth, Hilke Raddatz, Erich Rauschenbach, Volker Reiche, Hans Traxler, Freimut Wössner)

    Die experimentierfreudigen Comiczeichner Jürgen Mick und Andreas Dierßen hatten ihr neues Comicalbum "Cohn & Markowitz" (1998) in einem völlig neuartigen Stil gezeichnet. So ein Experiment kann auch mal schiefgehen. "Cohn & Markowitz" ist ganz furchtbar schiefgegangen. Fast so schlimm wie das "Seegurkenprinzip".

    Von Tom Breitenfelds Comic Strip "Der kleine König der großen Tiere" aus der Frankfurter Rundschau erschienen ziemlich unbeachtet vier Sammelbände bei Carlsen (1998-99).

    Und jetzt (22.08.2001) sind wir zu dicht an der Gegenwart, daher nur noch eine Aufzählung:
    Gerhard Seyfried: "Starship Eden"
    Jan Velbinger: "Albert & Co."
    Andreas Dierßen: "Kunz"
    Martin Frei: "Superbabe"
    Timo Würz: "Drakan"
    Haggi: "Der Hartmut"
    Isabel Kreitz u.a.: "Mabuse"
    Jürgen Seebeck: "Bloody Circus"
    Dirk Schulz: "Indigo"


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    Ehapa/Feest
    Achterbahn
    Semmel
    Eichborn
    Alpha/Kunst der Comics
    Geändert von Hate (21.07.2013 um 23:07 Uhr)

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