Hallo, FF-Freunde!
Auf einer alten Diskette habe ich beim Aufräumen einen MISCHA-Artikel gefunden, der 1997, kurz bevor Ehapa die gelungene dreiteilige Album-Edition publizierte, in dem Sammler Magazin COMICPRESS Nr. 103 abgedruckt wurde. Viel Spaß!


Mischa Teil 1

Ein Stern wird geboren

Die Comic-Figur MISCHA aus dem legendären Fix und Foxi-Heft genießt gerade unter den älteren Sammlern einen gewissen Kultstatus. Aber was macht diese Faszination aus? Sicher ist, dass dieser Comic den Kindern seinerzeit einen Science-Fiction-Stoff anbot, der alle Grenzen der Realität sprengen konnte, bei alledem leicht nachvollziehbar und der der Phantasie und den Wunschträumen der kleinen Leser reichlich Nahrung bot.

Es lag aber auch an der Zeit - nämlich die 50er Jahre und beginnenden Sechziger - die geprägt waren von scheinbar ungebremsten Wirtschaftswachstum und beinahe blindem Fortschrittsglauben. Die allgemeine Technikbegeisterung und die damit verbundene Hoffnung, in der Maschinen dem Menschen jegliche Arbeit abnehmen oder zumindest weitgehend erleichtern, war im Mittelpunkt vieler Überlegungen und Forschungen. Der Griff nach den Sternen sollte zum Maßstab des technischen Standes einer Nation werden und von menschlichen Großleistungen Zeugnis ablegen. Die Wunder des beginnenden Atomzeitalters gipfelten in dem unheiligen Wettstreit der Großmächte USA und UDSSR jeweils für sich den Weltenraum zu erobern, einerseits aus strategischen- aber hauptsächlich aus Prestigegründen.

Das Fernziel war das Betreten des Mondes, und beinahe wöchentlich kamen Erfolgsmeldungen von der einen oder anderen Seite, man sei wieder einen großen Schritt weitergekommen. Einer der Meilensteine war 1957 die Platzierung von SPUTNIK in der Erdumlaufbahn.

Aber nicht nur die Informationsmedien, sondern auch Film, Fernsehen und die triviale Literatur ließen sich verstärkt von dieser überschwänglichen Zukunftseuphorie anstecken.

So konnte man sich auch im KAUKA Verlag dem Puls der Zeit nicht entziehen und veröffentlichte ab Fix und Foxi-Ausgabe Nummer 291, Mitte des Jahres 1961, den Semi-Funny um den pfiffigen Teenager MISCHA, der in der zukünftigen Welt des Jahres 1999 allerlei Abenteuer erleben darf.

Der erste Geschichtenkomplex zog sich mit insgesamt 138,5 Seiten in über 31 Heften bis Februar 1962 hin und bestand aus drei in sich abgeschlossenen Teilen. Mischa wurde erst zwei Wochen vor seiner Premiere angekündigt. Anscheinend glaubte man nicht so recht daran, dass sich diese Figur durchsetzen würde. Aber von dem Erfolg ermutigt führte die Fix und Foxi-Redaktion, während der Veröffentlichungsdauer der ersten Geschichte, weitere Figuren in das Kauka-Universum ein. Da tauchte der Kater FRIDOLIN in Heft 299 auf und ONKEL FAX gab ab Heft 303 sein Debüt. Es ist anzunehmen, dass das Magazin sich in einer Neuorientierungsphase befand und vielseitiger gestaltet werden sollte. Gerade diese Experimentierfreude machte die Lebendigkeit des Magazins aus.
Während Fridolin nur relativ kurz präsent war und Ende der 70er Jahre in Fix und Foxi eine Neuauflage erleben durfte, setzte sich Onkel Fax beständig durch. Doch man war bei Kauka angenehm überrascht, welchen Erfolg Mischa bei der Leserschaft hervorrief. Die überwiegend positiven Leserbriefe, die parallel zum laufenden Comic, im Fix und Foxi-Heft abgedruckt wurden belegen dies.
So schreibt Kurt H. aus Köln: „Endlich einmal eine Bildserie mit richtigen Menschen. Ich mag ja die niedlichen Füchse und all die anderen Figuren in FIX UND FOXI recht gern, aber am besten gefällt mir doch Mischa. Da ist wirklich etwas los, und ich warte mit Spannung auf die nächste Fortsetzung.“
Und Ingeborg Sch. aus Coburg meint, „Im letzten Heft schreibt Edith K., daß ihr die Geschichte von Mischa nicht gefällt. Ich lese diese Serie von Anfang an mit und muß sagen, sie gefällt mir immer besser. Ich freue mich schon auf das nächste Heft mit den spannenden Abenteuern von Mischa und Connie.“
Weniger begeistert äußert sich Michael M. aus Saarbrücken: „Warum bringt Ihr nicht mehr lustige Pauli-Geschichten? Von mir aus könntet Ihr Mischas Abenteuer ruhig weglassen. Sie passen überhaupt nicht zu Eurer netten Zeitschrift.“

Die ersten 18,5 Seiten stammen von dem Zeichner BECKER-KASCH und fallen aus heutiger Sicht durch einen ungelenken Strich auf, bei dem manche Darstellungen unproportional wirken. Dann übernahm WALTER NEUGEBAUER ab Heft 294 die Serie und führte sie zeichnerisch wie textlich von einem Höhepunkt zum anderen. Neugebauer knüpfte nahtlos an die Story an, baute die Charaktere aus und interpretierte in die Handlung verstärkt das Lustige und den Aspekt des Phantastischen.

INHALT VOM ERSTEN TEIL (291 bis 303 mit 64,5 Seiten) - Mond
Einige Jahrzehnte in der Zukunft. Der führende Raketenbauer Professor Turbino bewohnt am Stadtrand Haus und Labor mit seiner Enkelin Conny und den beiden Gehilfen Mischa und Brillmann. Mischa erweist sich als bodenständiger Teenager, denn er nutzt einen Auto-Oldtimer als Fahrzeug in dieser modernen übertechnisierten Welt. Conny bewundert insgeheim den sympathischen Individualisten, doch der reagiert eifersüchtig auf den ehrgeizigen Kollegen Brillmann. Professor Turbino erhält den Regierungsauftrag einen Antrieb zu entwickeln, der Reisen zu den Sternen ermöglichen soll, die außerhalb des mittlerweile komplett besiedelten Sonnensystems liegen. Also kauft Mischa eine Gebrauchtrakete, den STERNVOGEL, der in wochenlangen Umbauarbeiten mit einem neuartigen Lichttriebwerk ausgerüstet wird. Brillmann paktiert unterdessen mit Gangstern, die die Pläne haben wollen. Denn Brillmann braucht Geld für einen Sportwagen, um damit Conny zu beeindrucken. Während des Testfluges kommt es zu Auseinandersetzungen mit den Verbrechern und nach einigen Verwicklungen geht Mischa im Finale auf dem MOND als Sieger hervor. Aber auch Conny trug ihren Teil zum glücklichen Ausgang des Abenteuers bei. Sie versteckte die Pläne in ihren Petticoats(!).

INHALT VOM ZWEITEN TEIL (304 bis 312 mit 38 Seiten) - Mars
Mit einer Fluchtrakete havarieren Mischa und Conny im All. Sie treffen dort auf ein verlassenes Raumschiff, auf dem ein Roboter mit Namen ROBBIE die Stellung hält. Er berichtet von Meuterern, die sich mit dem Gold dieses Frachtschiffes auf dem Mars versteckt halten. Die drei Freunde fliegen zum Mars und können die Verbrecher in einer Ruinenstadt mit etwas Glück und reichlich Milch überwältigen.

INHALT VOM DRITTEN TEIL (313 bis 321 mit 36 Seiten) - Venus
Die Gangster aus dem ersten Teil sind mittlerweile aus dem Gefängnis ausgebrochen und entführen den Sternvogel. Mischa, Conny und Robbie nehmen die Verfolgung zur Venus auf. Die Venus erweist sich als Dschungelplanet, in dessen Wäldern viele Gefahren lauern. Schließlich entdecken sie den Sternvogel, schleichen sich an Bord und nehmen die Gangster gefangen.

FAZIT
Es fällt auf, dass bei jedem Abenteuer ein anderer Planet unseres Sonnensystems eine Rolle spielt. Damals hatte man nur vage Kenntnisse über die anderen Himmelskörper und deren Trabanten. In unserer heutigen Zeit (1997), in der längst nicht alle Rätsel gelöst sind, muten die Visionen Neugebauers teils kindlich an. Aber gerade dies macht den liebenswerten Charme von Science Fiction-Geschichten dieser Art aus. Auch der offen zur Schau gestellte Milchkonsum Mischas muß erwähnt werden. War dies schon eine frühe Art von „Product-Placement“? Sollte ein Nachahmungseffekt bei den Kindern ausgelöst werden?? Hatte möglicherweise der „Verband der süddeutschen Milchindustrie“ seine Hände im Spiel??? Oder sorgte sich der Kinderfreund Rolf Kauka um die Volksgesundheit und nutzte diesen Kniff, damit die Jugend mehr von der „wertvollen“ Milch konsumieren sollte? Wer weiß, es bleiben nur Vermutungen.

Ende des Jahres 1962 kam dann ein Spielfilm in die deutschen Kinos, der einen lang anhaltenden Boom auslösen sollte, eine Vielzahl an Filmen des Genres nach sich zog und auch in den Printmedien eine hohe Beachtung erhielt. Es war der von Horst Wendlandt produzierte Klassiker DER SCHATZ IM SILBERSEE. Mit diesem Film wurde KARL MAY wiederentdeckt und hielt erneut Einzug in die Jugendliteratur und den Comics. Auch bei Kauka! Mischa jedoch tat dies keinen Abbruch. Er erfreute sich ungebrochener Beliebtheit und überlebte auch diesen Trend, der das Jahrzehnt der 60er Jahre deutlich mit prägte.

Daß Mischa auch einen direkten Bezug zu einem Kinofilm hatte, erzählt die „Fortsetzung im nächsten Heft“: Teil 2 - Mischa und Ray Harryhausen.