Band 1: Homo Homini Lupus
„Die Erde in der Zukunft, feindliches Klima, Kriege und Krankheiten, Massenmigration. Die Menschheit hat die Kontrolle verloren und den Planeten ruiniert, der nur noch ein Trümmerhaufen ist, auf dem die Überlebenden verzweifelt nach Schutz suchen. Salat ist einer von ihnen. Dieser Waisenjunge, ein versierter Mechaniker, hat lediglich ein Ziel: seine kleine Schwester Eva vor einer chronischen Krankheit zu retten, die sie zerfrisst. Aber Medikamente sind nach und nach von der Bildschwäche verschwunden, und es gibt nur eine Hoffnung auf Rettung: der Zugang zu ED3N.Ein technologisches Paradies, in das sich die Reichen der Vergangenheit geflüchtet haben. Im Laufe der Zeit ist ED3N zu einer Legende geworden, ausgenutzt von Schmugglern und anderen Gangstern, die in Not geratene Flüchtlinge in den sicheren Tod schicken … denn werd ED3N zu nahe kommt, kehrt nicht mehr zurück.“
Steht auf der Rückseite des Comics. Hört sich doch cool an. Mindestens ebenso cool sehen die Seiten auf der Vorschau der Splitterhomepage aus. Der erste Eindruck: Freunde gepflegter Science Fiction kommen an dem Band nicht vorbei.
Nach der Lektüre hat meine anfängliche Begeisterung allerdings sehr stark nachgelassen. Die Story erinnert mich eher an Friedrich März. Allerdings benötigt seine Steuererklärung einen Bierdeckel, hier passt der Inhalt auch auf eine Briefmarke. Die Geschichte hält leider nicht, was der „Ideengeber“ Antoine Charreyron relativ vollmundig ankündigt. Er spricht davon, dass Hollywood in persona von Vin Diesels Schwester Interesse bekundet hat. Von kompetenten Leuten, die begeistert waren. Die Fakten: Hollywood hat nicht geklappt. Trotz der überragenden Idee dauerte es ca. 9 Jahre bis zur Umsetzung als Comic. Nun ja. Ich würde den Inhalt so zuisammenfassen: Zwei Kinder versuchen in dieser Dystopie, ähnlich der Szenerie in Mad Max, von dem zerstörten Teil der Welt über eine trennende Mauer ins vermeintliche Paradies zu gelangen. Keine neue Idee, nicht besonders originell, aber ausbaufähig. Es kommt nur darauf an, was man daraus macht. Und das ist hier leider nicht besonders viel, jedenfalls bis jetzt. Wie war das doch gleich? „Keiner kommt zurück“? Die erste Person, die unsere Protagonisten treffen, reagiert auf den Hinweis, dass sie über die Mauer wollen, voller Entsetzen mit den Worten: „Ich gehe nicht dahin zurück“ (S. 8), während die nächste Person (S. 13) entgeistert ruft: „Auf der anderen Seite gibt es nur den Tod.“ (S. 14). Worauf die Erkenntnis beruht, wenn doch keiner zurückkehrt, bleibt offen. Die Schmuggler- oder Gangsterorganisation nennt sich B.A.S.T.A.R.D., etwa weil „das Schicksal (sie) zu Bastarden gemacht“ hat? Aber wofür steht dann die Abkürzung? Mit solchen Nebensächlichkeiten hält sich der Autor nicht auf. Man erfährt auch nicht wirklich etwas über die Protagonisten. Der Junge ist ein ausgezeichneter Mechaniker. Woher er die Fähigkeiten hat, bleibt im Dunkeln. Ist er der Bruder von Anakin? Zuviel Midi-Chlorianer im Blut? Aber wo ist sein Lichtschwert? Wer weiß es schon. Bei der Gelegenheit: Warum wird die Mauer nicht mit den Raketen geschrottet? Schon mal an einen Tunnel gedacht? Fragen über Fragen. Warum ist die Welt untergegangen? Wie lang ist die Mauer? Wie groß das Gebiet, dass sie umgibt? Ein ganzer Kontinent? Das scheint aber nicht zu den übersichtlichen Verteidigungseinrichtungen zu passen. Leider sieht man auf den Bildern immer nur enttäuschend kleine Ausschnitte der Mauer, die keine Rückschlüsse zulassen. Immerhin wird, quasi der Höhepunkt, ganz zum Schluss verraten, was sich hinter der Mauer verbirgt. Cut. Schnitt. Werbepause. Weiter geht’s in der nächsten Folge. Hat mich das Ende umgehauen? Eher nicht.
Wie ist das Artwork? Vom Grundsatz sehr schön. Mir gefallen solche Zeichnungen. Nicht zu detailliert, immer etwas „verschwommen“. Der Stil passt zu Dystopie. Auch die vorwiegend in blassen Gelb-und Brauntönen gehaltenen Farben betonen die Trostlosigkeit des zerstörten Teils der Welt. Mario Alberti kann auch Action. Dynamik und Schnelligkeit der Kampfszenen kommen gut rüber. Ein Manko gibt es dennoch. Gerade in den Bildern vom Kampf um/an der Mauer ist es unglaublich schwer zu verstehen, was gerade konkret passiert. Ich habe zunächst weiterlesen und später zurückblättern müssen, bis ich kapiert habe, was genau dort geschehen ist. Nach meinem Verständnis ist der Grund hierfür darin zu suchen, dass Alberti entgegen der Meinung von Charreyron eben kein „Genie des Details“ (s. Einleitung, S. 3) ist und in den Kampfszenen nur sehr schwer zu erkennen ist, was dort gezeigt wird bzw. sich gerade abspielt.
Der Band enthält am Ende noch einen kleinen Teil mit Skizzen und Entwürfen, die aber keinesfalls vor dem Lesen durchgeblättert werden sollten, weil sie den Schluss verraten.
Fazit: Die Enttäuschung überwiegt. Hoffentlich wird Band 2 besser.
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