22. Türchen


Wie gestern geschrieben, sollte 1984 wieder ein picke-packe-volles Spirou-Weihnachtsheft die Leser erfreuen. Über 100 Seiten, von denen allein 39 an den ersten Teil der Moebius-Sternenwanderer-Saga gehen.
Moebius in Spirou?
Richtig.
Und auch gar nicht so erstaunlich: schließlich hat er bereits 1961 als Jean Giraud an der Jerry Spring-Episode La route de Coronado mitgewirkt. Außerdem wurde erst 1983 die Blueberry-Folge Die letzte Karte in Spirou vorveröffentlicht. Und schließlich war Moebius auch als Moebius bereits 1977 in der legendären Beilage Trombone Illustré zu sehen. Nun also ist er mit dem Citroen-Comic Sur l’étoile in Spirou zu finden. Nun ja, irgendwie hat’s ja in dieser Story mit den Insignien der Citroen-Macht auch eine Art Weihnachtsstern …

Die Idee der albumlangen Geschichten in einem Heft ist nicht ganz neu im Hause Dupuis. Die Anfang der 1980er erschienenen Spirou+-Alben versuchten mit gleichem Mittel Leser zu ziehen.

Mit einer 9-Seitigen Geschichte zum Fest, in der der Weihnachtsmann erst einmal aus einem Ei schlüpfen muss, ist Warnant in der 1984er Weihnachtsnummer dabei. Es wird weniger als ein Jahr vergehen bis die von ihm gezeichnete Serie Soda in Spirou uraufgeführt wird.

Bemerkenswert ist der Weihnachts-Pierre Tombal, der mich mit seinen harten Schwarz-Weiß-Kontrasten ein bisschen an die Grafik in Sin City erinnert, und das rund sechs Jahre vor Sin City.
Übrigens: wie könnte man Pierre Tombal ins Englische übersetzen? Richtig: Tomb Stone.

Schön ist die Idee zu Mazels Geschichte Bertrand, der Skeptiker, in der einem am Weihnachtsfest zweifelnden Herrn ein Wunder nach dem anderen widerfährt, ohne dass dieser dies merkt. Er zweifelt weiter bis es dem Weihnachtsmann zu bunt wird ...

Im vierten Türchen habe ich bemerkt, dass bei den Spirou-Weihnachtsgeschichten die Zyniker leider draußen bleiben müssten. Dieser Rat gilt für 1984 längst nicht mehr. Nicht, dass dies plötzlich gekommen wäre. Immer wieder gab es Geschichten, die den versöhnlichen Ton der Weihnachtsgeschichten aufweichten. Steter Tropfen höhlt den Stein und so wird es 1984 in einer Geschichte von Yann (wem sonst?) und LeGall (zwei Monate nach dem Start seines Theodor Pussel) richtig böse. Polly Littledwarf ist Dickens‘ Weihnachtsgeschichte durch einen fiesen Zerrspiegel betrachtet. Schon ein bisschen in der Tradition von Tillieux‘ 1964er Weihnachtssatire stehend, allerdings um einiges heftiger.



Das 1985er Konzept für die Weihnachtsausgabe gleicht dem von 1984: ein 100-Seiter mit einer albumlangen Geschichte (44 Seiten Laiyna von Hausman und Dubois, Serie in Deutschlang bei Splitter alt erschienen) und einigen Weihnachts-Kurzgeschichten drum herum. So auch Jess Long, der diesmal mit einem 10-Seiter zum Fest dabei ist.
Auch in der Folgenummer gibt's eine (wieder einmal "böse") Weihnachtsgeschichte, in der die Killer einer Gangsterbande ausgeschickt werden, einen blauen Hund für die Braut des Bosses zu entführen ... und in Päckchen zurückkommen (wieder von Le Gall gezeichnet).

Neu in 1984 ist, dass in diesem Jahr erstmalig – nach fast 50 Jahren – ein Weihnachts-Mehrteiler veröffentlicht wird. Natürlich muss der erste Comic dieser Art ein Scrooge sein. Mittéi erzählt Dickens‘ Christmas Carol in drei Teilen auf insgesamt 24 Seiten nach.