Artikel über den Erfinder von ComicSans

[Riana]

"Welche Schriftart soll ich für mein Lettering verwenden?" "Nicht Comic Sans!"
Das ist trotz seines Namens vielleicht der meistgehasste Font bei Comiczeichnern.

Vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen - Bei der SZ gibt es nun ein Interview mit Vincent Connare, dem Erfinder von Comic Sans:
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/te...schrieben-sein

Wieso mag man ComicSans nicht? Ich habe mich massiv dran gestört, als ich in "Eine Familie von Gezeichneten" drauf gestossen bin (oder zumiindest auf etwas sehr ähnliches), obwohl ich die Abneigung nicht näher konkretisieren kann.

[Jenny]

Extrem sympathisch, das Interview! Es sagt ja auch klar, wo das Problem ist. Für "Unsere Klassenregeln - die 4a" ist es perfekt. Für "Wissenschaftsvortrag: Medizin und Ethik, Fr. 19.30 im Brisson-Forum" eher nicht. Für sowas wurde es aber zu oft benutzt.

[Riana]

Da habe ich mich jetzt nicht präzise ausgedrückt: ich bezog mich jetzt auf das Lettern von Comics - eigentlich sollte dieser leichte Handschrift-Look ja super passen, die Schrift ist ja auch bei kleiner Größe gut lesbar, aber trotzdem schauts halt oft nicht so gut aus.

[Jenny]

Nein, weil die Buchstabenabstände zu unregelmäßig sind - aber auch nicht unregelmäßig genug, um als komplett gewollte Chaos-Schrift durchzugehen; das ist wohl das Hauptproblem von CS. Als nicht ernst gemeinte Grundschulschrift ist sie super.

[tigermuse]

Im Comic-Zeichner Umfeld findet es eigentlich eher selten Erwähnung, wird aber - so meine Erfahrung - allseits sehr gehasst, außer von den Leuten, die Aushänge machen (kenne scheinbar keine). Auf jeden Fall, macht er trotzdem ich seinen Namen hier zum erstenmal lese, auf mich den Eindruck des meistgehassten Design-Dienstleisters seit Hartwin Tackenberg. Obwohl da noch ein paar 1000 dazwischen kommen müssten, z.B. der Designer des Notebooks, an dem ich diese Zeilen schreibe. Die Taste um das (verblüffenderweise immernoch funktionierende) DVD-Laufwerk zu öffnen ist so schmal, daß man den Daumennagel niemals zu kurz schneiden darf und auch dann muß man noch sehr genau zielen.
Als synthetischer Font für Comics wurde mir CS zwar auch schon (von den m.E. raren Liebhabern) empfohlen, aber ich habe es nie in Erwägung gezogen. Kürzlich dachte ich, daß der vom New Yorker verwendete Font (wahrscheinlich irgendein Standard, den jeder andere sofort erkennen würde) ganz geeignet wäre. Auch habe ich zuvor shcon überlegt einfach Arial oder gar Times New Roman (zweitgehasstester Font) zu verwenden und dann aber auch gleich in Groß- UND Kleinschreibung! Warum nicht?
Das erinnert mich an einen meiner Lieblingscartoons, in dem geht eine sportlich-stylische junge Frau mit schwungvollem Schritt an einem Obdachlosen vorbei, der auf dem Boden sitzt, vor ihm ein Schild mit der Aufschrift "Help me!" Die Frau, auf das Shcild zeigend: "Love that font."

[jo b.]

Wieso mag man ComicSans nicht?

Ich denke es liegt daran, dass sie einen gewissen 'human touch' nachahmt, daran aber scheitert. Es fühlt sich falsch an. Daher löst es einen 'Uncanny Valley' Effekt aus. Zumindest ist das meine Theorie.

[chukkyfuck]

hui danke für den begriff, Jo, hochinteressant. scheint dasselbe psychologische phänomen zu sein, wegen dem viele menschen angst vor clowns und menschenähnlichen puppen haben (->nicht menschlich genug, um als vollwertiger mensch eingeordnet zu werden, aber nicht unmenschlich genug um als tier oder lebloses objekt durchzugehen). das macht comic sans zum gruseligen clown unter den schriften.

nu ist die weder viel hässlicher noch schlechter lesbar als andere Handschriften-Fonts (ja wirklich nich schön, es gibt viele bessere, aber es gibt auch noch schlimmere) zu allen schon genannten Gründen kommt, das viele Leute, die sich eigentlich nich für schrift interessieren, neuerdings die comic sans haten. die selben leute setzen auch am liebsten alles in helvetica, weil sie mal gelesen haben, das die gut geht. wäre aber in einem comic genauso unpassend wie die comic sans eben für den mediziner vortrag, denn da wirkt sie zu künstlich zu dem gezeichneten (außer man will das).

mich würd jetzt grad mal interessieren, woher die normalen verlage ihre Schriften nehmen, weiß das jemand? in den 8 comics die jetzt als rerenzen neben mir liegen, sind 6x schriften verwendet worden, die recht comic sans ähnlich, aber doch alle unterschiedlich sind. (dann eine handlettering und eins is "machs gut chunky rice" von craig thompson, das eine sehr skurille schrift verwendet)

[einbilder]

Zur Erklärung des...hust..."Mysteriums" ComicSans gibt es ein seeehr schönes Video von VSauce. Der auch sehr toll andere "Phänomene" wissenschaftliche beleuchtet wie "Is every song already written?","is your red the same as mine?", "Why don't we taxdermy people?" oder "Science of the Friend-Zone"
https://www.youtube.com/watch?v=GUCcObwIsOs

[comic-michi]

Kann jemand ne Software empfehlen, mit der man seine eigene "Schrift" für den Comic erstellen kann?

[jo b.]

Anscheinend nicht nur meine Theorie. :-D
@michi
Ich hab mal 'Font Creator' benutzt. Jetzt wird wahrscheinlich jeder Typograph im Strahl kotzen, aber ich fand es recht übersichtlich und intuitiv, zumindest um meine Sauklaue zu spationieren und zu zuppeln hat's gelangt.

[tillfelix]

Ohne das Interview mit dem Gestalter gelesen zu haben: Einen sehr lesenswerten Exkurs in Typo-Gestaltung und die Schwächen von Comic Sans hat Lettering-Guru Todd Klein geschrieben, und zwar hier --> http://kleinletters.com/Blog/comic-sans-font-examined/

[dino1]

Ich bin bestimmt der einzige Mensch auf der Welt der das nicht versteht. Bin zu doof, mich stört ComicSans nicht die Bohne. Ich denke häufig ist das einfach ein Internetphänomen, einer schreit wie doof es ist und multipliziert es sich.

[tillfelix]

Naja, sicherlich hat sich das etwas hochgeschaukelt. Aber dass sie einfach schlecht ausgeglichen und ungut gestaltet ist lässt sich nunmal nicht wegdiskutieren.

[Zerobrain]

Ich glaube das Problem ist einfach, dass ComicSans für bestimmte Zwecke einfach zu plakativ wirkt, mal davon abgesehen, ob sie typographisch zu unausgeglichen wahrgenommen wird oder nicht. Es ist halt so ein bisschen wie die ersten Druckschrift Übungen in der Grundschule, wenn man sie mit einem Filzstift macht.
Da sind gängigen Fonts der Comicindustrie IMHO etwas filigraner und wirken von der Linienführung flüssiger und erwachsener, aber haben trotzem chaotischere Züge, wodurch sie unterm Strich einfach natürlicher wirken.

Der wesentlichste Grund für Künstler (oder andere professionele Gestalter), nicht auf ComicSans zurückzugreifen dürfte indes aber die ungemeine Popularität des Font und dessen Anwendung in den unmöglichsten Kontexten sein. Sich da vom gemeinen Hobby-Vereins-Flyer-Texter Metier oder dem privaten Glückwunschkartenersteller zu distanzieren, scheint mir relevanter zu sein, als irgendwelche hochtrabenden Typographie Diskurse.